Japan zur Zeit BF Pinkertons-Teil II

  • Hier die gewünschte Fortsetzung:


    Nachdem sich Japan im Jahre 1889 eine Verfassung nach deutschem Vorbild und unter Mitarbeit bekannter deutscher Juristen gegeben hatte, wurde auch das Regierungswesen reformiert. Es wurde ein Parlament nach englischem Vorbild gegründet. Im Oberhaus saßen Erbadelige und im Unterhaus wurden die Repräsentanten gewählt. Das Wahlrecht wurde eingeführt, allerdings waren nur 2 % der japanischen männlichen Bevölkerung wahlberechtigt. Das Wahlrecht für Männer wurde immer wieder optimiert, das Frauenwahlrecht erst im Jahre 1946 eingeführt.


    Das Oberhaus setzte sich aus Adeligen und damit auch hohen Militärs zusammen. Inzwischen hatte Japan die allgemeine Wehrpflicht eingeführt und das Heer stark erweitert und mit moderner Technik ausgerüstet. Die Militärs waren sich sicher, dass man mit dieser Armee die Grenzen Japans ausdehnen wird können und warteten nur auf Chancen darauf. Man bezweckte mit möglichen Expansionen
    1. die steigende Bevölkerung mit Wohnraum und Nahrungsmittel versorgen zu können, da die Bevölkerungszahl förmlich explodierte
    2. neue Handelshäfen und -Märkte
    3. Anerkennung als „zivilisiertes“ und damit gleichrangiges Volk von den USA und Europa und
    4. die Vorherrschaft in Ostasien, die bisher China innehatte.


    Die Wehrpflicht wurde eingeführt. Jeder japanischer Mann musste für drei Jahre in der kämpfenden Truppe und neun Jahre in der Reserve dienen. Dadurch ergab sich eine Truppenstärke von ca. 200000 Mann, die man möglichst territorialgewinnend einsetzen wollte.
    Die Blicke der japanischen Regierung schweiften nicht weit in die Ferne, denn gerade einmal 200 Kilometer entfernt lag Korea, das die „Erneuerung“, die Japan gerade durchlebt hatte noch nicht erlebt hatte und daher noch als beinahe altertümliches Staatsgebilde bezeichnet werden kann. Man plante daher eine Invasion (die in der japanischen Geschichte schon mehrfach versucht wurden, aber immer schief gingen, da sie vom Wetter gestört wurden), wollte aber nicht als erstes losschlagen, da sonst die Anerkennung, die sich Japan in den letzten Jahrzehnten durch ihre Diplomaten in der ganzen Welt errungen hatte Futsch gewesen wäre.
    1894 löste sich das Problem von selbst, denn in Korea brach ein Volksaufstand los. Japan marschierte zur Unterschlagung des Aufstands in Korea ein. Das brisante daran: Korea (damals noch geeint) war eigentlich ein Vasallenstaat des chinesischen Kaiserreichs (zumindest wurde es von selbigen so behandelt). China sandte daher auch Truppen und es kam zu Kämpfen zwischen den beiden Armeen. Zuerst wurde noch versucht das „Problem“ auf diplomatischem Wege zu lösen, doch es misslang. Es kam wirklich zum Chinesich-Japanischen Krieg. Zum Erstaunen der Welt und vor allem zu dem der Chinesen war der Krieg erschreckend schnell vorbei. Bereits im Februar 1895 stand Japan als Sieger fest, nach nicht einmal 6 Monaten. Dieser Sieg löste am Festland euphorische Gefühle aus und der japanische Aussenminister Mutsu Munemitsu meinte, „dass das Volk nur von dem Tag träumte, an dem die japanische Flagge durch die Tore von Peking getragen würde“.
    Der Friedensvertrag wurde in Shimonoseki im Süden Japans ausgehandelt und die Japaner stellten riesige Forderungen an China.
    Sie verzichteten auf Peking (was auch völlig realitätsfremd war, denn schließlich hatte China nur eine „Kolonie“ verloren), verlangten aber eine immense Kriegsentschädigung. China musste Formosa (heute Taiwan) und die Pescadoren an Japan abtreten und die Unabhängigkeit Koreas anerkennen. Japan beanspruchte Korea nicht für sich selbst sondern gab dem „von den bösen Chinesen unterdrückten“ Land die Unabhängigkeit. Mit dieser Geste stieg das Ansehen Japans enorm. Weiters forderte Japan die Halbinsel Liaodong am Südzipfel der Mandschurei. Auf dieser Halbinsel lag Port Arthur ein eisfreier Hafen und ein perfekter Handels und Marinestützpunkt.
    Russland, Deutschland und Frankreich forderten Japan höflichst auf, auf Liaodong zu verzichten, da sie um die Stärke der Japanischen Flotte wussten und ihre eigenen Kolonien im Pazifik sichern wollten. Russland wurde noch deutlicher und bezeichnete die Anwesenheit der Japaner auf dem eurasischen Kontinent als „ewiges Hindernis für den Frieden im fernen Osten.“, eine Beinahe-Kriegserklärung an Japan, die aber Wirkung zeigte, Japan gab Liaodong auf. Diese scheinbare Resignation löste große Empörung im Japanischen Volk und schürte den Hass auf Russland, der sich noch verstärkte als Russland 1898 selbst die Herrschaft dort übernahm und sich so den eisfreien Hafen selbst sicherte.


