Salü,
ich möchte mal einen Thread zum Klavierkonzert im Allgemeinen eröffnen, denn was man unter einem Klavierkonzert versteht, ist doch wohl sehr unterschiedlich. Einziger fester Bestandteil dieser Werkgattung dürfte ein Tasteninstrument sein, welches von einem Orchester unterschiedlicher Besetzungsgrößen "begleitet" wird. Selbst das Wort "begleitet" dürfte bereits manchem übel aufstossen...
Queer Beet sollen hier Klavierkonzerte aller Zeiten genannt werden, die Seltenheitswert haben, also weniger bekannt sind, und ggfs. eine Besonderheit aufweisen - die Auslegung überlasse ich jedem selbst. Ich nehme an, dass das Versuchsfeld "Klavierkonzert" einiges an Überraschungen zu Tage fördern kann.
Betrachtungen wie "Das Klavierkonzert von Bach zu Mozart" oder selbiges "von Mozart zu Beethoven" usw. bieten sich an. Auffallend ist, dass sowohl Bachs Klavierkonzerte, als auch jene von Rachmaninov stets dreisätzig sind - nichtmal ein gewisser Herr Beethoven, der siebensätzige Streichquartette verfasste, machte dahingehend eine Ausnahme.
Von Seltensheitswert kann man wohl sprechen, wenn Joseph Anton Steffan [1726-1797], dereinst begehrter und beliebter Komponist, seinem Klavierkonzert B-Dur eine wunderschöne langsame Einleitung in d-moll voran stellt. Ich mag besonders diese Einleitung sehr gerne:
Johann Anton Steffan [1726-1797]
Concerto for fortepiano in B flat major
Andreas Staier, Hammerklavier
Concerto Köln
Die CD enthält noch zwei beschauliche Klavierkonzerte des "Schutzpatrons der Mittelmäßigen", Antonio Salieri.
Sehr überrascht war ich von dieser CD:
Carolus Antonius Fodor [1768-1846]
Concerto pour le clavecin ou le pianoforte en so mineur op. 32
Arthur Schoonderwoerd
Pianoforte Poletti & Tuinman nach Walter [1795]
Ensemble Cristofori
Ein Klavierkonzert in g-moll aus der Zeit der Wiener Klassik habe ich schon lange gesucht - dann noch diese Interpretation! Der erste Satz Allegro con fuoco ist genau das, was ich gesucht habe: Eine gelungene Mischung mit Anklängen an Mozart und Beethoven - und diese Tonart. Das folgende Adagio non tanto leitet mit einem Paukenwirbel, der erhöhte Aufmerksamkeit anzeigen will, zum Finale über: Es folgt ein in G-Dur stehendes Rondo alla turque, das ein Orhwurm ohne gleichen ist - allein gestern habe ich den Satz zum Leidwesen meiner Mitbewohnerinnen 4 oder 5 Mal hintereinander gehört. Zu der schmalen Besetzung des Ensemble Cristofori gesellen sich je ein Triangel- und ein Tambourschläger.
Es schien mir zunächst als zu weit an den Haaren herbeigezogen, aber nachdem die ersten Takte des Rondos alla turque hier erstmals erklangen, konnte ich auch nicht mehr an einen Zufall glauben, dass ich im ersten Satz die Musik zu den Worten "Seht selber zu, wenn's anders geht" [Osmin, "Die Entführung aus dem Serail"] zu hören glaubte - zumal besagtes Duett aus Mozarts Singspiel auch noch in g-moll beginnt.
Die Edition bietet noch ein Konzert in Es von Johann Wilhelm Wilms [1772-1847], das mich vergleichsweise wenig beeindruckte sowie ein sehr hörenswertes Quartett für Klavier, Flöte, Violine und Violoncello in D von Joseph Schmitt [1734-1791].
Zudem ist mir das Concert champetre für Cembalo von Francis Poulenc [1899-1963] bekannt - ein sehr witziges Stück.
Viele Grüße
Ulli