Wenn der Name Ettore Bastianini genannt wird, geraten Opernfreunde noch heute ins Schwärmen. Er galt als der Sänger mit der schönsten Baritonstimme, er hatte eine beachtliche Tiefe und gleichzeitig auch eine Bombenhöhe. Jemand beschrieb seine Stimme als rohen Diamant ohne scharfe Kanten. Er war von beeindruckender attraktiver Erscheinung, hatte Charisma und Bühnenpräsenz und für viele (weibliche) Fans galt er als der schönste Bariton der Welt.
Vor allem als Verdi-Bariton gilt Bastianini als unerreicht und gehört in diesem Fach zu den beliebtesten Interpreten.
Ettore Bastianini wurde am 24. September 1922 in Siena, Italien geboren und erhielt schon als Kind Musikunterricht. Er wurde Mitglied im „Coro della Metropolitana“ und sang bei einer Reihe von öffentlichen Veranstaltungen wie dem jährlichen Palio in Siena. 1944 trat er der Italienischen Air Force bei und blieb dort bis zum Ende des Krieges.
Am 28. Januar 1945 gab Ettore sein Debüt als Solist in einem Konzert im Teatro Rex in Siena. Interessanterweise begann er seine Karriere als Bassist und somit sang er die Bass-Arien Vecchia zimarra senti aus La Boheme und La Colunnia aus dem Barbier von Sevilla.
Ende 1945 sang er in Ravenna und Forli den Colline und im März 1946 gab er zwei Konzerte im Teatro Communale in Florenz, die ihm großartige Kritiken einbrachten.
In der Folge gab er bald Debüts an zahlreichen italienischen Häusern und sang diverse Basspartien wie Sparafucile, Don Basilio, Ferrando in Il Trovatore, Alvise in La Gioconda oder Brander in Berlioz’ Faust’s Verdammnis.
Am 24. April 1948 debütierte er an der Mailänder Scala als Tiresia in Stravinsky’s Oedipus Rex.
Mehrere Gastspiele führten in nach Kairo wo es zu Aufführungen von Il barbiere di Siviglia und Rigoletto mit Tito Gobbi und La Sonnambula kam. Ebenfalls in Ägypten sang er in Lucia di Lammermoor mit Benjamino Gigli.
Zu dieser Zeit spielte Bastianini schon seit längerem mit dem Gedanken ins Bariton-Fach zu wechseln, da er sich eigentlich als Bariton sah und er sich stimmlich in diesem Fach wohler fühlte.
Im April 1951 sang er seine letzten Vorstellungen als Bass. Am Teatro Alfieri in Turin gab er noch einmal den Colline, und danach verließ er für sieben Monate die Opernbühne, um an seiner Technik und am neuen Repertoire zu arbeiten.
Am 17. Januar 1952 gab Ettore sein Debüt als Bariton, in der Rolle des Giorgio Germont in La Traviata in Siena. Jedoch war dies kein Erfolg und so zog sich der Sänger erneut zurück, um an seiner Höhe zu arbeiten.
Bei seiner Rückkehr im Juli 1952 sang er – nach dem Rigoletto und dem Amonasro - erneut den Germont an der Seite von Virginia Zeani in Bologna und Ettore hatte einen unglaublichen Erfolg. Jetzt stand seine wunderbare Höhe im Mittelpunkt des Pressejubels.
Sofort kam es zu einem Engagement in Florenz in Tschaikowsky’s Pique Dame an der Seite von Sena Jurinac. 1953 sang er in Puccini’s Il Tabarro in Hamburg, Lucia di Lammermoor mit Maria Callas und Giacomo Lauri-Volpi in Florenz. Er sang zum erstenmal den Rossini-Figaro und gab den Olivier in Strauss’ Capriccio, und den Andrej in Prokofjew’s Krieg und Frieden mit Rosanna Carteri und Franco Corelli als Partner. Mit dem Auftritt in dieser Oper avancierte er endgültig zum Star in Italien. Alle Sänger wurden in der Kritik hochgelobt, doch war es Ettore Bastianini der besonders von der Presse gefeiert wurde.
Nach den Perlfischern in Triest führte es den Sänger an die Metropolitan Opera in New York. Am 5. Dezember 1953 gab er dort seinen Einstand als Germont an der Seite von Licia Albanese und Richard Tucker. Kurz darauf sang er am selben Haus in Il Trovatore mit Zinka Milanov, und Lucia di Lammermoor mit Lily Pons und Jan Peerce. Sofort wurde er zum Liebling der New Yorker und bis zum Ende seiner Karriere hat er an 87 Abenden für die MET gesungen.
In den folgenden Jahren sang er an allen bedeutenden Häusern der Welt mit den namhaftesten Partnern. Alle diese Stationen aufzuzählen würde den Rahmen hier sprengen, doch um einige Daten kommt man nicht herum.