    China, 1900: Der Boxeraufstand war losgebrochen und die europäischen Mächte und die USA stellten ein internationales Truppenkontingent, um den Aufstand niederzuschlagen und damit ihre Handelsbeziehung vor dem Aus zu bewahren. Japan hielt sich zuerst raus, als aber am 11.6. ein japanischer Diplomat erschossen und das Gesandtenviertel in Peking belagert wurde, sandte man Soldaten nach China.
    Die internationale „Eingreiftruppe“ bestand aus 20 000 Mann (12 000 deutsche, russische, österreich-ungarische, britische, französische und amerikanische Soldaten) und allein 8 000 japanische Soldaten. Die Eingreiftruppe beendete den Aufstand und man zog vereint in die verbotene Stadt ein, was dem Chinesischem Selbstbewusstsein einen schweren Schlag versetzte.



    Truppen in der verbotenen Stadt


    Am meisten tat den Chinesen wahrscheinlich weh, dass die Japaner den größten Anteil an der Niederschlagung hatten. Im Gegenzug bereicherten sich die europäischen Nationen, in dem sie kleine Kolonien an der Chinesischen Küste einrichteten. [Österreich erhielt Tsingtao, das bis 1916 österreichische Kolonie blieb und von dort auch das bekannte Bier stammt, das von den Österreichern dorthin gebracht wurde und später von den Chinesen übernommen wurde]

    Tsingtao-Bier



    Japans Einsatz machte Japan zu einem geachteten Mitglied des internationalen Völkerbundes. Dies ging sogar soweit, dass 1902 ein Bündnis zwischen Großbritannien und Japan geschlossen wurde, das besagte, dass der jeweils andere zu Hilfe eilen musste, wenn mehr als 1 Land dem Partner den Krieg erklären sollte.


    Das japanische Militär spekulierte nun wieder auf einen Krieg mit Russland, da man faktisch unter dem Schutz Englands stand. Die Demütigung von 1895 war noch nicht vergessen worden und der Hass auf die Russen allgegenwärtig. Als der Russische Kronprinz Nikolaus (später Zar Nikolaus II.) 1891 (der Hass auf Russland bestand schon seit dem frühen 18. Jahrhundert, aber das ist eine andere Geschichte :D) Japan besuchte wurde er beinahe ermordet. Anschließend soll er die japanische Obrigkeit als „Affen, die sofort die Flucht ergreifen würden, wenn man auch nur eine Mütze nach ihnen werden würde“ bezeichnet haben.
    Inzwischen annektierte Russland die Mandschurei und Korea war wieder einem Kollaps nahe. Weiters verstärkten die Russen ihre Truppen, um die Eisenbahnlinie Port Arthur-Harbin zu schützen und verlangte gleichzeitig von den Japanern ihre Truppen zu reduzieren. Die Japaner fassten dies als Provokation auf und griffen in der Nacht die russische Flotte, die vor Port Arthur lag, an und blockierte sie, sodass die Herrschaft über die Meere bei den Japanern blieb. Die Flotte der Japaner zerstörte auch das Geschwader der Russen vor Incheon (Hafen von Seoul, der koreanischen Hauptstadt) und brachte seine Armee an Land. Die Japanische Armee drängte die Russen bis weit in die Mandschurei zurück und man sandte eine Belagerungsarmee nach Liaodong, um Port Arthur zu belagern. Die eingeschlossenen Russen hielten Port Arthur mehr als fünf Monate lang, bis ihnen die Vorräte ausgingen. Am 2. Jänner 1905 kapitulierten sie und übergaben die Stadt an die Japaner. Die Russen verloren auch in der Mandschurei (bei Mukden) und sie gaben den Widerstand auf.

