Robert Lepage: Der Mann für den neuen MET-Ring

  • Hallo zusammen,


    hätte mich vor einem Jahr jemand gefragt, ob ich mit dem Namen Robert Lepage etwas anfangen kann, so hätte ich mit großer Wahrscheinlich- und Betroffenheit verneinen müssen. Zwar hatte Lepage bereits einige Opern inszeniert und immerhin fünf Filme gedreht, doch sein Steckenpferd war zweifelsohne das Performance-Theater. Nicht unbedingt meine Domäne und deshalb war er mir wohl bis dahin noch nicht wirklich untergekommen.


    Im Zuge der Vorbereitung auf meinen jetzigen Aufenthaltsort bin ich dann aber doch sehr schnell auf das Multi-Talent aus der kanadischen Provinz Québec gestoßen. Mein erster Kontakt war dabei sein Film "Le Confessionnal" aus dem Jahr 1995 (den es übrigens für einen Spottpreis bei einem gewissen Online-Händler zu erwerben gibt). Es war eines der Erlebnisse, bei dem einen die Worte "Warum erst jetzt?" ganz schnell in den Kopf schießen. In der Folge habe ich habe mich sehr intensiv mit seiner Person und seiner Arbeit auseinandergesetzt. Schnell zeigte sich, mit was für einem intelligenten und vielseitigen Künstler man es hier zu tun hatte. Lepage hat seitdem nicht aufgehört, mich zu faszinieren.


    Umso erschreckender mutet es deshalb an, dass ich letztes Wochenende doch glatt seine Berlioz-"Faust"-Inszenierung an der MET verpasst habe, obwohl es hier in Montreal auch ein Kino gab, dass die Aufführung übertrug. An dieser Stelle gleich mal die Bitte an alle, die es besser gemacht haben als ich: Wie war die Inszenierung? Würde mich brennend interessieren! :yes:


    Der Gram über die verpasste "Faust"-Inszenierung verflog aber schnell als ich in einem Artikel der Associated Press las, dass Lepage für die Inszenierung des neuen MET-Rings (Start: 2010) engagiert wurde, der damit den meines Erachtens nach ziemlich langweiligen Schenk-Schinken ablösen wird. Was für ein Zufall! Ein erst kürzlich von mir entdeckter, mich überaus faszinierender Filme- und Theatermacher bringt meine absolute Lieblingsoper in New York auf die Bühne! :jubel:
    Und das war noch nicht alles, der Artikel gab auch bereits einige Details über die Sängerriege bekannt:


    Wotan: Bryn Terfel
    Brünnhilde: Deborah Voigt
    Siegfried: Ben Heppner
    Siegmund: Jonas Kaufmann


    Na wenn das mal nicht vielversprechend klingt!


    Dieser Thread soll vornehmlich zwei Themen bedienen:


    1. Robert Lepage als Regisseur: Ist er Euch bekannt? Habt ihr schon mal ein Stück oder einen Film von ihm gesehen? Was haltet ihr von seinen Inszenierungen, seinem Stil?


    2. Der neue MET-Ring: Was sind Eure Erwartungen an den neuen MET-Ring? Wird Lepage seinen innovativen Stil durchbringen können oder wird er große Einschränkungen machen müssen, weil er für die MET inszeniert? Trauert ihr dem Schenk-Ring nach? Wird es ein wegweisender "Ring" werden?


    Von letzterem bin ich selbst jedenfalls fest überzeugt und jetzt fehlt eigentlich nur noch, dass Lars von Trier doch noch seinen Ring in Bayreuth macht, dann wäre ich vollkommen aus dem Häuschen!!!


    Ich werde versuchen, in den folgenden Wochen weitere Informationen und Gedanken zu Robert Lepage zusammenzutragen und zur Diskussion zu stellen. Dabei werde ich zwangsläufig auch auf sein Schaffen außerhalb des Opernbetriebes eingehen, ohne dabei den Thread zu einem Film- oder Theaterthread umfunktionieren zu wollen.


