Georges Bizet: Viel mehr als nur CARMEN

  • Hallo zusammen,


    einer Anregung Alfreds folgend, eröffne ich jetzt und hiermit spontan einen Thread über einen Komponisten, der es längst verdient hätte und der mir persönlich sehr am Herzen liegt:


    GEORGES BIZET


    (geb. am 25. Oktober 1838 in Paris - gest. am 03. Juni 1875 in Bougival bei Paris)




    In einem anderen Thread "drohte" vorhin das eigentliche Thema zu Gunsten Bizets "umzukippen" und da dachte ich mir: "So! Jetzt kriegt er endlich seinen eigenen!" - das hatte ich längst schon vor. :yes:


    Zuerst ein paar Daten aus seiner viel zu kurzen Vita:


    Geboren als Alexandre-César-Léopold Bizet (lt. Standesamtseintrag), wird er 1840 aber auf den Namen Georges getauft.


    Bizet war ein klassisches Wunderkind: Extrem musikalisch begabt und auffassungsfähig. Sein Instrument war das Klavier. Er wurde früh gefördert (sein Vater war Gesangslehrer, seine Mutter Pianistin) und durfte bereits mit 10 Jahren (!) ab 1848 das Pariser Konservatorium besuchen, um dort Klavier, Orgel und Komposition zu studieren.
    Seine Lehrer dort waren Berühmtheiten wie z. B. die Komponisten Jacques Fromental Halévy und Antoine Francois Marmontel. Mit Charles Gounod, der auch zu seinen Lehrern gehörte, verband ihn eine intensive und langjährige Freundschaft.


    im Jahr 1857 gewann er den begehrten Prix de Rome und durfte mit diesem Stipendium für ein Jahr nach Rom gehen, dort in der Villa Medici wohnen und seine Studien vor Ort fortsetzen. Er blieb auf eigene Faust noch ein Jahr länger in Rom und bereiste u. a. auch Norditalien mit seinem besten Freund Ernest Guiraud (1837-1892), der auch Komponist war.


    Nach seiner Rückkehr nach Frankreich 1860 bleibt er für den Rest seines Lebens in Paris als Komponist tätig. Er führt dort ein sehr wechselvolles Leben, das von Erfolgen, aber auch von etlichen, herben Misserfolgen geprägt ist.


    Er heiratet 1869 Geneviève Halévy, die Tochter seines einstigen Kompositionslehrers. 1871 wird der gemeinsame Sohn Jacques geboren.


    Im Alter von nur 36 Jahren (damit wurde er nur ein gutes Jahr älter als Mozart!) starb er viel zu früh an den Folgen eines chronischen Herzleidens.


    Er hat in seinem kurzen Leben mehrere Opern, Klavierwerke, Orchestermusik und Vokalwerke geschaffen - einige davon sind auch mehr oder weniger bekannt geworden, bzw. geblieben. Viele davon jedoch fristen zu Unrecht ein Schattendasein.


    In diesem Thread sollen nach und nach einige davon ein bisschen vorgestellt und "beworben" werden - es gibt gerade bei Bizet soooo viel Lohnendes und Wunderschönes zu entdecken :yes:


    Bizet ist das klassische Phänomen eines Komponisten, der hauptsächlich für ein einziges (Meister-)Werk bis heute bekannt und berühmt ist. Dies hat den Nachteil, das alle anderen Werke des Komponisten in dessen Schatten stehen und kaum Beachtung finden (und wenn, dann nur, weil es eben dieses eine "unerreichte" Meisterwerk gibt :no: ).
    Interessanterweise kommt dieses "Phänomen" in der Musikgeschichte häufiger vor, man denke allein im Opernbereich nur an Otto Nicolais "Lustige Weiber von Windsor", v. Flotows "Martha", v. Webers "Der Freischütz", Humperdincks "Hänsel und Gretel", Leoncavallos "Bajazzo", usw. ...


    Klar - bei Bizet ist dieses eine Werk zugleich auch sein letztes, aus der Retrospektive damit quasi Ziel- und Höhepunkt seiner künstlerischen Laufbahn:
    Die Opéra comique Carmen, die zudem bei ihrer Pariser Uraufführung im Jahr 1875 katastrophal durchfiel!


    Bizet konnte leider den bald darauf eintretenden internationalen Siegeszug dieses bis heute zu den beliebtesten Opern überhaupt zählenden Werks leider nicht mehr erleben, da er wenige Monate später verstarb. :(;(
    Gerade dieses Tatsache halte ich für eine der größten Tragödien der Musikgeschichte - ich hätte es Bizet so sehr gegönnt, dass er diesen Welterfolg ein bisschen hätte genießen können! :yes:



    Unser Lullist hat in gewohnt routiniert-inspirierter hier im Form eine wundervolle Karikatur angefertigt und vorgestellt, die ich an dieser Stelle gerne nochmals posten möchte (ich hoffe, das dies kein Problem darstellt?):



    Das Bild, das man heute im Allgemeinen von Bizet hat, kommt hier besonders treffend zur Geltung (und genau deshalb ist es ja auch eine sehr gelungene Karikatur):
    Bizet ist der Schöpfer der Carmen.
    Danach kommt lange Zeit gar nichts mehr... wenn dann überhaupt noch was kommt - denn wer kennt z. B. noch ein oder zwei weitere Opern von Bizet?? ;)


    Zur Carmencita gibt es natürlich schon Threads hier im Forum, auf die ich an dieser Stelle gern verweisen möchte:


    Ja die Liebe hat bunte Flügel - Georges Bizet: Carmen


    TAMINO Opernführer - Bizet Georges: Carmen


    Für diesen Thread würde ich mir daher wünschen, dass er (weitgehend) carmenfreie Zone bleiben möge ;) :]

    "Es ist mit dem Witz wie mit der Musick, je mehr man hört, desto feinere Verhältnisse verlangt man."
    (Georg Christoph Lichtenberg, 1773)

  • :D



    Bizets Musik habe ich natürlich auch schon recht früh kennengelehrnt - neben der Carmen eben auch die L'Arlesienne (warum mir die Farandole und die Ouvertüre so gut gefallen haben dürfte mitlerweile bekannt sein :D:D:D )


    Noch kenne ich nicht allzuviel von ihm, kann aber soviel sagen, dass ich bisher alles was ich von seiner Musik gehört habe, wesentlich interessanter und schöner finde als die berühmte Oper.


    Aber sein Werk gehört sicher noch zu denen die ich ganz sicher noch kennenlernen will und werde!



    P.S. Danke für den Thread :lips: ich bin gespannt auf die Empfehlungen und Entdeckungen.

  • Merci beaucoup, mon cher Lullist :hello:


    Dann will ich direkt mal mit zwei Jugendwerken Bizets beginnen, die meine oben getroffene Behauptung, dass Bizet eine absolute Frühbegabung war, hoffentlich ein wenig untermauern können.


    Bizet war im Jahre 1855 gerade mal 17 Jahre alt, als er 2 Werke komponierte, die bereits seine früh entwickelte Meisterschaft in der Instrumentierung und der Erfindung eingängiger Themen und Melodien zeigen.


    Zum einen handelt es sich um seine Symphonie in C-Dur (die manchmal auch die Nummer 1 trägt, um sie von seiner ebenfalls in C-Dur stehenden weiteren Symphonie, die allerdings noch den zusätzlichen Titel "Roma" trägt, abzugrenzen).


    Der 17-jährige Bizet befand sich zum Zeitpunkt dieser Komposition bereits seit einigen Jahren in der Ausbildung am Pariser Conservatoire und hatte bereits erste kleinere Kompositionen für Klavier und auch für Gesangsstimmen verfasst - meist natürlich zu Übungszwecken. 1854 werden immerhin seine ersten Klavierwerke (darunter ein Grande Valse de concert in Es-Dur als Opus 1) gedruckt.
    Außerdem hatte er 1854 einen Klavierauszug von Charles Gounods Oper La Nonne sanglante verfasst - eine gewisse Affinität zur Oper ließ sich nicht leugnen. Diesem Klavierauszug folgte noch ein Klavierarrangement (zu vier Händen) von Gounods 1. Symphonie D-Dur - dies gab wohl den entscheidenden Anstoß für Bizet, sich auch einmal selber an der Gattung der Symphonie zu versuchen und er komponierte in aller Stille und nur für sich (evtl. war es aber auch eine genial gelöste Übungsaufgabe, die ihm einer seiner Lehrer stellte?) das erwähnte Stück in C-Dur! :jubel:


    Ein echtes Meisterwerk - jedenfalls ist das meine persönliche Meinung zu dieser Symphonie!
    Wenn man bedenkt, wie wenig praktische Erfahrung Bizet hatte, muss man den Hut ziehen vor dieser Meisterleistung, die sich nahtlos in eine Reihe mit Mendelssohns Ouvertüre zum "Sommernachtstraum" einreihen lässt (Mendelssohn war ebenfalls 17 Jahre alt, als er diese Ouvertüre komponierte, hatte aber schon etliche Streichersymphonien und sonstige Werke zu diesem Zeitpunkt verfasst) und beispielsweise auch den Vergleich mit der berühmten "kleinen" g-moll-Symphonie des 17-jährigen Mozart nicht scheuen braucht!


