"Das liederliche Schwärmen der Musquetier" Bibers Battalia a 10

  • Guten Morgen


    Am fürstbischöflichen Hof zu Salzburg wurde
    nicht nur gebetet und fromme Lieder gesungen,
    wohl zur Feier des Karnevals komponierte
    Heinrich Ignaz Franz Biber 1673 zur Unterhaltung
    auch eine Schlachtenmusik mit dem Titel:


    Battalia / das liederliche Schwärmen der Musquetier, Mars /


    Die Schlacht Undt das Lamento der Verwundten mit Arien /
    imitiert Undt Baccho decidiert /
    von H. Biber / Ao. 1673 /
    à / 3 Violin / 4 Viol. / 2 Violone / 1 Cembalo.


    In dieser Sonate hat Biber keine Tier- oder Vogelstimmen,
    sondern eine Schlacht musikalisch imitiert, eine „Kriegsberichterstattung“.


    Die Battalia beginnt mit einer Sonate in der bestimmte Tön
    e mit dem Holz des Bogens gespielt werden.
    Biber gab hierzu genaue Anweisungen:


    NB: wo die Strich sindt mus man anstad des Geigens
    mit dem Bogen klopfen auf die Geigen, es mus wol probiert werden.“


    Der 2. Satz trägt den Titel „Die liederliche Gesellschaft von allerley Humor“
    in dem gleichzeitig acht betrunkene Musketiere verschiedene volkstümliche Weisen
    durcheinander singen.
    Einige der Lieder wurden zwischenzeitlich identifiziert:


    - Ne takes my mluvuel
    - Kraut und Rüben haben mich vertrieben
    - Vojansky figator
    - Nambli wol kann ietz jetzt glauben


    Dazu schrieb Biber:


    „Hier ist alles dissonat, denn
    so sind es die Betrunkenen gewohnt, verschiedene Lieder zu brüllen“.


    Dem Bild des betrunkenen Soldaten folgt ein Presto, eine elegante Fechtszene der Offiziere.


    Danach der Satz „Der Mars“, den Marsch der Musketiere durch angedeutete Klänge der Pfeifen und Trommeln imitierend.
    Biber macht zum Marsch die Anmerkung:


    „ Der Mars ist schon bekannt, aber ich hab ihn nicht bösser wissen zu verwenden,
    wo die Druml geht im Bass mues man an die Seiten ein Papier machen das es einem Strepitum gibt, in Mars aber nur allein.“


    Die Zuhörer werden vielleicht den „Mars“ schon aus seiner "Sonata violino solo representativa" gekannt haben ?
    Ein 2. Presto, ein Reiterstück und eine Aria,
    in der die Soldaten von besseren Zeiten
    oder ihrer Liebsten träumen, folgen.


    Das Herzstück der Battalia ist die musikalische
    Darstellung der Schlacht.
    Trompetengeschmetter und Schüsse aus Kanonen (Stuck)
    hört man knallen.


    Bibers Bemerkungen hierzu lauten:


    „Die Schlacht mus nit mit dem Bogen gestrichen werden
    , sondern mit der rechten Handt die Saite geschnelt wie die Stuck. Undt starck !“


    Den Abschluss bildet das „Lamento der Verwundten Musquetier“,
    Schmerzen und Wehklagensstimmung scheint man zu hören.


    Von Biber "Battalia" habe ich fünf Einspielungen:


    Zwei Einspielungen durch den
    concentus musicus Wien von 1966



    und 1971



    Die Battalia war lange das Paradestück von Harnoncourts Truppe bei ihren Konzerten,
    habe sie 1972 bei den Schwetzinger Festspielen gehört.
    Damals hat solch eine Programmmusik bei den Zuhörern noch etwas Verwunderung ausgelöst :D
    Harnoncourts Aufnahme gehört noch immer zu meinen Favoriten :jubel: :jubel:



    Eine Aufnahme mit der Musica antiqua Köln:




    eine Einspielung mit dem Ensemble
    Le Concert des Nations




    und eine Aufnahme durch das
    Ensemble Il Giardino Armonico




    Wer kennt weitere Aufnahmen der Battalia ?