    Beste Grüße aus der Heimat von Robert Lepage, DiO :beatnik:

  • Lieber Dio,


    manche Beiträge verschwinden leider zu schnell in Allgemeinthreads. Fairy Queen hat nämlich hier Live Übertragungen im Kino? von der Übertragung berichtet, die sie überraschend zur Berliozianerin gemacht hat, und ich habe im Gefolge darauf hingewiesen, dass wir einst den hervorragenden Film LE CONFESSIONAL - ein Hitchcock für Intellektuelle - und auch Lepages nicht weniger faszinierenden, wenn auch etwas verkopften Thriller LE POLYGRAPHE im Verleih hatten. Leider gingen beide Filme bei uns ziemlich weit am Publikum vorbei und waren Flops, was ich bis heute sehr unverdient und jammerschade finde.


    Zu meinem Bedauern habe ich Lepage auch in Montreal nie getroffen und keine seiner Theaterinszenierungen gesehen, weil ich ein Sprechtheatermuffel bin (zumal in Joile), aber nach allem, was ich von ihm gehört, gelesen und gesehen habe, traue ich ihm auch einen herausragenden RING zu, und da wir seit Chéreaus Jahrhundertring schon ein neues Jahrhundert haben, könnte es vielleicht wirklich für eine Weile ein neuer werden, zumal bei der Besetzung - wenn die denn wirklich dann noch bzw. wieder singt und bei Stimme ist.


    Das könnte sogar mich veranlassen mal für einen RING ins Kino zu gehen oder auf die DVD zu warten, die es bei einer solchen Besetzung bestimmt geben wird.


    Danke für diesen Hinweis


    :hello: Jacques Rideamus (Hobbyquebecer)

  • Lieber Diabolus, die Inszenierung war Klasse! :jubel: :jubel: :jubel:


    Wie JR bereits sagt, habe ich ganz kurz nach der Aufführung schon berichtet , versuchee aber ein bisschen ausgiebiger in meinem (visuellen) Gedächtnis zu kramen.
    Brangäne war auch da und kann mich hoffentlch unterstätzen und korrigieren.


    Was mich besonders beeindruckte, war die serh poetische Nutzbarmachung modernster Bühnentechnik für die innere (und äussere Handlung) der Oper. Der Berlioz- Faust ist ja nicht gerade einfach zu inszenieren, da ein stringentes dramaturgisches Konzept nciht angelegt ist, sondern sich Szenen aneinanderreihen, deren Zusammenhang der Regisseur im besten Fall herstellen muss.


    Ganz anders als im Ring gibt es hier keine packende Handlung, die bebildert werden will, sondern die "Handlung" muss aus dem Bild entstehen.


    Die Bühne bestand aus einem vertikal und horizontal Vier Etagen-Gerüst, das die Möglcihkeit verschiedener Compartiments/"Zimmer" und Ebenen schuf.
    Die Hintergrundkulisse dieses Gerüstes wechselte haüfig. Ob erschlagende Bücherwand, Kirchenraum, privates
    Bürgerhaus, Auerbach Keller und "Hölle", Landschaft im Frühling, Herbst und Winter, Wasserfläche, etc. Und auch auf den verschiedenen Ebenen passierten verschiedene Sachen.
    Es wurden damit sowohl innere wie äusserre Prozesse gespiegelt und das oft parallel zu einander.
    Genial war für mich die Einbindung von Tänzern und Akrobaten.
    Die vertikalen Gerüstpfeiler dienten den z.B. den von Mephisto gerufenen Höllengeistern zum Hinaufklettern und die HÖllen bzw Himmelsszene am Ende der Oper konnte mit dieser Grundkonstruktion auch hervorragend gelöst werden.
    Lepage hat eine Riesenbegabung, die Imagination der Zuschauer anzusprechen udn hatte ien phantastisches Tema von BÜhnen-Kostüm, Technik etc Team versammelt.
    ich war wirklich begeistert.
    Die Inszenirung konnte in Paris nur mit einem Teil der(technischen?) Mittel realisiert werden und wirkte auf mich seltsamerweise vollkommen anders als jetzt in der MET.
    Was aber nciht zuletzt auch an den Sängern lag, die mich in Paris ausser van Dam nur annähernd so überzeugten wie jetzt an der MET.
    FÜr mich spielt die Qualität des Gesangs bzw Rollenporträts in einer Oper wirklich die entscheidende Rolle.


