Im Untergrund - Tiefere Bedeutungsschichten im Werk Wagners und ihre Interpretation

  • Dieser Thread wurde ausgelöst durch eine sich abzweigende Debatte in diesem Thread:


    Vom Erhabenen zum Lächerlichen ist nur ein kleiner Schritt - Das Phänomen Richard Wagner


    Da sie von dem nicht weniger interessanten eigentlichen Thema des Threads ablenkte, habe ich sie hierhin verlegt.


    Jacques Rideamus


    Ich beginne den Thread mit einem Zitat aus einem Posting von Johannes Roehl, das ihn ausgelöst hat:


    Zitat


    Bei Parsifal findet sich eine elitäre Gemeinschaft (die aber wenn ich recht sehe, nicht durch Abstammung bestimmt wird); das ist wahr. Aber die ist offensichtlich krank bis ins Mark (u.a. davon handelt das Stück... ).
    Kundry hat, wie der Holländer, Züge des "ewigen Juden". Aber sie ist m.E. eine eher positive Figur, oder?



    Lieber Johannes, Kundry eine positive Figur???????
    Sie ist für mich das Destillat aller frauenverachtenden Ideen, die man(n) nur haben kann, und ich empfinde diese Figur als Zumutung ohnegleichen.
    Schon um ihretwillen(aber nciht nur deshalb) ist der Parsifal für mich komplett tabu.


    Ich merke, wie mir mal wieder die Anti-Wagner Galle hochsteigt und höre hier lieber sofort auf, ehe der so zu Recht gerühmte Ton dieser Diskussion durch meine Schuld umschlägt. :untertauch:


    Fairy Queen

  • Kundry kann ich auch nicht als positive bzw. erstrebenswert - vorbildhafte Figur, speziell für Frauen betrachten. Allerdings sehe ich sie nicht als (bösartige) Juden - Karrikatur. Die Thematik ist hier m. E. eine andere, antifeministische, die mich nicht minder nervt. Überhaupt steckt im "Parzifal" weitgehend der Mystizismus des heiligen Gral, m. E. eine spannende Geschichte, aber keine vernünftige Grundlage für eine sinnvolle Weltsicht. Unter den führenden Nazis gab es ja eine gewisse Strömung, die hieraus Teile einer Art Elite - Heiden - Religion schaffen wollten (s. Wewelsburg u.a.), meines Wissens eine weitere arg üble Angelegenheit.


    Ob Wagner solche Dinge auch vorschwebten, weiß ich nicht, wenn ja, dann wohl allenfalls definiert über seine persönliche Ton- und Opernkunst, der er ja eine ziemlich übersteigerte philosophisch - weltverbessernde Dimmension verlieh (was diese in Realität aber sicher nicht so umfassend zu leisten vermag).


    Es bleibt weiterhin schwer zu sagen, was bei ihm lediglich dem überspannten Selbstwertgefühl entsprang oder irgendwann für ihn vorstellbare politische Realität werden sollte. Wir versuchen hier ja, uns dem in sehr differenzierender Weise in der Diskussion anzunähern.


    Der Mensch Wagner nahm seine innersten Motivationen und Triebfedern mit ins Grab, sein geniales Musikwerk und seine grausligen Schriften hat er uns dagelassen. Es bleibt unsere Aufgabe, den ermeuten Mißbrauch zu verhindern.


    LG


    :hello:


    Ulrica

  • Liebe Fairy Queen,
    Kundry ist nur gelöst vom Kontext eine frauenverachtender Rollenentwurf. Im Kontext aber ist sie der eigentliche Brennpunkt der Handlung, indem sie die einzige agierende Gestalt der Gralswelt ist, alle anderen sind rein reagierend oder reflexiv.


    :hello:

    ...

  • Zitat

    Original von Edwin Baumgartner
    Was den "Parsifal" betrifft: Ich habe jedesmal am Schluß, aber wirklich erst am Schluß, ein unangenehmes Gefühl - weshalb ich umso mehr Christine Mielitz' Wiener Inszenierung liebe, in der sich Parsifal, nach getanem Erlösungswerk, von dem Gralsbund verabschiedet und mit Kundry das weite sucht: "Gerettet hab ich euch, aber ich will mit euch nichts zu tun haben."


    Wobei anzumerken ist, dass bereits die Erlösung von Amfortas durch Parsival bzw. Berührung mit dem Speer sozusagen als "Teamwork" von Kundry und Parsival inszeniert ist (zumindest in der von mir besuchten Aufführung).


    Herzliche Grüße
    Waltrada

    Il mare, il mare! Quale in rimirarlo
    Di glorie e di sublimi rapimenti
    Mi si affaccian ricordi! Il mare, il mare!
    Percè in suo grembo non trovai la tomba?

  • Zitat

    Original von Fairy Queen
    Lieber Johannes, Kundry eine positive Figur???????
    Sie ist für mich das Destillat aller frauenverachtenden Ideen, die man(n) nur haben kann, und ich empfinde diese Figur als Zumutung ohnegleichen.
    Schon um ihretwillen(aber nciht nur deshalb) ist der Parsifal für mich komplett tabu.


    Ich schrieb "eine eher positive Figur, oder ?(Fragezeichen)" Wenn Wagner hier so sorgfältig gehört und gelesen wird wie meine Beiträge, wundern mich einige Urteile allerdings weniger... :rolleyes: Ein bißchen auf Zusammenhänge und den möglichen Sinn dahinter muß man schon achten.


    Wer in Opern Identifikationsfiguren (gleich ob weibliche oder männliche) sucht, dürfte nicht nur bei Wagner Schwierigkeiten erhalten? Sind Senta, Butterfly, Violetta oder Lady Macbeth positive weibliche Identifikationsfiguren? Und ihre männlichen Gegenstücke? Doch wohl eher nicht...


    Ich kann auch nicht behaupten, daß ich diese seltsame Doppelexistenz von Kundry besonders klar verstehen würde. Aber sie ist keine negative Figur wie Klingsor, Hagen oder Ortrud, sondern ambivalent und vielleicht die faszinierendste Rolle im ganzen Stück. Wobei ich wiederum zugeben muß, daß ich, obwohl ich Parsifal sogar mal in der Oper (Berlin mit Barenboim, Meier usw.) gesehen habe, mich nie besonders gründlich damit auseinandergesetzt habe.


    JR

    Struck by the sounds before the sun,
    I knew the night had gone.
    The morning breeze like a bugle blew
    Against the drums of dawn.
    (Bob Dylan)

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  • Lieber Edwin, ich sollte mich hier eigentlich enthalten ,weil ich bei diesem Thema nicht ganz zurechnungsfähig und ich aus persönlichen Gründen emotional zu stark involviert bin. Aber in einer solchen Diskussion kann auch das vielleicht seinen Raum haben und ich vetraue einfach mal darauf.


    Für mich ist Kundry ein Ausbund einer kranken Phantasie (wessen auch immer, denn Wagner ist ja nur ein Sytnhetiker und kein Schöpfer dieser Figur, wenngleich ich glaube durechaus eingie Parallelen im Verhalten seiner zweiten Gattin wiederzuerkennen).
    In Kundry treffen mehrere zutiefst frauenverachtende Komponenten in einer für mich nciht mehr akzeptablen Weise zusammen..
    Die verdammte Zauberin, die fatale Verführerin, die nur erlöst werden kann in dem sie sich bis zum Allerletzten demütigt und als Essenz ihres Seins schliesslich nur noch in der Lage ist "dienen, dienen" zu stammeln.
    Die Schuldige, die Büsserin , deren Körperlichkeit Männer von ihrer wahren Bestimmung abhält uind deren weiblciher Verführungsmacht sie aus eigener Kraft entrinnen mûssen, um gerettet zu werden.
    Ich möchte da gar nciht weiter in die Materie einsteigen, weil diese giftigen Sümpfe zu durchwaten bei mir zu Ausschlag führt.
    Vielleicht kann ich besser auf spielerische Weise mit diesem Thema im Hermetik Thread umgehen.