Mit Maria Callas trat er im Februar 1954 in Venedig in Lucia di Lammermoor auf und am 10. Mai trat er zum ersten mal als Bariton an der Scala auf. Die Oper war Eugen Onegin und seine Partner waren Renata Tebaldi, Giuseppe di Stefano und Raffaele Arié. Er sang in Tschaikowsky’s Mazeppa in Florenz mit Magda Olivero und Boris Christoff, und Rigoletto in Rom mit Gianna D’Angelo und Giuseppe Di Stefano.
Am 28. Mai 1955 hatte Lucchino Visconti’s legendäre Produktion von La Traviata unter dem Dirigat von Carlo Maria Giulini Premiere an der Mailänder Scala. Maria Callas, Giuseppe Di Stefano und Ettore Bastianini präsentierten sich in Bestform und der Live-Mitschnitt gilt als Meilenstein in der Dokumentationsgeschichte.
An der Met sang er unter anderem den Escamillo mit Rise Stevens als Carmen, für die RAI stand Bastianini für Il Trovatore mit Leyla Gencer, Fedora Barbieri und Mario del Monaco vor der Kamera, und im Juni 1957 kam es zu dem legendären Ernani in Florenz mit Anita Cerquetti, Mario Del Monaco und Boris Christoff als Partner, der auch auf CD erhältlich ist.
Ende 1957 wurde die neue Saison der Scala mit Un ballo in maschera eröffnet. Seine Partner waren Maria Callas, Giuseppe di Stefano und Giulietta Simionato. Bis heute spricht man von dieser traumhaften Aufführung und obwohl der Abend von stimmlichen Glanzleistungen geprägt war, gilt Ettore’s Leistung als das Highlight und seine Darbietung von Eri tu erhielt Ovationen von ungeheurem Ausmaß.
Mit Maria Callas und Franco Corelli kam es 1958 an der Scala zu Aufführungen von Il Pirata, mit Renata Scotto und Giuseppe di Stefano sang er in Donizetti’s Liebestrank, und er debütierte als Nabucco an der Seite von Anita Cerquetti, Niccola Zaccaria, Gianni Poggi und Giulietta Simionato.
In Brüssel begeisterte er zum ersten mal als Scarpia mit Renata Tebaldi als Tosca und Giuseppe di Stefano. Die Ovationen für Bastianini waren enorm und er erhielt stürmischen Beifall.
Sein Debüt bei den Salzburger Festspielen gab Ettore am 26. Juli 1958 als er unter Herbert von Karajan den Rodrigo in Verdi’s Don Carlo sang. Mit ihm auf der Bühne standen Eugenio Fernandi, Sena Jurinac, Giulietta Simionato und Cesare Siepi. Ein CD-Mitschnitt dieser großartigen Aufführung liegt vor.
Ettore gab am 15. September 1958 sein Debüt an der Wiener Staatsoper – als Rigoletto mit Hilde Güden und Giuseppe di Stefano. Bastianini war eine Sensation und wurde rasch zum Liebling der Wiener. Bis zu seinem frühen Karriere-Ende sollte er Wien sehr eng verbunden bleiben und er avancierte in relativ kurzer Zeit zum führenden Bariton der Wiener Oper.
Mit Elisabeth Schwarzkopf, Fedora Barbieri und Franco Corelli stand er für Händel’s Herkules auf der Bühne der Mailänder Scala.
Im Februar 1959 debütierte er am Sao Carlo in Lissabon als Luna mit einer beeindruckenden Regine Crespin als Partnerin und am 28. November 1959 kam es in Neapel zu einer Wiederaufführung von Adriana Lecouvreur. Die Leistungen von Magda Olivero, Giulietta Simionato, Franco Corelli und Ettore Bastianini in dieser Oper gelten noch heute als einzigartig, was für jedermann auf CD anzuhören ist.
Am 5. März 1960 kam es zu einer Andrea Chenier Aufführung an der MET mit Carlo Bergonzi, Zinka Milanov und Ettore Bastianini, bei der die drei Sänger sich in glänzender stimmlicher Verfassung zeigten. Doch war es Ettore’s Interpretation von Nemico della Patria das Besuchern bis heute in unauslöschlicher Erinnerung geblieben ist. Nach dem Ende seiner Arie wurde Ettore mit Stürmen der Begeisterung gefeiert und das Publikum spendete minutenlangen Applaus. Noch heute schwärmen Kritiker von seiner Darbietung dieser Arie und erklären, daß sie jedes Mal zum Showstopper wurde.
Zu jenem Zeitpunkt galt Ettore Bastianini als der führende Bariton seiner Zeit. Es gab keinen anderen Bariton der ihm nahe, geschweige denn gleich kam. Publikum und Presse lobten die Schönheit der Stimme, die mit Bronze und Samt verglichen wurde, da sie mächtig und gefühlvoll gleichermaßen war.
Andrea Chenier Aufführungen an der Wiener Staatsoper von 1960 mit Renata Tebaldi und Franco Corelli sind auf CD erschienen und präsentieren alle Sänger in Topform. Im gleichen Jahr entstand ein weiterer Mitschnitt an der Wiener Oper – La Forza del Destino mit Antonietta Stella und Giuseppe di Stefano als Partner.
