Haydn, Joseph: Sinfonie Nr. 31 D-Dur »Mit dem Hornsignal«

  • Haydn verfügte in seiner Hofkapelle über hervorragende Hornsolisten. Und statt der üblichen zwei Hornisten gab es im Esterházyschen gleich vier. Vielleicht schätzte Fürst Nicolaus Esterházy dieses Instrument besonders. Die vier Hornisten waren zu jener Zeit herausragende Virtuosen: zeitweilig bildeten Carl Franz, Thaddäus Steinmüller, Johann May und Franz Stamitz die Horngruppe.


    Das war nicht nur für Haydn, sondern ist auch für uns heutige Hörer/innen ein glücklicher Umstand, dem wir so wunderbare Musik wie z.B. das Hornkonzert Hob. VIId:3 in D-Dur aus dem Jahr 1762 und viele andere Orchesterwerke und kammermusikalische Stücke verdanken, in denen die Hörner eine herausragende Bedeutung spielen.


    In diesem Zeitraum entstanden u.a. die Kassation in D-Dur für vier Hörner, Violine, Viola und Bass (Hob. deest), das verschollene 2. Hornkonzert, das Divertimento a tré und die 31. Symphonie, die die beiden Beinamen „Mit dem Hornsignal“ und „Auf dem Anstand“ hat, und die wie Horn-Konzert und die Kassation (sowie die Sinfonie Nr. 73 „La Chasse“/ „Die Jagd“ aus den frühen 1780er Jahren) in der festlichen Tonart D-Dur komponiert wurde.


    Die Sinfonie D-Dur Hob.I:31 „Mit dem Hornsignal“ komponierte Haydn im September 1765. Erst kurz vorher war er zum Vizekapellmeister am Hof von Fürst Nicolaus Esterházy berufen worden. Man kann davon ausgehen, dass Haydn diese Komposition bewusst an den Fähigkeiten seiner überragenden Hornisten orientiert hat.



    Schmetternde Hornakkorde und darauf folgende Hornsignale eröffnen die Sinfonie Nr. 31 D-Dur und geben ihr gleichzeitig den Beinamen „Mit dem Hornsignal“ oder durch die Assoziation zur Jagd „Auf dem Anstand“. Bei dem Hornsignal handelt es sich vielleicht um eines, das dem Typus der Jagdsignale aus dem Bereich Südungarn – Kroatien-Rumänien entspricht. Andere Forscher vermuten im Hintergrund ein militärisches Signal oder ein Postsignal. Die Sinfonie Nr. 31 wird in den ersten Ausgaben „Sinfonia concertante“ bezeichnet (1786 bei Forster in London und zur selben Zeit bei Siebert in Paris.). Als Soloinstrumente spielen neben den Hörnern auch andere Instrumente eine hervorgehobene Rolle.


    Das Hornquartett prägt die Eröffnung und den ersten Satz der Sinfonie. Der zweite Satz wird neben den Hörnern auch von Solovioline und Solovioloncello geprägt. Hier kommt der konzertante Ausdruck der Sinfonie besonders gut zum Ausdruck. Im dritten Satz sind die Hörner wieder tonangebend. Im vierten Satz übernehmen sie eine der Variationen, in denen auch z.B. Flöte, Violoncello und Violine solistisch hervortreten. Besonders interessant ist die siebte Variation für den Kontrabass. Danach kommt ein überraschender Schluss, der noch einmal den Anfang der Sinfonie aufnimmt.


    Es gibt eine Reihe sehr schöner Aufnahmen dieser Sinfonie. Eine möchte ich besonders empfehlen. Sie gefällt mir sogar noch etwas besser als die herausragend gute Einspielung mit dem Concentus musicus.



    Anthony Halstead hat die Sinfonie mit der Hanover Band unter Leitung von Roy Goodman aufgenommen. Auf der CD sind ebenfalls wunderbare Aufnahmen von Haydns erstem Hornkonzert in D-Dur und Michael Haydns Hornkonzert in D-Dur. Halstead spielt ein Naturhorn.


    Freundliche Grüße, Andrew

    „Nichts auf Erden ist kräftiger, die Traurigen fröhlich, die Ausgelassenen nachdenklich, die Verzagten herzhaft, die Verwegenen bedachtsam zu machen, die Hochmütigen zur Demut zu reizen, und Neid und Hass zu mindern, als die Musik.“

  • Guten Tag


    interessanterweise wurde Haydns Sinfonie No. 31 auf den Titelblättern der ersten Notenausgaben
    ( 1786 bei Forster in London u. um 1785 bei Sieber in Paris ) als Sinfonia concertante bezeichnet.
    Das namensgebende Hornsignal ist vom Typ her ein
    "südungarisch-kroatisch-rumämisches" Jagdsignal, das früher wohl auf Tierhörnern geblasen wurde.