    Ulrica, die ein weitaus entspannteres Verhätnis zu dieser Sache hat und trotzdem die frauenfeindlcihe Problematik sieht, wird vielleicht verträglciher und konsruktiver damit umgehen können.


    Lieber J.R. , ich habe nie behauptet, dass Butterfly oder Senta passende Identifikationsfiguren sind. :no:
    Bei der Violetta würde ich das durchaus differenzierter sehen, aber das ist hier nicht Thema.


    Fairy Queen

  • Zitat

    Original von Fairy QueenUlrica, die ein weitaus entspannteres Verhätnis zu dieser Sache hat und trotzdem die frauenfeindlcihe Problematik sieht, wird vielleicht verträglciher und konsruktiver damit umgehen können.



    Stimmt, s. Hermetik - Tread :angel:

  • Lieber Edwin,


    überhaupt keine Frage, dass auch ich nicht der Auffassung bin, dass jetzt Wagner sozusagen der geistige Vater von Hitler gewesen wäre. Aber das Wagner nicht etwa durch unglückliche Äusserungen, die eventuell missverstanden wurden, in den Blickpunkt des Adolf Hitler geraten ist, sondern weil Hitler bei Wagner Gedanken gefunden hat, die er des Aufgreifens für Wert erachtete, das glaube ich schon. Dazu kommt, dass es eben nicht nur den 1883 verstorbenen Komponisten gab, sondern die Linie des Hauses Bayreuth führt über Cosima und den vielleicht wichtigsten Rassentheoretiker seiner Zeit, Chamberlain (dessen Einfluss auf die Nazis gewiss insgesamt grösser war, als der Wagners) direkt zu Hitler und wird dann mit Winifred fortgesetzt.


    Ich gehe auch nicht soweit wie Köhler, dessen Buch im Untertitel vom "Propheten und seinem Vollstrecker" in Bezug auf Wagner und Hitler spricht, aber vieles von dem, was Köhler anspricht, finde ich schon bedenkenswert.


    Ansonsten sehe ich keinen Anlass für irgendwelche Mißstimmigkeiten zwischen uns - die Gemeinsamkeiten auch bei diesem schwierigen Thema sind deutlich stärker als die Unterschiede an einigen Punkten - und das respektieren einer abweichenden Meinung ist auch für mich selbstverständlich.


    Und da wäre ich bei Thomas: ich kann Deine Argumentation gut nachvollziehen, auch wenn ich sie nicht in jedem Punkt teile - und dann muss man das auch so nebeneinander stehen lassen. Gerade bei so einem Thema, wo es letzte Antworten nicht gibt, ein völlig "normales" Gesprächsergebnis.


    Nun, lieber Ekkehard, ich bin kein Jurist, habe meine Wendung von der "Billigung" also im umgangssprachlichen, nicht im juristischen Sinn verwendet, finde aber Deine Lesart nicht unpassend, weil sie die geistige Brandstiftung beschreibt. Widersprechen würde ich Dir nur in Bezug auf den Holocaust - soetwas hat sich wohl kein Mensch wirklich vorstellen können. Aber Ghettos, Pogrome, Entrechtung, das alles war auch für einen Wagner vorstellbar.


    Ja, die Familie Wagner... Also, nach dem 2. Weltkrieg konnte man zur Überzeugung gelangen, die einzig Schuldige an der ganzen Malaise sei Winifred gewesen, jene Frau, die Hitler das Papier nach Landsberg gebracht hat, auf dem dieser mit der Niederschrift von "Mein Kampf" begonnen hat.


    Wieland und Wolfgang äusserten sich nach dem Krieg lieber gar nicht, oder auch schon mal so, dass sie eigentlich nie so richtig dafür gewesen seien, aber die Mutter, Winifred, die war die Nazi in der Familie...


    Friedelind war tatsächlich unangreifbar (sie verliess Deutschland und war auch nicht zur Rückkehr zu bewegen) und, klar, Siegfried Wagner, der starb 1930, also noch bevor das alles so richtig losging.


    Und es ist schon richtig: er mochte Hitler nicht. Die von Edwin angesprochene Figur des Räuberhauptmanns Wolf im "Flüchlein, das jeder mitbekam" ist eine böse Karrikatur des deutsch-österreichischen Faschisten Hitler. Eine richtige Gesangslinie ist kaum auszumachen, weil - hervorgerufen durch weite Intervallsprünge - der Gesang eher ein Bellen ist und damit auch die Sprechweise Hitlers imitiert wird.


    Rideamus hat etwas angesprochen, was auch mir immer wieder durch den Kopf geht: wenn man sich mit Wagners Werk näher beschäftigt, wird man auch Dinge finden, die sich mit der Nazi-Ideolgie nicht so richtig in Einklang bringen lassen, aber eine bestimmte Form der Präsentation hilft da, Feinheiten und Abstufungen, Charakterzeichnungen und Brechungen zu übertönen. Ich bin sehr froh, dass man solche Aufführungen heute kaum noch zu hören bekommt.


    Bei der Optik hat Wieland instinktiv das richtige getan: erstmal weg mit dem ganzen alten Plunder und der daran klebenden Ideolgie. War das schon für den Durschnittsnazi, der auch nach dem Krieg Bayreuth die Treue hielt, eine Zumutung, war der "Ring" von Boulez und Chéreau 1976 erst recht für Altbayreuthianer ein Provokation: plötzlich standen da Menschen auf der Bühne, keine Götter - mit allem was da so dazugehört. Und wenns auch lange dauert: Bayreuth und die Wagnerrezeption haben sich verändert, ich hoffe, unumkehrbar.

  • Lieber Edwin, Du macht mir wirklich Mut, dieses Thema hier weiter zu diskutieren und dafür danke ich Dir sehr! Ich dachte wirklch nciht, dass das in einem "Männerforum" inmitten vieler Wagnerianer für mich möglich sein würde :angel:
    Mein Wohlwollen Herrn Wagner gegenüber ist leider so gering, dass ich ihn nicht aus der Verantwortung entlassen kann, diese Kundry-Gestalt so und nciht anders geschaffen zu haben. Deine Argumente, die ich wirklich aus heutiger Sichtweise nachvollziehen kann , setzen aber bereits ein sich klares Distanzieren von Wagners Frauenbild voraus. Warum soll man es ihm so leicht machen?


    Stell Dir bitte mal als Gedankenexperiment den umgekehrten Fall vor:
    Die Gralsrittergesellschaft als Frauenbund, für die Männer per se der Abschaum der Menschheit sind. Alles nur potentielle Vergewaltiger und hormongesteuerte Halbaffen, vor denen man seine Seele hüten und bewahren muss, um erlöst werden zu können.


