David Fray - Neuer Stern am Pianistenhimmel ?

  • "


    David Frays Aufnahme der Klavierkonzerte von Johann Sebastian Bach erweist sich als Verkaufsschlager. Die kürzlich bei seinem Exklusiv-Label Virgin (EMI) erschienene CD führt diese Woche die „Klassik-Hitparade“ der meistverkauften CDs des bedeutenden Online-Händlers jpc an."


    In der Tat, wenn man die Konzerte hört,stellt er Gould in den Schatten und sich an die Seite von Katsaris, hat aber das bessere Orchester dabei.


    Ich finde ihn deutlich interessanter als Stadtfeld.


    Der Film, den Monseignon über die Aufnahme der Bach-Konzerte gedreht hat, weist ihn als einen zwar jungen, aber sehr bestimmten Musiker aus, der den Kammerphilharmonikern ein wenig swing einpflanzt.


    Was meint ihr ?

  • Zitat

    Original von sagitt
    "David Frays Aufnahme der Klavierkonzerte von Johann Sebastian Bach erweist sich als Verkaufsschlager. Die kürzlich bei seinem Exklusiv-Label Virgin (EMI) erschienene CD führt diese Woche die „Klassik-Hitparade“ der meistverkauften CDs des bedeutenden Online-Händlers jpc an."
    ...
    Was meint ihr ?


    Hallo sagitt,


    ich habe mir die CD bei amazon angeschaut und "reingehört" so gut es eben möglich ist.


    Kritiken waren auch einige positive dabei.


    Du besitzt bestimmt die Aufnahme. Erzähl uns doch einfach dein empfinden.


    auf Antwort gespannt


    Detlef

    Werden im Wirken - Großes braucht seine Zeit

  • "http://www.youtube.com/watch?v=v2I0tQIA_AE"


    Hallo, miteinander!


    Leider hinterlässt dieses Video wahrlich keinen guten Eindruck - ein selbstgefälliger, geckenhafter LangLang-Verschnitt!


    Besten Gruß, Wolfgang

    Lieber Fahrrad verpfänden denn als Landrat enden!

  • David Fray ist jung und geht frisch und unverkrampft ans Werk, ich sehe darin kein Problem! Seiner Jugend entsprechend gebärdet er sich nun mal, doch keineswegs geckenhaft und selbstgefällig. Und als einen LangLang-Verschnitt möchte ich ihn auch nicht bezeichnen.
    Seine Frische und Natürlichkeit überträgt sich auch auf das Orchester, mit positivem Ergebnis.
    Brendel, Rubinstein etc. haben auch einst jung begonnen.
    Dies sind meine Eindrücke beim Anschauen des gen. Videos.
    Mit lieben Grüßen,
    diotima. :hello:

  • Liebe KlavierliebhaberInnen,


    Ich habe mir den Clip mit David Fray angeschaut:


    Ich bin irritiert: Da gibt es tatsächlich „lang-längliche“ Madonnen-Blicke in Richtung linker Himmelsecke, die mich degoutieren.


    Da gibt es tatsächlich ungemein „dekoratives“ Haarsträhnen-aus-den-Augen-Wischen.


    Und da gibt es zwischendurch nichtssagendes Musi-Musi-Wischi-Waschi-Palaver eines vermeintlichen Wichtigtuers.

    Aber immerhin stammt der Clip von Bruno Monsaingeon (Filme über Gould/Sokolov uva),
    das heisst, von einen Regisseur/Musiker, dem man meines Erachtens einen guten Geschmack attestieren muss und den ich über alles schätze,


    Der dandyhafte Affekt von David Fray scheint mir echt zu sein (man mag es mögen, oder nicht), und das musikalische Resultat ist mehr als zufriedenstellend. Seine Gebärden und Grimassen mögen irritieren, sind mir aber auf den zweiten Blick nicht mehr so unsympathisch: ich kann sie nachvollziehen im Duktus des musikalischen Prozesses.