    Beschuss von Port Arthur



    Landschlacht um Port Arthur


    Die russische Ostseeflotte, die inzwischen im Chinesischen Meer eingetroffen war, wurde von sich selbst und den Japanern vernichtet (die Russen verloren 34 Schiffe und 12000 Mann, die Japaner nur 3 Schiffe und 500 Mann) und brachte nicht die von den Russen erhoffte Wende.
    US-Präsident Roosevelt beendete den Krieg und leitete die Friedensverhandlungen, die mit dem Vertrag von Portsmouth (5.9.1905) endeten.
    Japan erhielt von den Russen:
    1. Korea (nicht offiziell, aber praktisch), Korea wurde 1910 offiziell annektiert.
    2. Halbinsel Liaodong inklusive Port Arthur
    3. Nutzungsrechte der Eisenbahnlinie Port Arthur-Harbin
    4. die Südhälfte der Halbinsel Sachalin und das Fischereirecht (inkl. Walfang)
    5. auf große Reparationszahlungen wurde verzichtet, was dem japanischen Volk nicht passte.


    Im Jahre 1912 starb der Meiji-Tenno, dessen Regierungsmotto (siehe Thread I) den Jahren 1868-1912 seinen Namen gab. Sein Nachfolger Yoshihito (Taisho-Tenno) sollte die Expansion Japans weiterführen und Japan durch den ersten Weltkrieg führen, in dem Japan die deutschen und österreichischen Kolonien in China und Ozeanien (Marianen, Karolinen, Marshall-Inseln), die Halbinsel Shaodong, Sibirien, Wladiwostok und die komplette Mandschurei.



    Der Taisho-Tenno


    Japan war nun endgültig DIE Großmacht in Ostasien, nachdem China 1912 seine Monarchie aufgeben musste und am Boden lag.
    Japan erhielt sogar bei den Friedensverhandlungen 1918/19 Vorrechte und ließ sich die Gebietsgewinne vom Völkerbund bestätigen. Allerdings wurde der Antrag der Japaner, die Gleichheit aller Rassen herzustellen, und sie somit als gleichberechtigt und bedeutend wie die Mittelmächte zu bezeichnen, abgelehnt. Eine Tatsache, die sich in den 40er Jahren bitter rächen (da Japan die Seiten wechselte) und unzähligen amerikanischen Soldaten das Leben kosten sollte.




    So, nun ist meine Kurzerzählung über den Aufstieg Japans beendet. Eine Fortsetzung ist noch nicht geplant, aber wer weiß….


    Viel Spaß beim Schmökern wünscht euch Joschi

  • Lieber Joschi,


    vielen Dank für diesen sehr informativen Beitrag. Allerdings muss ich eine Korrektur anbringen. Tsingtau bzw. das Gebiet Kiautschou war seit 1898 deutsches Pachtgebiet (auf 100 Jahre, so ähnlich wie Hongkong und Macao) und fiel im November 1914 in japanische Hände, nachdem sich die deutsche Besatzung aus Munitionsmangel der feindlichen Übermacht (knapp 4.000 Mann gegen 40.000 Japaner und 8.000 Engländer) ergeben hatte. Einer meiner Urgroßväter diente dort damals als Unteroffizier der Marineartillerie und war bis zum November 1919 im japanischen Kriegsgefangenenlager in Bando (wo er unter anderem auch Zeuge der japanischen Erstaufführung von Beethovens 9. Symphonie, dargeboten von Lagerorchester und -chor, wurde).


    :hello:


    GiselherHH

    "Mache es besser! (...) soll ein bloßes Stichblatt sein, die Stöße des Kunstrichters abglitschen zu lassen."


    (Gotthold Ephraim Lessing: Der Rezensent braucht nicht besser machen zu können, was er tadelt)

  • Zitat

    Original von DonBasilio
    Am meisten tat den Chinesen wahrscheinlich weh, dass die Japaner den größten Anteil an der Niederschlagung hatten. Im Gegenzug bereicherten sich die europäischen Nationen, in dem sie kleine Kolonien an der Chinesischen Küste einrichteten. [Österreich erhielt Tsingtao, das bis 1916 österreichische Kolonie blieb und von dort auch das bekannte Bier stammt, das von den Österreichern dorthin gebracht wurde und später von den Chinesen übernommen wurde]

    Tsingtao-Bier


    Ohne den Status der KuK-Monarchie als Weltmacht ;) schmälern zu wollen, aber die Österreicher besassen keine Kolonien, nicht einmal in China. Es gab dort nur eine Gesandschaftswache zum Schutze der diplomatischen Vertretung, die bis zur Kriegserklärung Chinas 1917 in Peking Dienst tat (und deren Post zwischen 1914-1917 heute zu den philatelistischen Seltenheiten der öst Postgeschichte gehört)


    Tsingtau war deutsches Pachtgebiet (nicht Kolonie, obwohl es unter den damaligen Verhältnissen wohl eher kein großer Unterschied war) und das Bier wird heute noch nach dem deutschen Reinheitsgebot (offiziell jedenfalls) gebraut.