    Das gut halbstündige 4-sätzige Werk ist sowieso deutlich an der Wiener Klassik, wie auch an Mendelssohn, Schubert und Rossini orientiert - angefangen bei der "klassischen" Orchesterbesetzung, bis hin zur Verwendung der Sonatensatzform in den Ecksätzen.


    Auch der Tonfall des ganzen Werks erinnert an die erwähnten Vorbilder, dennoch findet Bizet schon hier seine ganz eigene musikalische Handschrift, wie z. B. im 2. Satz, einem ausdrucksvollen Adagio in a-moll, in dem die Oboe und danach die Streicher schwelgend-orientalische Klänge produzieren – evtl. ein Tribut an den zu der Zeit in Frankreich gerade sehr beliebten Exotismus, den Bizet u. a. in seiner Oper Die Perlenfischer wieder aufgreifen sollte.
    Der dritte Satz, betitelt mit Allegro vivace – Trio ist ein Scherzo, in dessen Trio eine Art Musette erklingt – die Bässe spielen lang ausgehaltene Töne, die an traditionell verwendete Sackpfeifen mit ihren charakteristischen Bordunbässen erinnern.
    Der vierte Satz enthält ein unwiderstehlich-eingängig dahineilendes Perpetuum mobile-Thema und lässt die Symphonie sehr schwungvoll enden.


    Ich mag dieses Werk ganz besonders gern – es ist wunderbar geeignet, um gute Laune zu bekommen:
    Alles wirkt so heiter und unwiderstehlich unbeschwert – die jugendliche Frische und der zuversichtliche, optimistische Tonfall springen den Hörer geradezu an und reißen unwillkürlich mit! :] :jubel:


    Wenn man bedenkt, dass –gerade in Deutschland und Österreich- in der 2. Hälfte des 19. Jahrhunderts die Gattung Symphonie eher ein irgendwie bedeutungsschwangerer, gewichtig-mächtiger Nimbus umwehte, dann ist es schön, mit diesem Werk ein Gegenbeispiel aus derselben Epoche aufzeigen zu können, das ohne Weiteres in seiner unterhaltsamen Unbefangenheit aus der Zeit der Wiener Klassik stammen könnte. :yes:


    Kein Wunder, dass sich diese Symphonie heutzutage einer durchaus vorhandenen Beliebtheit erfreut, nicht zuletzt auch bei Musikern, die das dankbare Stück immer wieder gern spielen.


    Umso erstaunlicher ist die Tatsache, dass Bizet selber diese Symphonie zu seinen Lebzeiten nie gehört hat – das Manuskript wanderte unaufgeführt in die Bibliothek des Conservatoire und niemand schenkte ihm weiter Beachtung, bis 1935 der britische Musikhistoriker D. C. Parker (er hatte 1926 eine Bizet-Biographie verfasst) den Dirigenten Felix von Weingartner zur Uraufführung der 80 Jahre zuvor entstandenen Symphonie bewegen konnte.
    So wurde das Werk am 26.06.1935 in Basel unter Weingartners Leitung dann endlich uraufgeführt!


    Ein Schicksal, das übrigens mehrere Werke Bizets teilen – viel zu lange verstaubten viele von ihnen vergessen in den Archiven...
    Auch wenn die Symphonie in C-Dur ihren etwas abwertenden Ruf als „Jugendwerk“ und den Charakter der bloßen „Unterhaltungssymphonik“ nie ganz losgeworden ist, hat sie mittlerweile doch einen gewissen Repertoire-Charakter inne. Qualität setzt sich eben durch. :yes:;):yes:


    Das zweite Werk Bizets aus dem Jahr 1855, das ich vorstellen möchte, ist seine sogenannte Erste Ouvertüre (Première Ouvertüre), ein knapp 14-mintüiges Werk, das ebenfalls zu Bizets Lebzeiten unaufgeführt blieb und erst im Jahre 1938 (anlässlich der Gedenkfeiern zum 100. Geburtstag Bizets) uraufgeführt wurde!
    Auch dieses effektvolle Stück scheint bei der Komposition eine reine Übung für Bizet gewesen zu sein.
    Vom Aufbau her orientiert sich die Ouvertüre an den damals anscheinend noch immer sehr beliebten Ouvertüren Rossinis, Boieldieus oder Aubers.
    Gerade Rossinis Ouvertüre zu seiner 1829 in Paris uraufgeführten letzten Oper „Wilhelm Tell“ scheint für Bizet konkretes Vorbild gewesen zu sein:
    Wie sie ist auch seine Ouvertüre 4-teilig; einer langsameren Einleitung folgt ein stark bewegter Teil, der wie die Tell-Ouvertüre durchaus einen Sturm schildern könnte.
    Dann folgt ein sehr lyrisches, vom Tonfall an italienische Opern erinnerndes Andante espressivo, dem –eingeleitet mit einer Fanfare, die mit der entsprechenden Stelle in der Tell-Ouvertüre fast identisch ist- ein abschließender schneller Teil folgt.
    Während bei Rossini hier nun das weltberühmt gewordene „Tell-Thema“ folgt, lässt Bizet es nicht ganz so geschwind angehen, sondern verwendet unter anderem von den Holzbläsern dominierte Phrasen, die eher an Passagen aus anderen Rossini-Ouvertüren (wie z. B. La Cenerentola oder Der Barbier von Sevilla) erinnern. Jedenfalls stand meiner Meinung nach Rossini eindeutig Pate für diese schöne Ouvertüre, die im Gegensatz zur erwähnten C-Dur-Symphonie allerdings nahezu unbekannt geblieben ist.


    Beide Stücke sind auf der DECCA-Doppel-CD mit dem Orchestre symphonique de Montréal unter der Leitung von Charles Dutoit zu hören. Die Einspielung aus dem Jahr 1995 enthält außerdem noch die beiden Carmen- und Arlésienne-Suiten, die Ouverture dramatique "Patrie", op. 19, sowie die Scènes bohémiennes aus der Oper La Jolie Fille de Perth und ist somit ein idealer Einstieg in die Orchestermusik Bizets. :hello:


    "Es ist mit dem Witz wie mit der Musick, je mehr man hört, desto feinere Verhältnisse verlangt man."
    (Georg Christoph Lichtenberg, 1773)

  • Hallo MarcCologne,


    es müß nicht immer schwere Klassik sein. Die frische Leichtigkeit Bizet´s sinfonischer Werke ist Hörspaß pur, wenn man dazu aufgelegt ist.


    Die Sinfonie Nr.1 C-Dur ist eines dieser Werke, das ich bereits im Thread "Welche Werke heben Eure Stimmung" genannt habe.


    Ich habe die Sinfonie Nr.1 C-Dur in der TOP-Aufnahme mit Jean Martion / Chgicago SO auf RCA (LP) kennen und schätzen gelernt.
    Die später bei DG-Eloquence erschienene CD mit Martinon / Orchestre de Paris ist natürlich auch OK (Was soll man bei diesem Werk schon Grundfalsch machen ?), erreicht jedoch nicht diese Spielfreude der älteren RCA-Einspielung, die ich auf CD nie wiedergesehen habe.


    :jubel: Noch ´"einen drauf" setzt Bernstein / NewYorker PH auf dieser grandiosen Einspielung die bei SONY in der fantastischen ROYALS-Serie erschienen war:

    Bernstein wieder voll in Form mit einem Spielwitz den ich noch nirgenwo so toll hören konnte. Diese Aufnahme habe ich zufällig sogar zwei mal - die andere CD ist von CBS mit Prokofieffs Sinfonie Nr.1 gekoppelt (auch erste Wahl).
    Wer kennt diese "Freude der Sinfonik" mit Bernstein ?