    Oben genannten Ring werde ich mir unter diesen Umständen unbedingt ansehen, zumal ein Gesang nach meinem Gusto zu erwarten ist- Ben Heppner wie Jonas Kaufmann pflegen (hoffentlcih weiter) schon qua Stimmmaterial nicht zu brüllen, Bryn Terfel ist einer meiner absoluten Lieblinge und wenn es Lepage gelingt, genauso überzeugend die Imagination anzusprechen wie im Faust, kann mir die Musik drumrum ziemch egal sein..... :D


    Nein im Ernst, ich bin gerade sowieso auf Bekehrungswegen mit dem Syberberg-Parsifal... dazu aber anderenorts.


    Mir wird immer wieder und immer mehr deutlich wie abhängig die Oper von guten Aufführungen ist.
    Alles steht und fällt damit und kann die beste Musik entweder in Langeweile zerstören oder mässige Musik wirklich interessant machen und veredeln.
    Bei guter Musik mit fähigen Regisseuren, Dirigenten und Sängern können aber tatsächlich richtige Erweckungserlebnisse herauskommen- auch wenn man ein Werk schon zigmal hörte und davon nie angesprochen wurde.
    E strano!


    Liebe Grüsse aus dem francophonen Mutterland in die linguistische "Provinz" :baeh01: :hello:

  • 1994 hat Robert Lepage die Bühnenshow zur Welttournee des Pop-Sängers Peter Gabriel konzipiert. Gabriel selbst galt ja bereits seit seiner Zeit bei Genesis als einer der großen Theatraliker der Pop-Musik, der die Texte der Songs kostümiert, maskiert und mit reichlich Deko umsetzte. 1994 stand nun im Zeichen seines Albums "Us", das sich überwiegend mit der Beziehung zwischen Mann und Frau sowie den Ergebnissen seiner langjährigen Psychotherapie beschäftigte.


    Lepage baute für die Konzerte anlässlich dieser CD gleich zwei Bühnen, eine viereckige ("männliche") und eine runde ("weibliche"), die durch einen langen Steg mitsamt Laufband verbunden waren. Die Musiker wechselten dadurch mehrfach ihre Standorte, durch die Böden der Bühnen wurden von Song zu Song verschiedenste Requisiten hochgefahren (Baum, Telefonzelle). Als Konzertbesucher war man mittendrin im Geschehen und schaute nicht nur frontal auf eine Bühne. Am Ende lag ein riesiger Koffer auf einer dieser Bodenluken, in dem die Musiker nacheinander "verschwanden". Gabriel schließlich trug den Koffer dann von der Bühne. Der Abend war eine tolle Mischung aus Live-Konzert und Musiktheater, das in herausragender Bild- und Tonqualität auf DVD vorliegt. Bei YouTube einfach mal "Gabriel" und "Secret World Tour" eingeben. Da sieht man etwas davon.




    LG
    B.

  • Ich bin gespannt, aber skeptisch. Wie steht es denn um den musikalischen Hintergrund von Lepage ? Ich bin immer gewissermaßen etwas unruhig, wenn die Leute vor allem nur Theater und Film gemacht haben. Lars von Trier beispielsweise halte ich für einen der ganzen großen Regisseure der letzten Jahrzehnte, aber ich hab immer mit gemischten Gefühlen auf Bayreuth gewartet. Die Zusammenarbeit mit Gabriel bescheinigt ja immerhin Erfahrungen im Bereich der anspruchsvollen Mucke außerhalb des klassischen Bereichs.


