Heute liebe ich Musik, die es schafft, lange Spannungsbögen zu schlagen, sich Zeit läßt - und alles in warmen, weich und doch klar dahinströmenden Orchesterfarben – ein Komponist, der mich auf diese Weise immer wieder beeindruckt hat, ist Frederick Delius.
Delius begegnete zum ersten Mal vor vielen Jahren – es muß um 1970 gewesen sein – als Hauptperson in einem Fernsehfilm: A Song of Summer von Ken Russell, der die letzten Jahre des erblindeten, gelähmten und von Syphilis gezeichneten alten Mannes aus der Sicht seines Verehrers und Assistenten Eric Fenby beschrieb: Bilder des Aufleuchtens großer Kreativität angesichts körperlichen Verfalls, ein Kontrast, den ich damals interessant fand.
Jelka Rosen und Frederick Delius 1929 (Quelle: Wikipedia)
Jahre später erst begegnete mir Delius’ Musik in kürzeren Orchesterstücken, etwa: On Hearing the First Cuckoo in Spring, A Song before Sunrise oder Irmelin Prelude – Musik, die ich angenehm und reizvoll fand, die mich allerdings nicht tiefer berührte. Größere Chorwerke wie Eine Messe des Lebens und Songs of Sunset erschienen mir insgesamt zu massiv.
Dagegen erreichte mich tiefer Delius’ Oper Romeo und Julia auf dem Dorfe – eine scheinbar unendlich dahinfließende Musik ohne größere Kontraste, die als DVD (Mackerras) vor mir liegt und die ich gelegentlich wieder einmal hören will.
Ihr merkt vielleicht: So restlose Begeisterung klingt bei mir nicht durch – und in der Tat gibt es Stimmungen, in denen mich Delius mehr anspricht und berührt, aber auch Stimmungen, in denen das weit weniger der Fall ist.
Nachdem ich kürzlich dank Johannes (Guercoeur) wieder auf Delius aufmerksam wurde, bemerkte ich beispielsweise, daß A Song of the High Hills und die Songs of Sunset (dirigiert von Eric Fenby) doch ganz wunderbare Werke sind, die mich faszinieren – und um meine Hör-Erfahrungen nicht im großen Ozean des „Was hört ihr gerade...?“ oder anderswo untergehen zu lassen, eröffne ich diesen Komponisten-Thread, in den alle Eindrücke und Erfahrungen gehören, die mit Frederick Delius gemacht werden.
Also: Welche Werke Delius kennt Ihr, welche schätzt Ihr hoch, welche weniger, und in welchen Einspielungen? Was ist das Besondere an seiner Musik?
Zur Person des Komponisten hier nur ein paar Anmerkungen: Frederick Delius (eigentlich: Fritz Theodor Albert Delius) wurde zwar in England geboren (am 29.01.1862 in Bradford, Yorkshire, England), seine Eltern waren aber Deutsche, aus Bielefeld eingewandert. 1884-1886 versuchte sich der junge Mann erfolglos als Farmer in Florida; in Virginia beschäftigte er sich schon mehr mit Musik, um sich dann, mit Zustimmung des Vaters, 1886 bis 1888 am Konservatorium in Leipzig gründlicher ausbilden zu lassen. Dann folgten einige Jahre in Paris, er lernte dort seine spätere Frau Jelka Rosen, eine deutsche Malerin, kennen und ließ sich mit ihr – nach Reisen durch England, Skandinavien und Deutschland – in Grez-sur-Loing bei Fontainebleau, ca. 60 km südöstlich von Paris, nieder, wo er, außer in der Zeit des I. Weltkriegs, die er in England verbrachte, bis zu seinem Tod lebte. Er starb dort am 10.06.1934.
Delius’ Musik wird oft als spätromantisch-impressionistisch bezeichnet, auch kennt man ihn als eine Art musikalischen Landschaftsmaler, Titulierungen, die wohl zu relativieren wären. Sicher gibt es im Forum Kenner/innen, die das viel besser als ich beschreiben und einordnen können, deshalb halte ich mich an dieser Stelle zunächst mal zurück. Auch über einzelne Werke hier nichts weiter – ich gebe auch zu, daß ich einige davon noch gar nicht kenne - ein Motiv, diesen Thread zu eröffnen, besteht gerade darin, dies allmählich zu ändern.
Also dann...?!