    Um für diese männliche Erbsünde (Eva steckt ja mit in dieser Geschichte!) Busse zu tun, wird ein Kundry-Mann dann als Werkzeug missbraucht. Er muss also eine reine Jungfrau und tumbe Torin mit all seiner (ekligen) Macht verführen, damit diese ihm in reiner Selbstüberwindung und Erkenntnis ihrer wahren Bestimmung widerstehen kann.


    Dann bleibt dem büssenden und verzweifelten Mann noch als letzte Instanz das "Dienen, dienen" übrig und für diese "Selbstabschaffung" wird er dann auch als eigentlicher Held der Geschichte gefeiert.
    (Dass Kundry Parsifal nciht so einfach selbstlos ziehen lässt, sondern ihn noch verflucht, zeigt ja die tiefe Verzweiflung über das eigene Schicksal deutlch an-das nur am Rande zur "Selbstbestimmung")


    Die Frauen in unserem Gedankenexperiment gelangen ergo zu ihrer Erlösung, weil sie es endlich definitiv geschafft haben, sich vom ewig männlichen Schmutz der Sexualität befreit zu haben. Das Ganze vor einem mystifizierten christlichen Hintergrund und der entsprechenden sehr suggestiven ( und schönen, das bestreite ich gar nciht) Musik.
    Würde dir bei diesem Gedankenspiel mit verkehrten Rollen nicht auch kotzübel als Mann?


    Und wenn man dann noch 2000 Jahre abendländische zwischengeschlechtliche Geschichte hinzunimmt, wird die Sache eher schlimmer als besser.


    Ich kann mir natürlich meine heutige Kundry zurechinterpretieren und sie als Heilkundige, weise Frau etc pp gestalten. Umso besser, wenn sich Regisseure heute solche Gedanken darüber machen.
    Aber dass das die Kundry des Richard Wagner sein soll, wage ich ganz entschieden zu bestreiten. Was er von der dienenden Bestimmung des Weibes hielt, geht zumindest aus seinen Briefen eindeutig hervor.



    Wenn man noch viel bösartiger sein will, kann man diese Kundry, wie es ja getan wird oder wurde (bin da nicht auf dem Stand der Dinge) auch als Inkarnation des Judentums betrachten. Dann wird es allerdings so widerwärtig, dass diese Oper nciht mehr aufgeführt werden dürfte.
    Mir reicht Kundry als nichtjüdisches Frauenbild bereits vollkommen aus, um den Parsifal aus meiner persönlichen Operngeschichte zu verbannen.



    Fairy Queen

  • Liebe Fairy Queen,

    Zitat

    Lieber Edwin, Du macht mir wirklich Mut, dieses Thema hier weiter zu diskutieren und dafür danke ich Dir sehr! Ich dachte wirklch nciht, dass das in einem "Männerforum" inmitten vieler Wagnerianer für mich möglich sein würde


    Die Diskussion solcher Themen kommt immer auf die Diskussionspartner an. Und das Kompliment kann ich gerne rückhaltlos erwidern: Deine Argumentation ist schlüssig und hat keinen Schaum vor dem Mund, sondern spricht in der klaren Sprache der Argumentation.


    Daher kann ich nur sagen: Ja, Du hast in vollem Umfang recht. Wagner hat Kundry nicht eben frauenfreundlich dargestellt.


    Aber...


    Und jetzt kommt das Aber, das sicher viel mit meiner persönlichen Kunstauffassung zu tun hat.
    Für mich emanzipieren sich Werke von ihrem Autor. Sie beginnen ein Eigenleben zu führen. Und große Werke, die Zeiten überdauern, bleiben aufgrund ihrer Vielschichtigkeit in einem Ausmaß gültig, daß sie das Gefühl jeder Zeit bzw. auch individueller Ansichten widerspiegeln.
    "Parsifal" ist nicht mehr "Parsifal".
    Kundry ist nicht mehr Kundry.
    Das Werk hat sich gewandelt. Man kann immer noch sehen, was Wagner wollte, und wenn man darauf blickt, kann man sich nur mit Grausen abwenden.
    Heute aber gibt es die Möglichkeit, andere Schichten im "Parsifal" offenzulegen, die enthalten sind, die Wagner vielleicht unwissentlich hineingeschrieben hat.
    Deshalb kann ich gar nicht genug die Wiener Staatsopern-Regie von Christine Mielitz preisen. Bei eingefleischten Wagnerianern sorgte sie für totale Entrüstung. Ich sah diese Regiearbeit, die kaum etwas macht, was dem Text diametral entgegengesetzt ist, mit größter Faszination. Weil Kundry zur einzigen agierenden Gestalt wird. Da sie allein das "Erlösungswerk" aber nicht bewältigen kann, benützt sie Parsifal dazu, den Ahnungslosen, den sie in jeder Hinsicht "wissend" macht. Offenbar auch in dem Punkt, was die Gralsritter für eine verschmockte Gesellschaft sind. Ergo: Da habt Ihr Eure Erlösung, Wunde geheilt - und tschüss...!
    Als mir die Mielitz ihre Auffassung erzählte, lief es mir buchstäblich kalt über den Rücken - sie erzählte Wort für Wort die "Parsifal"-Regie, die ich mir erträumt hatte, seit ich das Werk kennengelernt hatte.
    Dieses Werk trägt also durchaus auch diesen Text in sich - wenn es vielleicht auch ein Subtext ist, den Wagner nicht gemeint hat.
    :hello:

    ...

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  • Lieber Edwin, darüber muss ich erstmal nachdenken. Ich weiss nciht, ob man einen Schöpfer einfach so aus der Verantwortung für sein Werk entlassen kann und es nach eigenem Verständis und Zeitläuften so extrem uminterpretieren darf.
    Das ist eine serh spannende Frage, die ich aber nicht ad hoc für mich beantworten beantworten kann.
    In jedem Fall bin ich sehr sehr dankbar, dass du mich ernstgenommen und nicht einfach nur als durchgedrehte Feministin abqualifiziert hast. Das Zweite bin ich nämlich wirklich nicht :D


    Gibt es von diesem Parsifal irgendein Video-Dokument?


    Ich würde mir das dann nämlich tatsächlich mal ansehen. Und das ist nun allein Dein Verdienst...........ich wollte diese Oper im Leben nie mehr vor die Augen oder Ohren bekommen........


    Besonders liebe Grûsse nach Wien


    Fairy Queen

  • Zitat

    Original von Fairy Queen Ich dachte wirklch nciht, dass das in einem "Männerforum" inmitten vieler Wagnerianer für mich möglich sein würde :angel:


    Liebe Fairy
    zum "Männerforum" wird, wo Frauen nicht mitschreiben. Was hindert uns? Uns beide offensichtlich nichts, aber ich würde mir durchaus mehr weibliche Forenmitglieder wünschen, die hier "mitreden".


    Ausserdem finde ich, dass unsere Herren sich in einer sehr emanziperten Weise zu den immer wieder gestreiften frauenspezifischen Aspekten in Wagners Werk äußern. Was will man mehr? :D :angel:


    Wäre dem nicht so, würde ich mir erlauben, mich erst recht hier hineinzubevölkern und bei Bedarf ordentlich zu streiten. 8)


    LG


    :hello:


    Ulrica

  • Zitat

    Original von BigBerlinBear


    Lieber Paul, nur eine kleine Korrektur: es war NICHT Victor Hugo, der das berühmte "J'accuse" schrieb, sondern Émile Zola.
    Hugo war im Jahr 1898, als Zola seinen berühmten offenen Brief zur "Dreyfus-Affaire"schrieb, schon über 10 Jahre tot.