    Auch bei Kaufmann habe ich so meine gemischten Gefühle. Der Siegmund liegt ihm sicher von der Tessitura her, aber die Rolle fordert doch einiges an Stamina. 2009 ist ja der Lohengrin dran, da wird man schon einiges absehen können, gerade bezüglich des dritten Aktes. Vor allem ist er doch doch noch sehr viel mehr in der Höhe gefrordert.


    Gruß
    Anti

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  • @ JR II: Lieber Jacques,
    danke für den Hinweis auf Liveübertragungen-Thread, den habe ich doch glatt übersehen! "Le Polygraph" ist leider der einzige Film von Lepage, den ich bislang noch nicht gesehen habe. Mich überrascht es etwas, dass er in Deutschland sogar im Verleih war, wenn auch bedauerlichweise vom Publikum nicht angenommen. Noch erstaunlicher ist vielleicht, dass es den Film nicht mal hier in Québec auf DVD gibt, sondern lediglich als VHS. Werde hoffentlich noch die Gelegenheit finden, "Le Polygraph" zu inspizieren. Von seinem restlichen Film-Werk bin ich sehr begeistert: "Le Confessionnal" (1995), "Possible Worlds" (2000) und "The Far Side of the Moon" (2003) sind genial, "No" (1998) fällt meines Erachtens ein bisschen ab, ist aber trotzdem sehr interessant.
    Ich habe bislang auch noch keine Live-Inszenierung von Lepage gesehen - leider. Das wird sich aber nächstes Jahr ändern, da er 2009 kurz vor meiner Abreise mit einem neuen Teil seiner "Dragon"-Serie nach Montreal kommt: "Le Dragon Bleu". Bis dahin kann ich hoffentlich mein Französisch noch etwas verbessern, damit ich auch was verstehe ;-)


    Grüße vom vorübergehenden Wahl-Québecer an den Hobby-Québecer!


    @ FQ: Liebe Fairy Queen,
    ganz lieben Dank für Deine ausführliche Beschreibung der Inszenierung! :yes: Das hat meinen Wissensdurst erstmal ein wenig befriedigt ;) Das von Dir beschriebenen Gerüst, das verschiedene Zimmer/Etagen schuf passt absolut in Lepages Stil hinein. Sowohl im Theater als auch im Film versucht er mit verschiedenen Mitteln oft, den Raum / das Bild in kleinere Bereiche zu unterteilen, um den theatralen / filmischen Raum zu erweitern und interessanter zu machen. Mich würde noch interessieren, ob es irgendwelche besonderen Transformationen des Bühnenbildes gab, da szenische Transformation auch noch ein Merkmal ist, für das Lepage bekannt ist.
    Und wie Du ganz richtig sagtest: Der Mann spricht die Imagination an! Ich habe kürzlich eine Videoaufzeichnung seiner Bühnen-Solo-Show "The Far Side of the Moon" (bzw. "La face cachée de la lune", hehehe ...) gesehen. Das Stück platzt nur so vor genialen Einfällen, aber am Ende übertrifft er sich selbst, als er lediglich mit Hilfe eines großen Spiegels Schwerelosigkeit simuliert. Keine aufwendige Tricktechnik, alles ganz simpel, der Zuschauer sieht sogar, wie das ganze zustandekommt.
    Es freut mich natürlich auch außerordentlich, dass Wagner langsam aufhört, ein rotes Tuch für Dich zu sein ;)


    Beste Grüße in die kolonialistische Heimat ;) Vive le Québec libre! :baeh01:


    @ Antracis: Lieber Anti,
    der musikalische Hintergrund von Lepage ist nicht unbedingt riesig. Er hat bislang neben dem "Faust" von Berlioz auch noch "Herzog Blaubarts Burg", "Erwartung", "The Rake's Progress" und "1984" als Oper inszeniert, und eben - wie Barbirolli anmerkte - Bühnenshows / Rockkonzerte.
    Was mich sehr positiv bezüglich des Rings stimmt ist, dass Lepage 1995 auch vollkommen ohne fundierten film-handwerklichen Hintergrund "Le Confessionnal" aus dem Hut gezaubert hat. Sein natürlicher Instinkt für die darstellende Kunst wird ihn auch in der Oper nicht im Stich lassen - da bin ich mir ziemlich sicher.