    Ach, es ist halt so eine Sache mit dem Erdenfall der „Sternchens“:
    Fray ist sicher ein agiler Pianist: Er hat flinke Finger, einen souveränen Gestus, sieht gut aus und erinnert mit seinen (imo echten/nicht kopierten) Gebärden durchaus an Glenn Gould, bietet die nötige Portion Extravertiertheit und wird (ein ziemliches Handicap!) konfrontiert mit der Kamera eines Bruno Monsaingeon! Wer soll da gelassen und natürlich bleiben können!?


    Ich masse mir kein Urteil an über die Qualität der Aufnahme (ich kenne nur diesen Clip und nicht die ganze CD), aber ich gebe zu, dass mir die clevere Agilität von Fray (unter Berücksichtigung der unsäglichen Künstlichkeitsaura durch Kamera und Mikrophon) Lust macht, die Aktivitäten des Pianisten weiterzuverfolgen.


    Mit liebem Gruss aus Bern


    Walter

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  • Ich muss gestehen, vor einigen Jahren hätte ich mir Bachs Konzerte auf dem Flügel noch völlig unbefangen anhören können, inzwischen hat mich der HIP-Virus so infiziert, dass mir diese Unbefangenheit völlig abgeht. Bachs Solowerke auf dem Flügel? Die kann ich gut hören. Aber die Konzerte? Das passt für mich nicht mehr zusammen. In der Wahl des Instruments und des Orchesters liegt für mich die Crux, nicht ob Fray jetzt ein Kurz Kurz Klon ist oder nicht. Es wäre jetzt natürlich einmal interessant zu wissen, inwieweit Fray die Ergebnisse der historischen Aufführungspraxis rezipiert hat- oder nicht.





    Herzliche Grüße,:hello::hello:


    Christian

    Beherrsche die Sache, die Worte werden folgen! (Cato der Ältere)

  • Meine Lieben,


    ich hatte persönlich auch eine HIP-Phase und beschäftigte mich verantwortungsbewusst mit der klanglichen Vielfalt der historisch informierten Aufnahmen.
    Es blieb aber meistens beim intellektuellen Ergötzen.


    Ob Fray die HIP-en Erkenntnisse rezipiert hat ist mir so ziemlich egal, wenn mir das Klangresultat Freude macht. Letztlich zählt für mich der Unterhaltungswert einer Aufnahme und nicht die (vermeintliche) historische Korrektheit. Was mir aus dem Clip mit Fray entgegenklingt, unterhält mich, erfreut mich, belebt mich. Der Steinway klingt kernig und feurig: ich persönlich liebe das.


    Ich mag sogar Stadtfeld mit seinem (im Vergleich zu Fray) eher etwas hölzernen Bach: Er hat mich live mit BWV 1052 schon vor 4 Jahren (Am Interlaken Festival) überzeugt.
    Ich muss allerdings sagitt recht geben: Fray scheint auch mir ein anderes Kaliber zu sein.


    Es grüsst der Berner


    Walter

  • Zitat

    Original von Walter Heggendorn
    Ich masse mir kein Urteil an über die Qualität der Aufnahme (ich kenne nur diesen Clip und nicht die ganze CD), aber ich gebe zu, dass mir die clevere Agilität von Fray (unter Berücksichtigung der unsäglichen Künstlichkeitsaura durch Kamera und Mikrophon) Lust macht, die Aktivitäten des Pianisten weiterzuverfolgen.


    Hallo zusammen,
    die obige Äußerung von Walter möchte ich gerne 1:1 für mich übernehmen. Der Clip weckt in mir eine lange nicht mehr erlebte Neugier in Sachen Klassik. Was ich hier sehe ist ein Mann bei der Arbeit. Vielleicht lass ich mich blenden, aber für mich wirkt das nicht aufgesetzt. Vielleicht eine Art, die nicht jedem zusagt. Ich vermutl aber eher das Netrebko-Syndrom. Gutaussehend und extrovertiert. Da ist schnell einer Versucht darin einen Widerspruch zu herausragenden künstlerischen Leistungen zu erkennen.