    In Tsingtau waren das ostasiatische Kreuzergeschwader und das III.Seebataillon stationiert. Im August 1914 griffen die Japaner das Pachtgebiet an und erorberten es nach wenigen Monaten Belagerung. Jeder Deutsche wird damals wohl Günther Plüschow, den Flieger von Tsingtau, gekannt haben. Die Soldaten und Zivilisten kamen bis 1919 in japanische Lager, auch ihre Post zählt zu den großen Besoinderheiten der deutschen Postgeschichte, ebenso wie die Post der deutschen Gesandschaftswache in Peking bis 1917.

  • Zitat

    Original von Robert Stuhr


    Ohne den Status der KuK-Monarchie als Weltmacht ;) schmälern zu wollen, aber die Österreicher besassen keine Kolonien, nicht einmal in China.
    Tsingtau war deutsches Pachtgebiet (nicht Kolonie, obwohl es unter den damaligen Verhältnissen wohl eher kein großer Unterschied war) und das Bier wird heute noch nach dem deutschen Reinheitsgebot (offiziell jedenfalls) gebraut.


    Tja, jetzt muss ich mal korrigieren, das stimmt so nicht.


    Das Thema Kolonialismus und österreichische Habsburgermonarchie ist ein großer Irrtum. Österreich (Kaiserreich, heiliges römisches Reich, Österreich-Ungarn; ich fass es hier kurz zusammen) HATTE Kolonien und noch größere Kolonialambitionen. Ebenso war Österreich ein wichtiger Faktor in der Kolonialpolitik, da es alle wichtigen Kolonialverträge unterschrieben hatte. Die Ansicht von etlichen Historikern der NS-Zeit (die Propaganda für Hitlers Kolonialpolitik machten), die Österreich für eine starke Kolonialmacht hielten (was es ja auch war), verteufelten das Originalbild nach dem WK 2 noch zusätzlich (aber das ist ein anders Thema).


    Vor allem im informellen Imperialismus war Österreich eine bestimmende Nation!!!


    Um 1700, Leopold I. regiert, vertrat man in Wien die Auffassung, dass man sich erst als "echte" Weltmacht fühlen dürfe, wenn man Kolonie in Afrika, Asien, Amerika besäße. Leopold selbst sah sich als Weltherrscher, ein Bild das er in der Pestsäule am Wiener Graben deutlich machte.
    Das Interesse Leopolds lag vor allem im Indischen Ozean, da er am attraktiven Gewürzhandel (Indien) und Elfenbeinhandel (Afrika) teilhaben wollte. Seine Ambitionen konnten nicht in die Tat umgesetzt werden, da er zu früh starb.


    Sein Nachfolger Karl VI. schickt 1714 Händler unter österreichischer Flagge in den indischen Ozean, um dort Handel zu treiben. 1720 werden 2 österreichische Handelsstützpunkte am Indischen Subkontinent gegründet. 1722 gründet der Kaiser die „Erste österreichische Ost-Indien-Kompanie“, die das Monopol zum Fernhandel mit dem indischen Ozean erhält.
    Das Handelsprinzip der Kompanie war in etwa:
    Kaufen: Baumwolle, Tee, Rohseide, Diamanten, Gewürze, Porzellan
    Verkaufe: Blei, Quecksilber, Eisen


    Die Kompanie läuft prächtig, doch da der Kaiser um jeden Preis die pragmatische Sanktion durchbringen wollte, wurde er gezwungen die Kompanie aufzulösen, was er 1731 auch tat. Die Stützpunkte wurden aufgelassen.


    1774 taucht William Bolts, ein englische Kapitän am Wiener Hof auf, der der Kaiser anbietet die ÖOIK wiederzubeleben. Nach längerem Zögern gewährt ihm die Kaiserin 1775 das Privileg:
    „exklusiven Fernhandel zwischen Persien, Ostindien, China, Afrika und den österreichischen Hafenstädten [in Spanien und Italien] auf 10 Jahre zu betreiben. Die Kosten habe er selbst zu Tragen, aber man stelle ihm 14 000 Gewehre als Handelsgut zur Verfügung, ebenso 180 000 Gulden in Kupfer, sowie Kanonen und Schiffe.“
    Weiters wird er ermächtigt:
    für Habsburg Territorien in Besitz zu nehmen
    zwischen Madagaskar und Amerika Sklavenhandel zu betreiben


    Im Jahre 1776 segelt das erste Schiff der zweiten ÖOIK, das enorme Gewinne einbrachte.


    1777 machte er vom Privileg Gebrauch Territorien in Besitz zu nehmen. In der Delagoa Bay (heutiges Mosamik) gründet er eine habsburgische Kolonie zum Elfenbeinhandel. Es werden Lagerhäuser, Festungen und ein Hafen gebaut. Soldaten und Schiffe werden ebenso stationiert.


    1778 gründet er auf den Nicobaren (südlich von Burma) Kolonien, kein Stützpunkt- Territorialkolonien!!!