    Best, DiO :beatnik:

  • Man muss ja doch mal darauf hinweisen, dass seit Chéreau mehrere grandiose Ring-Inszenierungen auf die Bühne gekommen sind (Berghaus, Wernicke, Schlömer/Nel/Wieler/Konwitschny, meinetwegen auch Friedrich und Kupfer).


    Vorschusslorbeeren hat es schon für so manche letztlich eher verpufften Ring-Inszenierungen gegeben. Ebenso berühmte Film- und Sprechtheater-Regisseure, die im Opernbereich mehr oder weniger reüssiert haben.


    Von Lepage habe ich nur die sehr eindrucksvolle Sprechtheaterproduktion The Far Side of the Moon gesehen (vor fast zehn Jahren in Berlin), ein Einpersonenstück, in dem Lepage selbst verschiedene Rollen übernommen hat. Es wurde auch sehr viel mit Film- bzw. Videoprojektionen gearbeitet, das scheint typisch für ihn zu sein. Ansonsten kenne ich Lepages Wirken überwiegend aus Zeitungsberichten.


    Ich lehne mich mal weit aus dem Fenster und behaupte: Lepage ist der ideale Mann für den neuen Kompromisskurs der Met unter Peter Gelb. Der hat erkannt, dass es auch an diesem Haus nicht mehr - wie bisher - mit Opas Theater weiter gehen kann. Also modernisiert er kräftig im thatralischen Bereich - nicht mit Regisseuren, die "interpretieren" oder "aktualisieren" (womöglich gar mit politischer Intention), sondern mit dem spektakulären Bildertheater, das ja auch in Europa im Opernbereich immer mehr gepflegt wird (man denke an die katalanische Gruppe La fura dels baus, die gerade in Valencia einen neuen Ring rausbringt).


    Der Vorteil: Die Wirkung wird überwiegend durch das Bühnenbild, das Licht, die Videoprojektionen und evtl. Tänzer/Akrobaten erzielt. Das ist wichtig, weil weder Lepage noch irgendein noch so genialer Regisseur jemals gewichtige Sänger wie Deborah Voigt oder Ben Heppner zu einer irgendwie vernünftigen Darstellung auf der Bühne wird bewegen können.


    Wüste Spekulation beendet.


    Bezüglich der Sängerbesetzung: Ich weiß nicht, wer von Euch in letzter Zeit Deborah Voigt gehört hat. Ich schon - und man muss leider sagen, dass seit ihrer schönen, aber eben doch angestrengten Isolde 2003 die Stimme schwer gelitten hat - das alte Lied. Ob das mit der Brünnhilde noch was wird...


    Der Dirigent wurde noch nicht genannt, ist das Zufall? :stumm: Naja, auf James Levines 63. Ring-Dirigat darf man sicher gespannt wie ein Flitzebogen sein... :D


    Trotzdem ist die Ablösung des berühmt-berüchtigten Schenk-Rings, überhaupt die ganze Neuorientierung der Met unter Gelb natürlich eine äußerst begrüßenswerte Entwicklung,



    Viele Grüße


    Bernd

  • Hallo Bernd,

    Zitat

    Original von Zwielicht
    Man muss ja doch mal darauf hinweisen, dass seit Chéreau mehrere grandiose Ring-Inszenierungen auf die Bühne gekommen sind (Berghaus, Wernicke, Schlömer/Nel/Wieler/Konwitschny, meinetwegen auch Friedrich und Kupfer).