    Ich kann nicht beurteilen, ob es sich um eine herausragende künstlerische Leistung handelt, mich hat die Musik aber sofort ergriffen. Ich habe beim ersten Abspielen bewusst die Augen geschlossen und war begeistert von dem fröhlichen, flüssigen, präzisen und reinen Spiel des Pianisten. Ich leg mir die Scheibe unter den Weihnachtsbaum.


    Liebe Grüße
    GalloNero

    ... da wurde mir wieder weit ums Herz ... (G. Mahler)

  • Zitat

    Original von GalloNero
    Ich kann nicht beurteilen, ob es sich um eine herausragende künstlerische Leistung handelt, mich hat die Musik aber sofort ergriffen.


    Lieber Gallo Nero,


    danke für Deine Verstärkung: Dein Ergriffensein scheint mir von edlerer Qualität zu sein als das blosse intellektuelle Bewusstsein über eine adaequate Realisierung des Notentextes. Wobei: Wenn beides zusammenkommt, hüpfen alle Sterne!


    Mit liebem Gruss aus Bern


    Walter

  • Ihr Lieben,


    das Video habe ich mir einige male angeschaut. Von der musikalischen Interpretation finde ich, wie schon gesagt, die frische und belebende Art sehr ansprechend. Im Vergleich zu anderen Interpreten scheint David Frey mir prickelnder zu spielen. Hier habe ich Bach auf eine andere Art und Weise kennen gelernt, die mir lebendiger erscheint. Vielleicht hat Bach, mit den damaligen Instrumenten, es nicht so gemeint. Aber ich glaube er würde sich im geheimen freuen.


    Die CD ist auf meiner Wunschliste und bei Gelegenheit werde ich sie mir holen. Danke auch für die interessanten Beiträge in diesem Thread.


    Euer begeisterte
    Detlef
    :hello:

    Werden im Wirken - Großes braucht seine Zeit

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  • Wow, ein vielversprechendes Video, ich bin begeistert. Er scheint ein kompromissloser
    Gestalter zu sein, dessen Absichten mich durchaus überzeugen wissen.


    Ich freue mich auf sein wohltemperiertes Klavier.


    :hello:

    "Das Beste in der Musik steht nicht in den Noten" Gustav Mahler

  • tja, mein eindruck ist leider ein nicht-eindruck. weder video (die fatale gould.nachahme sollte er schleunigst unterlassen - alberner marketinggack wie ich vermute) :rolleyes: - noch die cd haben für mich einen reiz. werde ihn wohl kaum weiterverfolgen ... :no:

    --- alles ein traum? ---


    klingsor

  • Zitat

    Original von Detlef


    Vielleicht hat Bach, mit den damaligen Instrumenten, es nicht so gemeint. Aber ich glaube er würde sich im geheimen freuen.


    Na laß das mal bloß nicht den Hildebrandt hören .... :D:D


    Im Ernst: Ich habe es weiter oben geschrieben- ich denke es ist ein Unterschied, ob man Bachs Werke für Tasteninstrumente solo auf einem Flügel spielt, oder die Konzerte. Das ist nicht nur eine Frage des rein intellektuellen Erlebens der Musik, sondern da spielt für mich auch etwas anderes eine Rolle: Zum Beispiel die Frage der klanglichen Balance zwischen Solist und Orchester. Und die ist bei der Kombination nicht gegeben.


    Fray mit einem anderen Komponisten? Da werde ich auf jeden Fall noch mal genau hinhören. Aber man kann sich wirklich fragen: Bachs Konzerte auf dem Flügel und mit modernem Orchester? Muss das heute noch sein?


    Fray ein neuer Stern? Die Frage möchte ich jetzt noch nicht beantworten.