    Wie kan man sich soo verschreiben. Denn ich war fest davon überzeugt Zola geschrieben zu haben.
    Vermutlich weil ich in Gedanken Bücher von Dumas Sr. und Jr. und Hugo durchblätterte, um zu schauen ob es da auch ein "Prototype" gab.
    :O :O :O


    LG, Paul

  • Ohne Fairies Anmerkungen zu dem Frauenbild von Wagner relativieren zu wollen, kommen auch die Männer bei Wagner nicht immer gut weg und richtig kompliziert wirds, wenn die Geschlechter aufeinandertreffen, dazu dann Inzest oder immer wieder latente Homoerotik, problematische Familienverhältnisse - viele Wagnersche Helden sind vaterlos aufgewachsen, also das volle Programm.


    Ich greife mal ein Beispiel aus dem "Parsifal" heraus, das auch etwas über das Frauenbild von Wagner aussagt, aber anhand einer männlichen Rolle: Amfortas ist der schwache, der unmännliche Mann, der, der gescheitert ist. Was ist passiert? Ihm wurde der phallische Speer abgenommen und Amfortas wurde damit penetriert. Zur Strafe blutet die Wunde immer wieder und schliesst sich nicht. Amfortas wird also durch seine unmännliche Verhaltensweise zu einem menstruierenden Mann innerhalb einer geschlossenen, frauenfeindlichen Umgebung, keine beneidenswerte Situation.

  • Entschuldige, lieber Alviano, aber hier kann ich nicht mehr folgen.


    Zitat

    ...immer wieder latente Homoerotik


    Immer wieder? Wo?


    Zitat

    Amfortas ist der schwache, der unmännliche Mann, der, der gescheitert ist. Was ist passiert? Ihm wurde der phallische Speer abgenommen und Amfortas wurde damit penetriert. Zur Strafe blutet die Wunde immer wieder und schliesst sich nicht. Amfortas wird also durch seine unmännliche Verhaltensweise zu einem menstruierenden Mann innerhalb einer geschlossenen, frauenfeindlichen Umgebung, keine beneidenswerte Situation.


    :no:
    Man muß vielleicht nicht alles hammerhart zu Ende denken...


    (Ich weiß natürlich, daß es massenweise Publikationen gibt, die ähnliches und mehr behaupten. Aber über Wagner wurde auch mehr geschrieben als über nahezu jeden anderen Künstler. Da kann nicht alles auf gleichbleibendem Niveau verlaufen...)



    Alex.

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  • Im Gegenteil. Rein statistisch betrachtet sollte das Durchschnittsniveau sinken...
    Die Strafe trifft aber keine "unmännliche" Verhaltensweise in einem traditionellen Sinn. Amfortas hat nicht als Mann, sondern als Chef der Gralsritter versagt, weil er sich von Klingsors Lustgarten umgarnen lassen und dabei den Speer verloren hat.


    Ich finde die Relevanz all der Frauenfeindlichkeit für Handlung und Struktur von Parsifal erstmal eher fragwürdig. Wenn man bei allem, was heute bei oberflächlicher Betrachtung frauenfeindlich erscheint, mental "zumacht" kommt man hier überhaupt nicht weiter (und kann, wie schon gesagt, sicher die Hälfte aller Repertoire-Opern in die Tonne treten, weil sie im EMMA-Test durchfallen).


    :hello:


    JR

    Struck by the sounds before the sun,
    I knew the night had gone.
    The morning breeze like a bugle blew
    Against the drums of dawn.
    (Bob Dylan)

  • Zitat

    Original von Graf Wetter vom Strahl


    Immer wieder? Wo?


    Nehmen wir z. B. "Siegfried", 3. Akt: "Ha, in Waffen ein Mann? Wie mahnt mich wonnig sein Bild" Siegfried glaubt also, die schlafende Brünnhilde sei ein Mann, auch noch, als er ihr den Helm abgenommen hat "Ach, wie schön", singt er, "Schimmernde Wolken säumen in Wellen den hellen Himmelssee, leuchtender Sonne lachendes Bild strahlt durch das Wogengewölk". Da schmachtet aber einer heftig! Als er dann erkennt, dass das kein Mann ist, packt ihn die Angst...


    Oder "Tristan": Kurwenal, Brangäne, Melot, im "Parsifal" die ganze Gralsgesellschaft.


    Selbst die Mime-Figur in ihrer Androgynität bietet da Anhaltspunkte.

  • Zitat

    Original von Johannes Roehl
    Die Strafe trifft aber keine "unmännliche" Verhaltensweise in einem traditionellen Sinn.


    Das ist völlig richtig, der Begriff des unmännlichen trifft aber auf die Männergesellschaft und ihre Regeln trotzdem zu. Amfortas scheitert, weil er nicht stark genug ist, den Verführungen des Zaubergartens zu widerstehen, diese Schwäche ist gerade in der Gralsrittergesellschaft ein absoluter Makel.

  • Lieber JR, was soll das heissen: bei OBERFLÄCHLICHER Betrachtung frauenfeindlcih ERSCHEINT?


    Willst du uns, die wir Wagners Frauenbild sehr kritisch zu sehen wagen, damit unterstellen, wir betrachten nur den äusseren Schein und dringen nicht bis zum Kern des Ganzen vor?
    Und was den sogenannten EMMA-Test angeht--da erübrigt sich dann wohl jeder weitete Kommentar .......... :rolleyes:
    Tut mir leid, aber hier sind wir leider genau auf der Ebene, auf der ich nicht weiter diskutieren möchte. :no:


    Lieber Alviano, wird Amfortas nicht deshalb "bestraft", weil er das Prinzip der sexuellen Askese der Gralsritter nciht einhält und sich in die Niederungen der Körperlichkeit herablässt, also auf das "Niveau der Frau" herabsteigt?
    Das seine immerblutende Wunde als Parallele zur weiblcihen Menstruation gesehen wird, ist keine so unlogische Idee, finde ich. Das Unreine, die Strafe der Eva-Sünde und das mit diversen Tabus Belegte und vom Manne zu Meidende kommen in diesem Symbol jedenfalls deutlich zum Ausdruck.
    Haben das Regisseure so umgesetzt oder ist das deine eigene Assoziation?


    F.Q.


    Liebe Ulrica- :yes: :hello:

  • Hm, lieber Alviano, mir widerstrebt es, nachhaltig gegen die Lesart eines Menschen zu protestieren, der sich sicher seine Gedanken gemacht und langen Umgang mit den Stoffen haben wird. Ich kann schlecht behaupten, Du sollest oder gar "dürfest" das jetzt nicht so sehen. Und das ich mag selbstverständlich auch gar nicht.


    Entscheidend scheint mir allerdings zu sein, welche Relevanz ein so zu nennender "Interpretationsansatz" genießt und vor allen Dingen: Wofür?


    Geht man von außen mit einen speziellen Erkenntnisinteresse auf einen Stoff zu, oder versucht man, sich um die integralen Interpretationbestandteile zu kümmern, die der Stoff von sich aus an einen möglichst offenen Rezipienten heranträgt? Es mag mehrere, teils sogar recht heterogene Stoffstränge geben, von denen jeder seine Plausibilität hat und seinen Beitrag zum Sinngefüge des Ganzen zu leisten vermag.


