Paganini - Violinkonzerte

  • Hallo liebe Klassikfreunde,


    ich spare mir das (sonst immer sehr schöne, aber in diesem Fall wohl nicht notwendige ;)) Drumherum und frage gleich rundheraus:


    Könnt Ihr mir helfen? Ich suche eine schöne Aufnahme der Violinkonzerte, vornehmlich das 1. und 2. Ich tendiere zu Itzhak Perlman oder Maxim Vengerow (der aber anscheinend nur das 1. eingespielt hat), bin aber offen für jeden Vorschlag.


    Würdet Ihr vielleicht freundlicherweise kurz in Eure Sammlungen schauen und mir das Ergebnis mitteilen?


    Freudig auf Vorschläge hoffend…
    … Cosima

  • Hallo Cosima,


    für Paganini gibt es die Standardmedizin: Michael Rabin (ich hoffe, er ist zur Zeit erhältlich). Alles andere ist mehr oder weniger brauchbare Zweitversion. ;)



    Ciao

    Ciao


    Von Herzen - Möge es wieder - Zu Herzen gehn!


  • Sagitt meint:


    Rabin war in der Tat immer die Referenz, auch für Geiger wie Perlman, der sich zB an der Aufnahme der Paganini-Capricen von Rabin orientiert hat. Erstaunlicherweise gibt es nurä- verschiedene- Aufnahmen des ersten Konzerts. Leider- denn sein Geigenspiel war einmalig virtuos.
    Das zweite Konzert mit seinem berühmten dritten Satz- Campanella- wird sehr brauchbar von Accardo gespielt, der alle Konzerte eingespielt hat.

  • Herzlichen Dank an Euch beide :)!


    Der Herr Accardo soll es denn sein – ich bin sehr gespannt, weil ich noch nie etwas von ihm hörte.


    Gruß, Cosima

  • Hallo Cosima,
    Hallo Rest der Welt



    Zunächst mal: Accardo ist sicher eine gute Wahl in Sachen Paganini. Du hast wahrscheinlich deshalb noch nichts von ihm gehört, weil er, obwohl er auch anderes eingespielt hat, vorwiegend mit Paganini in Zusammenhang gebracht wird, er hat etliche Einspielungen für diverse Label vorgelegt.


    Eher eine Aussenseiteraufnahme dürfte jene die der ungarische Geiger Ernö Rózsa für Naxos gemacht hat (Er spielt die Konzerte Nr 3 und vier, versehen mit eigenen Kadenzen) Das begleitende Orchester und der Dirigent sind Standard. Ich erinnere mich aber, daß mir die CD, als ich sie kaufte äusserst gut gefiel, sie war eine Überraschung, damit meine ich den Solopart.


    (Vielleicht besitzt sie noch jemand hier und kann näheres dazu sagen)


    Obwohl im heutigen Thema wahrscheinlich ziemliche Übereinstimmung herrscht, daß man mit Accardo in Sachen Paganini sicher nichts falsch machen kann, empfiehlt es sich allgemein aber, etwas länger auf Antworten zu warten, bevor man seine Entscheidung trifft. Oft kommen interessante Antworten erst ein oder zwei Tage später, weil ein Mitglied sein Urteil, das es sich über eine CD vor 4 Jahren gemacht hat, einer Überprüfung unterziehen will, bevor es eine Empfehlung ausspricht bzw. postet.


    Freundliche Grüße aus Wien


    Alfred

    Wenn ich schon als Vorbild nicht tauge - lasst mich wenigstens ein schlechtes Beispiel sein !



  • Zitat

    Original von Alfred_Schmidt
    ... empfiehlt es sich allgemein aber, etwas länger auf Antworten zu warten, bevor man seine Entscheidung trifft.


    Das ist wahr, lieber Alfred. Heute war jedoch erstens wieder jpc-Tag (leider war keine Aufnahme von Accardo vorrätig) und zweitens interessiert mich dieser Violinist nun doch sehr. Deshalb meine rasche Entscheidung - was aber keineswegs bedeuten soll, dass ich mich nicht mehr über weitere Hinweise freuen würde.


    Über das von Dir erwähnte 3. und 4. Violinkonzert mit Ernö Rózsa las ich auch einiges an positiven Kritiken. Ich bin gespannt, ob diese CD sich in einer weiteren Sammlung der hier Anwesenden finden wird und natürlich wie die Meinung darüber ausfällt.


    Freundliche Grüße aus Göttingen,
    Cosima

  • Hallo und guten Tag,


    inzwischen habe ich mir die Accardo-Aufnahme des 1. Violinkonzertes zugelegt und kann mich kaum davon losreißen: der Herr Accardo vermag fürwahr, ein rasantes Feuerwerk an Temperament und Virtuosität zu entfachen.