    Herzliche Grüße,:hello::hello:


    Christian

    Beherrsche die Sache, die Worte werden folgen! (Cato der Ältere)

  • Es sei darauf hingewiesen, dass die jüngst erschienen Aufnahme mit den Bach-Klavierkonzerten nicht die Erste von ihm ist. Auf dem selben Label gibt es noch eine Andere mit der spannenden Kombination Bach/Boulez. Die hat aber kaum jemand wahrgenommen... :wacky:



    Ich kenne ihn nur optisch von seiner DVD und kann mich nach diesem Eindruck leider nur klingsors Meinung anschließen.



    LG, Peter.

  • Tach,


    ich gebe gerne zu, dass Klaviermusik nicht immer unbedingt meine erste Wahl ist; bei Bach eigentlich schon mal gar nicht.


    Aber den Film - der vor nicht allzulanger Zeit auf arte kam - habe ich mir angesehen und ich fand Fray einfach nur unerträglich in seiner manieristischen und eitlen Art. Als ob er sich andauernd im Spiegel betrachten würde ! Nach etwa 20 Minuten habe ich dann abgeschaltet; dazu war mir meine Zeit zu schade.


    Kurz zuvor hatte ich eine Dokumentation über den russischen Pianisten Boris Berezovsky gesehen. Nun gut, er spielt ein völlig anderes Repertoire als Fray, aber er war mir als Künstler und Mensch auf Anhieb sympathisch. Bescheiden, gerade heraus und von zupackender Art. Mit dem könnte ich mir vorstellen auch mal ein Bier zu trinken, mit Frey höchstens ein Gläschen Prosecco. Und so ist imo auch seine Musik: Prosecco für die Ohren (allerdings beruht diese Einschätzung alleine auf der Dokumentation; die CD kenne ich nicht).


    VG, Bernd

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  • Von David Fray kenne ich bis jetzt nur die CD, die vor längerer Zeit einem Fono-Forum-Heft beilag. Die CD enthält einen Konzertmitschnitt vom Sommer 2006 mit den folgenden Werken:


    J. S. Bach, Partita Nr. 4 BWV 828,
    Boulez, Douze Notations, und
    Beethoven, Sonate Nr. 7 D-Dur op. 10 Nr. 3


    Bei dieser Aufnahme ist mir aufgefallen, dass Fray besonders die langsamen Sätze äußerst sensibel und klangsinnlich auskostet. Die Allemande und die Sarabande aus der Bach-Partita werden von Fray zärtlich dahingetupft, dass man schon fast meint, impressionistische Musik zu hören.
    Ähnliches gilt für das Werk von Boulez, das gar nicht spröde, sondern entgegen allen Erwartungen und Vorurteilen ebenfalls sehr sinnlich wirkt (Sorry, ich finde keine anderen Worte, um dies angemessen auszudrücken).


    Gefällt mir!


    Viele Grüße
    Frank

  • Ich habe die Bachkonzerte zu Weihnachten geschenkt bekommen, und konnte
    jetzt ausführlich mit der Interpretation des Franzosen beschäftigen.


    Und ich muss meine Haltung revidieren. Sein Spiel ließ mich eher kalt;
    es fehlte so ein wenig der letzte Funke, die letzte Idee. Ich kann
    es schlecht in Worte fassen. Viele gute Ansätze, aber es löste keine
    Begeisterung aus. So ähnlich ging es mir bei Murray Perahia und
    seine Goldberg-Variationen.


    :hello:

    "Das Beste in der Musik steht nicht in den Noten" Gustav Mahler

  • Hallo SMOB Du schriebst wie folgt:



    Meine Überlegungen sind folgede. Die von Dir nun gehörte CD wird von so vielen erworben. Sodas sie ständig die ersten Plätze belegt. Ist das bei vielen nur der Wunsch, ich muß die haben, oder doch ein höherer Hörgenuß?


    Was führte zu Deiner so gewandelten Einstellung? Warum ist Deine Begeisterung erloschen? Kannst Du das noch ein wenig genauer definieren?