    Deine Dutoit-Decca-Doppel-CD enthält die Carmen und L`Arlesienne - Suiten u.a. Werke, die ich in anderen Aufnahmen bereits habe - - Ormandy / Philadelphia Orchestra auf CBS-CD gibt diesen Werken einen amerikanischen Touch, der mir gefällt.
    Leider habe ich bei Dutoit in letzter Zeit festgestellt, das er mir solches Repertoire zu sehr bremst und nicht "die Zügel schiesen läßt", so wie ich es mir vorstelle. Bei den Ravel-Orchesterwerken habe ich jedoch sehr positive Erfahrungen mit Dutoit gemacht, während er mir bei den de Falla und Debussy-Orchesterwerken schon wieder zu brav war. Aber das ist ein anderes Thema, das man pro Werk betrachten muß.
    :hello:Wie ist Deine Dutoit-Bizet-Aufnahme in punkto "straff, energisch und feurig" zu beurteilen ?

    Gruß aus Bonn, Wolfgang

  • Hallo Wolfgang,


    also ein "Bremseffekt" ist mir bei der von mir erwähnten Dutoit-Aufnahme bisher nicht aufgefallen (jedenfalls nicht wissentlich) - ich müsste mal mit anderen Einspielungen vergleichen, wie es dort rüberkommt.


    Allerdings kenne ich die von Dir vorgestellte Bernstein-Einspielung leider (noch) nicht, kann mir aber sehr gut vorstellen, dass ein Werk wie die Bizet'sche C-Dur Symphonie seinem Temperament und seinen musikalischen Idealen sehr entgegekam und er hier beim Dirigieren geradezu zu einem symphonischen Feuerwerk inspiriert wurde :yes:


    Auch wenn sie drei ganz unterschiedlichen Epochen entstammen, gehört für mich die Kombination dieser 3 Symphonien ganz nach vorne in meiner persönlichen symphonischen Hitliste:


    Bizet: Symphonie Nr. 1 C-Dur
    Prokofieff: Symphonie Nr. 1 "Classique" D-Dur, op. 25
    Britten: Simple Symphony, op. 4


    Wer nach dem Anhören dieser 3 Werke nicht gut drauf ist, dem kann ich auch nicht mehr helfen! :wacky:


    Mag sein, dass diese Werke nicht den bedeutungsschweren Tiefgang manch "großer" Symphonie besitzen - aber zum einen muss es auch diese gutgelaunten Leichtgewichte geben dürfen und zum anderen ist es meiner Meinung nach fast noch schwieriger, eine solch mitreißende, ansteckend fröhliche Musik zu komponieren, als ein tragisch-pathetisches Lamento... ;):stumm:

    "Es ist mit dem Witz wie mit der Musick, je mehr man hört, desto feinere Verhältnisse verlangt man."
    (Georg Christoph Lichtenberg, 1773)

  • .... ein weiteres Jugendwerk Bizets (jetzt kommt zur Abwechslung aber auch mal ein Bühnenwerk) ist die im April 1857 uraufgeführte Operette "Le Docteur Miracle", deren Entstehungsgeschichte darüberhinaus sehr interessant ist:


    Der Kölner Jacques Offenbach (1819-80) hatte sich Mitte der 1850er Jahre in Paris mit seinen erfolgreichen, oft sehr frechen und gesellschaftskritischen Opéras-bouffons oder auch Bouffonneries musicales einen Namen gemacht und gründete 1855 -nunmehr ganz etabliert- an den Champs-Élysées sein eigenes Theater, die Bouffes-Parisiens.


    Instinktsicher hatte Offenbach erkannt, dass die traditionelle französische Opéra comique, die im ersten Drittel des 19. Jahrhunderts sehr erfolgreich und beliebt gewesen war, in ihrer althergebrachten Form nicht mehr zeitgemäß war und hatte daraufhin die sogenannten Opéras-bouffons kreiert, aus denen sich schnell die Operette als neue Gattung entwickeln sollte. Der Publikumserfolg gab ihm recht.


    Es spricht für Offenbach, dass er sein Theater jungen französischen Komponisten zur Verfügung stellen wollte, um die Nachwuchs-Kollegen zu fördern, aber auch im eigenen Interesse die Bekanntheit der jungen Gattung der Opérette zu fördern.

    Er kam auf die Idee, einen Wettbewerb auszuschreiben:
    Das Libretto Le Docteur Miracle von Léon Battu und Ludovic Halévy (ein Neffe des Komponisten und Bizet-Lehrers) sollte vertont werden - im Stück kommen 4 handelnde Personen vor; das Werk sollte ungefähr dreiviertel Stunden dauern; das zur Verfügung stehende Orchester bestand aus 30 Musikern.


    "Das Theater, das ich Ihnen öffne, verlangt nur drei Dinge von Ihnen: Geschicklichkeit, Kenntnisse und Einfälle" schrieb Offenbach in seinem Aufruf im Le Figaro am 17.07.1856.


    Er traf damit ins Schwarze: Knapp 80 (!) Komponisten nahmen an dem Wettbewerb teil, dem zusätzlich zur Aufführungsoption noch ein Preisgeld in Höhe von 1.200 Francs beigegeben wurde.


    In der hochkarätigen Jury saßen berühmte Männer der Pariser Musik- und Theaterszene, neben Offenbach waren dies die Herren Auber, Gounod, der Erfolgslibrettist Eugène Scribe und Ambroise Thomas.


    Nach einer ersten Vorauswahl bekamen dann 12 Kandidaten das Libretto zur Vertonung und am Ende konnte sich die Jury nicht zwischen zwei Beiträgen entscheiden und teilte den Preis auf zwischen dem 18-jährigen Bizet und seinem 6 Jahre älteren Studienkollegen Alexandre Charles Lecocq ( 1832-1918 ), der später dann tatsächlich ein populärer Operettenkomponist werden sollte.


    Das Los entschied, dass Lecocqs Version am 08.04.1857, Bizets Operette am 09.04.1857 uraufgeführt werden sollte.


    Die musikalischen Rahmenbedingungen in Offenbachs Theater waren natürlich exzellent und so wurde aus Offenbachs genialer Marketing-Idee ein voller Erfolg. Es folgten je weitere 11 Vorstellungen, dann gerieten beide Werke in Vergessenheit, bis man zumindest Bizets Werk dann im Jahr 1951 erstmals wieder aufführte! :no:


    Bizets Version des Docteur Miracle wurde von der Kritik sogar als origineller und witziger gelobt, Lecocq fand sie wohl auch nicht übel, "aber in manchen Teilen ein bisschen zu schwerfällig..." - naja ;)


    Bizets Operette besteht aus einer Ouvertüre und sieben Musiknummern und gerade die Ouvertüre schließt quasi nahtlos an den quirligen Finalsatz der C-Dur Symphonie an: Sprühende Lebensfreude pur!


    Der Einakter ist von der Handlung wohl bewusst einfach gehalten und beinhaltet die klassische Komödiensituation: Reicher Vater hat hübsche Tochter, die wiederum einen Liebhaber hat, der dem gestrengen Herrn Papa nicht zusagt. Mit einer List der Verliebten wird dieser jedoch am Ende zur Einwilligung in die Liaison gebracht.


    Offenbach hatte ja selbst mit kleinen Einaktern seine Karriere in Paris begonnen und hielt diese übersichtliche Form anscheinend für den idealen Einstieg in das Genre.


    Bizet findet auch hier schon seinen ganz charakteristischen Tonfall und komponiert beschwingt und komödiantisch, inspiriert von der italienischen Opera buffa. Er zeigt sich erneut als genialer Melodienerfinder und geschickter Instrumentierer.

    In der Arie der Tochter Laurette, eine Romance, in der sie ihre unglücklich-hoffnungslose Liebessituation zu Beginn des Stücks beklagt, kann er neben den burlesken auch gefühlvoll-schwärmerische Töne anbringen.


    Der Höhepunkt des Werks ist eindeutig das recht bekannte gewordene Omelett-Quartett, in dem der als Wunderdoktor verkleidete Liebhaber dem Herrn Papa ein Omelett zubereitet.
    Ein herrlich groteskes, musico-gastronomisches Stück, in dem Zeilen fallen wie

    Voici l'omelette!
    Elle se compose,
    Notons bien la chose,
    De beurre et puis d'oeufs
    Bien battus entre eux.