    Violinkonzert Nr. 1
    +Sonata Napoleone;I Palpiti;Perpetuela
    Accardo, London PO, Dutoit (DGG)


    Interessant war für mich daneben auch, so deutlich den Unterschied zwischen einem „normalen“ Violinkonzert mit seinem üblicherweise gesamtkompositorischen Anspruch und einem „Virtuosenkonzert“ zu hören. Soll heißen: Der Herr Paganini war ja bekannt für seine geigerischen Hexenkünste, und natürlich war ihm daran gelegen, eben dieses unglaubliche Können in seinen Werken in den Vordergrund zu rücken. Das Orchester scheint deswegen eher eine Nebenrolle zu spielen, dient eher als Untermalung denn als Ergänzung.


    Nichtsdestotrotz fehlen nun noch immer das 2. Violinkonzert bzw. die weiteren. (Das 2. von M. Rabin habe ich bislang nicht finden können.)


    Außerdem ist mir etwas Merkwürdiges bei meiner Suche aufgefallen:


    Dieses 3-er-CD-Set wird bei jpc für EUR 5,99 angeboten (Label: Brillant 1991-94):



    Paganini, Violinkonzerte Nr. 1-6
    Dubach, Monte-Carlo PO, Foster, Sasson



    Bei Amazon ist das (scheinbar?) gleiche CD-Set (Label allerdings: Claves 1997) für EUR 43,99 erhältlich.


    Kann das jemand aufklären bzw. kennt jemand diese Aufnahmen?


    Gruß, Cosima



    Nachtrag:


    Noch eine Frage: :)


    Hat schon jemand etwas von Ingolf Turban gehört? Er spielte u.a. das 2. und 4. Violinkonzert ein. Die im Internet zu findenden Rezensionen klingen durchweg recht positiv.



    Paganini, Violinkonzerte Nr. 2 & 4
    Ingolf Turban, WDR RO Köln, Shambadal (Telos)

  • Hallo Cosima,


    es passiert öfter, daß einzelne Aufnahmen oder Zyklen in Lizenz neu und erheblich günstiger auf den Markt gebracht werden. Gerade das Label "Brilliant" verfährt nach diesem Prinzip. Zum Beispiel kann man den Mahler-Zyklus unter Inbal, der vor ein paar Jahren bei Denon noch zum Vollpreis erhältlich war, für einen "Appel und ein Ei" kaufen.


    Bei 5,99 € würde ich nicht lange überlegen, selbst auf die Gefahr hin, eine Aufnahme doppelt zu besitzen... ;)

    Grüße aus der Nähe von Hamburg


    Norbert


    Das Beste in der Musik steht nicht in den Noten.

    Gustav Mahler


  • Zitat

    Original von Norbert
    Bei 5,99 € würde ich nicht lange überlegen, selbst auf die Gefahr hin, eine Aufnahme doppelt zu besitzen... ;)


    Hallo Norbert,


    selbstverständlich hast Du Recht, so sagt mein Verstand – aber es ist wirklich schlimm mit mir: Es geht mir ja nicht um die knapp 6 Euro, ich bin auch nicht geizig oder verarmt o.ä. Aber ich möchte meine Sammlung (das schrieb ich hier schon an anderer Stelle) eigentlich so klein wie möglich halten (was aber zunehmend schwieriger wird :D). Ich brauche den Überblick… ist halt ein Spleen von mir. Deshalb überlege ich lieber 10-mal hin und her, höre in zig Aufnahmen hinein, bevor ich mich zu irgendetwas entschließe. Naja, ich bin ansonsten im Leben entschlussfreudiger :].
    Außerdem habe ich eigentlich eine Abneigung gegen solche „Sets“, lasse mich nur in Ausnahmefällen zum Kauf hinreißen. Tja, ich bin halt sehr eigen. Du siehst: solch eine Investition will wohl überlegt sein.


    Ansonsten: Danke bzgl. der Aufklärung in Sachen „Lizenzen“ – ich hätte nicht angenommen, dass die Preisunterschiede so gravierend ausfallen können.


    Schönen Sonntag
    wünscht Cosima

  • Hallo,


    nur kurz zu der Drei-CD-Box: Angesichts des Spottpreises ist diese CD schon zu empfehlen, wie schon Norbert schon sagte.


