Hans Rott - Ein verkanntes Genie?

  • Hallo, Mahler-Freunde.


    Zitat

    "Es ist völlig unmöglich zu ermessen, was die Musikwelt an ihm verloren hat. Seine Erste Sinfonie erhebt sich in solche Höhen des Genius, daß sie ihn, ohne Übertreibung, zum Begründer der Neuen Sinfonie macht,wie ich sie verstehe."



    Kein Geringerer als Gustav Mahler schreibt dieses im Jahr 1900, sechzehn Jahre nach Rotts Tod.



    Bis vor einigen Jahren war Rott von der Musikwelt nahezu unbeachtet geblieben, aber nur gibt es zumindest drei Einspielungen von seiner Es-Dur Sinfonie. Auch sie musste teilweise rekonstruiert werden. Im Harenberg Konzertführer scheint der Name jedoch nicht auf, eine Schande, meiner meinung nach.>br> Rott, war ebenso wie Gustav Mahler, Schüler von Anton Bruckner, ja sogar einer seiner Lieblingsschüler.>br> Er war in jedoch öfter in finanzieller Bedrängnis und hatte Probleme anerkannt zu werden, (Brahms meinte, die Sinfonie könne unmöglich von Rott selber stammen.)

    Dies führte in weiterer Folge zu einer reaktiven Psychose mit Verwirrungssymptomen (Die damalige Diagnose lautete auf Halluzinatorischen Verfolgungswahn (eine Spielart der Schizophrenie,heute Paranoia)

    Während einer Eisenbahnfahrt hatte er offensichtlich einen "Schub", er bedrohte einen Mitreisenden, der sich eine Zigarre anzünden wollte mit einem Revolver um diesen davon abzuhalten. Er begründete dies mit der Behauptung, Johannes Brahms habe den Zug mit Dynamit beladen......

    Rott wurde vorerst auf die Psychatrie in Wien, und von dort, nach einigen Selbstmordversuchen in die Niederösterreichische Landesirrenanstalt überstellt wurde, wo er 26 Jährig an Tuberkulose starb.

    Es existieren etliche Werke Rotts, teilweise jedoch fragmentarisch. Die seit einiger Zeit bestehende Hans Rott Gesellschaft kümmert suich darum.

    Ein komplettes Werksverkzeichnis und biographische Daten findet man auf http://www.hans-rott.org/

    Was uns hier und heute jedoch interessiert, ist seine Sinfonie in Es-Dur. Wer von Euch besitzt sich schon und kann Kommentare abgeben ? Hat jemand vielleicht sogar 2 Einspielungen ?



    In letzter Zeit wurden einige Aufnahmen dieser Sinfonie gemacht, ich glaube es gibt bereits 4 Einspielungen, schön wäre es allerdings wenn sich ein Spitzenorchester, wie beispielsweise die Wiener Philharmoniker für eine Einspielung dieses interessanten Werkes bereitfinden würde.......

    Stilistisch erinnert die Musik von Rott durchaus an frühen Mahler. Über deren Stellenwert sind sich die Experten bis heute jedoch nicht einig.

    Beste Grüße aus Wien

    Alfred



    Dieser Beitrag stellt eine Bearbeitung eines bereits andernorts veröffentlichten Textes aus meiner Feder dar, dessen Copyright jedoch bei mir liegt.

    C2004 Alfred Schmidt Wien

    Wenn ich schon als Vorbild nicht tauge - lasst mich wenigstens ein schlechtes Beispiel sein !



  • Hans Rott ist in seiner Wirkung auf Gustav Mahler gar nicht zu überschätzen. Sie waren gemeinsam Schüler am Wiener Konservatorium und Hans Rott hat seine erste und einzige Sinfonie fünf Jahre vor Mahlers erster Sinfonie geschrieben. Seine tragische Geschichte und die Bezüge zu Mahler sind sehr schön bei Jens Malte Fischer, Gustav Mahler, S. 79 ff. dargestellt.