    Wo hat man schon mal die Gelegenheit, ein komponiertes Kochrezept zu hören :D


    Auch hier bewundere ich wieder Bizets kompositorische Raffinesse und Treffsicherheit - er hatte zu dem Zeitpunkt bis auf ein lediglich im Freundeskreis (und nur mit Klavierbegleitung) aufgeführtes "Bühnenwerk" namens "Le Maison du Docteur" im Jahr 1855 komponiert (dem Titel nach eine Opéra comique in einem Akt) und verfügt doch quasi aus dem Stand über sämtliche technischen und dramaturgischen Kniffe, die für die Komposition eines solchen Werks notwendig sind! :jubel:


    Er hatte allerdings jede Menge theoretischer Kenntnisse im Opernsektor gesammelt, z. B. durch die Erstellung von Klavierauszügen - aber was ist schon Theorie gegen ausübende Praxis, wenn es "drauf ankommt"?


    Ich hatte das Glück, den Docteur Miracle in der Reihe "Oper am Klavier" vor ca. 5 Jahren an der Bonner Oper erleben zu dürfen.
    Parallel zu einer Neuinszenierung der Carmen wurde hier eine konzertante Aufführung (jedoch "gewürzt" mit einiger szenisch-gestischer Interaktion der Sänger, die sehr komisch war) im Foyer des Opernhauses dargeboten.
    Ich war sofort hellauf begeistert!


    Von diesem relativ unbekannten Werk gibt es begreiflicherweise nicht allzuviele, aber derzeit immerhin 2 Einspielungen auf dem Markt:




    Ich besitze die erstgenannte Aufnahme mit der Philharmonie de Lublin unter der Leitung von Didier Talpain, werde mir aber sicher zum Vergleich noch die zweite -mit knapp 8 Euro auch nicht allzu teure- Aufnahme zum Vergleichen zulegen!

    "Es ist mit dem Witz wie mit der Musick, je mehr man hört, desto feinere Verhältnisse verlangt man."
    (Georg Christoph Lichtenberg, 1773)

  • ... daher poste ich jetzt direkt noch einen Beitrag zum Thema :hello:


    Jetzt geht es um den angesehenen Rom-Preis, den Bizet im Oktober 1857, da war er knapp 19 Jahre alt, verliehen bekam für die Komposition seiner Kantate "Clovis et Clotilde".


    Zunächst ein paar Bemerkungen zu diesem ominösen Prix de Rome --- ein paar Fakten hierzu habe ich u. a. bei einem gewissen Online-Lexikon mit "w" finden können ;) :


    Wie die anderen Studenten des Pariser Conservatoire war auch der junge Bizet erpicht darauf, den angesehenen Rom-Preis (Prix de Rome) zu gewinnen. Dies war ein von der Académie Française erstmals im 17. Jahrhundert ausgeschriebenes mehrjähriges Künstlerstipendium mit Aufenthalt in Rom.
    Ursprünglich wurde der Rompreis von Ludwig XIV. im Jahr 1666 ins Leben gerufen, um jungen talentierten Architekten, Malern, Radierern sowie Bildhauern das Studium der klassischen Künste in Rom, der Wiege der mitteleuropäischen Kunst zu ermöglichen.
    Als Sitz der zu diesem Zweck von Jean-Baptiste Colbert gegründeten Académie de France à Rome wurde die Villa Medici angemietet, ab 1803 war sie dann sogar französisches Staatseigentum.


    Im selben Jahr weitete man die Vergabe des Preises auch auf den Bereich der Musik aus. Von da an wurde er auch jährlich verliehen.
    Voraussetzung war das Studium am Pariser Conservatoire, und in einer sich über mehrere Phasen erstreckenden Ausscheidung konnten die Musikstudenten mit einer abschließenden Kantaten-Komposition (auf einen vorgegebenen Text) dieses renommierte und äußerst begehrte Stipendium gewinnen.
    Während ihres Aufenthalts mussten die Stipendiaten jährlich ein weiteres Musikstück einreichen, das von den Mitgliedern der Académie bewertet wurde. Zahlreiche namhafte Komponisten gewannen diesen begehrten Preis. Im Jahr 1968 wurde der Wettbewerb nach über 300 Jahren abgeschafft, seit 1971 werden jedoch wieder Stipendien der Akademie verliehen.


    Der Preis wurde in 4 Abstufungen verliehen, die nicht in jedem Jahr vergeben wurden: So gab es den "premier Premier Grand Prix" (1. Hauptpreis), den "deuxième Premier Grand Prix" (2. Hauptpreis), den "premier Second Grand Prix" (1. Zweiter Preis) und den "deuxième Second Grand Prix" (2. Zweiter Preis).


    Ein paar berühmte Preisträger des Bereichs Komposition waren z. B.:
    1819 Jacques Fromental Halévy (1. Hauptpreis)
    1825 Adolphe Adam (2. Zweiter Preis)
    1830 Hector Berlioz (1. Hauptpreis)
    1832 Ambroise Thomas (1. Hauptpreis)
    1839 Charles Gounod (1. Hauptpreis)
    1857 Georges Bizet (1. Hauptpreis)
    1863 Jules Massenet (1. Hauptpreis)
    1884 Claude Debussy (1. Hauptpreis)
    1887 Gustave Charpentier (1. Hauptpreis)
    1888 Paul Dukas (1. Zweiter Preis)
    1901 Maurice Ravel (2. Zweiter Preis)
    1913 Lili Boulanger und Claude Delvincourt (beide 1. Hauptpreis)
    1914 Marcel Dupré (1. Hauptpreis)
    1919 Jacques Ibert (2. Hauptpreis)
    1938 Henri Dutilleux (1. Hauptpreis)


    Bizet hatte im Jahr 1856 bereits einen Zweiten Preis in diesem Wettbewerb gewonnen, in 1857 gelang es ihm dann, das "Rom-Stipendium" zu erringen.


    Am bekanntesten dürften übrigens Hector Berlioz' vier Versuche in den Jahren 1827-30 gewesen sein, diesen Preis zu gewinnen - er war erst 1830 erfolgreich. Zwei dieser Beiträge, die Kantaten "La Mort d'Orphée" und vor allem "La Mort de Cléopâtre" sind im Nachhinein zu einer gewissen Bekanntheit gelangt, was man -leider mal wieder :no: - von Bizets Kantate "Clovis et Clotilde" nicht behaupten kann....


    Bizet war nach seinem Achtungserfolg mit "Le Docteur Miracle" in Pariser Künstlerkreisen recht bekannt geworden und hatte in der Folge u. a. die Bekanntschaft Rossinis gemacht, der in seinem Landsitz bei Paris wohnte. Auch Offenbach schätzte den jungen talentierten Kollegen. Beide Herren ermunterten Bizet, es nach dem für ihn enttäuschenden 2. Preis im Jahr 1856 im folgenden Jahr nochmals mit einem Wettbewerbsbeitrag zu versuchen.


    Für diesen Wettbewerb wurden von der Jury der Académie des Beaux-Arts Kantaten-Dichtungen vorgegeben, die ebenfalls nach strengen Kriterien ausgewählt wurden.
    Im Jahr 1857 war es nun die Dichtung "Clovis et Clotilde" des völlig unbekannten Eisenbahnangestellten und Poeten Amedée Burion, von dem keine weiteren Werke bekannt sind.... :wacky:
    Die Partituren mussten von den Bewerbern in Klausur geschrieben werden, was aber nicht ganz so streng gehandhabt wurde, wie es sich anhört.


    Zu dieser Zeit saß übrigens nun auch Berlioz in der zuständigen Jury, der sich in gewohnt bissig-ironischer Weise schon einige Jahr zuvor über den Prix de Rome und die Beurteilungskriterien der Jury geäußert hatte. Es saßen hier halt Vertreter aller beteiligten Kunstsparten und so mussten z. B. auch (Kunst-) Maler oder Graphiker (Kupferstecher) über musikalische Werke mit befinden und abstimmen (anders herum war es aber auch - man konnte sich also als Musiker in den anderen Sparten "rächen" :D )


    Die Gattung der Kantatendichtung galt damals als längst veraltet, wurde aber für die ehrwürdige Académie weiterhin beibehalten.