    (Ein schönes Beispiel für die Sichtbarmachung solcher Stränge innerhalb eines großen Werkes ist Ulrich Gaiers separate Besprechung verschiedener Learten des Stoffes im zweiten Kommentarband seiner dreibändigen Reclam-Faustausgabe.)


    Man kann selbst bei Werken wie der Divina Comedia, dem Faust oder eben auch dem Ring selbstverständlich monographisch einen Themenbestandteil großräumig abhandeln, intertextuell mit Belegen versehen, geschichtlich verorten und seine Bedeutung für die Gegenwart abfragen.


    Aber dieser Themenbestandteil muß aus dem Werk kommen. Sonst kann auch der Vorsitzende des Hundezüchterverbandes noch eine mehrbändige Diss. über "den" Hund in Richard Wagners Leben und die Gründe, die der Komponist gehabt haben mag, diese drollige Spezies so selten in sein Werk eingearbeitet zu haben, abfassen.


    Nun ist es generell schwierig zu sagen, wer über die spezifische Kompetenz verfügt, solches zu entscheiden: Ob mutmaßliche Stoffbereiche tatsächlich welche sind, welche Relevanz sie für wen genießen und wie stark sie in einer synthetisierenden Werksicht zu berücksichtigen wären.


    Ich sag´ mal so: Wenn mir jemand zeigt, daß Homosexualität für dieses oder jenes bestimmte Werk Wagners (und nicht: H. "im" Werk W.s) etwas zur Verdeutlichung der Personenbeziehungen, der im weitesten Sinne "poietischen" Geartetheit des Werkes (des "So-und-so-Gemachtseins") und nicht zuletzt (ich bitte sehr, wir reden hier über ein zu gewissen Teilen musikalisch geformtes Etwas!) zur Interaktion von sprachlicher und musikalischer Ebene beiträgt - so hat sie oder er mich auf seiner oder ihrer Seite.


    Freilich, hier schließen sich enorme Probleme an: Welche Parameter legt dieser oder jene an, um zu entscheiden, welche Themenbestandteile relevant sind und plausibel begründbar? Sozial überformte, individuell generierte, zeitlich bedingte? Gibt es überhaupt interesseloses Erkennen? Kann man Privatästhetiken noch kommunizieren?


    Da wir kein Philosophieforum sind (nicht mal eines für Fragen der Ästhetik), breche ich hier ab. Erwähnen möchte ich bloß noch, daß sich für mich persönlich bestimmte methodische Reduktionsmechanismen beim Erschließen eines Werkes als wesentlich förderlicher und konzentrierter auf eine sich solchermaßen abzeichnende "Mitte des Werkes" gerichtet erwiesen haben, denn ein vielarmiges Hineinreichen in bestenfalls der Kunst benachbarte, teils gar in Bezug auf sie entlegene Bereiche. Dies nur als Andeutung.


    Liebe Fairy, laß Dich nicht vom roten EMMA-Tuch provozieren. Der JR wird Dir sicher noch ohne Frau Schwarzer auf dem Schoß sagen, worauf er hinauswollte. Ohne überheblich zu sein könnte ich mir vorstellen, daß dies in die von mir angedeutete Richtung gehen könnte...?



    Alex.

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  • Na ja, Alviano hat schon sehr, sehr recht mit der latenten Homoerotik. Ich gehe sogar noch weiter: Wagners (reife) Werke sind voll mit sexuellen Verirrungen und enthalten kaum je etwas wie Liebe im herkömmlichen Sinn.
    Der "Ring" ist voll davon - Wotan hat als einziger der Götter eine Frau. Was machen die anderen? Teilen sie sich Freia? Oder gar Loge...? Inzest in der "Walküre" - das Zwillingspaar, klar; und wie stehen Wotan und Brünnhilde zueinander...? Mimes Rolle hat Alviano umrissen, in der "Götterdämmerung" ist Gunther eine höchst seltsame Gestalt, von leidenschaftlicher Liebe zu Brünnhild kann keine Rede sein. Hält er es eher mit seiner Schwester (sein Zorn auf Siegfried hätte dann tiefere Gründe) oder ist er eher Hagen zugetan (dessen erstaunlicher Einfluß damit erklärt wäre)?
    Allenthalben ähnliche Verirrungen im "Tristan", wo die Beziehung zwischen Kurwenal und Tristan eindeutig sein dürfte, die zwischen Brangäne und Isolde eigentlich auch, und Melot scheint mir aus Eifersucht Tristan zu verraten...


    Was es mit dem "Parsifal" auf sich hat - "hammerhart zuende gedacht" hat Alviano seine Interpretation, deshalb ist sie für mich auch völlig schlüssig und nachvollziehbar. Ich sah eigentlich immer eine Parallele zwischen der Wunde Klingsors, die sich aber schloß, und der Wunde des Amfortas. Beide Wunden entstanden durch Sexualität. Was Alviano konsequent weitergedacht hat: Der eindringende Speer hat in einem symbolbefrachteten Werk ebenfalls Symbolkraft. Darum kommen wir nicht herum, wenn wir uns mit den tieferen Schichten eines Werkes befassen.


    :hello:

    ...

  • Zitat

    Original von Edwin Baumgartner
    Wotan hat als einziger der Götter eine Frau. Was machen die anderen?


    Interessanter Aspekt. Wir wissen es nicht. Ich muss bei dieser Gelegenheit an manche Auftritte von Hillary Clinton denken. Sie ist im Prasidentschafts-Wahlkampf als Miss Clinton unterwegs. Ist sie ledig? Lesbisch? OK, wir wissen in diesem Fall, dass sie einen Ehemann hat, aber er spielt im aktuellen Präsidentschaftsdrama eben keine Rolle.
    Die latente Homoerotik zwischen vielen Figuren in Wagners Werk ist sicher erwähnenswert und spricht einmal mehr für Wagner als hervorragenden Dramatiker. Ich würde aber nicht so weit gehen, von Sexualität oder sexuellen Beziehungen zu sprechen in diesem Zusammenhang. Dass zu Freundschafts- und anderen menschlichen Beziehungen und Abhängigkeiten erotische Momente dazugehören, wissen wir seit Freud. Wenn die Männer sagen "Mein Freund war der, er minnte* mich hoch und teuer", "Mich drängt' es zu Männern - und Frauen. Wieviel ich traf, wo ich sie fand, ob ich um Freund', um Frauen warb", "Wen ich geminnt, den minntest du," selbst wenn irgendwann mal ein sexueller Akt stattgefunden haben sollte, was wir ja nicht wissen, denke ich weniger an Homoerotik denn an Zuneigung und Zärtlichkeit unter Freunden oder Sehnsucht nach Freundschaftsbeziehungen und freue mich, dass so etwas im Drama offen ausgesprochen wird. So etwas sagt ja bis heute kaum ein Mann, da es immer noch eher tabu ist, dass ein (heterosexueller) Mann über derartige Zuneigug zu einem anderen Mann spricht - aus Angst, als Homosexueller zu gelten.


    * "minnen" hatte ja ursprünglich noch andere Bedeutungen als "jemand geschlechtlich lieben", z. B. "es gut mit jemand meinen". "Minne" war ursprünglich allgemein das freundliche Gedenken - in vielerlei Hinsicht.

    Bitte bedenken Sie, dass lautes Husten - auch zwischen den Stücken - die Konzentration der Künstler wie auch den Genuss der Zuhörer beeinträchtigt und sich durch den Filter eines Taschentuchs o. ä. erheblich dämpfen lässt.