Am 7. Dezember 1960 war Ettore Partner von Maria Callas und Franco Corelli in Donizetti’s Poliuto an der Mailänder Scala. Der Mitschnitt gilt heute als einer der bedeutendsten der Operngeschichte.
1961 sang er am gleichen Haus in I Puritani mit Renata Scotto, Lucia di Lammermoor mit Joan Sutherland und Gianni Raimondi, Don Carlo mit Antonietta Stella, Boris Christoff, Flaviano Labó und Fiorenza Cossotto sowie in Verdi’s La Battaglia di Legnano mit Antonietta Stella und Franco Corelli.
Im Februar 1962 gab Ettore sein Debüt am Covent Garden in London mit Un ballo in maschera. Ein Mitschnitt ist auf CD erschienen und ist auch deshalb interessant, da diese Verdi Oper das einzige Werk darstellt, welches Bastianini am Royal Opera House gesungen hat. Seine Partner waren Jon Vickers, Amy Schuard, Regina Resnik und Joan Carlyle.
Am 31. Juli 1962 kam es zu einem weiteren Karriere-Höhepunkt. In Salzburg kam es zu Aufführungen von Verdi’s Il Trovatore unter dem Dirigat von Herbert von Karajan. Mit Leontyne Price, Giulietta Simionato und Franco Corelli als Partner gilt die auf CD festgehaltene Aufführung bis heute als eine der besten Gesamtaufnahmen dieser Oper überhaupt.
Anfang 1963 trat Ettore Bastianini einige male in Wien auf und verschwand dann für zwei Monate von der Bühne. Ettore war an Kehlkopfkrebs erkrankt, doch dies wußte nur seine Familie. Die meisten Kollegen und Opernfans erfuhren erst nach seinem frühen Tod von seiner Krankheit. Er unterzog sich in Bern einer Behandlung. Opernbesucher glaubten er genehmige sich nur einen Urlaub.
Von diesem Zeitpunkt an bis zu seinem Karriere-Ende wurde Wien sein Karriere-Mittelpunkt und er trat nur gelegentlich an anderen Häusern auf. Allein in Wien hat er in 142 Vorstellungen gesungen.
Nach einigen Konzerten in Tokio, Rodrigo an der Scala, Rigoletto in Zürich und Nabucco in Straßburg im Januar 1964 nahm er erneut eine Auszeit von vier Monaten. Er unterzog sich erneut Krebsbehandlungen und danach trat er in diesem Jahr fast nur in Wien auf. Erst mit Jahresende kehrte er nach Neapel zurück - für Faust’s Verdammnis mit Giulietta Simionato.
1965 – sein letztes Jahr als professioneller Sänger – begann er mit Bajazzo und Aida Vorstellungen in Wien. Es kam unter anderem noch zu Tosca mit Magda Olivero in Florenz, und an der MET zu Tosca und Lucia di Lammermoor mit Anna Moffo.
Bastianini war noch immer zu großartigen Gesangsleistungen fähig, wie Reaktionen auf die Lucia mit Anna Moffo beweisen, doch der Krebs in der Stimme machte ihm das Singen immer schwerer.
Seine Karriere endete in den USA. In San Francisco sang er in Andrea Chenier mit Renata Tebaldi und Richard Tucker, in Chicago Aida mit Leontyne Price, und seinen letzten Auftritt hatte er am 11. Dezember 1965 an der MET als Rodrigo in Don Carlo an der Seite von Martina Arroyo, Biserka Cvejic, Bruno Prevedi und Jerome Hines.
Ettore zog sich nach Siena zurück, wo er, zurückgezogen mit seinem Schäferhund Zabo, lebte. Besuche erhielt er von Familie und engen Freunden. Dazu gehörten auch Franco Corelli und dessen Ehefrau, die sich als Stützen für Bastianini in seinem letzten qualvollen Lebensjahr erwiesen.
Ettore Bastianini starb rund dreizehn Monate nach seinem letzten Auftritt, am 25. Januar 1967 im Alter von nur 44 Jahren in Sirmione am Gardasee. Er wurde in seinem geliebten Siena beerdigt. Erst als die Nachricht von seinem Tode um die Welt ging, erfuhren die Menschen auch, daß er bereits seit einigen Jahren an Kehlkopfkrebs gelitten hat.
Ettore Bastianini ist bis heute nicht vergessen. In Siena und auch andernorts gibt es auch heute noch Erinnerungsveranstaltungen ihm zu Ehren, es gibt in Siena auch eine Straße die nach ihm benannt ist – die Via Ettore Bastianini.
Auf seinem Grabstein steht „Er kannte den Ruhm, er verstand den Schmerz, er konnte jeden dazu bringen, ihn zu lieben…..Du hast mehr als ein Leben gelebt“.
Gregor