    Die Delagoa-Bay bleibt nur bis 1781 in Besitz, da sie von den Portugiesen überfallen wurde und von den Portugiesen zu einem florierenden Stützpunkt gemacht wurde. Die heutige Hauptstadt Maputo liegt übrigens in der Delagoa-Bay und ist damit eigentlich eine österreichische Gründung.


    Die Nicobaren werden 1785 von Dänemark erobert, da der 2. ÖOIK von Joseph II. keine Unterstützung mehr zusichert. Mit einer starken Kriegsmarine hätte Österreich die Kolonien retten können, aber Joseph II. legte keinen Wert darauf.


    1803 gründete man eine Westafrikanische Handelsgesellschaft, die die Delagoa-Bay wieder aktivieren sollte, was aber durch den Krieg mit Napoleon scheiterte, da man (wieder mal) in pekuniären Schwierigkeiten war.


    Während des Wiener Kongresses dachte man über Militärinterventionen in Bolivien nach. Bolivien und andere südamerikanische Länder waren im Begriff unabhängig zu werden.


    1840 greift eine multinationale Flotte (Österreich, England, Russland) Ägypten an und Österreich annektiert Südsudan, das für einige Jahre österreichisches Konsulat bleibt. Der Südsudan war zwar formell ägyptisch, wurde aber von Österreich beherrscht.


    1857/58- Novara-Expedition. Der Kapitän Wüllersdorf hatte einen Geheimbefehl von Erzherzog Ferdinand Max an Bord, der besagte, dass er die Nicobaren für Österreich erobern sollte. Er missachtete den Befehl, da er ihn für einen Scherz hielt. Der Befehl war aber ernst gemeint, da schon zehn Jahre lang geheime Vorbereitungen in Wien und auf den Nicobaren getroffen wurden.


    Auch Sokotra sollte erobert werden und zwar von einem gewissen Tegetthoff, was aber eine sehr lustige Geschichte werden sollte. Aber dazu vielleicht ein anderes Mal mehr.


    Kleiner Zeitsprung:
    Belgien richtete die berüchtigen „Kongo-Greuel“ an. Österreich segnete als dies ab und schickte sogar Kundschafter in den Kongo, in der Hoffnung dort Landgewinne zu machen.


    1899 war man drauf und dran die Kolonie Rio d´Oro von den Spaniern zu kaufen, scheiterte aber am horrenden Kaufpreis, der von den Spaniern verlangt wurde.


    Das Tsingtao-Gebiet war österreichich. (bis 1914). Die Tsingtao-Region wurde in deutsches und österreichisches Gebiet geteilt. (14 Quadratkilometer waren österreichisch, das deutsche Gebiet war ein wenig größer).



    LG Joschi






    Buchtipp:
    Walter Sauer: Kuk Kolonial-Habsburgermonarchie und europäische Herrschaft in Afrika

  • Hallo Joschi,


    nach gründlicher Recherche in mehreren Büchern zur Geschichte des Pachtgebietes Kiautschou (Tsingtau/Qiangdao ist dessen Hauptstadt) und einer Suche im Internet habe ich keine Anzeichen irgendwelcher österreichischer Besitzungen gefunden (das deutsche Schutzgebiet war mit 552 qkm auch mehr als nur "etwas" größer als die angeblichen 14 qkm Österreich-Ungarns). Die einzigen Österreicher, die sich 1914 in Tsingtau aufhielten, war die Besatzung des leichten Kreuzers "Kaiserin Elisabeth", die ihr Schiff versenkten, bevor es in japanische Hände fallen konnte.


    Und Deine Bezeichnung Österreichs als "bestimmende" Kolonialmacht wird durch Deine anschließende Beschreibung gründlich konterkariert. Ok, da wird ein bißchen Ostasienhandel betrieben, wenn auch nicht sehr lange, da gibt es Handelsstützpunkte und ein paar Inselchen, die nach ein paar Jahren wieder von den Portugiesen und Dänen einkassiert werden (auf etwas höherem Niveau, aber letzlich genauso erfolglos, hatte sich knapp ein Jahrhundert zuvor Brandenburg-Preußen in Westafrika versucht). Ruckeroberungspläne werden entweder gar nicht gehegt oder vom Militär nicht ausgeführt, da sie nicht ernst genommen werden. Mit Verlaub, aber wirkliche Kolonialmächte sehen anders aus! Spanier, Portugiesen, Niederländer, Briten und Franzosen verfügten vor allem über starke Handels- und/oder -kriegsflotten, welche die Handelsrouten entsprechend sichern konnten. Österreich und Preußen waren dagegen reine Landmächte, die Marine spielte fast überhaupt keine Rolle. Wenn Du auf die mittelbare Rolle der Habsburger bei der Eroberung der mittel- und südamerikanischen Kolonien hingewiesen hättest, ok. Aber diese nicht mal halbherzigen Versuche sind bestenfalls amüsante Arabesken einer ansonsten sehr reichen Geschichte.