    Vorschusslorbeeren hat es schon für so manche letztlich eher verpufften Ring-Inszenierungen gegeben. Ebenso berühmte Film- und Sprechtheater-Regisseure, die im Opernbereich mehr oder weniger reüssiert haben.


    Da hast Du natürlich Recht, ich bin aber trotzdem sehr optimistisch. :)


    Zitat

    Von Lepage habe ich nur die sehr eindrucksvolle Sprechtheaterproduktion The Far Side of the Moon gesehen (vor fast zehn Jahren in Berlin), ein Einpersonenstück, in dem Lepage selbst verschiedene Rollen übernommen hat. Es wurde auch sehr viel mit Film- bzw. Videoprojektionen gearbeitet, das scheint typisch für ihn zu sein.


    Das kann ich bestätigen. Es ist ein elementarer Bestandteil seiner Arbeit.


    Zitat

    Der Vorteil: Die Wirkung wird überwiegend durch das Bühnenbild, das Licht, die Videoprojektionen und evtl. Tänzer/Akrobaten erzielt. Das ist wichtig, weil weder Lepage noch irgendein noch so genialer Regisseur jemals gewichtige Sänger wie Deborah Voigt oder Ben Heppner zu einer irgendwie vernünftigen Darstellung auf der Bühne wird bewegen können.


    Eine nicht ganz unfundierte Vermutung, wenn man den Tristan mit Eaglen und Heppner gesehen hat ...



    Zitat

    Bezüglich der Sängerbesetzung: Ich weiß nicht, wer von Euch in letzter Zeit Deborah Voigt gehört hat. Ich schon - und man muss leider sagen, dass seit ihrer schönen, aber eben doch angestrengten Isolde 2003 die Stimme schwer gelitten hat - das alte Lied. Ob das mit der Brünnhilde noch was wird...


    Da stimm ich Dir auch zu. Von der männlichen Riege bin ich sehr überzeugt, Voigt als Brünnhilde wäre jetzt nicht unbedingt meine Idealbesetzung gewesen. Als ich sie bei der letzten "Tristan"-Premiere an der MET hörte, da ist gegen Robert Dean Smith schon ein Stück abgefallen.


    Zitat

    Der Dirigent wurde noch nicht genannt, ist das Zufall? :stumm: Naja, auf James Levines 63. Ring-Dirigat darf man sicher gespannt wie ein Flitzebogen sein... :D


    ICH habe vergessen es zu erwähnen. :D Es stand schon in dem Artikel, natürlich ist es Jimmy Levine ... vielleicht reißt er mich endlich mal vom Hocker ...


    Beste Grüße ins Frankenland ... DiO :beatnik:

  • Lieber Bernd, Dir ist vielleicht aufgefallen, dass ich Deborah Voigt in meiner Positiv-Liste oben ausgelassen habe..... :pfeif:
    Immerhin hat sie so abgenommen, dass sie zumindest optisch eine passable Brünnhilde abgeben kann.


    Und das mit der Bewegung der Sänger in Sachen Lepage siehst du nach meinen Erfahrungen mit dem Faust sicher richtig. Der Höllenritt des Faust ist das beste Beispiel. Faust und Mephisto standen frontal zum Publikum, hinter ihnen spielte sich per Video-Installtion in Scherenschnitt-Façon der Ritt ab- das war eine hervorragende Lösung, um den (bei Berlioz ja ähnlich wie bei Wagner anstrengenden) Gesang nicht durch die heftige Bewegung Schaden nehmen zu lassen.
    Und ästhetisch total ansprechend dazu, denn die Video-Scherenschnitte waren zuerst nur in einen Fenster zu sehen und breiteten sich dann bis zum vierten Gerüstabschnitt aus.


