Noch ein aus einer Abzweigung gewonnener Thread. Diesmal war es eine Bemerkung in dem Thread Gespenster, Fantasmi und Phantome - Sprachstrukturen und die Musik , der eigentlich der Korrelation von Sprache und Erfolg gewidmet war, die diese interessante Diskussion anstieß, die wir hier fortsetzen sollten. J.R. II
Zitatvon Rideamus
Undeutlich bleibt dann aber, warum Lully & Co. auch in Frankreich eine Sache für Spezialisten geblieben sind, ebenso wie Keiser und Telemann bei uns und die meisten Barockopern sogar in Italien, deren Sprachen uns vielleicht näher und verständlicher sind.
Als erste mal gilt: Was der Bauer nicht kennt, das frist er nicht.
dann an zweiter Stelle kommen die Vorurteile und die gezielte negative Aura, die von der "Musikwissenschaft" des 19. Jahrhunderts um die angesprochenen Komponisten gelegt wurde.
Die "Musikwissenschaft" des 19. Jahrhunderts, vor allem die Bach Biographen und Forscher (A. Schweitzer u.a) ließen kein gutes Haar an Telemann oder Keiser, da gab es eine systematische Defamierung um Bach besser da stehen zu lassen, um aus ihm das Übergnie, den Gottvater der westlichen Musik zu machen.
Zitate:
Carl von Winterfeld schrieb über die Werke Telemanns
Zitat...der zugrundeliegenden Text als flach und pathetisch, als „ermüdende[s] Einerlei“. Weiterhin bezeichnete er Telemanns Werk als „leicht und schnell hingeworfen“, den Ausdruck der geistlichen Vokalwerke als fehlerhaft und der Kirche unwürdig:
„Ein unverkennbares Talent hat bei wirklichem Erfolge hier offenbar nur das Abgeschmackte geleistet und durch glänzenden Beifall der Zeitgenossen sich hinlänglich entschädigt gehalten, der jedoch das Widersinnige nimmer rechtfertigen kann“
Otto Lindner:
Zitat„keine künstlerischen Schöpfungen sondern Fabrikwaare“
und weitere Texte, die ich bei Wikipedia gefunden habe, die gleich zeigen, wie man überhaupt über die Musik dieser Epoche dachte:
ZitatAlles anzeigen"Die Kirchenmusik nach dem Tode Bach’s verflachte unsäglich, nicht er und Händel waren die Vorbilder, denen man nachstrebte, sondern Telemann und noch mehr Graun und Hasse; Einflüsse der italienischen Oper paarten sich mit rein conventionell gewordenem Contrapunct zu einer Mischung von Sinnlichkeit und Trockenheit, die Formen erstarrten, weil nichts vorhanden war, wodurch sie von innen heraus Trieb und Leben bekommen hätten. […] nach Bach beginnt die Instrumentalmusik jene objective Hingabe an den Ton und seinen naturmässig ihm innewohnenden allgemeinen Poesie- und Empfindungsgehalt […] zu opfern.“
„…allein da sein [Telemanns] Talent für das Großartige wenig ergiebig war, so bleibt er auch hier im Alltäglichen sitzen, oder bringt es mit der krampfhaften, stimm- und chorwidrigen Gesangsbehandlung […] nur zur Carricatur. […Die Komposition fällt] gänzlich ab gegen die hohe Originalität und quellende Frische der Bachschen Musik.“
„Die directe Verbindung, welche in Telemanns Person zwischen Oper und Kirche hergestellt war, übte sofort ihren unheilvollen Einfluß […] Telemann, Fasch und andre productive Zeitgenossen waren flachere Talente und insofern bietet ihr Schaffen für dasjenige Bachs keinen ausreichenden Maßstab. […In Choralchören] konnte und mochte Bach nichts von Telemann annehmen und Telemann wäre nicht im Stande gewesen, es ihm auch nur von ferne darin nachzuthun.“
„Kann man sich etwas Unnatürlicheres denken? Hätte der gute Telemann schon damals eine Ahnung von dem, was Bach schön geschaffen hat, gehabt, er würde wohl schwerlich solchen Unsinn herausgegeben haben.“
Zitat„Telemann kann entsetzlich bummelich schreiben, ohne Kraft und Saft, ohne Erfindung; er dudelt ein Stück wie das andere herunter.“
„In Wirklichkeit war er nur ein Talent der flachsten Art.“
usw.
dumm nur das Bach wie ein Wilder von Telemann abschrieb und dass gerade so gelobte Kantaten oder sonstige Werke, sich dann als Kreationen Telemanns herausstellten
aber das zeigt ja schon den Wert solcher Aussagen.
Wie gut das mittlerweile objektiv formuliert werden muss.
ähnliches findet man aber auch zu Keiser und Lully, und wenn man musikalisch nichts findet, dann wird die Person aufgrund ihre Homosexualität oder sonstiger "Charakterlichen Defekte" schlecht gemacht.
Und wenn auch das nicht funktionirt, dann wird ganz einfach gelogen.
Das ist für mich die Musikwissenschaft / Geschichtswissenschaft der Jahre 1860 - 1950 - der reinste Müll.
Deutsche Propaganda auf niedrigstem Niveau.
(Denn Telemanns Affinität zu Frankreich war einer der Gründe warum er schlecht gemacht wurde)
(Natürlich gibt es auch Ausnahmen, aber was aus dieser Zeit aus Deutschalnd kam, kann man getroßt in den Bibliotheken vergammeln lassen. Diese "Wissenschaftler" haben sich durch diese rein subjektiven Äußerungen, oder wie ich glaube, vom Staat verordneten Kampagnen, selbst disqualifiziert und lächerlich gemacht - wer würde so ein Gewäsch Heute noch ernst nehmen ?
Aber leider hat die Kampagne gezogen und ist bis Heute in den Köpfen verankert - man muss ganz einfach Aufklärungsarbeit leisten um diesen geistigen Müll ein für alle Mal zu elemenieren.
Übigens gab es Versuche Lullys Opern ins Deutsche zu übertragen.
In Hamburg wurde Lullys "Acis et Galatea" aufgeführt und das soll angeblich in eutscher Sprache erfolgt sein.
Ob diese Bearbeitung allerdings erhalten blieb weiß ich nicht.
Aber diese zeitgenössische deutsche Version, könnte vielleicht die Chance für Lully sein an Deutschen Opernhäusern gespiet zu werden.
Übersetzungen waren am Hamburger Opernhaus an der Tagesordnung, manchmal übersetze man auch nur die Rezitative.
Oder die Komponisten schrieben ihre Werke gleich in mehreren Sprachen. Die Chöre im französischen Stil der Tragedie Lyrique, natürlich auch in französischer Sprache, Kolloraturarien nach Art der Opera Seria
in Italienisch und die Rezitative in Deutsch.