Haydn, Joseph: Symphonie Nr. 24 D-dur

  • Joseph Haydn: Symphonie Nr. 24 D-dur


    Entstanden 1764 für den Fürsten Esterhazy.


    Vier Sätze:
    1. Allegro
    2. Adagio
    3. Menuetto
    4. Finale: Allegro


    Besetzung: Flöte, 2 Oboen, 2 Hörner, Streicher.


    Da mir leider keine Partitur vorliegt, gibt’s nur Höreindrücke:


    Der Kopfsatz (4/4 Takt) ist ein zwar frohsinniger, aber durchaus dramatischer Sonatensatz, der gleich mit dem markant-selbstbewußt wirkenden Hauptthema anhebt - vorgetragen im forte von Oboen und Hörnern. Dem Hautthema wird ein entspannteres schreitendes 2. Thema zur Seite gestellt. In der Durchführung, die in einer von motorisch vorwärtsdrängenden Streicherläufen bestimmten Passage einen dramatischen Höhepunkt gewinnt, arbeitet Haydn mit starken dynamischen Kontrasten. Nach einer Generalpause setzt die Reprise mit der Wiederaufnahme des Hauptthemas ein – allerdings überraschend im piano und außerdem in moll. Erst nach und nach setzt sich wieder der selbstbewußte Charakter der Exposition durch. Sowohl für Exposition als auch für Durchführung/Reprise sind Wiederholungen vorgeschrieben.


    Das an zweiter Stelle stehende, ebenfalls gradtaktige Adagio ist ein überaus lyrisch-aparter Satz, über die gesamte Länge bestimmt von einer solistisch geführten Flöte, die ausschließlich von den Streichern dezent begleitet wird. Der Satz erinnert an den Charakter der Mittelsätze galanter Konzerte für Traversflöte und Streichorchester.

    Das Menuet ist im Ausdruck recht rustikal, fast ein wenig hemdsärmelig. Hier dialogisieren abwechselnd einerseits (von den Streichern begleitet) Hörner und Oboen, dann andererseits Bläsergruppe und Streichergruppe. Im ländlerhaft-milden Trio wird die Flöte erneut solistisch eingesetzt.


    Das Finale, wie der Kopfsatz ein Sonatensatz im 4/4 Takt, nimmt wieder die Dramatik des Kopfsatzes auf. Es beginnt mit dem in einem gespannten piano vorgetragenen Thema, das sich dann in einer Wiederholung den Weg zum forte bricht. Dieses kantige Gegeneinander von gespannt-zurückgehaltenen Passagen mit solchen, die im forte hervorbrechen, bestimmt den Charakter des ganzen Satzes, der zwar atemlos voranstürzt, aber aufgrund seiner inneren Dramatik nicht so recht als bloßer Kehraus zu werten ist. Auch hier werden Exposition und Durchführung/Reprise wiederholt.



    An Aufnahmen besitze ich Goodman (Hanover Band) und Hogwood (Academy of Ancient Music) sowie Fischer (Brilliant Box). Letzteren habe ich in diesem Falle allerdings bisher in der Kiste gelassen. Die Einspielungen von Goodman und Hogwood finde ich ziemlich gleichwertig. In den Zeiten unterscheiden sie sich in Kopfsatz und Menuet kaum, im Adagio ist Hogwood eiliger unterwegs (3:50; Goodman: 4:48 ), im Finale Goodman (4:14; Hogwood: 4:45). Hoogwood geht die Sache insgesamt etwas entspannter an, bereits der erste Satz gewinnt bei ihm eine deutlich lyrischere Dimension als bei Goodman, der wesentlich stärkere und teilweise auch harte Akzente setzt. Ist aber beides in seiner Art durchaus überzeugend. Im zweiten Satz gefällt mir die zügigere Gangart Hogwoods deutlich besser. Im Menuet ist Goodman derber, Hogwood wirkt tänzerischer. Im Finale dann ist Goodman IMO ziemlich überlegen: das ist bei ihm zwingend motorisch musiziert und einfach spannender, während Hogwood hier IMO zu sehr versucht, die Musik in Richtung des Lyrisch-Galanten zu interpretieren und dabei die der Musik innewohnende Spannung glattgeschliffen wird.


    Viele Grüße,
    Medard

  • Hallo, Medard,


    Zitat

    Original von Klawirr
    Der Kopfsatz (4/4 Takt) ist ein zwar frohsinniger, aber durchaus dramatischer Sonatensatz, der gleich mit dem markant-selbstbewußt wirkenden Hauptthema anhebt - vorgetragen im forte von Oboen und Hörnern. Dem Hautthema wird ein entspannteres schreitendes 2. Thema zur Seite gestellt. In der Durchführung, die in einer von motorisch vorwärtsdrängenden Streicherläufen bestimmten Passage einen dramatischen Höhepunkt gewinnt, arbeitet Haydn mit starken dynamischen Kontrasten. Nach einer Generalpause setzt die Reprise mit der Wiederaufnahme des Hauptthemas ein – allerdings überraschend im piano und außerdem in moll.