    Ich bin gespannt und Grüße lieb


    Detlef

    Werden im Wirken - Großes braucht seine Zeit

  • Hallo Detlef,


    mir fällt es schwer meine rein subjekte Bewertung näher zu beschreiben
    (danebengreifen tut Fray ja wie die meisten seiner Kollegen so gut wie gar nicht).


    Aber da du mich fragst, habe ich mir jetzt noch mal den ersten Satz
    aus dem d-moll Konzert herausgenommen (Ich habe den Notentext nicht vorliegen, kann also nicht mit Taktanzahlen dienen):


    - 0:14 Das Thema wird relativ gemächlich, aber prägnant ausgestaltet.
    Gefällt mir. Die letzten beiden Noten bevor das Klavier zum ersten Mal
    ohne Orchester agiert finde ich ein bisschen zu brutal gestampft von Fray.


    - bis 1:10 eher etwas unakzentuiert, aber ok.


    - bis 1:30 Ein sehr spannungsgeladener Abschnitt.
    Hier ohne Spannungsbogen. Orchester und Klavier spielen aneinander vorbei.
    Das Orchester spielt seine 7 Noten gedämpft und antwortet dann
    noch einmal mit 7 Noten etwas stärker darauf. Dieses wiederholt
    sich drei Mal. Das Klavier aber spielt in dem Abschnitt ein Crescendo,
    durch das das Orchester bei der dritten Durchführung dieses
    2x7 Noten Themas gar nicht mehr zu hören ist.


    - 1:31 - 1:35
    Das Orchester akzentuiert nicht die beiden prägnanten Noten auf
    der eins oder drei, sondern auf der zwei oder vier. Dadurch geht
    Spannung verloren.


    - 2:53 - 3:11 Hier perlt mir das Klavier zu sehr. Zu extravagant.


    - ab 3:15 Das Orchestern gestaltet hier nicht genug. Es klingt
    etwas hölzern (gesägt), kurz, gitarrig; ohne Spannungbogen.
    Auf 3:24/29 sollten akzentuiert werden.


    - 3:46 Hallo Hollywood! :-)


    - ab 4:05 Wieder IMO keine Betonung vom Orchester.


    - 4:39 bis 5:30 Viel zu brav vom Orchester.


    - 6:20 Der Einsatz von Fray etwas übereifrig.


    - 6:40 bis 7:05 Orchester und Klavier verüben von einander
    getrenntes Crescendi.


    - 7:35 WARUM muss das letzte Thema so abgenudelt dargeboten werden.
    Etwas kräftiger bitte!


    Alles in Allem hat es mir gut gefallen, aber eben nicht sehr gut.
    Vielleicht greife ich mir in den nächsten Tagen noch mal ein Adagio raus...


    :hello:

    "Das Beste in der Musik steht nicht in den Noten" Gustav Mahler

  • Hallo SMOB,


    vielen Dank für Deine ausführlichen Darlegungen. Im Moment kann ich da noch nicht mit sprechen. Zur Zeit besitze ich noch keine Bach CD mit den Klavierkonzerte Bwv 1052,55,56,58. Wahrscheinlich werde ich mich dann auch lieber nach einer anderen umsehen.


    Bin natürlich gespannt, wenn es Deine Zeit erlaubt, weitere Beschreibungen über das Adadgio zu lesen.


    Erst einmal herzlichen Dank


    Detlef

    Werden im Wirken - Großes braucht seine Zeit

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  • Also Talent hat er wohl und über seine Technik braucht man auch nicht diskutieren, aber als Mensch mahct er doch einen sehr unsympathsichen Eindruck. Vor allem wirkt seine Gouldimitation äußerst lächerlich. Der Mann trägt eine Maske. Er müsste mal was spielen, wo man nicht solche Albereien veranstalten kann, was anspruchsvolles von Beethoven oder etwas von Rachmaninoff.