    :hello:


    GiselherHH


    P.S.: Das "Tsingtao-Bier" wurde nach deutschem Reinheitsgebot von der Germania-Brauerei gebraut. ;)

    "Mache es besser! (...) soll ein bloßes Stichblatt sein, die Stöße des Kunstrichters abglitschen zu lassen."


    (Gotthold Ephraim Lessing: Der Rezensent braucht nicht besser machen zu können, was er tadelt)

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  • Hallo!



    Zitat

    Vor allem im informellen Imperialismus war Österreich eine bestimmende Nation!!!


    Als treibende Territorialmacht kann man Österreich sicherlich nicht bezeichnen, allerdings als Vorreiter des informeller Imperialismus, mehr sagte ich auch nicht. Viele Honorarkonsuln des 19. Jahrhunderts waren Österreicher (ua Oscar Baumann in Sansibar, Konsulat im Südsudan...).
    Informeller Imperialismus ist ein wenig was anderes, da hier keine Territorien offiziell annektiert werden, sondern die einheimischen Herrscher von ausländischen Dipolmaten uä beeinflusst werden.
    Diese Form des Kolonialismus und der Stützpunktkolonialismus wurde ja großteils betrieben, reiner Territorialkolonialismus begann (mit wenigen Ausnahmen) erst ab 1860/70.


    Zitat

    Ohne den Status der KuK-Monarchie als Weltmacht schmälern zu wollen, aber die Österreicher besassen keine Kolonien, nicht einmal in China.


    Diese Aussage ist aber trotzdem falsch.
    Das die Österreicher in der "Hochzeit" des Kolonialismus keine Kolonien besaßen stimmt, aber NIE Kolonien besaßen, stimmt nicht.


    Zitat

    das deutsche Schutzgebiet war mit 552 qkm auch mehr als nur "etwas" größer als die angeblichen 14 qkm Österreich-Ungarns


    Ich hatte 55 qkm mitgeschrieben. Ich besuchte die Vorlesung des Buch-Autors Walter Sauer und er erwähnte 14 qkm österreichische Besitzung.


    Die österreichische Marineerfolge/ambitionen waren eher bescheiden, die immer von falschen Entscheidungen zur falschen Zeit bestimmt wurden. [Ausstieg aus dem Suez-Kanal-Projekt kurz vor der Lizenzerteilung, Raushalten aus dem "Scramble for Africa" usw.]


    Zitat

    Wenn Du auf die mittelbare Rolle der Habsburger bei der Eroberung der mittel- und südamerikanischen Kolonien hingewiesen hättest


    eigentlich gehts ja um Japan.... :D


    :hello:
    Joschi

  • Zitat

    Original von DonBasilio
    Als treibende Territorialmacht kann man Österreich sicherlich nicht bezeichnen, allerdings als Vorreiter des informeller Imperialismus, mehr sagte ich auch nicht. Viele Honorarkonsuln des 19. Jahrhunderts waren Österreicher (ua Oscar Baumann in Sansibar, Konsulat im Südsudan...).
    Informeller Imperialismus ist ein wenig was anderes, da hier keine Territorien offiziell annektiert werden, sondern die einheimischen Herrscher von ausländischen Dipolmaten uä beeinflusst werden.
    Diese Form des Kolonialismus und der Stützpunktkolonialismus wurde ja großteils betrieben, reiner Territorialkolonialismus begann (mit wenigen Ausnahmen) erst ab 1860/70.


    Den Status als Kolonialmacht an der Zahl der Honorarkonsuln festmachen zu wollen, ist ein interessanter und humorvoller Ansatz, hat aber mit den politischen Realitäten nichts zu tun. Sonst wären womöglich die Philippinen eine bedeutende Kolonialmacht, wenn man die große Zahl philippinischer Honorarkonsuln berücksichtigt. :D


    Ein Honorarkonsulat macht auch noch keinen Stützpunkt und hat nichts mit "informellem Imperialismus" zu tun. Jedenfalls solange nicht, wie das jeweilige Land nicht zugleich eine entsprechende Politik betreibt, wie zB. das Vereinigte Königreich.


    Territorialkolonialismus begann auch nicht erst in der 2.Hälfte des 19.Jhdt, sondern schon einige Jahrhunderte früher (Nordamerika, Kanada, spanische und portugiesische Kolonien, franz. Kolonien in Nordafrika zB).




    Zitat


    Diese Aussage ist aber trotzdem falsch.
    Das die Österreicher in der "Hochzeit" des Kolonialismus keine Kolonien besaßen stimmt, aber NIE Kolonien besaßen, stimmt nicht.


