Ries´Sinfonie ohne Opuszahl entstand etwa zeitgleich mit der sechsten Sinfonie, also 1822. Heute wird sie gelegentlich als Nr 8 (in Klammer) geführt, was natürlich nicht der zeitlichen Abfolge entspricht.
Irgendwie kam mir der Beginn bekannt vor, ich stellte alle möglichen Vermutungen an, bis ich herausfand, daß es der Beginn von Beethovens Klavierkonzert Nr 5 war, an den ich mich erinnert fühlte.
Eigentlich völlig absurd, es handelt sich lediglich um ein oder zwei Töne - aber die sind so prägend, daß sich (mir) der Vergleich immer wieder aufdrängt. - Allerdings setzt dann kein Klavier ein, sondern es folgt eine eher zurückgenommene Einleitung - etwas, das wir bei Ries gelegentlich finden werden. Nach etwa 2 Minuten wechselt die Stimmung,ein vorwärtsdrängendes quirliges Thema setzt ein - immer wieder abgemildert durch lyrische, extrem klangschöne Stellen.
Wieder scheint ein Stück Schubert durchzuschimmern - ich sage bewusst "scheint", denn wahrscheinlich ist diese "Ähnilichkeit" lediglich der Zeit der Entstehung zuzuschreiben, und eventuell auch noch der Tatsache, daß auch Schubert versucht hat Beethovens Tonsprache nahezukommen. In beiden Fällen bei - Schubert UND bei Ries ist etwas durchaus individuelles dabei herausgekommen - sie waren also eher VERHINDERTE Epigonen, deren Genie sich - wahrscheinlich sogar ungewollt - vom Vorbild löste.
Mein absoluter Favorit dieser Sinfonie ist der zweite Satz, der wunderbar instrumentiert ist. Wo ist das Vorbild ? Haydn ? Beethoven ? Schubert ?
Von allem ein bisschen etwas ?
Der erste Eindruck ist eher Haydn- aber im allgemeinen würde ich sagen, eher späte Wiener Klassik an der Schwelle zum Frühbiedermeier (auch wenn es letztere Musikepoche gar nicht gibt) Ein Ohrwurmthema wird immer wieder variiert und verklingt harmonisch....
Hörnerklang leitet den etwas lebhafteren dritten Satz ein, der mit Scherzo-Vivace übertitelt ist. Eine freundlich-fröhliche Grundstimmung ist typisch für den gesamten Satz...
Auch wenn der vierte Satz anfangs piano beginnt - er hat schon Leben von Anbeginn (ich fühle mich an den Beginn der Ouvertüre von Schuberts "Rosamunde" erinnert" -obwohl das Thema doch völlig anders ist), wird aber stets durch beschauliche Momente gebrochen um letzlich im Temporausch zu enden - Nein auch das stimmt nicht ganz - sogar hier gibt es zweimal ein Kurzes Innehalten, bevor die Sinfonie feierlich ausklingt.
Alles in allem ein freundliches Werk, welches seine Raffinesse allerdings erst nach einigen Hörsitzungen offenbart. Das liegt aber unter Umständen nicht an der Musik selbst, sondern am Hörer (in diesem Falle an mir) der, anstatt die Musik zu geniessen, krampfhaft herauszufinden versucht, an welches Werk welches Komponisten diese oder jene Stelle erinnert ........
Eigentlich völlig egal - Neben Beethoven und Schubert ist Ries für mich der wohl bedeutendste Sinfoniker seiner Zeit.