    Allerdings musste Susan Graham am Ende eine Art Feuerleiter zum Himmel hochklettern, was nciht ungefährlich aussah... da hatte sie aber schon fertiggesungen. :D


    Um für Dio noch ein weiteres Beispiel für die Bühnenkunst zu geben:
    die Jahreszeiten wechselten mit Wolkengebilden, fallenden Blättern und Lichteffekten.
    Sehr schön waren die Unterwasserprojektionen zwischen Fausts Besuch in Auerbachs Keller und der Begegnung mit Marguerite .
    Der seelische Prozess der Liebesbereitschaft und Sehnsucht wurde durch das Element Wasser und die unter Wasser stattfindenden Begenungen Faust/Gretchen schon vorweggenommen. Das, was unter der Oberfläche brodelt und sich im Unterbewusstsein vorbereitet entwickelt sozusagen.



    Ich bin nach alledem wirklich serh gespannt auf den Ring, der ja ien unendliches Material für einen solchen Regisseur liefert.
    Vielleciht shcon zuviel fürchte ich, denn ein Talent Lepages ist es m.E. ,das Ungesagte sichtbar zu machen.
    Während bei Wagner dann vielleicht viel zuviel gesagt wird. Aber für Sänger, die singen müssen und dabei nicht auch noch turnen können, scheint er wirklich die ideale Lösung. Und für Zuhörer, die auch ein Augenschmaus wollen, ebenso.


    Was man evtl bemängeln könnte, ist das weitgehende Fehlen von Personenregie der Protagonisten. aber ich gehe davon aus, dasss das Absciht war und ein Teil des Konzepts.
    Nochmehr Aktion hätte nämlcih eher zerstört, scheint mir..


    Was Wagner angeht, lieber Dio.... ich bin kurz vor dem Nervenkollaps :faint: :faint: :faint: :faint: und habe gestern Nacht in meiner Pein schon halbwirre Mails geschrieben , weil ich mich selbst nciht mehr kenne , da mir Vorspiel und erster Akt des Syberberg-Parsifal (weiter bin ich noch nciht)........ gefallen haben. Und zwar nciht nur ien bisschen sondern richtig. :untertauch: :untertauch: :untertauch:


    Bei Tamino ist demzufolge jede Art von Gehirnwäsche möglich- diese hier verdanke ich J.R. plus Matthias Pfuetz. Und Edwin hat sie immerhin vorausgeahnt.
    So peinlch das auch angescihts meienr Totalablehnung sein mag, ich gebe es nun in aller Öffentlchkeit zu :D


    Mit weiteren Sinneswandlungen ist zu rechnen, Pilgerfahrten nach Bayreuth aber bitte noch nciht für mich buchen......... :faint: :faint: :faint:

  • ich bin mir ziemlich sicher, dass Levine den Hörer vom Hocker reißen wird, wenns eine Radiostation hier überträgt (hoffentlich !!). Der auf DVD dokumentierte Ring ist sowieso noch nicht sein bester gewesen, allerdings allemale spannender als Boulez. Die Wiedergaben vomn 1997 (da gab es nur die Walküre) , 1994 (besonders die Götterdämmerung) und 2004 (besonders der Siegfried) zeigen Levines ganze Meisterschaft viel deutlicher. Und nicht oft ist ein Orchester bei Wagner so transparent und klar (davon kann in Bayreuth sowieso seit langem keine Rede sein) wie unter Levine. Insofern spricht vieles für einen Ring der orchestral gelingen wird (das Sängerische ist mir nicht so wichtig). Übrings reichen die auf DVD dokumentierten Meistersinger und der Tristan von Levine auch nicht an seine jüngsten Wiedergaben vom letzten und vom diesen Jahr heran. Und wer Gelegenheit bekam sich die Radioübertragung von Schumanns Klavierkonzert oder von Bergs Kammerkonzert (Levine gehört neben Welser-Möst zu den wenigen, die überhaupt eine sinnvolle Wiedergabe des Bergschen Kammerkonzertes hinkriegen - mit den Bostonern reinzuziehen, der bekommt sehr leicht einen Eindruck vom hohen Kunst Levines (nebenbei sein Moses + Aron von 20.02.99 in NYC, gehört neben Scherchen 1959 in Berlin und Nagano 2001 in Wien ) zu den besten, die ich bisher mir reingezogen habe (trotz Rosbaud und Kegel) und Levines Lulu vom 20.04.03 NYC habe ich bisher orchestral noch nicht besser gehört, auch nicht unter Daniel von der ENO.)