    Gruß :hello:


    aus der Kurpfalz


    Bernhard

  • Hallo Andrew!


    Zitat

    Original von Andrew
    In diesem Zeitraum entstanden u.a. die Kassation in D-Dur für vier Hörner, Violine, Viola und Bass (Hob. deest), das verschollene 2. Hornkonzert, das Divertimento a tré und die 31. Symphonie, die die beiden Beinamen „Mit dem Hornsignal“ und „Auf dem Anstand“ hat, und die wie Horn-Konzert und die Kassation (sowie die Sinfonie Nr. 73 „La Chasse“/ „Die Jagd“ aus den frühen 1780er Jahren) in der festlichen Tonart D-Dur komponiert wurde.


    ... nicht zu vergessen die Symphonie Nr. 72, die ja falsch einsortiert ist und ebenfalls Mitte der 60er Jahre entstand (weiß man eigentlich, ob Nr. 31 oder Nr. 72 zuerst fertig war?) !
    Ich habe heute die Nr. 31 gehört und habe gedacht, ich höre doppelt (die Nr. 72 hatte ich ja vor einigen Tagen vorgestellt). Größter Unterschied ist wohl, daß bei Nr. 31 die Hörner auch im 2. Satz spielen, bei Nr. 72 nicht (zudem hat Nr. 31 kein Fagott). Ansonsten scheint mir die eine eine Stilkopie der anderen zu sein.


    Viele Grüße,
    Pius.

  • Zitat

    Original von Pius


    ... nicht zu vergessen die Symphonie Nr. 72, die ja falsch einsortiert ist und ebenfalls Mitte der 60er Jahre entstand (weiß man eigentlich, ob Nr. 31 oder Nr. 72 zuerst fertig war?) !
    Ich habe heute die Nr. 31 gehört und habe gedacht, ich höre doppelt (die Nr. 72 hatte ich ja vor einigen Tagen vorgestellt). Größter Unterschied ist wohl, daß bei Nr. 31 die Hörner auch im 2. Satz spielen, bei Nr. 72 nicht (zudem hat Nr. 31 kein Fagott). Ansonsten scheint mir die eine eine Stilkopie der anderen zu sein.


    Lessing vermutet, daß 31 die spätere (weil bessere ;)) ist ca. 1765, 72 wohl schon 1763, sieht hier aber auch klar den Fall einer "Zweitversion" eines Stücks. (Das scheint mir hier auch noch plausibler als in einigen anderen Fällen, in denen er das auch meint.) Die erste mit 4 Hörnern, bei der sich diese aber noch zurückhalten, ist Nr.13. Dagegen scheint strittig, ob 39 tatsächlich auch schon 1765 (eigentlich eher 1768) komponiert wurde, denn die hat auch 4 Hörner.


    Ich liebe die Nr. 31 sehr (ist einer meiner Favoriten der Sinfonien vor 39) und finde sie wesentlich effektiver als 72. Das schmetternde Signal am Anfang ist sehr mitreißend und alle Sätze gefallen mir ein wenig bis deutlich besser als die entsprechenden in Nr. 72.


    Es handelt sich, wie bei den Tageszeiten, um eine konzertante Sinfonie, auch die Flöte und Solostreicher werden ja entsprechend eingesetzt, insofern ist diese Bezeichnung durchaus nachvollziehbar. Ein besonderer Gag, der auch schonmal in den Tageszeiten auftritt, scheint das Solo für Violone/Kontrabaß gewesen zu sein...


    Raffiniert ist z.B., wie im Kopfsatz die Reprise sofort mit "Signalthema" einsetzt und die schmetternde Fanfare für den Schluß aufgehoben wird. Die Durchführung ist vielleicht ein bißchen zu lang geraten, aber auch interessant, weil ja nur "Nebenmotive", die schwungvolle Melodie der Streicher, die nach dem Fanfaren/Hörner-Beginn folgte und Motive aus der Schlußgruppe (wieder mal der allgegenwärtige tatata-taa-taa 3-8-Auftakt) verarbeitet werden und die Hörnermotivik weitgehend ausgespart bleibt.


    Der Anfang des adagio mit dem Violinsolo und dann den Hörnern ist klanglich äußerst berückend, das ist schon ein Schritt gegenüber 72. Im Verlauf ist der Satz vielleicht ein wenig repetitiv, gefällt mir aber trotzdem.