    Daß die Reprise dann in d-moll (so stehts im Reclam) einsetzt, ist sicher sehr ungewöhnlich; IMO ein weiteres Sturm-und-Drang-Charakteristikum (welche sich ja in den 20er-Symphonien durchaus häufen).
    Die Piano/Forte-Kontraste des 1. Satzes kommen ja dann im Finale wieder, das ich aber nicht so überzeugend und interessant finde wie den 1. Satz.
    Eher unter ferner liefen sind für mich dann die Studie für ein nie zustande gekommenes Flötenkonzert und das Menuett.


    Viele Grüße,
    Pius.

  • Hallo Pius,


    Zitat

    Original von Pius
    Daß die Reprise dann in d-moll (so stehts im Reclam) einsetzt, ist sicher sehr ungewöhnlich; IMO ein weiteres Sturm-und-Drang-Charakteristikum (welche sich ja in den 20er-Symphonien durchaus häufen).


    Das sehe ich auch so. Allerdings ist der Charakter des 1. Satzes für mein Empfinden insgesamt leichter und lichter als es die Kopfsätze der meisten richtigen Sturm-und-Drang-Sinfonien sind.


    Zitat

    Die Piano/Forte-Kontraste des 1. Satzes kommen ja dann im Finale wieder, das ich aber nicht so überzeugend und interessant finde wie den 1. Satz.


    Aber der Satz hat schon Potential, wie ich finde. Hängt vielleicht auch von der Interpretation ab, ob dieses Potential ausgeschöpft und vermittelt wird. Ich weiß ja nicht, welche Einspielung Du gehört hast - ich vermute mal Fischer, weil Du den auch bei der 23. zugrunde gelegt hattest. Die Fischer-Aufnahme habe ich, wie schon gesagt, noch gar nicht gehört. Bei Goodman jedenfalls hat das Finale ordentlich Energie und weiß zu fesseln, während es bei Hogwood ein wenig neutral-gefällig daherkommt.


    Zitat

    Eher unter ferner liefen sind für mich dann die Studie für ein nie zustande gekommenes Flötenkonzert und das Menuett.


    Beide Sätze sind sicherlich keine besonders herausragenden Exemplare Haydnscher Mittelsätze, wobei ich das Menuet in seiner derb-rustikalen Art schon ganz ansprechend finde. Das Flöten-Adagio wirkt allerdings auch auf mich ein wenig ausgeborgt - wenn es aber einigermaßen zügig angegangen wird (bei Hogwood etwa), ist es sehr apart...


    Viele Grüße,
    Medard

  • Die Sinfonie Nr 25 überzeut (mich) auf ganzer Linie. Vor allem die ersten durch Hörner geprägten Takte. Ich empfinde diesen Satz nicht so radikal dramatisch wie oft beschrieben, sondern vor allem die ersten beiden Minuten, zwar kräftig, aber auch höfisch elegant.

    Das mag zu einem gewissen Teil auch an der Interpretation liegen, die ich diesmal als Hörquelle genutzt habe. Es ist die die Aufnahme mit "Cantilena" unter Adrian Shepherd.



    Leider ist der Dirigent inzwischen verstorben und das Ensemble existiert ebenfalls nicht mehr.

    Dieses Kammerorchester hatte einen unvergleichlich lieblichen Ton - nicht schrill, nicht sperrig, nicht dramatisch, nicht spritzig oder analytisch durchsichtig, sonderen einen fast unverwechselbaren Eigenklang mit einer ganz leisen Tendenz zum "Süsslichen".


    Im Vergleich dazu habe ich mir ein weiteres meiner Lieblingsorchester angehört, welches einige Grade fester zupackt und eine anderes Klangbild etzeugt, die ausgeprägte Eleganz ist nicht mehr vorhanden.


    Der zweite Satz besticht mit seinem Flötensolo und wirkt als Ruhepol dieser Sinfonie.


    "Rustikale" Sätze - wie hier der 3. kommen meinem Geschmack ebenfalls entgegen.


    Der 4. Satz kommt wieder dem "handfesten" ersten Satz näher, erreicht aber IMO nicht dessen prägende Eindringlichkeit.


    mfg aus Wien


    Alfred

    Wenn ich schon als Vorbild nicht tauge - lasst mich wenigstens ein schlechtes Beispiel sein !