    Rott wird sicher als wesentlicher Vorläufer Gustav Mahlers gesehen werden können. Wenn man die Nachfolge betrachtet, wird neben einzelnen Sinfonien Shostakovichs sicher auch Franz Schmidt in Betracht gezogen werden müssen.


    Ich habe von Hans Rotts E-Dur-Sinfonie leider bisher nur eine Aufnahme und zwar die Aufnahme von Gerhard Samuel, die mich bisher sehr zufrieden gestellt hat - aber - wie gesagt - leider habe ich keine Vergleichsmöglichkeiten.




    Mit freundlichem Gruß


    Matthias

    Tobe Welt, und springe,
    Ich steh hier und singe.

  • Zitat

    Original von MStauch
    Wenn man die Nachfolge betrachtet, wird neben einzelnen Sinfonien Shostakovichs sicher auch Franz Schmidt in Betracht gezogen werden müssen.


    Nanu, Schostakowitsch soll Rotts Werke gekannt haben?
    Oder ist das die Nachfolge über das Bindeglied Mahler?

  • Seit ein paar Wochen habe ich die Aufnahme mit dem Münchner Rundfunkorchester unter Sebastian Weigle. Als ich begann, die sogenannte klassische Musik zu hören, war mir beim ersten Anhören meistens sofort klar: das ist es, oder das ist es nicht (ganz). Selbstverständlich eine rein subjektive Wertung. Bei Rott muß ich noch nachsitzen, um mir diese Frage zu beantworten. Hier kommt natürlich die Schwierigkeit hinzu, daß es praktisch nur ein 'Hauptwerk' von ihm gibt, an dem sich alles entscheiden muß. Ähnlich wie bei Reubke, der mir in diesem Zusammenhang einfällt, bei dem mir aber sofort klar war: ein Großer, der durch seinen frühen Tod im übertragenen Sinne ein 'Schwarzes Loch' hinterlassen hat.


    :hello:

  • Die Weigle-Einspielung ist leider kein Vergleich zur Davies-Einspielung bei cpo.


    Die helios-Aufnahme kenne ich leider nicht, aber Dennis Russel Davies zeigt, daß er auch bei Spätromantik, wenn diese Kategorisierung mir mal erlaubt sei, sein Handwerk versteht.


    Ich würde zur cpo-Aufnahme raten!


    :hello:
    Wulf.

  • Zitat

    Original von helmutandres
    Ähnlich wie bei Reubke, der mir in diesem Zusammenhang einfällt, bei dem mir aber sofort klar war: ein Großer, der durch seinen frühen Tod im übertragenen Sinne ein 'Schwarzes Loch' hinterlassen hat.


    Hm, von Reubke kenne ich eine sehr in Liszts Fußstapfen einherkommende, aber durchaus bemerkenswerte Klaviersonate, die keinen besonders überragenden oder eigenwilligen Komponisten verspricht.


    Bei Rott ist die Situation schon ganz anders. Zwar schreitet er in Bruckners Fußstapfen, aber was sich da in der Symphonie so alles ankündigt hinterläßt zwar kein schwarzes Loch, aber stattdessen immerhin Mahler. Man könnte sich quasi fragen, ob Rott der richtige Mahler gewesen wäre - aber das ginge zu weit.
    :hello:

  • Ich bin davon überzeugt, daß Rott zu einem der großen Symphoniker neben Mahler geworden wäre. Ich glaube aber, man geht zu weit, wenn man Rott als die Inspirationsquelle Mahlers bezeichnet.
    Es stimmt schon: Mahler hat einiges bei Rott "ausgeborgt" - aber Mahler hat sich auch bei Brahms, Schubert und Tschaikowskij bedient, und ist dabei Mahler geblieben: Weil Mahler eben dieses Spiel mit Ausgeborgtem, Trivialem, Gebrochenem etc. zu einem wesentlichen Element seines Eigenstils gemacht hat. Über den Fall Rott staunt man im Zusammenhang wohl nur, weil Rott lange Zeit ein absolut Unbekannter war. (Andernfalls müßte man wohl ebenso über die Beziehung Brahms-Mahler staunen, die am Anfang vom Mahlers Dritter wohl offen zutage tritt.)


