Hollywood String Quartet


  • Das Hollywood String Quartet wurde 1939 von dem Geiger Felix Slatkin und seiner Frau, der Cellistin Eleanor Aller, gegründet. Die beiden (übrigens die Eltern des späteren Dirigenten Leonard Slatkin) verdienten ihr Geld als Studiomusiker in Hollywood, Aller als Erste Cellistin des Warner Bros. Studio Orchestra, Slatkin als Konzertmeister der Twentieth Century Fox Studios. In der Besetzung mit Paul C. Shure (2. Violine) und Alvin Dinkin (Viola) wurde das Quartett in seiner Glanzzeit zwischen 1955 und 1961 bekannt.


    Das Hollywood String Quartet wurde als erstes amerikanisches Quartett zum Edinburgh Festival eingeladen, wo es für seine Interpretation der späten Beethoven-Quartette gefeiert wurde. 1957 nahm es mit Frank Sinatra das Album „Close to you“ auf, 1958 erhielt es einen Grammy für die Aufnahme des Streichquartettes op. 130 von Beethoven. Offensichtlich funktionierte der Spagat zwischen Klassik und Pop.


    Ich mag das ungeheuer homogene Zusammenspiel dieses Quartettes, den üppigen, aber nie kitschigen Klang und die immer perfekte Intonation. Tatsächlich bilde ich mir ein, Aufnahmen dieses Quartettes schon am ersten Akkord heraushören zu können – die vier haben wirklich einen einzigartigen Sound geschaffen. Herbert Henn brachte es in einem anderen thread mal so auf den Punkt:


    Zitat

    „Hervorragendes Zusammenspiel,ideale Balance und wunderbarer Klang,der noch nicht duch übermäßige Manipulation verfremdet ist.Da hört man das Holz der Instrumente noch ohne "metallik".“


    In der Tat frage ich mich manchmal, ob meine Begeisterung für dieses Ensemble nicht auch der Aufnahmetechnik geschuldet ist. Ich empfinde jedenfalls die historischen Monoaufnahmen als geradezu angenehm im Vergleich mit modernen Streichquartettaufnahmen, bei denen der Stereoeffekt die Instrumente so weit auseinanderzerrt, dass ich kaum noch ein „Ensemble“ wahrnehme, und zusätzlich übermäßiger Hall die Kammermusik in Richtung Orchesterklang aufpeppt.


    Die Einspielungen des Hollywood-Quartetts sind auch unter Repertoireaspekten hochinteressant – die Amerikaner spielten eben nicht nur Beethoven und Schubert, sondern auch Prokofiev, Hindemith, Kodaly oder Dohnanyi. Die meisten ihrer Aufnahmen sind dankenswerterweise durch CD-Wiederveröffentlichungen auf dem Label „Testament“ erhältlich. Im Einzelnen sind das:


    TESTAMENT SBT 1031
    Schoenberg: Verklärte Nacht for string sextet, Op. 4
    Schubert: Quintet for 2 violins, viola & 2 cellos in C major, D. 956 (Op. posth. 163)


    TESTAMENT SBT 1052
    Prokofiev: String quartet No.2 in F major, Op.92 "Kabardinian"
    Hindemith: String Quartet No.2 in C major, Op.16
    Walton: String Quartet No. 2 in A minor


    TESTAMENT SBT 1053
    Ravel: Introduction and Allegro
    Debussy: Danse Sacree et Danse Profane
    Turina: La Oracion Del Torero
    Villa-Lobos: String Quartet No. 6
    Creston: String Quartet
    (with Ann Mason Stockton, harp; Arthur Gleghorn, flute: Mitchell Lurie, clarinet)


    TESTAMENT SBT 1061
    Tchaikovsky: String Quartet No. 1
    Borodin: String Quartet No. 2
    Glazunov: Five Novellettes for String Quartet


    TESTAMENT SBT 1072
    Kodaly: String Quartet, No 2, Op 10
    Smetana: String quartet, No 1 In E minor "From My Life"
    Dvorak: String Quartet No. 12 in F major ("American"), Op. 96


    TESTAMENT SBT 1077
    Shostakovich: Quintet for piano & strings in G Minor, Op 57
    Franck: Piano Quintet in F minor, M7
    (mit Victor Aller, Eleanors Bruder, am Klavier)


    TESTAMENT SBT 1081
    Wolf: Italian Serenade for string quartet in G major
    Von Dohnanyi: String Quartet No 3 in A minor, Op 33
    Schubert: String Quartet No. 14 in D minor ("Death and the Maiden"), D. 810


    TESTAMENT SBT 1085
    "The Legendary London Live Recordings"
    Haydn: Quartet for 2 violins, viola & cello No. 61 in D minor "Fifths"/"The Bell'/"The Donkey" Op. 76/2, H. 3/76
    Mozart: String Quartet No. 17 in B flat major ("Hunt"), K. 458
    Hummel: String Quartet, No 2 in G, Op 30/2