  • Zitat

    Original von Edwin Baumgärtner: Und jetzt kommt das Aber, das sicher viel mit meiner persönlichen Kunstauffassung zu tun hat.
    Für mich emanzipieren sich Werke von ihrem Autor. Sie beginnen ein Eigenleben zu führen. Und große Werke, die Zeiten überdauern, bleiben aufgrund ihrer Vielschichtigkeit in einem Ausmaß gültig, daß sie das Gefühl jeder Zeit bzw. auch individueller Ansichten widerspiegeln.


    Das entspricht auch meiner Kunstauffassung. Das Männerbündische und der Zusammenhang zwischen Gender, Macht und Gewalt sind ja unbezweifelbar zentrale Themen Wagners. Mag er persönlich noch so frauenfeindlich gewesen sein, dass seine Kunstwerke trotzdem Interpretationen zulassen, wie die von Edwin beschriebene Wiener Staatsopern-Regie von Christine Mielitz, bei der ja nicht der Text umgeschrieben wird und die auch zur Musik passt, macht sie für mich, neben der Musik, gerade interessant. Das unterscheidet Christine Mielitz doch von des Grafen Hundefreund, der wirklich sein äußerliches Steckenpferd an das Kunstwerk heranträgt.
    Insofern finde ich Avianos und Edwins Beispiele nicht weit hergeholt, sondern vorhandene Subcodes durchaus zentraler Themen des Wagnerschen Werks selbst aus unserer heutigen Perspektive verdeutlichend.


    Nebenbei bemerkt, das Männerbündische mit all seinen problematischen Abwehren war ja ebenfalls nicht unerheblich für den Aufstieg des NS. Auch Werke z.B. von Heidegger, Jünger, Klages, Schüler, Niekisch und all der kleineren völkischen Dichterlinge sind voll vom Männerbündischen mit seinem soldatischen Charakterpanzer. Wagners Werke unterscheiden sich aber m.E. auf bemerkenswerte Weise dadurch von denen, der genannten, dass sich in Wagners Werken selbst so viel finden läßt, diese Beziehungen von Gender, Macht, Staat, Vertrag, Geld, Liebe und Gewalt zu überdenken. Seine ambivalenten Charakterisierungen der Personen und ihrer Beziehungen ermöglicht uns hier ja gerade eine solche gute Debatte ohne Unterstellungen, nicht lesen zu können oder schlimmeres.



    Zitat

    Original von Johannes Roehl: Ich finde die Relevanz all der Frauenfeindlichkeit für Handlung und Struktur von Parsifal erstmal eher fragwürdig. Wenn man bei allem, was heute bei oberflächlicher Betrachtung frauenfeindlich erscheint, mental "zumacht" kommt man hier überhaupt nicht weiter (und kann, wie schon gesagt, sicher die Hälfte aller Repertoire-Opern in die Tonne treten, weil sie im EMMA-Test durchfallen).


    Wieso nicht lieber mindestens 3/4 aller Opern eine Regisseurin wie Christine Mielitz wünschen? :D:baeh01:


    :hello: Matthias

  • Lieber Edwin,


    Zitat

    schlüssig und nachvollziehbar


    mag eine Interpretation ja sein, aber beides schließt nicht notwendig direkt an das Werk an.


    Eine Aussagenmenge kann herrlich konsistent ("schlüssig") sein, ohne daß eine einzige dieser Aussagen mit der wie auch immer gearteten Realität zu tun haben (sich außerhalb an Prüfsteinen beweisen) muß. Ein Problem, das jeder kennt, der ein wenig mit kohärentistischen Wahrheitstheorien (oder einfach auch grundlegend mit Fragen der Intersubjektivität) zu tun hatte. Vergib´, daß ich damit komme, aber der Begriff "schlüssig" ist natürlich einer der Logik, nicht primär der Ästhetik.


    Ob eine Interpretation Person x oder y einleutet ("nachvollziehbar" ist), ist von Fragen abhängig, die ich eben in meinem längeren Beitrag formuliert habe: Es geht darum, im ästhetischen Erleben und in der ästhetischen Reflexion zwischen subjektiven Meinungen und einer herauszuarbeitenden "Objektivität des Werkes" zu vermitteln.


    So schwierig das auch sein mag, es muß von Begründungen durch Autorität oder gegenwärtigem Erkenntnisinteresse abgesehen werden.


    Das beginnt in unserem Falle, lieber Edwin, schon damit, daß Du von "sexuellen Verwirrungen" sprichst. (Unglücklicherweise übrigens direkt nachdem Du auf "latente Homosexualität" verwiesen hast. Ich bin sicher, Du intendierst hier keinen Zusammenhang, daher möchte die "sexuellen Verwirrungen" lieber woanders suchen und auch alle anderen bitten, das zu tun.)


    Welchen Maßstab an "Normalität" legst Du hier an, welchen an Devianz? Warum haben die von Dir angeführten Beobachtungen "Eindeutigkeit" für sich? Daß ein Inzest zwischen Siegmund und Sieglinde "begangen" (ad libitum auch: befreiend vollzogen) wird, ist wohl allein unstrittig. Aber dann?


    Warum wird, um nur ein Beispiel herauszugreifen, eine Vater-Tochter-Beziehung in den Bereich des Abnormen verschoben, die in Musik und Text keinerlei intersubjektiv diskutierbares Anzeichen dafür bietet? Wotan küßt Brünnhilde, freilich innig, aber er berührt sie meiner Kenntnis nach nicht unsittlich (womöglich habe ich aber auch die maßgeblichen Inszenierungen verpaßt). Wie um des germanischen Götterhimmels willen soll denn die Innigkeit einer Beziehung sprachlich und musikalisch geschildert werden, wenn man alle Nähe gleich als Intimität auszulegen sich bereit zeigt?


    Zitat

    Original von Edwin Baumgartner
    Mimes Rolle hat Alviano umrissen


    Damit:


    Zitat

    Original von Alviano
    Selbst die Mime-Figur in ihrer Androgynität bietet da Anhaltspunkte...


    ?


    Doch wohl nicht. Das ist nicht mehr als eine vage Behauptung. Weder Frauen noch Männer sind wie Mime...


    Zitat

    Original von Edwin Baumgartner
    Allenthalben ähnliche Verirrungen im "Tristan", wo die Beziehung zwischen Kurwenal und Tristan eindeutig sein dürfte, die zwischen Brangäne und Isolde eigentlich auch...


    Naja, wenn dem so wäre, was wäre dann erst in den Passionsstoffen los? Ich kann über derlei wildes Assoziieren (nach eigener Maßgabe) derzeit nur schmunzeln.


    Zusammenfassend: Es ist, wie eben, herzlich wenig zu entgegnen, wenn jemand kommt und sagt: Für mich ist das nachvollziehbar und schlüssig. Das mag wohl sein. Da kann niemand so recht ansetzen. Wenn wir etwas grundlegender (und das hülfe hier doch weiter) über Fragen von Interpretation und möglicher Intersubjektivität (die erst "Nachvollziehbarkeit" und "Schlüssigkeit" begründen kann) in Bezug auf Wagner und sein Werk reden wollen, wird es nötig sein, sich sowohl ein wenig abstrakter als auch stellenbezogener auszutauschen.



    Alex.