    Kein Wunder also, dass viele Komponisten nicht gerade besonders inspirierte Werke ablieferten.
    Auch Bizet wollte anscheinend kein Risiko eingehen, dachte an die lockende Romreise und das damit verbundene, großzügige Stipendium und komponierte die Kantate quasi "auf Nummer sicher", um eben auch die fachfremden Jury-Mitglieder zu überzeugen, was dann ja auch gelang.


    Das über eine halbe Stunde dauernde Werk "Clovis et Clotilde" ist ungewöhnlich umfangreich für einen Rompreis-Beitrag und wurde am 02.10.1857, dem Tag der Preisverleihung, ein einziges Mal aufgeführt, bevor es in den Archiven verschwand.... das kommt bei Bizet irgendwie häufiger vor :(


    Es geht in der Kantate um die Schlacht von Soissons und die darauf folgende Bekehrung und Taufe des ersten Frankenkönigs Chlodwig (Clovis) in Gegenwart seiner Gattin, der katholischen Burgunderprinzessin Clotilde im Jahre 486.
    Der Text der Kantate bietet Raum für ausgedehnte Rezitativ-Szenen und Solostellen der Protagonisten. Zu Beginn gibt es noch eine kurze, immerhin vierteilige Instrumentaleinleitung.


    Alles ist routiniert komponiert (zumal für einen 18-Jährigen!), aber nicht ganz so flott und inspiriert, wie die weiter oben beschriebenen Werke - klar: Das Sujet war wesentlich ernsthafter und "würdevoller" und der Kompositionsanlass hochoffiziell. Das hemmte den jungen Komponisten in seiner Experimentierfreudigkeit ein wenig ;)


    Interessant ist noch die Geschichte der "Wiederentdeckung" der Kantate:


    Als man 1986 den 1500. Jahrestag der Schlacht von Soissons und der darauf folgenden Christianisierung des legendären Frankenkönigs angemessen begehen wollte, engagierten sich Musikfreunde der betreffenden Region in diesem Zusammenhang für eine Wiederaufführung der Bizet'schen Kantate.
    Sie wurde dann 1988, im Jahr des 150. Geburtstags von Bizet, in prominenter Besetzung in der Kathedrale von Soissons (und dann noch andernorts in Frankreich) erstmals wieder aufgeführt - eine schöne Geste, wie ich finde!


    Diese Aufführungsreihe aus dem Jahr 1988 ist auf CD festgehalten worden - als "Zugabe" enthält die Aufnahme die 2. Symphonie in C-Dur "Roma", in der Bizet seine Eindrücke aus dem Aufenthalt in der ewigen Stadt künstlerisch verarbeitet hat.
    Für den Spottpreis von knapp 5 Euro kann der/ die Interessierte sicher einen Versuch wagen, sich diese Kantate einmal anzuhören, finde ich:



    Es musizieren u. a. Gérard Garino, Montserrat Caballé, das Orchestre National de Lille unter der Leitung des mit der Wiederaufführung betrauten Dirigenten Jean-Claude Casadesus (er hatte die Partitur in der Pariser Nationalbibliothek wieder "ausgegraben").

    "Es ist mit dem Witz wie mit der Musick, je mehr man hört, desto feinere Verhältnisse verlangt man."
    (Georg Christoph Lichtenberg, 1773)

  • Den einzigen Beitrag Bizets zur Kirchenmusik mag ich ganz besonders gerne:


    Eine handelt sich um eine sehr originelle und eingängige Vertonung des sogenannten Ambrosianischen Lobgesangs, üblicherweise benannt nach den Anfangsworten "Te deum laudamus, te domine confitemur", den im Laufe der Jahrhunderte viele Komponisten vertont haben. Siehe auch den Thread Te Deum - ein hymnischer Lobgesang.


    Bizets Te Deum entstand während seines Aufenthalts in Rom.


    Zusammen mit 3 Mitstipendiaten war der 19-jährige Bizet im Dezember 1857 von Paris gen Süden aufgebrochen. Seine Mitreisenden waren Charles Sellier (Maler), Francois-Joseph Heim (Architekt) und Charles Colin (Oboist) und die vier jungen Künstler lassen sich Zeit mit ihrer Reise und genießen ihre Freiheit. Für Bizet war es sogar das erste Mal überhaupt, dass er sich von Paris entfernte!
    Weihnachten verbringt man in Avignon und Bizet ist tief beeindruckt von der durchreisten Provence, der atemberaubenden Landschaft, den Menschen dort und den Orten und Städten mit ihrer Architektur.
    Erst am 27. Januar 1858 (nachdem sie auch die Toskana auf ihrem Reiseweg erkundet haben) erreichen die Rom-Preisträger die französische Akademie in der Ewigen Stadt, die im französischen Staatseigentum, der berühmten Villa Medici, untergebracht ist.



    Für Bizet beginnt nun eine herrliche Zeit voller Entdeckungen und Ausflügen in die Umgebung der Stadt - er genießt das Leben (und die schönen Römerinnen :D ) in vollen Zügen (wie Briefe an seine Eltern aus dieser Zeit belegen) und kann dank des Stipendiums frei von finanziellen Sorgen die zahlreichen Einflüsse vor Ort in sich aufnehmen und sich vom mediterranen Flair inspirieren lassen.


    Die Akademie in Paris, die den Rompreis verliehen hat, will "lediglich" sogenannte "envois", also Einsendungen von Kompositionen sehen. Dies ist die einzige Bedingung, die von ihm erwartet wird.


    Gerade hier wird mir Bizet auch menschlich sehr sympathisch: Während manch anderer junger Künstler sich -unter den mannigfaltigen Eindrücken in Rom- in einen wahren Schaffensrausch gesteigert hätte, skizziert Bizet in seiner Zeit in Rom zwar jede Menge Ideen und macht zahlreiche Pläne (vor allem für Opern) - aber dabei bleibt es auch!
    Er versteht es stattdessen zu genießen und das dolce vita zu zelebrieren - seeehr sympathisch! Wen interessiert das ferne Paris und die dortigen Erwartungen irgendwelcher hoher Herren, wenn man unter solchen Umständen in Rom weilen kann? :] ;)


    Da Bizet nach dem Romaufenthalt gerne noch nach Süditalien weiterreisen möchte, um auch Neapel zu sehen (in die Schweiz und nach Deutschland wollte er auch noch gerne...), nahm er jedoch am Wettbewerb um den Rodrigues-Preis teil, der mit 1.500 Francs dotiert war und der Förderung neuer kirchenmusikalischer Werke diente. An diesem exklusiven Wettbewerb durften nur Rom-Preisträger teilnehmen.


    Und so komponiert er in seinem Studierzimmer in der Villa Medici von Februar bis April 1858 das erwähnte Te Deum.


    Obwohl es nur eine einzige Konkurrenzkomposition in diesem Jahr gab, wurde Bizet der Preis jedoch nicht zuerkannt :(


    Die Jury nahm offenbar Anstoß an Bizets recht freiem Umgang mit dem lateinischen Text (einige Textzeilen werden in der Komposition nämlich ausgespart, einige umgestellt) und evtl. auch an der etwas plakativen Kompositionsweise - echte italianità eben.
    An Kirchenmusik erinnert in dem 4-sätzigen Te Deum tatsächlich eher weniges (evtl. noch die Ansätze einer Fuge im Fiat misericordia) - es ist eher musikdramatisch-opernhaft geprägt, Bizets Talent lag nun einmal eindeutig auf dem Gebiet der Oper.
    So kam es, dass das Manuskript unaufgeführt in den Archiven landete und erst 1971 (!) in Berlin uraufgeführt wurde :motz: :no:


    Ich mag das Werk aber gerade vor allem wegen seiner unbekümmert opernhaften Machart und dem musikalischen Ideenreichtum, der sehr mitreißend ist:
    Der Beginn mit seinem wuchtig-stampfenden, synkopierten Rhythmus ist ein echter Ohrwurm, der am Ende des gut 15-minütigen Werks nochmal aufgegriffen wird - allein schon wegen dieses ersten Teils lohnt sich das ganze übrige Werk :jubel:


    Bizet fasst sich relativ kurz (im Vergleich z. B. zum riesenhaften, 50-minütigen Te Deum von Berlioz, dessen Pariser Uraufführung im Jahre 1855 Bizet beigewohnt hatte) und auch mir persönlich gefallen die knapperen Te Deum-Vertonungen beispielsweise von Haydn und Mozart (dessen geniales, äußerst eingängiges Te Deum KV 141 mit gut 8 Minuten Aufführungsdauer wohl eines der kürzesten Werke seiner Art sein dürfte!) viel besser: Die gedrängte Form, traditionell mit Pauken und Trompeten, verleiht einem Te Deum erst die richtige Durchschlagskraft!