    Im Trio hat man dann Holzbläser und Hörner zusammen, auch sehr hübsch.
    Der Variationensatz ist auch ein wenig zu lang und die Variationen eben hauptsächlich durch Instrumentation und Figurationen bestimmt; das Ende zuerst mit dem beschleunigten "Marschmotiv" und dann mit dem Wiederaufgreifen des Hornsignals aber ein überzeugender Abschluß


    :hello:


    JR

    Struck by the sounds before the sun,
    I knew the night had gone.
    The morning breeze like a bugle blew
    Against the drums of dawn.
    (Bob Dylan)

  • Jetzt bin ich aber erstaunt, daß diese brilliante Sinfonie nur 4 Beiträge erhalten hat. Heute habe ich sie seit langem wieder gehört und zwar in einer Aufnahme des Scottish Chamber Orchestra unter Robin Ticciati. Die CD hatte ich eigentlich quasi als "Alibi-Aufnahme" gekauft, um wenigstens EINE Aufnahm unter Ticciati in meine Sammlung zu haben. Wie man weiss bevorzuge ich eher Dirigenten der jüngeren Vergangenheit.

    Aber die Aufnahme ist wider Erwarten exzepionell. Hier haben offenbar Haydn, das Orchester, Ticciati und die Tontechnik gleichermaßen Anteil.

    Die schmetternden Hörner schon zu Beginn sind sehr beeindruckend und angeblich waren nur wenige Orchester dieser Zeit imstande diese benötigte Qualität hervorzubringen.

    Die Bezeichung als "Sinfonia concertante" auf den Titelblättern der ersten Notenausgabe - Ex Mitglied Bernhard wies in Beitrag 2 darauf hin - ist durchaus gerechtfertigt, wenn man den wunderbaren Varaitionssatz betrachtet, der die Sinfonie beschließt.


    mfg aus Wien

    Alfred


    PS: Auf meiner Anlage (Röhrenverstäker Fezz Titania) mit Canton Vento 809dc klingen die Hörner schmetternder als auf den Samples...

    Wenn ich schon als Vorbild nicht tauge - lasst mich wenigstens ein schlechtes Beispiel sein !



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  • Ja, sehr abwechslungsreiche und unterhaltsame Sinfonie mit markantem "Erkennungssignal", das beglückenderweise dann ganz am Schluss in Verbindung mit dem mich eben überraschenden, aber völlig überzeugend eingebrachten Presto wieder aufgegriffen wird und dem Ganzen einen schönen Rahmen verleiht.

    Den letzten Satz finde ich persönlich nicht zu lang: Von den Variationen möchte ich keine einzige missen, die Ausdehnung sprengt, finde ich, nicht das Werk oder erweckt den Eindruck einer mangelnden Ausbalanciertheit.

    Sehr hübsch und fein kam mir eben auch der dritte - kürzeste - Satz daher. Der ist ja auch ganz entzückend instrumentiert. Überhaupt: Zuerst dachte ich eben beim ersten Satz, dass das mit den Hörnern ja ein bisschen dicke sei. Aber je weiter ich hörte, desto mehr kam das Gefühl von Ausgewogenheit auf. Hat Freude gemacht.

  • Ich habe heute auch diese Symphonie wieder erschallen lassen, und auch die Österreichisch-Ungarische Haydn-Philharmonie lässt hier keine Wünsche offen, weder interpretatorisch noch klanglich, die Hörner schmettern, und auch der Rest des Orchesters unter Leitung von Adam Fischer zeichnet sich durch hohe Spielfreude und Dynamik aus, wobei niemals Eleganz und Ausgewogenheit verloren gehen. Dass die Aufnahmen im Haydnsaal in Schloss Esterhazy in Eisenstadt realisiert wurden, wo Haydn jahrelang als Kapellmeister tätig war, ist dabei nur ein weiteres Sahnehäubchen.



    Derzeit ist diese Box nochmals preislich reduziert; im Moment bekommt man 30 Cds für 29,99Euro, und ich kann diese Sammlung nur sehr empfehlen.

  • Obwohl ich nicht der ganz große Harnoncourt-Apologet bin, über seine Aufnahme der Sinfonie Nr. 31 geht mir nichts. Unglaublich, wie er die historischen Hörner schmettern lässt. :jubel:

    Ich könnte verstehen, wenn das auch als etwas übertrieben wahrgenommen wird. Für mich ist es das nicht. Es kommt diesem Dirigenten wohl darauf an, dass es nicht zu elegant klingt sondern ganz betont ruppig.