    Abgesehen davon: Was mich bei Rotts Symphonie verstört, sie mir nahezu unerträglich macht, ist der Einsatz der Triangel. Kaum kommt ein Höhepunkt, klingelt die Triangel, kaum kommt eine Steigerung, klingelt die Triangel, kaum kommt ein Piano, klingelt die Triangel.
    Ich habe einen der Rott-Dirigenten einmal gefragt, was er davon hält. Er meinte, er wisse um das Problem, aber könne nicht in ein Werk eingreifen.


    Mitunter ist Werktreue doch sehr störend...


    :hello:

    ...

  • Die Triangel findet zu meinem Leidwesen auch in Mahler-Symphonien ihren Einsatz. Das ist einer der wenigen Punkte bei denen mir die Instrumentierung bei Mahler Probleme bereitet.


    Wie kommt Mahler zur Triangel? Ist das eine (schlechte) Erbschaft von Rott?


    kurzstueckmeister:


    Ich meinte die Nachfolge Mahlers, nicht die Nachfolge Rotts.


    Mit besten Grüßen


    Matthias


    P.S.:


    Ich habe mir kürzlich die Aufnahme der E-Dur Suite für Orchester von Rott und die Aufnahme der Hamburger Fassung der 1. Mahler-Symphonie in der Aufnahme von Antony Hermus u. Philharmonisches Orchester Hagen zugelegt. Die Aufnahme war gut besprochen - für mich das sie die Versprechung nicht gehalten.

    Tobe Welt, und springe,
    Ich steh hier und singe.

  • Zitat

    Original von Edwin Baumgartner
    Abgesehen davon: Was mich bei Rotts Symphonie verstört, sie mir nahezu unerträglich macht, ist der Einsatz der Triangel. Kaum kommt ein Höhepunkt, klingelt die Triangel, kaum kommt eine Steigerung, klingelt die Triangel, kaum kommt ein Piano, klingelt die Triangel.
    Ich habe einen der Rott-Dirigenten einmal gefragt, was er davon hält. Er meinte, er wisse um das Problem, aber könne nicht in ein Werk eingreifen.


    Mitunter ist Werktreue doch sehr störend...


    :hello:


    Gerhard Samuel, der Dirigent der Uraufführung von Rotts Sinfonie, ging mit dem Pauken- und Triangeleinsatz recht "pragmatisch" um. Im Beiheft heißt es: "Eine weitere Eigenart in der Orchestrierung Rotts ist die herausragende Rolle, die den Pauken und dem Triangel zugeteilt ist; es wurde entschieden, dass besonders Letzteres das Klangbild zu sehr dominiert. Für die vorliegende Aufnahme ist der Paukenpart unverändert geblieben (wobei jedoch einige Noten ohne die angegebenen Wirbel erklingen), der Triangelpart hingegen ist etwas gekürzt worden."



    Weiß es der Dirigent (der Uraufführung) manchmal besser als der Komponist?


    Ich will die Frage schlußendlich nicht für mich beantworten. Das Ergebnis stellt für mich eine Bereicherung der Sinfonienlandschaft dar, wenngleich einige Passagen reichlich "unausgegoren" erscheinen -welch Wunder bei einem Werk eines knapp über 20-jährigen.


    Gustav Mahler hat es wie folgt ausgedrückt: "Allerdings ist das, was er wollte, noch nicht ganz erreicht. Es ist, wie wenn einer zu weitestem Wurfe ausholt und, noch ungeschickt, nicht völlig ans Ziel hintrifft. Doch ich weiß, wohin er zielt."


    Ich schließe mich den Meinungen an: Was hätte aus Hans Rott werden können, wenn ihm nicht ein solch trauriges und jähes Ende widerfahren wäre...

    Grüße aus der Nähe von Hamburg


    Norbert


    Das Beste in der Musik steht nicht in den Noten.