    Immerhin beugt er sich der Tradition und vertont den Textteil "Te ergo quaesumus" wie üblich (und erwartet!) in langsamer, geradezu meditativer Manier: Eine echte Opernszene (als ausdrucksvolles Gebet oder Preghiera) für den Solo-Sopran (und den begleitenden Chor), die ihre Wirkung nicht verfehlt!


    Schade, dass diese ungewöhnliche Komposition nicht die ihr gebührende Anerkennung fand (hätte ich doch in der Jury gesessen...) - sie ist modern und geradezu zukunftsweisend - ich möchte sie hiermit jedem und jeder Interessierten sehr an Herz legen :yes:


    Ein paar Parallelen zur fast exakt 100 Jahre später entstandenen Komposition des Gloria in G-Dur, op. 58 von Francis Poulenc (1899-1963) fallen mir spontan noch auf: Auch er rhythmisiert einige Teile des liturgischen Textes in ungewöhnlicher Manier (vor allem das "Laudamus te") und erntet ebenfalls hierfür Kritik.


    Außerdem fällt bei beiden Kompositionen der etwas ungewöhnliche Umgang mit dem lateinischen Sprachduktus auf:
    Sowohl Bizet wie Poulenc lassen sich eindeutig von der französischen Sprache bei den Betonungen der lateinischen Worte leiten, was teilweise etwas ungewohnt klingt (aber so gesehen ja auch mal eine Abwechslung ist ;) ) - aber auch das wurde bei beiden Kompositionen kritisiert....


    Leider gibt es nur sehr wenige Aufnahmen des Te Deums - auch nach 35 Jahren hat es sich anscheinend noch immer nicht so richtig durchgesetzt...


    Eine Aufnahme des kompletten Te Deums (den ersten Satz allein findet man wohl etwas häufiger auf Chormusik-Zusammenstellungen) aus dem Jahre 1996 kann ich aber empfehlen:


    Angela Maria Blasi und Christian Elsner als Sopran- und Tenorsolist, dazu der Münchner Mottetenchor, die Münchner Symphoniker unter der Leitung von Hans Rudolf Zöbeley - als passende "Zugabe" gibt es die berühmte Cäcilienmesse von Bizets Freund und Kollegen Charles Gounod.


    "Es ist mit dem Witz wie mit der Musick, je mehr man hört, desto feinere Verhältnisse verlangt man."
    (Georg Christoph Lichtenberg, 1773)

  • Dem Liebhaber des Bizet’schen Orchesterschaffens sei unbedingt auch diese 3-CD-Box von Brilliant Classics empfohlen:



    Georges Bizet: Sämtliche Orchesterwerke
    Orquestra Filarmonica de México
    Royal Philharmonic Orchestra
    Ltg. Enrique Bátiz



    Ich selbst erstand diese Box vor ca. anderthalb Jahren für lächerliche 2,99 Euro bei einem Drogeriemarkt und war schlicht von den Socken!
    Vom Coverbild - welches natürlich das Herz eines jeden Sonnensuchers höher schlagen läßt - mal abgesehen, bietet Bátiz mit diesen Aufnahmen eine ungeheuer packende, farbige und mitreißende Interpretation auf allerhöchstem Niveau. Für mich ist diese Einspielung der Orchesterwerke die aktuelle Referenz; da können auch Bernstein und Dutoit nicht mehr mithalten.


    Fazit: Diese Box wäre selbst zum Hochpreis eine absolute Empfehlung; für knapp drei Euro ist es jedoch nahezu kriminell, sie NICHT zu kaufen!



    Mit den besten Empfehlungen!


    Laurenz :hello:

    `
    (...) Eine meiner frühesten Erinnerungen im Zusammenhang mit der Musik betrifft einen Abend, an dem das Rothschild-Quartett bei uns ein hochmodernes Werk von Egon Wellesz spielen sollte. Die Stühle waren den Musikern zu niedrig, so nahmen sie unsere Bände mit Schubertscher Kammermusik, um damit ihre Sitze zu erhöhen. Ich dachte, wieviel schöner es wäre, wenn sie auf Wellesz sitzend Schubert spielen würden (...)


    — aus „5000 Abende in der Oper“ von Sir Rudolf Bing —
    .

  • Hallo Sonnensucher,


    danke für den Tip! :hello:


    Bei Brilliant-Classics bietet sich ja die (aufgrund der sensationell niedrigen Boxenpreise) Chance, ganze Werkgruppen in sinnvollen Zusammenstellungen auf einen Schlag zu erwerben.
    Der Preis senkt da oft die Hemmschwelle, sich auch Sachen zuzulegen, die man sonst nicht unbedingt gekauft hätte.
    Wer z. B. die Carmen-Suiten hören möchte, dürfte in den seltensten Fällen darüber nachdenken, ob sich parallel auch die Anschaffung weiterer Bizet'scher Orchesterwerke lohnen dürfte...


    Umso schöner, wenn dann nicht nur die weiteren Werke auf solchen CDs gefallen, sondern auch die Interpretation überzeugt und mitreisst! :yes:


    Wie hält Brilliant es denn nun mit der angekündigten Vollständigkeit bei Bizet?
    Auf dem Cover werden explizit ja nur "L'Arlesienne" und die "Carmen-Suiten" genannt.


    Sind denn auch beide Sinfonien, die Ouverture dramatique "Patrie" (op. 19), die "Première Ouverture" u. a. in der Box vertreten?

    "Es ist mit dem Witz wie mit der Musick, je mehr man hört, desto feinere Verhältnisse verlangt man."
    (Georg Christoph Lichtenberg, 1773)

  • Tamino Beethoven_Moedling Banner
  • Hallo Marc,


    dank der Meldung des Sonnensuchers bin ich auf diesen sehr schönen Thread gestoßen, der mich bedauern lässt, dass es dazu so wenig Rückmeldungen gegeben hat.


    Andererseits hast Du so vieles und so vieles Richtige geschrieben, dass auch mir kaum etwas zu ergänzen bleibt.


    Den DOCTEUR MIRACLE, eine meiner Lieblingsoperetten (ich mag ja Einakter, besonders bei Operetten), höre ich gerade in einer dritten Aufnahme unter Antonio de Almeida mit der Standardbesetzung des ORTF, nämlich Liliane Berton, Lina Dachary, Rémy Corazza und Jean-Christophe Benoit. Vor allem dank Almeida gefällt sie mir noch besser als die Aufnahme unter Amaducci, die Du Dir inzwischen hoffentlich besorgen konntest. Sie ist nämlich noch etwas frecher und zudem mit 14 Nummern (natürlich einschließlich der wichtigen Dialoge, die bei Amaducci stark gekürzt sind) denkbar vollständig. Natürlich ist auch sie längst vergriffen. Ich habe sie über OperaShare, wo es eine höchst erfreuliche Sammlung von Operetten gibt, darunter die Mehrzahl der Enakter Offenbachs.


    Bei der Gelegenheit habe ich das in der Tat herrliche Omelette-Quartett natürlich sofort in meine Liste von Ensembles aufgenommen. Dazu auch die beiden anderen Ensembles, die ebenfalls sehr reizend sind. Erstaunlich, dass ein Erstlingskomponist gleich vier Ensembles von hoher Qualität in einem einzigen Einakter unterbringt.


    Nun schuldest Du uns allerdings noch etwas Ausführlicheres zu den PECHEURS DES PERLES, LA JOLIE FILLE DE PERTH und, nicht zu vergessen, den JEUX D'ENFANTS, wenn man die ARLÉSIENNE einmal als halbwegs bekannt voraussetzen darf, obwohl da fast jeder "nur" die Suiten kennt. :D


    Und vielleicht sogar einen Operettenführer zum DOCTEUR MIRACLE? Er wäre es wert. :yes:


    Ich freu mich drauf.


    :hello: Rideamus

  • Hallo Rideamus,


    die von Dir genannten Bizet-Werke stehen noch auf der Liste für diesen Thread - sie sollten keinesfalls hier fehlen, da hast Du völlig Recht!


    Das Ganze ist auch nicht in Vergessenheit geraten, keine Sorge.