    Der Umstand, daß Östereich mal für ein paar Jahre ein paar kleine Inselchen besaß, macht es ebensowenig zu einer Kolonialmacht wie die brandenburgischen Besitzungen Preußen zu einer Kolonialmacht gemacht haben.


    Zitat

    das deutsche Schutzgebiet war mit 552 qkm auch mehr als nur "etwas" größer als die angeblichen 14 qkm Österreich-Ungarns
    Ich hatte 55 qkm mitgeschrieben. Ich besuchte die Vorlesung des Buch-Autors Walter Sauer und er erwähnte 14 qkm österreichische Besitzung.


    Ich habe noch nie etwas von einem österreichischen Schutzgebiet in China gelesen oder gehört. In der Edition Cathay, Bd. 47, ist das Buch "Qingdao - Chinesen unter deutscher Herrschaft 1897-1914, erschienen (Autor HUANG Fu Teh). Dort ist eine öst. Besitzung nicht erwähnt.


    Im übrigen - siehe meinen ersten Beitrag - müßte es ja dann Post der dort stationierten Verbände, Dienststellen, Einrichtungen, Kaufleute geben, die man in den einschlägigen postgeschichtlichen Spezialwerken dann besprochen und bewertet hätte. Fehlanzeige!

  • Zitat

    Original von DonBasilio
    [Österreich erhielt Tsingtao, das bis 1916 österreichische Kolonie blieb und von dort auch das bekannte Bier stammt, das von den Österreichern dorthin gebracht wurde und später von den Chinesen übernommen wurde]

    Tsingtao-Bier


    Hallo Joschi,


    erst einmal herzlichen Dank für Deine Ausführungen zum Japan der Jahrhundertwende (bin ja auch sehr Nihon-phil)!


    Zum vorher diskutierten Auszug: mein Bruder war heuer 6 Monate in Tsingtao für ein Auslandssemester (da sieht man, wie unterschiedlich wir sind :D ) und hat dort aber auch kein einziges Wort von einem österreichischen Gebiet gehört. Die ominöse Brauerei besichtigte er auch - sie wurde wohl (auch) auf Antrieb unseres preußischen Kaisers gegründet, um das Kolonialleben erträglicher zu machen und Zivilisation zu bringen. Wer genau sie nun gründete konnte er mir nicht mehr sagen, allerdings schwört er, dass es kein Österreicher war... :angel:
    Meine Eltern haben uns auch mal einige Flaschen aus ihrem Chinaurlaub mitgebracht und auch eine Geschichte vom deutschen Bier mitgeliefert und sämtliche gesichtete Internetquellen schlagen in die gleiche Kerbe.
    Geh mal auf die Seite, von der Du das Foto hast "http://www.tsingtaobeer.co.uk/home.htm" und dann auch History: da steht was von deutschen (und britischen) Gründern...


    Nichts für ungut - Ihr könnt ja nicht alles ins Rollen gebracht haben. Lasst uns das böse (und gleichzeitig auch lächerlich ambitionierte) Kolonialreich sein, den Auslöser für den 1. WK lassen wir Euch :D :stumm: :pfeif: :untertauch:


    :hello:
    Stefan

    Viva la libertà!

  • Zitat

    Original von Barezzi
    Die ominöse Brauerei besichtigte er auch - sie wurde wohl (auch) auf Antrieb unseres preußischen Kaisers gegründet, um das Kolonialleben erträglicher zu machen und Zivilisation zu bringen.


    (Pedantenmodus an) Es gibt keinen preußischen Kaiser, nur einen König. Wilhelm II. war zugleich König von Preußen und Deutscher Kaiser. (Pedantenmodues aus)


    Das Tsingtauer Bier kann man hier übrigens in den meisten Asienläden problemlos kaufen, schmeckt wie Kölsch, also nach Limonade :D

  • Zitat

    Ihr könnt ja nicht alles ins Rollen gebracht haben.


    Hab ich auch nie gesagt.


    Zitat

    Auslöser für den 1. WK lassen wir Euch


    Na das waren aber schon die Serben. :boese2: :D :untertauch:


    LG joschi

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  • Zitat

    Original von Robert Stuhr
    Das Tsingtauer Bier kann man hier übrigens in den meisten Asienläden problemlos kaufen, schmeckt wie Kölsch, also nach Limonade :D


    Das Bier ist tatsächlich schmackhaft. Wenn ich Gäste hätte, die auf Frauen-Biere wie Becks Gold oder derartiges stehen, würde ich ihnen lieber Tsingtao servieren. (die Marke heisst noch so, die Stadt würde man aber heute nach der international verbreiteten Transkription Quingdao schreiben)

  • Jetzt schalt ich auch noch ein letztes Mal den Korinthi-Modus an ;)


    Zitat

    Original von Robert Stuhr
    (Pedantenmodus an) Es gibt keinen preußischen Kaiser, nur einen König. Wilhelm II. war zugleich König von Preußen und Deutscher Kaiser. (Pedantenmodues aus)