    Gustav Mahler


  • Hallo!


    Angesichts des Rott-Jubiläums dieses Jahr (150. Geburtstag) hatte ich mir diese CD zugelegt:



    Ich bin sehr positiv überrascht von der E-dur-Symphonie. Der letzte Satz zieht sich IMO etwas zu sehr, aber ansonsten bin ich durchaus angetan. Dabei bin ich alles andere als ein Mahler-Fan. Hätte Mahler doch mehr wie Rott komponiert... :pfeif: ... :untertauch:


    Ja, stilistisch liegt Rott doch z.T. sehr nahe an Mahler (ganz besonders auffällig für mich Laien im dritten Satz), aber die Nähe zu Bruckner ist für mich auch spürbar.
    Kann man die Symphonie als evolutionäres Zwischenglied zwischen Bruckner und Mahler sehen?


    Viele Grüße,
    Pius.

  • Tamino Beethoven_Moedling Banner
  • Kennengelernt hatte ich Rott vor Jahren mit der Aufnahme bei BIS, Leif Segerstam, Norrköpping SO:



    "Natürlich" war Anlass der Beschäftigung Mahlers Aussage zu Rott gewesen, deshalb war ich auch überrascht, ihn gefühlsmäßig eher bei Bruckner als im Vorgriff auf Mahler anzusiedeln. Das relativierte sich nach öfterem Hören und der Entdeckung immer weiterer tatsächlich vorgreiflicher Elemente. Mag schon sein, dass hier noch Großes zu erwarten gewesen wäre, und ich stelle gerne das fast "jugendliche" Alter des Komponisten in Rechnung. Trotzdem empfinde ich immer noch den letzten Satz als seltsam flach und unausgereift, als hätte Rott ihn nicht zu Ende gedacht, nicht auskomponiert.


    Dabei bin ich natürlich nicht sicher, ob nicht eine gewisse Uninspiriertheit Segerstams oder seines Orchesters eine Rolle spielen könnte, und mit Dennis Russel Davies eine Neubetrachtung zu wagen, könnte sich lohnen.


    Liebe Grüße, Ulrich

  • Hallo Matthias,


    Zitat

    Original von MStauch
    Die Triangel findet zu meinem Leidwesen auch in Mahler-Symphonien ihren Einsatz. Das ist einer der wenigen Punkte bei denen mir die Instrumentierung bei Mahler Probleme bereitet.


    Wie kommt Mahler zur Triangel? Ist das eine (schlechte) Erbschaft von Rott?


    Eher handelt es sich wohl um die Erbschaft von Franz Liszt. Der hat doch dieses Konzert Nr. 1 für Klavier und Orchester [und Triangel] geschrieben.


    Viele Grüße


    :hello:

  • Zitat

    Original von Kontrapunkt


    Eher handelt es sich wohl um die Erbschaft von Franz Liszt. Der hat doch dieses Konzert Nr. 1 für Klavier und Orchester [und Triangel] geschrieben.



    Was habt Ihr eigentlich alle gegen die Triangel? :D


    Spätestens seit Haydns Nr. 100 und Beethovens Neunter taucht das Instrument doch gelegentlich in symphonischen Werken auf. Nicht nur bei solchen der neudeutschen Richtung - auch in Schumanns sog. Frühlingssymphonie oder (später als bei Rott) im Scherzo der Vierten von Brahms. Aus der zweiten Hälfte des 19. Jahrhunderts lassen sich noch viele andere Beispiele nennen. Das ist also nichts Besonderes. Bei Mahler wird nach meiner Erinnerung im Gegensatz zu Rott die Triangel eher sparsam eingesetzt.


    (Dass die Triangel bei Liszt ein gewisses Aufsehen erregte, lag doch wohl eher daran, dass es sich hier um ein Konzert und nicht um ein symphonisches Werk handelt - sowas fanden die Gralshüter der Tradition unseriös. Dabei hat Liszt das Instrument hier wie auch im "Totentanz" doch sehr sinnfällig als klangliches Analogon zu den obersten Oktaven der Klaviatur eingesetzt.)