  • Lieber Herr Graf,

    Zitat

    Das beginnt in unserem Falle, lieber Edwin, schon damit, daß Du von "sexuellen Verwirrungen" sprichst. (Unglücklicherweise übrigens direkt nachdem Du auf "latente Homosexualität" verwiesen hast. Ich bin sicher, Du intendierst hier keinen Zusammenhang, daher möchte die "sexuellen Verwirrungen" lieber woanders suchen und auch alle anderen bitten, das zu tun.)


    Da hab ich weiter oben gelobt, daß nichts unterstellt wird - und auf einmal sind die Unterstellungen schon da.
    Darf ich Inzest bitte für eine sexuelle Verwirrung halten?
    Darf ich es sogar für eine sexuelle Verwirrung (im buchstäblichen Sinn) halten, wenn ein Mann nicht so recht weiß, ob er homo- oder heterosexuell ist? Zahlreiche Gestalten Wagners scheinen mir durchaus homosexuelle Züge zu besitzen. Die Behauptung, daß ich Homosexualität für eine Verwirrung halte, kann wohl nur von jemandem kommen, dessen eigenen Denken dieser Aspekt nicht unfern steht. Ich nehme also an, daß Du mir dies nicht unterstellen wolltest.


    Ich glaube übrigens, daß die "Objektivität des Werkes" eine Illusion ist. In dem Moment, in dem ein Kunstwerk an einen Rezipienten dringt, beginnt der Rezipient, es inhaltlich oder ästhetisch zu interpretieren. Insoferne sind Interpretationen, die als solche ausgewiesen sind, objektiver als fälschlich als objektiv ausgewiesene, in Wahrheit aber ebenso subjektive Betrachtungen.


    :hello:

    ...

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  • Lieber Alex,


    nun sind Kunstwerke doch auf eine andere Weise Referent der Interpretationen, als dies z.B. bei Verschwörungstheorien, die in sich auch zuweilen kohärent sein mögen, der Wirklichkeitsbezug ist. Ein praktisch-intersubjektiver "proof of the pudding" ist z.B. nicht möglich. Es bleibt nur die Debatte über notwendig uneindeutige Bedeutungseffekte von Textstrukturen, immer verknüpft mit der Frage, wo Interpretation aufhört und dazudichten anfängt. Jedenfalls sehe ich nicht, wo Aviano oder Edwin dazugedichtet hätten, wie es etwa dein Hundefreund tun müßte, um auf seine Kosten zu kommen. Sie machen doch nur Deutungsvorschläge über die Art der Beziehungen, die im Werk selbst aufgemacht werden und die solange mir als Deutungen möglich erscheinen, wie ihnen der Text nicht als direkt widersprechend aufgezeigt werden kann.


    Da brauch ich doch kein Seminar über Wahrheits- und Intersubjektivitätstheorien, um z. B. Edwins Deutungsvorschlag der Beziehung zwischen Wotan und Brünnhilde als zumindest nicht ganz abwegig gelten zu lassen, sondern wie wärs mit der Zeugenaussage von Fricka, obwohl die Dame natürlich auch als persöhnlich verstrickt und möglicherweise wenig objektiv zu bewerten ist :D:


    Fricka (im Zusamenhang, in dem sie sich als Betrogene beklagt) an Wotan (Walküre): "...und Brünnhilde selbst, deines Wunsches Braut,..."


    Ist das durch die vorangehende Prallelisierung mit anderen Betrügen Wotans nicht auch doppeldeutig? Bezieht sich das nicht auch auf die Konkurrenzbeziehung von Fricka und Brünnhilde um die Zuneigung Wotans, übercodiert um die politische Frage der Konkurrenz um den Zugang zum Machthaber, eine Frage, die Carl Schmitt sehr beschäftigt hat und dem nun Nikolaus Sombart nachweisen zu können glaubte, dass in ihr auch immer viel Erotik steckt. Wie weit nun die Erotik der Beziehung zum Vater und Machthaber auch praktisch geht, ist dann eher egal. Den Holzhammer würden nur schlechte Regisseure verwenden.


    :hello: Matthias

  • Lieber Edwin Baumgartner,


    Zitat

    Original von Edwin Baumgartner
    Da hab ich weiter oben gelobt, daß nichts unterstellt wird - und auf einmal sind die Unterstellungen schon da.


    Nee, sind sie selbstverständlich nicht! Deshalb schrieb ich doch das hier:


    Zitat

    Original von Graf Wetter vom Strahl
    Ich bin sicher, Du intendierst hier keinen Zusammenhang...


    Zitat

    Original von Edwin Baumgartner
    Ich nehme also an, daß Du mir dies nicht unterstellen wolltest.


    Das wirkt nach dem eben Angeführten nachvollziehbar, schlüssig und plausibel. In der Tat. Ich habe allein deshalb deutlichst darauf hingewiesen, um nicht andere die Frage aufwerfen zu lassen. Und um zum Thema der Begründung der von Alviano geäußerten Ansicht zu kommen.


    Zitat

    Original von Edwin Baumgartner
    Darf ich Inzest bitte für eine sexuelle Verwirrung halten?


    Och, wenn Du so nett fragst...


    Zitat

    Original von Edwin Baumgartner
    Ich glaube übrigens, daß die "Objektivität des Werkes" eine Illusion ist...


    Lieber wäre mir, Du könntest das belegen (was schwer sein dürfte). Ich sprach im Übrigen auch nicht von einer totalen Objektivität (die ist spätestens seit Kants Theorien überholt), welche vollkommen von jeglichem Subjekt losgelöst irgendwo für sich bestünde. Ganz deutlich erinnerte ich daran, daß der Vermittlung von Subjektivität und Objektivität ein Hauptaugenmerk gelten muß in Fragen, wie wir sie hier behandeln. Und ohne jegliche Intersubjektivitätsbemühungen, ohne weiter von einer gewissen Objektivität eines Kunstwerkes zu sprechen, wird jedes Reden über dasselbe beliebig.


    Ich schrieb es schon, an irgendwas müssen sich Aussagen prüfen und belegen/widerlegen lassen. In unserem Rahmen sollte das schon das Kunstwerk sein.


    Zitat

    Original von Matthias Oberg
    Da brauch ich doch kein Seminar über Wahrheits- und Intersubjektivitätstheorien, um z. B. Edwins Deutungsvorschlag der Beziehung zwischen Wotan und Brünnhilde als zumindest nicht ganz abwegig gelten zu lassen...


    Nein, lieber Matthias, Seminar ist in jenem andern Thread und Abwegigkeiten auch.


    Zitat

    Original von Matthias Oberg
    Sie machen doch nur Deutungsvorschläge über die Art der Beziehungen, die im Werk selbst aufgemacht werden und die solange mir als Deutungen möglich erscheinen, wie ihnen der Text nicht als direkt widersprechend aufgezeigt werden kann.


    Und hier sehe ich die Beweislast bei denen, die Deutungsvorschläge unterbreiten. Erst wenn der Text (sprachlich oder musikalisch) von sexuellen Verwirrungen handelt, gibt es gute Gründe, dieser Lesart nachzugehen. In allen Fällen außer dem genannten Inzest sehe ich die nicht, lasse mir aber gern die Augen öffnen.


    Es geht auch gar nicht darum, ob die sexuellen Deutungen so abwegig sind, daß die nicht erwähnt werden düften (erwähnt werden darf erstmal alles), sondern ob sie intersubjektiv plausibel genug sind, daß aus ihnen eine echte Lesart, ein eigenständiger Zugang zum Werk gebildet werden kann, der wirklichen Erklärungswert für diese oder jene Stelle oder gar den Gesamtzusammenhang besitzt.