  • Ich bin seit heute auch im Besitz der Klavierkonzerte-CD und ich muss sagen ich bin ziemlich beeindruckt.
    Klar, es ist schwer, Glenn Goulds intensives und fesselndes Spiel zu übertreffen, aber Fray bietet wahrscheinlich eine der spannendsten Alternativen auf dem Markt. Mit Wilhelm Kempff hat er sich ein wunderbares Vorbild ausgesucht. Man glaubt, das "singende Allegro", mit dem man eigentlich Bachs Sohn Johann Christian verbindet, hier bereits in voller Ausprägung zu hören. Und auch die langsamen Sätze sind ausdrucksstark und mit sehr differenziertem Anschlag gestaltet.


    Ich gehe gleich mal auf SMOBS Kritik ein.


    - 0:14: Man fühlt sich ein wenig an Gould erinnert, aber Fray arbeitet mehr mit der Dynamik. Dass er diese, wie du erwähnt hast, im größtmöglichen Rahmen ausschöpft, sehe ich eher positiv, aber das dürfte Geschmackssache sein.


    - bis 1:10: Also ich höre da recht starke Akzente und vorwärts drängend gestaltete Bögen.


    - 1:31-1:35: Die Akzentuierung ist IMO optimal. Die 1. Violine spielt in halben Noten eine abwärts führende Linie, bei der höchstens auf die erste Note ein Akzent fallen könnte. Motivische Bedeutung kommt im Orchester einzig und allein den Bratschen zu, uns es ist logisch, dass die Synkopen betont werden und nicht die abfallenden Noten danach, oder?


    - 2:53: Ok, die e-Repetitionen wirken beim ersten Auftauchen ein wenig brutal, aber wie gesagt, auch hier natürlich Geschmackssache.


    - 3:15: Unbedingt hervorzuheben ist auch in den Sekunden davor, wie wunderbar Fray das Klavier zum Singen bringt. Ich glaube, die Akzente fallen weg, da sich Fray eher um einen größeren Bogen bemüht, so dass bei 3:49 das Tutti im Forte sehr eindrucksvoll einsetzt.


    - 3:46: Auch hier ist wieder das Singen des Klaviers hervorzuheben, außerdem die dezente Gestaltung der wie aus dem nichts langsam in den Vordergrund tretenden Basslinie.


    - 4:05: Ich finde, das Wechselspiel der Geigen ist toll gestaltet und sehr gut hörbar. Wo fehlen denn da die Akzente?


    - ab 4:39: Es ist wahr, das Orchester drängt sich nicht in den Vordergrund, nur die wichtigen Noten werden hervorgehoben, so dass das Klavier nicht überspielt wird.


    - 6:20 (6:17?): Da wären wir wieder bei Punkt 1 ;) Ich gebe zu, Fray neigt zu Extremen. Das mag so manche abstoßen. Erinnert mich ein wenig an Harnoncourt :yes:


    - 6:40: Wahrscheinlich aber bewusst so gestaltet, oder? Über den Sinn bin ich noch am nachdenken.


    - 7:35: Also für meine Begriffe ist das kräftig, allerdings nur so kräftig, das innerhalb des Themas noch Möglichkeiten zur dynamischen Gestaltung gewährleistet sind.


    Naja, am besten sollte sich jeder selbst davon ein Bild machen, wobei man auf das Bild im wortwörtlichen Sinne im Optimalfall verzichtet.


    iLLumination: Warum sollte man gerade bei Beethoven und Rachmaninow keine "Albernheiten" veranstalten können?

    "Das Große an der Musik von Richard Strauss ist, daß sie ein Argument darstellt und untermauert, das über alle Dogmen der Kunst - alle Fragen von Stil und Geschmack und Idiom -, über alle nichtigen, unfruchtbaren Voreingenommenheiten des Chronisten hinausgeht.Sie bietet uns das Beispiel eines Menschen, der seine eigene Zeit bereichert, indem er keiner angehört." - Glenn Gould

  • Ich habe via jpc in einige Soundschnippsel hineingehört.
    Wenngleich mir bewusst ist, daß dies selbst für ein "vorläufiges" Urteil nicht ausreicht, so habe ich doch einen ersten Eindruck gewinnen können.
    Ich war hiebei mangels Bild völlig losgelöst von allfälligen optischen Eitelkeiten des Pianisten, seien sie nun beeindruckend oder abstossend.