    Mir fehlte vorübergehend nur etwas Zeit und Muße hierfür - aber meine "Mission de Bizet" ist noch keinesfalls beendet... ;)

    "Es ist mit dem Witz wie mit der Musick, je mehr man hört, desto feinere Verhältnisse verlangt man."
    (Georg Christoph Lichtenberg, 1773)


  • Schon okay, Du hattest in der Zwichenzeit ja auch noch einiges mit den Bachkantaten und Musicals zu tun, was mir nicht minder willkommen war. :D


    Ich warte gerne und geduldig.


    :hello: Rideamus

  • Zitat

    Original von MarcCologne


    [...]
    Wie hält Brilliant es denn nun mit der angekündigten Vollständigkeit bei Bizet?
    Auf dem Cover werden explizit ja nur "L'Arlesienne" und die "Carmen-Suiten" genannt.


    Sind denn auch beide Sinfonien, die Ouverture dramatique "Patrie" (op. 19), die "Première Ouverture" u. a. in der Box vertreten?


    Hallo Marc,


    die Box enthält folgende Werke:


    CD 1:
    Carmen-Suite Nr. 1
    Carmen-Suite Nr. 2
    Vorspiel zu den „Perlenfischern“
    Ouvertüre Op. 19 „Patrie“


    CD 2:
    L’Arlésienne-Suite Nr. 1
    L’Arlésienne-Suite Nr. 2
    Suite „La Jolie Fille de Perth“
    Jeux d’Entfants-Suite Op. 22


    CD 3:
    Sinfonie in C-Dur
    Roma-Sinfonie



    Vielleicht hilft’s Dir ja ein wenig weiter?!



    Beste Grüße!


    Laurenz :hello:

    `
    (...) Eine meiner frühesten Erinnerungen im Zusammenhang mit der Musik betrifft einen Abend, an dem das Rothschild-Quartett bei uns ein hochmodernes Werk von Egon Wellesz spielen sollte. Die Stühle waren den Musikern zu niedrig, so nahmen sie unsere Bände mit Schubertscher Kammermusik, um damit ihre Sitze zu erhöhen. Ich dachte, wieviel schöner es wäre, wenn sie auf Wellesz sitzend Schubert spielen würden (...)


    — aus „5000 Abende in der Oper“ von Sir Rudolf Bing —
    .


  • Dannke Sonnensucher für Deine Empfehlung.


    Ich habe bei dem Preis (allerdings für 7,99€ auch günstig) gleich bestellt !
    Es wäre sonst wirklich kriminell.


    Deinem Statement zu Batiz schenke ich gerne Glauben, denn Batiz ist ein Dirigent der genau diese Werke mit dem richtigen Feuer begleiten wird.
    Das er jedoch Bernstein bei der Sinfonie Nr.1 überflügeln wird, kann ich mir nicht vorstellen.
    Zustimmung zu den Carmen und L`Arlesienne Suiten, die habe ich auf einer CBS-CD und da ist er nicht so spritzig wie sonst gewohnt.
    Ormandy (auch CBS) hat bei diesen Suiten einfach mehr zu bieten.


    Ich bin gespannt auf Batiz --- dann werden bei mir warscheinlich ein paar CD´s für EBAY frei, denn diese Werke muss ich nicht mehrfach haben, sondern einmal richtig gut !

    Gruß aus Bonn, Wolfgang

  • Auch mein Dank an Sonnensucher für die Empfehlung der Bátiz-Box mit Bizet-Orchsterwerken!


    Habe die Box gestern für 3,99€ beim Drogeriemarkt R***mann gekauft. Allerdings in einer anderen Aufmachung (ohne das schöne Sonnenblumenbild), da die Box dort inzwischen vom Label "classic mania" angeboten wird. Dieses Label gehört genauso wie "Brilliant Classics" zur "Foreign Media Group" und ich habe dort bisher nur Aufnahmen veröffentlicht gesehen, die auch schon bei Brilliant erschienen sind.


    Viele Grüße
    Frank

    From harmony, from heavenly harmony
    this universal frame began.

  • Auf zwei Opernaufnahmen Bizets sei die geschätzte Thread-Gemeinde hingewiesen:


    1. die komische einaktige Oper "Djamileh" mit Lucia Popp, Franco Bonisolli und Jean-Philippe Lafont sowie dem Münchner Rundfunksorchester unter Lamberto Gardelli; Aufnahme von 1983; erschienen bei Orfeo unter
    C 174 881 A.


    2. Gesamtaufnahme von "Iwan IV." mit Inva Mula, Julian Gavin, Ludovic Tézier, Paul Gay, Alexandre Vassiliev u.a. sowie Orchestre National de France, das Michael Schonwandt dirigiert. Aufnahme von 2002; 2 CD;
    erschienen bei Naive/Radio France;


    Florian

  • Mmh...sehr interessant, dass dieser Thread gerade hochgekommen, wo ich mir doch für den nächsten Einkauf schon mal ne Bizet CD beiseite gelegt hatte - Zufälle gibt’s :D
    Ja...meine erste Bizet CD. Angeregt durch die Farandole aus L'Arlesienne, welche ich live in einem Benefizkonzert in Oberhausen erleben durfte und von dieser heiteren Musik sofort ergriffen wurde.


    Bei meinen Minirecherchen (komischerweise außerhalb Taminos, weshalb ich auch nicht auf diesen Thread gestoßen bin) stieß ich auch auf die Symphonie C-Dur und so wählte ich mir diese CD aus:



    Hier hätte ich mit Sir Thomas Beecham genau diese beiden Werke drauf...


    Grammophon sch reibt dazu: Die Symphonie hat anscheinend nur darauf gewartet, von Sir Thomas aufgenommen zu werden - und er hat das perfekt getan. Die L'Arlesienne-Suiten gelangen faszinierend, ein weiterer Beweis für Beechams Kunst.


    Nun, Aufnahmedatum dürfte 1960 gewesen...die Rezension sicherlich auch so in diesem Dreh - heißt seitdem kann sehr viel passiert sein und nach diesem Thread, wo Beecham bisher zu keiner Erwähnung kommt (wie auch sonst hier im Forum), tendiere ich nun zu Batiz - mehr Werke und zudem kenne ich ihn von Rachmaninoffs 'Symphonischen Tänzen' und dort wusste er absolut zu begeistern.


    Sollte also niemand etwas zu dieser Einspielung sagen können, weil sie schlichtweg unbekannt unter den Taminos/Paminas ist, dann greife ich sicher auf Batiz zurück - auch wenn ich Dutoit auch schon mal im Blickfeld hatte...


    Besten Dank - sollte etwas kommen ;)
    Maik

    Wie ein Rubin auf einem Goldring leuchtet, so ziert die Musik das Festmahl.


    Sirach 32, 7

  • Hallo Maik,


    mit Sir Thomas Beecham, der im französischen Repertoire immer besonders gut war und, was Bizet betrifft, eine der nachhaltig besten CARMEN eingespielt hat, liegst Du sicher nicht falsch, zumal die beiden besten Orchesterstücke Bizets ja auf dieser Aufnahme kombiniert sind und das Ganze nur € 10,00 kostet. Allenfalls sind leichte Mängel wegen der inzwischen schon fast historischen Tonqualität in Kauf zu nehmen.


    Andererseits: Batiz bietet eine vollständige Auswahl, die Du sonst nirgendwo bekommst. Ich kenne die Aufnahme noch nicht, werde sie mir aber trotz diverser Duplikate auch besorgen, wenn sie mir über den Weg läuft.


    Für meinen Geschmack die besten Aufnahmen der Symphonie in C haben allerdings Bernstein und Gardiner eingespielt, denn sie fangen die Heiterkeit dieses Stückes besonders gut ein. Die Gardiner Aufnahme auf Erato scheint leider nicht mehr am Markt zu sein, was besonders bedauerlich ist, da auch er die Symphonie mit den Arlesienne-Suiten kombiniert. Da auch die Bernstein-Aufnahme derzeit wohl nicht angeboten wird, würde ich mich wegen des noch günstigeren Preises und vor allem der Fülle des dafür Gebotenen für Batiz entscheiden.


    :hello: Rideamus

  • Hallo Rideamus!


    Nun - die Beecham Einspielung ist derzeit sogar für 6,99€ zu erstehen :yes:
    Und wenn sie begeisterungsfähig ist, dann störe ich mich sicherlich auch nicht an einer eventuell etwas schlechteren Tonqualität.