    Gruß :hello:


    aus der Kurpfalz


    Bernhard

  • Hallo Bernhard,


    dies ist mein erster Beitrag. :yes:
    Ich bin großer Biber-Fan und kenne die Battalia von einer CD des
    Combattimento Consorts, Amsterdam



    .


    Die gesamte CD gefällt mir ziemlich gut (das rockt)
    Von dem Ensemble gibt es auch eine Einspielung der Sonatae tam aris quam aulis servientes.
    Da übertreiben sie allerdings ein bisschen und spielen teilweise (Sonate 4) eher für die Scheune und nicht für Kirche und Schloß. ;)


    Grüße in die schöne Kurpfalz !

  • Angeregt durch diesen Thread habe ich mein heutiges "Abendprogramm" unterbrochen und ebenfalls die "Battalia" gehört.
    Erst heute nachmittag habe ich gedacht, daß der Anteil Österreichs an Barockmusik vergleichsweise gering sei, aber Biber ist schon eine gewichtige Stimme, die sich sowohl durch Originalität, Unverwechselbarkeit, Spontanität und mutige Experimente auszeichnet. Dennoch wirken seine Werke niemals spröde oder gekünstelt.
    Zurück zur Battalia. Sie ist meiner Meinung nach ein gelungenes Beispiel dafür, daß Programmusik nicht notwendigerweise minderwertig sein muß (was ich persönlich ohnedies nicht glaube)
    Ich selbst besitze die weiter oben gezeigte Aufnahme mit dem Concentus Musicus, die - egal wie man zu Harnoncourt steht - einfach großartig ist.
    Man könnte es sich nun leicht machen uund sagen, eine weitere Einspielung sei angesichts dieser Qualität nicht notwendig - aber ich bin nun neugierig geworden (ich wusste nicht daß es sooo viele verschiedene Aufnahmen gibt) und werde im Laufe des nächsten Jahres eine Alternativeinspielung erwerben....


    Es ist schon erstaunlich, welche Effekte Biber aus "herkömmlichen" Instrumenten herausholt, und ich frage mich, wie viele Stradivaris und Stainer Geigen damals ihr (junges) Leben lassen mussten ....


    mfg aus Wien


    Alfred

    Wenn ich schon als Vorbild nicht tauge - lasst mich wenigstens ein schlechtes Beispiel sein !



  • Hallo Alfred,


    Zitat

    Erst heute nachmittag habe ich gedacht, daß der Anteil Österreichs an Barockmusik vergleichsweise gering sei, aber Biber ist schon eine gewichtige Stimme


    nicht nur Biber !!
    Ich bin "zum Glück" Deutscher ;) und kann von Herzen widersprechen, ohne dass es chauvinistisch klingt :]


    Ich brauch auch nur auf eines meiner Lieblingsbarockensembles zu verweisen:


    ARS ANIQUA AUSTRIA



    Da gibt es nicht nur Biber !
    Johann Heinrich Schmelzer, Romanus Weichlein, Benedikt Anton Aufschnaiter, Johann Joseph Vilsmayr, Gerorg Muffat, Karl Kohaut und Wenzel Ludwig Freiherr von Radolt


    und die vielen Italiener, die in Wien und Innsbruck gewirkt haben:
    Bertali, Caldara, Mealli


    Einen großen Einfluss auf die deutschen Violinisten hatte ganz sicher der Johann Heinrich Schmelzer.


    Ich selbst hab schon vier CDs von "AAA", obwohl ich sie erst seit kurzem kenne.
    (Ich weiss aber nicht, ob es die Batallia auch von denen gibt.)


    Viele Grüße in die Heimat von "AAA" !