    Was mir an der Aufnahme auffiel, daß hier Bach nicht wie Bach gespielt wird, zumindest nicht so wie man es erwarten würde. Fray setzt sich über Traditionen hinweg und spielt "einfach drauflos"


    Man beachte die "Apostrophe" !!
    Überspitzt formuliert könnte man Sagen, er spielt Bach wie ein Virtuosenkonzert des 19. Jahrhunderts. Das mag natürlich übertrieben sein - ich empfand es so.


    Solche Einspielungen polarisieren grundsätzlich. Während sie die einen als Verrat am Werk verurteilen, jubeln die andern ob der neuartigen Auffassung. Egal wie man dazu steht - solche Interpreten braucht die Klassikszene - wohldosiert - von Zeit zu Zeit um das Interesse wachhalten und beleben zu können


    mfg aus Wien


    Alfred

    Wenn ich schon als Vorbild nicht tauge - lasst mich wenigstens ein schlechtes Beispiel sein !



  • Hallo Alfred,


    Fray spielt auf jeden Fall mit Begeisterung, Wärme, Klangsinnlichkeit, Geist, Frische und Audruck. Aber als romantisch im sinne von dick, schwülstig würde ich sein Spiel nicht bezeichnen. Sein Spiel ebenso wie das des Orchesters ist sehr transparent und rhythmusbetont.
    Ich höre die CD seit Tagen rauf und runter und bin restlos begeistert. So viel Energie, so viele Feinheiten, so viel dynamische Differenzierung. Man beachte nur Passagen wie im 1. Satz das A-Dur Konzerts ab 0:30. Oder 3:10 im d-Moll-Konzert.


    Fast scheint mir die neue Pianistengeneration (Grimaud, Fray, wer weiß, wer uns noch erwartet?) eine Art Gegenreaktion auf die HIP-Szene zu sein.


    Diesen Pianisten kann man jedenfalls nicht genügend hochjubeln.

    "Das Große an der Musik von Richard Strauss ist, daß sie ein Argument darstellt und untermauert, das über alle Dogmen der Kunst - alle Fragen von Stil und Geschmack und Idiom -, über alle nichtigen, unfruchtbaren Voreingenommenheiten des Chronisten hinausgeht.Sie bietet uns das Beispiel eines Menschen, der seine eigene Zeit bereichert, indem er keiner angehört." - Glenn Gould

  • Ich sehe "romantisch" nicht unbedingt als "dick" oder "schwülstig".
    Im speziellen Fall war es auch nur eine Krücke um anzudeuten was ich beim Hören empfunden habe.


    Aber natürlich passt eigentlich nichts.


    Sagen wir es so: Fray spielt sehr individuell (vor etlichen Jahren eine selbstverständlichkeit, seit ca 25 Jahren verpönt - und nun traut sich der eine oder andere - und alle stehen davor wie vor einem Wunder)
    und "frech", nimmt sich etliche Freiheiten, spielt mit Verve und nutzt die dynamischen Fähigkeiten seines Instruments voll aus. Er schert sich einen Teufel um "historische" Gegebenheiten.


    Ähnliche Ansätze - wenngleich nicht so ausgeprägt - und der Zeit angepasst - gab es in meiner Jugend. Es war ja nicht so, daß man historisch keine Ahnung hatte. Man WOLLTE die Werke neu deuten - natürlich nicht neu aus unserer Sicht, sondern aus der Sicht der jeweiligen Zeit heraus.