    Viele Grüße


    Bernd

  • Mich stört der vergleichsweise exzessive Gebrauch des Triangels gegen Ende des Liszt-Konzerts auch nicht. Ich kann aber nachvollziehen, wenn andere das nervt. So wie ich irgendwie verstehen kann, dass viele das Geräusch von Kratzen auf 'ner Tafel nicht vertragen.


    Viele Grüße


    :hello:

  • Aufgrund der Hinweise im Thread zu Werken mit Bruckner-Nähe habe ich mir jetzt auch die Rott-Sinfonie Nr.1 bestellt. Ein für mich noch unbekanntes Werk.


    Ich habe mich für diese preiswerte ARTE-Aufnahme entschieden:



    ARTE, 2004, DDD


    Die soll laut a....n-Kritik besser sein als mit Samuel und D.R.Davies:

    Zitat

    Dieser wunderbaren Symphonie, die Sebastian Weigle hier für Arte Nova vorgelegt hat. Zügige, klar pulsierende Tempi, ein satter, voller Streicherklang, sehr gute Holz und Blechbläser, vor allem aber auch eine viel Raum gebende Aufnahmetechnik, lassen diese CD zum Hörereignis werden. Da kommt die Ersteinspielung von Gerhard Samuel (dünner Streicherklang, schleppende Tempi, teilweise uninspirierte Bläser, grell, bei jedem Tutti hört man das metallische Scheppern des Triangels- man hört klar die Grenzen der Musiker) und auch die RSO Wien Aufnahme bei CPO unter D.R.Davies (kalter Klang, viel zu trocken und fad) nicht mit.
    Über die Symphonie, nur ein Wort: Geniestreich !
    Um mit den Worten Gustav Mahlers zu schließen: "Was die Musik an ihm verloren hat, ist gar nicht zu ermessen..."

    Gruß aus Bonn, Wolfgang

  • Hallo Teleton


    genau die habe ich mir gestern auch bestellt. Bald! werde ich sie mir anhören können. Ich bin neugierig wie auf Simpson und Wetz...


    Ich kann dir leider auf keine Mail antworten, weil ich das Passwort der - extra zum Behufe eingerichteten - Mailbox vergessen habe. Gestern habe ich mit Alfred telefoniert. Wegen der "PNs", dass eben diese unterbunden wurden, sagte er mir nochmal. Das wurde mir im Aufnahmeprocedere auch gesagt, und ich konnte mich nicht dran erinnern. Meine Theorie ist, dass mein Unbewusstes irgendeinen Dreher in das Passwort hineingezaubert hat, den ich nicht mehr reproduzieren kann. Wien ist ja nicht zuletzt die Geburtsstätte der allmächtigen Tiefenpsychologie.


    Es ist schon ein Riesengewinn, wenn man weiss, was bestellen.


    Viele Grüsse
    Julius

    Julius

  • Ich habe die oben abgebildete Rott-ARTE-CD mit Sebastian Weigle seit einigen Tagen vorliegen und auch mehrmals in Teilen und komplett gehört.


    Die ARTE-Aufnahme ist von der Orchesterabbildung (und Klang) und scheinbar auch von der Interpretation voll zufriedenstellend.
    :wacky: Die Rott-Sinfonie, die zwischen Mahler und Bruckner angesiedelt sein soll, finde ich zwar ganz nett, aber so toll wie ich es mir angesichts dieses Threads vorgestellt hatte --- nicht.
    Im Prinzip ist jede Bruckner-Sinfonie für mein Empfinden interessanter als dieses Werk, das mir zu wenig spektakulär ist und auf dem Boden der Romantik stehen bleibt. Genauso die sicher intessanten Vorspiel-Beigaben auf der CD; Vorspiel zu Julius Cäsar - eine Oper, die nie komponiert wurde.


    Fazit: Kein durchschlagender Erfolg ! Jedenfalls nicht bei mir.
    Auch wenn viel jetzt meckern - es hat hier wohl wiedermal seinen Grund, das das Werk sich wenig durchgesetzt hat.