    :hello:

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  • ich kann Dich beruhigen, denn du entdeckst sicher auch im Parsifal (einem z. Tl. frauenfeindlichen + z. Tl. antisemitischen Werk) mit - in der Tat - sehr viel gelungener + beeindruckender Musik (das muss ich zugeben) , auch einige Unzulänglichkeiten in Text und Musik. Ich mag eigentlich Wagners Musik (aber er wird niemals einer meiner Lieblingskomponisten) , freue mich aber immer - wie ein Schneekönig - , wenn ich Erfahrungen, Erkenntnisse und Meinungen lese, die sich kritisch zu Wagners Werk äußern (auch zu Bayreuth, was momentan keine Kunst ist), wie Du es z.B. bei einem Stolzing-Zitat getan hast. Ich hoffe Du wirst auch im Parsifal ähnlich fündig.


    LG


    :hello:

  • Lieber Amfortas, mach Dir da mal bloss keine Gedanken!!!!
    Obschon die "Konvertierten" ja immer die Schlimmsten sein sollen: wenn Du den Parsifal-Thread hier im Forum verfolgt hast-da stehen alle meine Gegenargumente, und das sind nicht eben wenige, gegen den Text des Parsifal aufgelistet.


    So ganz hab ich den Verstand gottseidank noch ncht verloren. :angel:


    F.Q.

  • übrings auch gegen die Musik gibt es Argumente: z.B. wenn beim Schlusssbild das Amfortas-Motiv in banalen Dur ertönt, so finde ich das nicht besonders originell komponiert... aber der Parsifal beeindruckt trotzdem musikalisch .... werde mir unbedingt den Parsifal-Thread reinziehen.....


    LG


    :hello:

  • Schau an, da hat der neue Ring an der Met schon Ende 2008 hier einen Thread gefunden. Schätze den sollte man jetzt aufwärmen, den bald ist es soweit: Noch 5 Monate bis zur Premiere vom Rheingold an der Met.


    Auf der Seite der Met gibt es auchs chon die ersten Bilder von der Produktion und es scheint so, als wolle Lepage endlich mal den Ring aus der (reinen) Moderne wieder rausholen. Zwar sieht man allerhand technsiche Wunderwerke im Einsatz, aber die Kostüme lassen darauf schließen, dass es wieder um Götter, Zwerge und Riesen gehen wird.
    Robert Lepage war mir bislang nicht bekannt.

  • Ben Heppner hat seine Mitwirkung am neuen Ring an der Met abgesagt. Das Projekt, das kurz vor der Walküre steht, musste somit einen neuen Sänger für den Siegfried in "Siegfried" und in der "Göttterdämmerung" finden. Gary Lehmann und Stephen Gould werden statt seiner sich die Vorstellungen teilen.
    Ben Heppner stellte fest, dass die Rolle "“was just not the right repertoire for him,” so sein Manager.

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  • Die Absage Heppners finde ich großartig. Endlich mal jemand, der auf seine innere Stimme hört. Wenn er uns noch ein paar Jahre erhalten bleiben soll, war das genau richtig.


    LG, Bernward


    "Nicht weinen, dass es vorüber ist
    sondern lächeln, dass es gewesen ist"


    Waldemar Kmentt (1929-2015)


  • Sehe ich genauso, lieber Bernward.
    Ben Heppner ist sowieso einer der letzten großen Wagner-Tenöre heutzutage. Der darf uns ruhig noch etliche Jahre begleiten.

    »Und besser ist's: verdienen und nicht haben,

    Als zu besitzen unverdiente Gaben.«

    – Luís de Camões