    Ich habe seit kurzem diese Box und war eigentlich aufgrund des geringen Preises auf das Schlimmste vorbereitet. Musikalisch und soundtechnisch sind diese Aufnahmen aber TADELLOS, da gibt es überhaupt nichts auszusetzen. Ich bin kein Paganinikenner und habe auch keine Vergleichscds, jedoch stellt mich die Aufnahme sehr zufrieden. Ich hätte jetzt im Nachhinein auch gerne das doppelte dafür gezahlt.
    Keine Ahnung wie Referenzkonzerte klingen würden, hätte mir im Vorfeld jedenfalls jemand gesagt, dass dies Referenzmaterial sei, ich würde ihm wahrscheinlich nach wie vor glauben.
    Vielleicht übertreibe ich ein wenig, für Paganinifans ist diese Box jedenfalls auf jeden Fall eine Bereicherung für diesen Preis.
    Mir gefällts, obwohl ich sonst nur "ältere" Musik höre.

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  • hallo,


    es sei mir verziehen, dass ich hier auch etwas schreibe. diesen thread kannte ich bis dato nicht und würde ganz spontan schreiben.


    die ersten beiden violinkonzerte sind vom thematischen material mit abstand die besten aus der serie, dabei würde ich vom kompositorischen handwerk das erste sogar noch vorziehen. tatsächlich gehören diese paganini-konzerte neben den violinkonzerten vivaldis aus l'estro harmonico' zu den ersten bewussten kontakten mit 'klassischer musik', die ich hatte (12 jahre). mein vater hörte sie ständig im auto. so lieh ich mir seine mc's aus und kaufte sie sogar mit meinem taschengeld. die beiden pagini-konzerte hatte ich mit shmuel ashkenasi und einem der londoner orchester von der DG. eine fulminante einspielung des damals sehr jungen israelischen wettbewerbgewinners. shmuel ashkenasi ist nun übrigens der primargeiger des niederländischen vermeer-quartetts.


    mein bruder besorgte sich einige jahre später sämtliche konzerte und die capricen mit salvatore accardo, ebenfalls DG. die sind natürlich schon alleine klangtechnisch besser als die älteren aufnahmen mit ashkenasi. geigerisch perfekt. außerdem merkt der hörer, dass accardo die konzerte nicht aus dem grunde spielt, weil sie das technische rüstzeug bloslegen, sondern weil er sich damit identifiziert und spaß am spiel hat.


    salvatore accardo kann übrigens auch j.s. bach wunderbar interpretieren. ich habe seine einspielung der sonaten und partiten aus den 70er jahren (philips). stilvoll, warm und mit makelloser intonation.


    spaß an paganini hat auch itzhak perlman. seine aufnahme des 1. konzertes ist furios und kann sich mit derjenigen rabins gut messen. sie ist aufnahmetechnisch differenzierter. in der perlman-edition ist das konzert gekoppelt mit sarasates zigeunerweisen und carmen-fantasie. absolut empfehlenswert.



    b
    gruß, siamak

    Siamak

  • Hallo allerseits,


    nur als kleine Ergänzung: Die o.g. Ingolf Turban-CD war zwischenzeitlich auch in meinem Besitz (es gab sie seinerzeit als kostenlose Zugabe für ein FF-Abo). Ich fand sie jedoch gegenüber der Accardo-Aufnahme so schlecht, dass ich sie weiter verkaufte. Also definitiv keine Empfehlung von meiner Seite.


    Gruß, Cosima


    P.S.: Das 2. Violinkonzert fehlt mir übrigens immer noch.

  • Für mich gibt es nur zwei Geiger mit denen ich Paganinkonzerte hören kann. Ivry Gitlis hat Nr. 1 und 2 eingespielt. Und dann natürlich Franco Gulli: Beide leider - zumindest in Deutschland - vollkommen unbekannt. Gulli ist vor einigen Jahren gestorben. Er war ein Grandseigneur auf seinem Instrument von der Noblesse eines vornehmen italienischen Aristrokraten. Und so war auch sein Spiel. Von unglaublicher Feinheit und tiefen Empfindung. Eine wunderbare Einspielung von ihm ist die des 5. Paganinikonzertes. Ob sie noch zu bekommen ist, weiß ich nicht.


    Gitlis ist dann das krasse Gegenbeispiel. Wenn ich Gitlis mit der Sauret Kadenz (D-Dur Konzert) höre, fliegen mir jedes Mal die Ohren weg. Unfaßbar, was er da abzieht. Die entfesselte Extase, Tanz auf dem Vulkan. Einfach genial. Und das tolle ist, der alte Knabe spielt so etwas immer noch mit seinen 83 Jahren.


    Zitat von Theophilus
    für Paganini gibt es die Standardmedizin: Michael Rabin (ich hoffe, er ist zur Zeit erhältlich). Alles andere ist mehr oder weniger brauchbare Zweitversion.