    TESTAMENT SBT 3063 (3 CD SET)
    Brahms: Piano Quintet No. 1, No. 2, No. 3
    Brahms: String Quartet No. 2
    Brahms: Piano Quintet
    (with Victor Aller, piano)


    TESTAMENT SBT 3082 (3 CD SET)
    Die späten Beethoven-Quartett, incl. Große Fuge


    Grüße,
    Micha

  • Zitat

    Original von Michael M.
    Ich mag das ungeheuer homogene Zusammenspiel dieses Quartettes, den üppigen, aber nie kitschigen Klang und die immer perfekte Intonation. Tatsächlich bilde ich mir ein, Aufnahmen dieses Quartettes schon am ersten Akkord heraushören zu können – die vier haben wirklich einen einzigartigen Sound geschaffen. Herbert Henn brachte es in einem anderen thread mal so auf den Punkt:


    Lieber Michael,


    danke für diese schöne Einführung - ich gebe zu, daß mir das Ensemble bislang nur dem Namen nach bekannt ist. Vielleicht sollte ich da mal eigene Hör-Erfahrungen machen?


    Interessieren würde mich beispielsweise dieses:


    Zitat

    TESTAMENT SBT 3063 (3 CD SET)
    Brahms: Piano Quintet [Quartet?] No. 1, No. 2, No. 3
    Brahms: String Quartet No. 2
    Brahms: Piano Quintet
    (with Victor Aller, piano)


    Handelt es sich dabei um diese Box:


    ?
    Wenn ja, würdest Du sie empfehlen?

  • Zitat

    Original von Michael M.
    Ich empfinde jedenfalls die historischen Monoaufnahmen als geradezu angenehm im Vergleich mit modernen Streichquartettaufnahmen, bei denen der Stereoeffekt die Instrumente so weit auseinanderzerrt, dass ich kaum noch ein „Ensemble“ wahrnehme, und zusätzlich übermäßiger Hall die Kammermusik in Richtung Orchesterklang aufpeppt.



    Ein Credo, für das Dir ehrerbietig ein Sanctus gesungen sei!



    audiamus



    .

  • Zitat

    Original von Gurnemanz
    Interessieren würde mich beispielsweise dieses:



    Handelt es sich dabei um diese Box:


    ?
    Wenn ja, würdest Du sie empfehlen?


    Ähm - wenn ich sie kennte, empfähle ich sie bestimmt. Wenn Du sie zu diesem Preis (hast du mal auf Deinen Link geklickt?) kaufst, möchte ich gerne 'ne Kopie davon...


    Leider sind eben nicht mehr alle diese Testament-Wiederveröffentlichungen im Katalog. Aber doch noch einige, zum Beispiel:



    Große Klasse.




    Das g-moll Klavierquintett op. 75 vom Schosta. Trotz der großen Konkurrenz von Richter und dem Borodin-Quartett eine beachtliche Aufnahme.




    Das Erste Tschaikowsky-Quartett habe ich nie so großartig gehört!



    Und die hier ist überhaupt der Hammer:



    Dass man Schönberg SO spielen kann...


    Das sind die, die ich kenne. Keine davon kann ich nicht empfehlen.


    Grüße, Micha

  • Zitat

    Original von Michael M.


    Ähm - wenn ich sie kennte, empfähle ich sie bestimmt. Wenn Du sie zu diesem Preis (hast du mal auf Deinen Link geklickt?) kaufst, möchte ich gerne 'ne Kopie davon...


    Gut, Du hast mich überzeugt: Ich werde anfangen zu sparen :D


    Und vielen Dank für Deine Empfehlungen - die Schönberg/Schubert-CD scheint ja interessant zu sein.

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  • Hallo,


    Michas Eröffnungsbeitrag stimme ich zu, besonders, wie audiamus, auch diesem Satz:


    Zitat

    Michael M. meint: Ich empfinde jedenfalls die historischen Monoaufnahmen als geradezu angenehm im Vergleich mit modernen Streichquartettaufnahmen, bei denen der Stereoeffekt die Instrumente so weit auseinanderzerrt, dass ich kaum noch ein „Ensemble“ wahrnehme, und zusätzlich übermäßiger Hall die Kammermusik in Richtung Orchesterklang aufpeppt.


    Das Hollywood String Quartet höre ich gern in ihrer Einspielung der späten Beethoven-Quartette, ohne Schwulst und Schmalz, aber wohl mit Emotionen. Angenehm dabei ist mir der "Holzgeruch", womit ich meine, dass die Musik natürlich wirkt und lebt. Das habe ich früher nicht so sehr empfunden; in der letzten Zeit weiß ich diese Ausdrucksweise aber immer mehr zu schätzen.


    Gruß,


    Uwe

    Ich bin ein Konservativer, ich erhalte den Fortschritt. (Arnold Schönberg)

  • Zitat

    Original von audiamus
    Ein Credo, für das Dir ehrerbietig ein Sanctus gesungen sei!


    Gleich so viel Ehre! Nun ja:


    A questa tua preghiera
    »Amen« risponda la celeste schiera.


    Grüße,
    Micha