    Wollte damit nur zum Ausdruck bringen, dass ein Baier diesen Demel-Preißn nie als seinen Kaiser betrachten würde (jedenfalls ich nicht) und wenn er schon einer war dann nur da oben :P



    Zitat

    Original von ThomasBernhard
    Das Bier ist tatsächlich schmackhaft. Wenn ich Gäste hätte, die auf Frauen-Biere wie Becks Gold oder derartiges stehen, würde ich ihnen lieber Tsingtao servieren. (die Marke heisst noch so, die Stadt würde man aber heute nach der international verbreiteten Transkription Quingdao schreiben)


    Die verbreitetste Version sollte eigentlich Qingdao sein :untertauch:


    :hello:
    Stefan

    Viva la libertà!

  • Zitat

    Original von ThomasBernhard


    Richtig, Asche auf mein Haupt. Gesprochen dann etwa Dschingdao (ja?)


    Ja, so in etwa (soweit ich mich erinnern kann hört man das "d" so gut wie gar nicht (z.B. i.V.z. dem italienischen "g" vor "i" und "e") und "q" kommt einem ungewöhnlichen "sch" recht nahe) - denke, dass ein Europäer das sowieso nie richtig hinbekommt; habe auch eine chinesische Schülerin, deren Namen man schon beim Hören nicht richtig abspeichern kann (geschweige denn reproduzieren)... :rolleyes:
    Da bringt es einem auch nichts, dass die Grammatik so schön einfach wäre - es versteht einen einfach keiner! :D


    Zitat

    Original von Michael Schlechtriem


    Ja, stimmt.
    Übrigens schön, mal nicht lesen zu müssen, Deutschland hätte den 1.Weltkrieg ausgelöst bezw. begonnen. :untertauch:


    Da ich schon (Freudscher Verleser? :angel:) „gewonnen“ gelesen habe ist es wohl doch Zeit, jetzt langsam in die Heia zu gehen…
    :faint: :angel:


    :hello:
    Stefan

    Viva la libertà!

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  • Um wieder zum Japan-Thema zurückzukommen:


    Die Gesellschaft der Musikfreunde in Wien
    zeigt bis 20.12. folgende Ausstellung:


    Geschichte einer Leidenschaft
    450 Jahre Europäisch-Japanische Musikbeziehungen


    Für alle Japaninteressierten in Wien und Umgebung sicherlich eine hochinteressante Sache.


    LG Joschi


  • Vollkommen korrekt!


    Da es hier um meinen Namensgeber Kaiser Joseph II. geht, muß ich mich ja doch mal dazu melden. ;)


    Bedauerlicherweise hatte Joseph II. innenpolitisch genug Schwierigkeiten (grad 1784/85 gab es ja diese Verordnung der wiederverwendbaren Klappsärge, die er aber sehr bald zurücknehmen mußte :D), so daß er nicht groß Kolonialpolitik betreiben konnte.


    Viele der von Dir genannten kolonialen Ambitionen Östereich(-Ungarn)s im 19. Jahrhundert kannte ich selbst nicht. Ich fragte mich auch immer, wieso sich Franz Joseph 1884/85 nicht an der Aufteilung Afrikas aktiv beteiligte - vielleicht realpolitische Weitsicht? Schließlich kosteten die allermeisten Kolonien ja dem Mutterland mehr, als sie einbrachten (prominenteste Ausnahme war Indien).


    :hello:

    »Und besser ist's: verdienen und nicht haben,

    Als zu besitzen unverdiente Gaben.«

    – Luís de Camões


  • Joseph II. hatte aber auch nicht wirklich interesse an den Kolonien, Maria Theresia war die treibende Kraft hinter der 2. ÖOIK, als sie dann pleite ging, war Joseph ziemlich erleichtert.


    Franz Joseph hatte schlichtweg kein Geld, da die Modernisierung Triests irrsinnig geldaufwändig war. Österreich beschloss zunächst sich gen Osten zu richten und dort zu expandieren (was man ja auch tat).
    Später dann war man doch an Afrika interessiert (man wollte z.B.den Rio d´Oro von den Spaniern kaufen, auch wenn die nicht verkaufen wollten :D), aber dann spielten innenpolitische Differenzen (starke Triestlobbys) gegen ihn.


    Österreich unterzeichnete jedoch jede Kolonialgebietserweiterung der anderen Nationen gemäß den Richtlininen der Berliner Konferenz.


    Franz Josephs Bruder, Erzherzog Ferdinand Max (der spätere Kaiser von Mexiko) war ein glühender Kolonienfan, der ua Aden und die Nicobaren erobern wollte und auch im Kongo seine Finger im Spiel hatte.


    Aber dazu später mehr.


    LG joschi