    Das kann ich nicht unterschreiben. Gewiß, Rabin war ein großer Geiger, aber mir ist das alles zu schön und zu geleckt. Genau dasselbe mit Accardo. Ich bevorzuge Geiger, die mit dem Instrument sprechen. Da muß es nicht immer schön und sauber sein. Musik ist Leben und für mich ist es unnatürlich, wenn sie auf Kriterien wie schön, sauber, perfekt, reduziert wird. Das ist eine sehr bedenkenswerte Entwicklung in den letzten Jahrzehnten. Sicher auch bedingt durch die Schallplatte / CD. Dadurch, daß mann alle falschen Töne, die auch bei großen Interpreten hin und wieder anfallen, wegradieren kann, sind wir im Konzeretsaal natürlich mittlerweile auf "Perfektion" geeicht. Ich höre lieber mal ein paar Fehler, wenn ich spüre, daß da jemand um sein Leben spielt und eine künstlerische Aussage trifft, ohne Rücksicht auf Verluste. Dafür steht für mich eben vor allem Gitlis. Sein Lifemitschnitt (Debut in USA) mit dem Sibelius Konzert in der Carnegie Hall (George Szell Dir) ist auch ein Beispiel für diese künstlerische Haltung. Wie oben schon beschrieben, Tanz auf dem Vulkan.


  • Davon bin ich voll begeistert. Soundqualität und Spieltechnik einwandfrei, Perlman'sche Tiefe braucht man bei Paganini sowieso nicht ;) aber eigentlich gibt's auch da nichts auszusetzen.


    Wie gesagt, die Technik ist einwandfrei und alles ist überdurchschnittlich sauber und klar gespielt, was bei Paganini ja - bei den höhen Tönen - sehr wichtig ist.
    Daher spielt auch die Aufnahmequalität eine große Rolle, es ist schlimm wenn die Violine matt klingt oder störende Nebengeräusche die Solostellen verderben - das ist hier nicht der Fall. Tolle Aufnahme, nur zu empfehlen, bei dem Preis!

    "Das Große an der Musik von Richard Strauss ist, daß sie ein Argument darstellt und untermauert, das über alle Dogmen der Kunst - alle Fragen von Stil und Geschmack und Idiom -, über alle nichtigen, unfruchtbaren Voreingenommenheiten des Chronisten hinausgeht.Sie bietet uns das Beispiel eines Menschen, der seine eigene Zeit bereichert, indem er keiner angehört." - Glenn Gould

  • Hallo,


    also, wenn du bis jetzt das erste Violinkonzert hast, kann ich dir trotzdem noch diese CD empfehlen:

    Da sind eben alle sechs Violinkonzerte aufgenommen, aber sehr gut gespielt.
    Auch von Accardo.


    lG

    Disco, oida ;)

  • Ich weiß nicht, ob wir Geiger hier in unseren Reihen haben: meines Wissens gilt Paganini für Geiger als reiner Horror, zumal er die Methode, wie man ihn spielt, absichtlich mit ins Grab genommen haben soll, was man bei Liszt für Pianisten nun wirklich nicht sagen kann.

  • Zitat

    Original von Michael
    Ich weiß nicht, ob wir Geiger hier in unseren Reihen haben: meines Wissens gilt Paganini für Geiger als reiner Horror, zumal er die Methode, wie man ihn spielt, absichtlich mit ins Grab genommen haben soll, was man bei Liszt für Pianisten nun wirklich nicht sagen kann.


    Lieber Michael,


    wenn ich Julia Fischer glauben darf, ist das nicht so: "Paganinis Werk bietet alles, was man braucht, um das Publikum zu beeindrucken. Manches klingt wahnsinnig schwer, ist aber in Wirklichkeit leicht. Die Pizzicati der linken Hand [in op. 1,24] zum Beispiel sind eine recht einfache Technik, wirken aber unglaublich virtuos. [...] Paganinis Musik ist immer geigerisch geschrieben. Er lässt die Geige und den Geiger gut und elegant aussehen und klingen. Und schließlich: Wenn man Paganinis technische Schwierigkeiten einmal bewältigt hat, dann kann man sie, sie bleiben in den Fingern. Andere Komponisten muss man immer wieder üben." (Julia Fischer: Virtuosenfutter. Partituren 5, 2005, S. 5)


    LG Peter

  • Vielen Dank Peter.
    Ich kam auch nur darauf, weil eine Geigerin, die das Abschlussdiplom in Geige machte, mir sagte, Paganini sei ein harter Brocken, was man so von Liszt nicht sagen kann, da es bei ihm eine reine Frage der Zeit ist, bis man ihn kann (mit viel üben natürlich), und er sich weit schwieriger anhört, als er ist, was auch die Bewunderung Liszts für Paganini erklären würde, wie du es sagst. Wieder was dazugelernt, Peter, danke.


    PS: bei Liszt würde ich meinen, daß man über eine korrekte Technik verfügen muss, um seine akrobatischen Werke spielen zu können, aber die braucht man für Bach auch.