    Es grüßt Rüdiger als Rheingold1876


    "Was mir vorschwebte, waren Schallplatten, an deren hohem Standard öffentliche Aufführungen und zukünftige Künstler gemessen würden." Walter Legge (1906-1979), britischer Musikproduzent

  • Wieder mal hat mich der Thread angeregt Diese hervorragende Sinfonie zu hören, welche in den Konzertführern zumeist in einem Satz abgehandelt wird, und das auch nur in denen, die in den letzten Jahren erschienen sind. In meimen Konzertfühter aus den mittleren 70er Jahren wird erst ab der Sinfonie Nr 45 ("Abschiedssinfonie") mit den Einzelbesprechungen begonnen.

    Hier im Thread wurde indes schon zu Beginn alles gesagt was es zu dieser Sinfonie zu sagen gibt.

    Heute habe ich zur Abwechslung mal die Aufnahme mit Harnoncourt und dem Concentus musicus gehört - und ich finde sie ganz ausgezeichnet. Weniger "kontrolliert" als die weiter oben erwähnte Aufnahmen unter Ticciati mit dem Schottischen Kammerorchester, spontaner und "naturbelassener"

    In einem Anfall von Präcognition, habe ich vor etwa 20 Jahren ein kleines Kontingent von Harnoncourts Haydn Aufnahmen günstig (weil Elatus) gekauft um Harnoncourts Lesart (die ich damals nicht besonders mochte, deren Bedeutung mir aber klar war) auch in späteren Tagen teilweise dokumentieren zu können...

    Heute -20 Jahre später - erscheint mir diese Aufnahme nahzu ideal. Weitere Zukäufe sind kaum mmöglich, da so ziemlich alles gestrichen wurde....

    Ob das an der mangelnden Poplarität von Haydn oder Harnoncourt liegt - darüber könnte man einen eigenen Thread starten...


    mfg aus Wien

    Alfred

    Wenn ich schon als Vorbild nicht tauge - lasst mich wenigstens ein schlechtes Beispiel sein !



  • Die CD mit 31, 59, 73 ist vielleicht die beste Haydn-Sinfonien-CD Harnoncourts. (Die mit 30,53,69 ist auch sehr gut, aber die Stücke m.E. nicht so interessant). Für mich auch noch die Pariser Sinfonien, aber die zeigen schon mehr Manierismen, da deutlich später aufgenommen. Im Gegensatz zu meiner anderen HIP-Aufnahme mit Hogwood sind die Hörner bei Harnoncourt (außer bei den offensichtlichen Signalen) sogar besser "gepuffert", da das restliche Orchester stärker besetzt ist.

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    (Bob Dylan)

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  • Nachdem ich feststellen musste, dass mir die 31 fehlt,


    und sich das alles sehr interessant anhört habe ich geschaut was es am markt so gibt - und das ist nicht gerade viel. Immerhin habe ich eine gebrauchte Harnoncourt CD gefunden und bestellt. Da mir schon einige der frühen Sinfonien fehlen wird es vielleicht auch noch die Fischer Gesamtausgabe.


    Kalli

  • Moin Kalli,


    ich kann mir vorstellen, dass Du an der Harnoncourt-Aufnahme viel Freude hast.

    Sie ist ausdrucksvoll und vital musiziert, die Hörner geben alles.


    Es gibt auch andere sehr gute Einspielungen dieser Sinfonien z.B. in den Gesamtboxen von Adam Fischer und von Christopher Hogwood, auch etliche schöne einzelne Aufnahmen.

    Besonders stark und gleichzeitig auch sehr musikalisch und lyrisch an den richtigen Stellen ist die mit Anthony Halstead und er hanover Band unter Roy Goodman:


    Michael Haydn: Concertino für Horn & Orchester D-Dur

    Joseph Haydn: Symphonie Nr. 31; Hornkonzert Nr. 1

    Künstler: Anthony Halstead, The Hanover Band, Roy Goodman

    Label: Nimbus, DDD, 1988


    Diese beiden, Halstead/Goodman und Harnoncourt sind für mich immer noch die TOPs.


    Beste Grüße von der Nordseeküste sendet Andrew

    „Nichts auf Erden ist kräftiger, die Traurigen fröhlich, die Ausgelassenen nachdenklich, die Verzagten herzhaft, die Verwegenen bedachtsam zu machen, die Hochmütigen zur Demut zu reizen, und Neid und Hass zu mindern, als die Musik.“

  • Harnoncourt läuft gerade.


    Ich schätze ihn eigentlich nicht so sehr, aber das ist ihm sehr, sehr gut gelungen. Die Hörner erinnern mich in ihrer natürlichen Kraft an die Hörner ( und Trompeten ) in dieser herrlichen Aufnahme :


    Danke für den Tip !


    Kalli


    clck 5600