    Letztlich bleibt lediglich die Frage, ob es denn noch das eigentliche Werk ist, das man da hört. Aber vielen wird das egal sein...


    mfg aus Wien


    Alfred

    Wenn ich schon als Vorbild nicht tauge - lasst mich wenigstens ein schlechtes Beispiel sein !



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  • Hallo zusammen,


    auch bei mir lag die Scheibe unterm Weihnachtsbaum. Hab' sie selbst dort hingelegt :D. Ich war von dem Video begeistert und die CD hielt was das Video versprach. Ich habe diese Werke nie analytisch gehört und ohne diesen Thread wäre mir das Theame Werktreue vermutlich nicht so schnell in den Sinn gekommen. Ich habe die CD einfach eingelegt und zusammen mit meiner Lieben Frau genossen (Die war natürlich auch vom Video begeister ;)). Fray spielt präzise aber mit sehr viel Gefühl. Das von SMOB angesprochene Perlen empfinde ich nicht als übertrieben sondern herrausragend schön. Was Alfred schreibt kann ich nachvollziehen. Klingt anders. Ja, für mich erfrischend anders. Schön und intensiv. Es ist einfach wunderschöne Musik und ich glaube dem Johann hätte es so auch gefallen. Und wenn nicht ihm, dann zumindest einem seiner Söhne.


    Ich für meinen Teil möchte noch mehr von diesem Pianisten hören.


    Liebe Grüße
    GallolNero

    ... da wurde mir wieder weit ums Herz ... (G. Mahler)

  • Zitat

    Original von Alfred_Schmidt
    Ich sehe "romantisch" nicht unbedingt als "dick" oder "schwülstig".
    Im speziellen Fall war es auch nur eine Krücke um anzudeuten was ich beim Hören empfunden habe.


    Einverstanden. Sagen wir: er spielt als Interpret, nicht als moderne Notenabspulmaschine.


    Zitat


    Sagen wir es so: Fray spielt sehr individuell (vor etlichen Jahren eine selbstverständlichkeit, seit ca 25 Jahren verpönt - und nun traut sich der eine oder andere - und alle stehen davor wie vor einem Wunder)
    und "frech", nimmt sich etliche Freiheiten, spielt mit Verve und nutzt die dynamischen Fähigkeiten seines Instruments voll aus. Er schert sich einen Teufel um "historische" Gegebenheiten.


    Ich glaube wir haben hier eine Symbiose der Erkenntnisse der HIP und der Verwirklichung des Interpreten in der Musik (das wird möglicherweise allgemein die kommende Ära der Interpretationsgeschichte definieren).

    "Das Große an der Musik von Richard Strauss ist, daß sie ein Argument darstellt und untermauert, das über alle Dogmen der Kunst - alle Fragen von Stil und Geschmack und Idiom -, über alle nichtigen, unfruchtbaren Voreingenommenheiten des Chronisten hinausgeht.Sie bietet uns das Beispiel eines Menschen, der seine eigene Zeit bereichert, indem er keiner angehört." - Glenn Gould

  • Zitat

    Original von rappy
    Fast scheint mir die neue Pianistengeneration (Grimaud, Fray, wer weiß, wer uns noch erwartet?) eine Art Gegenreaktion auf die HIP-Szene zu sein.


    Das ist ja auch dringend notwendig: bei einem Vorrat aus nahezu 80 Jahren nonHIP-Einspielungen...


    :beatnik:

    Die Kunst ist [...] vielleicht das Denken des Herzens.
    (Blaise Pascal, 1623-1662)

  • HIP-Einspielungen sind wahrscheinlich mittlerweile mindestens genauso viele auf dem Markt :P

    "Das Große an der Musik von Richard Strauss ist, daß sie ein Argument darstellt und untermauert, das über alle Dogmen der Kunst - alle Fragen von Stil und Geschmack und Idiom -, über alle nichtigen, unfruchtbaren Voreingenommenheiten des Chronisten hinausgeht.Sie bietet uns das Beispiel eines Menschen, der seine eigene Zeit bereichert, indem er keiner angehört." - Glenn Gould

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