    Den Erklärungswert sehe ich übrigens bei Alvianos gekonnter Parsifal-Ausdeutung absolut gegeben. Wenn man davon ausgehen will, daß maßgebliche außersexuelle Handlungen im Leben sexuell motiviert sind/sein können, hilft das wahrscheinlich weiter. Hier gibt es nur mindestens ebenso plausible Lesarten (eine deutete JR schon an), die wesentlich mehr Erklärungswert für sich verzeichnen können. Weil sie unmittelbar mit Macht und anderen Kernelementen der Handlung zu tun haben.


    Selbstverständlich spielen Sexualität, das Unerfahrensein in ihr, Triebhaftigkeit und das weitgehende Freisein davon im Parsifal eine gewichtige Rolle. Gar keine Frage. Ich habe auch erst eingehakt, als dieser eigene Strang übermäßig interpretatorisch ausgedehnt wurde und zur Beschreibung wie Erläuterung anderer, in meinen Augen offensichtlicherer und auch bedeutsamerer Stränge herangezogen wurde.


    Allerdings ist mir bewußt, daß dieser hübsche Thread es sich nicht zur Aufgabe gesetzt hat, Wagners Werke erschöpfend zu besprechen. Daher bitte ich um Nachsicht, daß unvermittelt allzu schwere Fragen aufgeworfen wurden. Wie kamen wir eigentlich darauf? Na, jedenfalls, so wie wir hineingekommen sind, so werden wir sicher auch wieder rausfinden.


    Von sexuellen Verwirrungen zu interpretatorischer Klarheit ist´s eben auch ein kleiner Schritt. Umgekehrt vielleicht genauso. Mir ist alles recht.



    Alex.

  • Zitat

    Original von Fairy Queen
    Lieber JR, was soll das heissen: bei OBERFLÄCHLICHER Betrachtung frauenfeindlcih ERSCHEINT?


    Das soll genau das heißen, was ich geschrieben habe. ;)


    Zitat


    Willst du uns, die wir Wagners Frauenbild sehr kritisch zu sehen wagen, damit unterstellen, wir betrachten nur den äusseren Schein und dringen nicht bis zum Kern des Ganzen vor?
    Und was den sogenannten EMMA-Test angeht--da erübrigt sich dann wohl jeder weitete Kommentar .......... :rolleyes:
    Tut mir leid, aber hier sind wir leider genau auf der Ebene, auf der ich nicht weiter diskutieren möchte. :no:


    Nö. Du willst anscheinend die Vorurteile, die Dir eine halbwegs klare Sichtweise unmöglich machen (was Du ja selbst sagst), bestätigt bekommen. So kann man in der Tat nicht diskutieren.
    Wenn Du mit dem Ansatz "Wagners Frauenbild" herangehst, ist das schon die falsche Frage. Eher vielleicht: worum geht es in Parsifal?
    Wie kommst Du z.B. auf die Idee, die Gralsgemeinschaft sei positiv gezeichnet? Die ist, wie schon gesagt, krank bis ins Mark, und Kundry ist nicht die Gegnerin der Gralsritter (sie kann sich offenbar nicht dagegen wehren, als Werkzeug Klingsors eingesetzt zu werden), sondern versucht ihnen zu helfen (und ist, wie Edwin schon sagte, ein ganz entscheidender Faktor, daß Parsifal Amfortas erlösen kann)
    Ich kann nicht behaupten, die Erlösungsmystik im Parsifal (und anderswo) besonders gut verstanden zu haben. Ebenso wenig die "gespaltene Persönlichkeit" Kundrys. Aber man kann doch einfach mal um des Dramas willen annehmen, daß sie warum auch immer "schlechtes Karma" hat und dadurch unfreiwillig Klingsors Werkzeug werden muß, was sie in den Phasen der anderen Persönlichkeit verzweifelt versucht, wieder gut zu machen. (Ob das nach unseren Maßstäben "fair" ist, ist schlicht nicht der Punkt, ebensowenig wie in der ähnlichen Situation des Fliegenden Holländers).


    Es ist auch verkehrt, daß Parsifal durch den Kontakt mit Kundry "verunreinigt" wird, im Gegenteil ist doch gerade die Pointe, daß er dadurch "wissend" wird, Klingsors Macht brechen und später als "Erlöser" dienen kann.
    Wie gesagt, ich finde das auch einigermaßen verquast. Aber gerade deswegen muß man sich zunächst möglichst weit auf die interne Logik dieser Handlung einlassen, dann sieht man sehr schnell, daß hier nicht ganz so simple Klischees gedroschen werden, daß nämlich die streng-keusche Gemeinschaft der Ritter keineswegs einfach "die Guten" sind und Kundry ganz gewiß nicht "die Böse".



    (Es ist mir wirklich schwer verständlich, wie man "das Männerbündische" bei Wagner als affirmativ gezeichnet verstehen kann: der Chef der Gralsritter verfault bei lebendigem Leibe, seine Gemeinschaft ist machtlos dagegen, die Meistersinger werden (zugegeben recht milde) als steife Regelfuchser karikiert und ein kreativer Außenseiter lehrt sie letztlich, was Kunst ausmacht (etwas vereinfacht).


    :hello:


    JR

    Struck by the sounds before the sun,
    I knew the night had gone.
    The morning breeze like a bugle blew
    Against the drums of dawn.
    (Bob Dylan)

  • Lieber Johannes, .


    ich nehme nicht an, dass es- wie ich es in Edwins Fall empfunden habe - auch Dein Bestreben ist, Leuten wie mir , Wagner oder den Parsifal wieder ein bisschen näher zu bringen und da ich mir von dem schlechten Karma deiner Unterstellungen nciht die Freude über das konstruktive Karma meines Austauschs heute morgen in diesem Thread nehmen lasse,
    kommentiere ich Deine Ausführungen nicht weiter .
    Bonne nuit.


    Fairy Queen

  • Aaaalso,


    ob ich nun Zugang finde zu einer Oper, hängt sicher von mehreren Faktoren ab und der Hauptfaktor bleibt die Musik bzw. allenfalls ein Sujet, das mich besonders fesselt. Opern bedienen zwar durchaus allgemeinpolitische Segmente, aber ich fände es suspekt, wenn jemand seine politische Weltsicht von einen Oper bestimmen lässt. Dies sollte und kann das Genre nicht leisten.


    Dein Beitrag, lieber J. R. hat eigentlich recht plastisch aufgezeigt, dass auch der Aspekt des Frauenbildes, das über Kundry transportierbar ist, mehrere Deutungsstränge zulässt. Ich sehe es nicht ganz so wie du, denn mir ist beispielsweise dieses "Dienen, dienen" doch zu nahe an dem Erwartungsmuster an Frauen der damaligen Zeit dran, um hier eine völlige Trennung von diesem "kulturellen" Hintergrund annehmen zu können, aber Interpretationsweisen in deine Richtung durch entsprechende Regie sind denkbar.


    Wenn man genau hinschaut, lässt sich oft erkennen, dass Wagner destruktive Handlingen gegen jedermann/frau mit umfassenden Folgen belegt und den Täter in der Regel nicht als (moralischen) Sieger dastehen lässt. Auch die Edelmenschen bekommen im Laufe der Zeit Flecken.


    Umso fassungsloser macht einen dann das antisemitische Geschreibsel!!!



    LG
    :hello:


    Ulrica

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