    Überlegen tue ich aber letztlich auch noch aus dem Grund, dass man bei Batiz eben schon alles serviert bekommt.
    Und interpretatorisch würde mich natürlich gerade auch ein Leonard Bernstein sehr ansprechen...was man mit dem, auch ich in meinen jungen Kassikjahren, schon für herrliche Momente hatte :]
    Vielleicht sollte ich auch darüber nachdenken...ernsthaft.


    Heijaja.
    Mal gucken was ich da mache.


    Batiz - Beecham - Bernstein...die drei Bs :angel:


    Gruß, Maik

    Wie ein Rubin auf einem Goldring leuchtet, so ziert die Musik das Festmahl.


    Sirach 32, 7

  • Banner Trailer 2 Gelbe Rose
  • Zitat

    Original von Maik
    Batiz - Beecham - Bernstein...die drei Bs :angel:


    Gruß, Maik


    Und nicht zu vergessen, falls Dir der über den Weg laufen sollte, G für Gardiner. Es würde mich aber auch nicht wundern, wenn Du nach dem Genuss Deiner ersten Entscheidung ohnehin Lust auf mehr bekommst.


    :hello: Rideamus

  • Zitat

    Original von Rideamus


    Und nicht zu vergessen, falls Dir der über den Weg laufen sollte, G für Gardiner.



    Und A für Anguélov will auch noch beachtet sein - auch wenn die derzeitigen Fantasiepreise bei marketplace in einen andern tread gehören:



    (günstiger müßte die CD über das Management zu beschaffen sein)



    ( :no: nein,das gehört nicht in den Fan-thread :D )


    :hello:


    Elisabeth

  • Hallo Bizet-Freunde,


    die von Sonnensucher empfohlene Brillant-Batiz-3CD-Box habe ich gestern erhalten und bin voll begeistert.


    Obwohl Batiz für die Sinfonie in C eine ganze Menge mehr Zeit benötigt als Bernstein ist bei Batiz´s Temprament dieser Tempounterschied gar nicht auffällig.
    Batiz wählte für die Sinfonien (in C und ROMA) das Royal Philharmonic Orchestra, das unter seinen Händen in absoluter Höchstform spielt. Detailreich und feurig werden diese fröhlichen launemachenden Werke interpretiert.
    Die ROMA-Sinfonie habe ich zum ersten mal gehört !
    Bernstein und Batiz --- beides Spitzenaufnahmen mit einer Tendenz zu Lenny´s Feuerwerk hier.


    Die Arlesienne Suiten Nr. 1 & 2 sind mit seinem Hausorchester aus Mexico gespielt - solch eine Wucht habe ich noch bei keiner Aufnahme gehört.
    Ich bin beim Hören immer schon auf den letzten Satz (Fanderole) gespannt. Das Feuerwerk, das Batiz hier abbrennt ist einfach Superklasse, da sind jede Menge andere Aufnahmen zum einschlafen.
    Ich habe mir die Bernstein-Aufnahme mit den New Yorker PH auf meiner CBS-CD angehört: Eine ebenfalls tolle Aufnahme mit vielen Details, aber doch "auf dem Teppich bleibend".
    :yes: Unglaublich aber wahr - Batiz ist hier vorzuziehen.
    Batiz brennt die Fanderole in 2:40 ab, während Bernstein 3:10 braucht !
    Für Ormandy (CBS) muß ich noch den Vergleich nachholen.




    Georges Bizet (1838-1875)
    Symphonie C-dur
    Carmen Suiten Nr. 1 & 2; Arlesienne Suiten Nr. 1 & 2;
    Präludium aus "Les Pecheurs de perles";
    Patrie-Ouvertüre op. 19;
    La Jolie Fille de Perth-Suite;
    Jeux d'Enfants-Suite op. 22;
    Symphonie "Roma"

    Royal PO, Mexiko PO, Batiz
    Brilliant , DDD


    Als nächstes werde ich die Carmen-Suiten mit Batiz - Ormandy - Bernstein vergleichen.
    Die Ouvertüre kenne ich auch noch nicht.


    :hello: Lohnende Anschaffung.
    Von jpc wird die Brillant-3CD-Box in einem schönen 3-CD-Case geliefert und nicht wie oft bei Brillant üblich in den Pappkassetten mit Papierschubern für die CD´s (beides wird Brillant bei einem CD-Angebot parallel auf den Markt gebracht).

    Gruß aus Bonn, Wolfgang

  • Zitat

    Original von ThomasBernhard
    Was hat es denn mit dieser Roma-Sinfonie auf sich?


    Hat er sich damit auf den Rom-Preis (Stipendium für ein Jahr Rom-Aufenthalt) beworben?


    Weiter oben im Thread findest Du Marcs Erläuterungen dazu. Den Rompreis konnte man nur mit einer Kantate gewinnen. Marc hat die eindrucksvolle Liste der Gewinner des Rom-Preises zusammengestellt. Im Falle von Bizet war es die Kantate CLOVIS ET CLOTHILDE.


    Die Sinfonie ROMA war das Ergebnis seines Rom-Aufenthaltes. Leider wird sie nur noch sehr selten gespielt und aufgenommen.


    :hello: Rideamus

  • Eigentlich fast eine Schande, daß Leute wie Enrique Bátiz gezwungen sind, ihre Aufnahmen über "Billiglabel" auf den Markt zu werfen.[*]
    Bei den Leistungen diese Mannes müßte doch eigentlich jedem Major-Label das Wasser im Munde zusammenlaufen...


    Ich denke, man muß Bátiz dringend im Auge behalten. Er ist derzeit (neben Dudamel) derjenige Dirigent, welcher dem musikalischen Aufbruch Lateinamerikas Gesicht gibt und eigentlich nur mit exzellenten Leistungen von sich reden macht.



    Es gibt von Bátiz keine einzige Aufnahme über die ich Negatives gehört hätte; seien es nun die Bachianas Brasileiras von Villa-Lobos oder seine Einspielung von Rachmaninoffs Toteninsel - alles auf höchstem Niveau.


    Der Mann scheint mir deutlich unterbewertet! :motz:



    M.f.G. Laurenz :hello:



    [*] Ja ja, ich sehe wohl die Diskrepanz zwischen dieser Aussage und meiner Freude über den unglaublich günstigen Preis der Bizet-Box.

    `
    (...) Eine meiner frühesten Erinnerungen im Zusammenhang mit der Musik betrifft einen Abend, an dem das Rothschild-Quartett bei uns ein hochmodernes Werk von Egon Wellesz spielen sollte. Die Stühle waren den Musikern zu niedrig, so nahmen sie unsere Bände mit Schubertscher Kammermusik, um damit ihre Sitze zu erhöhen. Ich dachte, wieviel schöner es wäre, wenn sie auf Wellesz sitzend Schubert spielen würden (...)


    — aus „5000 Abende in der Oper“ von Sir Rudolf Bing —
    .

  • Zitat

    Original von Sonnensucher
    Eigentlich fast eine Schande, daß Leute wie Enrique Bátiz gezwungen sind, ihre Aufnahmen über "Billiglabel" auf den Markt zu werfen.


    Hallo Laurenz, (sorry, kriege die blöden Punkte nicht weg)

    • mit Deiner Aussage in dem nachfolgenden Text bin ich ja völlig einverstanden. Nur glaube ich, dass Du Dich dem Marketingkonzept des "teuer ist gut" unterwirfst, wenn Du so einsteigst.
    • Batiz ist sicher zu gönnen, dass er bestmögliche Honorare erhält, eher sogar, als manche, denen das auch gelingt, aber ich bin, wie letztlich Du auch, froh, dass es nicht nur die Billiglabels gibt, sondern auch eine ganze Reihe mehr als anständige Einspielungen darauf.


    • Ich kann mich noch erinnern, dass meine ersten Klassikaufnahmen auf dem damals fast einzigen Billilabel "Concert Hall" heraus kamen. Heute sind manche davon gesuchte und gepriesene Raritäten, etwa die Einspielung von Händels Wassermusik von Pierre Boulez mit dem Residentie Orkest von Den Haag. Damals war Boulez als Dirigent noch niemandem ein Begriff.



    • Damals wie heute war es ein Fehler, die Künstler nach ihrem Label zu beurteilen, auch wenn ihre Aufnahmebedingungen sicher schlechter sind als bei den Großlabels. Bei einem Konzert sind die aber gar nicht so viel anders
    • Mit Bedauern für dieses OT
    • :hello: Rideamus
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