    Gruß aus Bonn, Wolfgang

  • Zitat

    Original von teleton
    Im Prinzip ist jede Bruckner-Sinfonie für mein Empfinden interessanter als dieses Werk, das mir zu wenig spektakulär ist und auf dem Boden der Romantik stehen bleibt.


    Äh - hast Du etwa erwartet, dass Rott interessanter/besser sein soll als Bruckner?
    Oder dass er 1878 den "Boden der Romantik" verläßt?
    ?(

  • Hallo KSM,


    nein, aber ich habe angesichts der begeisterten Worte in diesem Thread einfach mehr von dem Werk erwartet - mein Fehler !
    Mit "stehen bleiben" meine ich, das ich nichts Zukunftsweisendes höre - wie Mahler, der sich ja sogar an Rott orientiert haben soll, bereits in seiner 1.


    Man sollte mich auch nicht falsch verstehen.
    Ich finde die Rott - Sinfonie ja nicht schlecht und werde sie gewiss irgendwann wiedereinmal hören, zumal die Weigele - Aufnahme (ARTE) wirklich zufriedenstellt. Ich habe das Gefühl das er das Maximum aus dem Werk herausholt.

    Gruß aus Bonn, Wolfgang

  • So verschieden sind die Geschmäcker


    Pius schrieb:


    Hätte Mahler doch mehr wie Rott komponiert..


    Genau DAS war mein Eindruck, als ich Rott das erste Mal hörte.
    Wobei gesagt werden muß, daß es vermutlich davon abhängt, aus welcher musikalischen Ecke man kommt, und warum man Mahler mag -bzw inwieweit man ihn mag. Ich ziehe Mahlers früher Sinfonien jenen von Bruckner vor, sie sind (für mich) melodiöser und durchhörbarer. Das gilt - beinahe würde ich sagen - in besonderm Maße für Rott,


    "Mahlers NULLTE" , gewissermaßen.


    Wenn Rott hier so gefeiert wird/wurde, dann muß man es in jenem Kontext sehen, daß er den meisten Musikfreunden vo 20 Jahren noch völlig unbekannt war. Si gesehen ist seine Sinfonie geradezu eine Sensation, und man sollte Mahlers Urteil hier nicht außer acht lassen, der als Zeitgenosse das Revolutionärte besser beurteilen konnte als wir Nachgeborenen.


    Ich selbst liebe die Sinfonie vermutlich auf Grund eines Mißverständnisses (ähnlich wie jene frühen von Mahler):
    Verglichen mit dem was drauf folgte, sind sie geradezu romantisch konservativ :untertauch: :stumm:


    mfg aus Wien



    Alfred

    Wenn ich schon als Vorbild nicht tauge - lasst mich wenigstens ein schlechtes Beispiel sein !



  • Tamino Beethoven_Moedling Banner
  • Mahler hat das Werk ja erst etwa zur Zeit der Komposition seiner eigenen 3. Sinfonie kennengelernt. Insofern ist der manchmal geäußerte Verdacht, Mahler habe von Rott "abgeschrieben" ziemlich sicher unbegründet. Zumal "Das klagende Lied" an Eigenständigkeit kaum zu wünschen übrig läßt. Die Gemeinsamkeiten dürften auch durch den gemeinsamen Hintergrund (Bruckner, Brahms usw.) erklärbar sein.


    Dennoch ist die Originalität oder Modernität von Rotts Werk m.E. deutlich zu merken, wenn man sie z.B. mit der 2. Sinfonie von Brahms (1877) oder sogar Bruckners 5. (1878 ) vergleicht.
    Der interessanteste und Mahler nächststehende Satz ist m.E. das Scherzo. Allein die ungewöhnliche Dimension dieses Satz spricht Bände, dazu der eigenartig oszillierende Charakter, mit etwas grotesken Zügen. Das geht durchaus in Richtung Mahlers 3. und 5. Sinfonie, die erst 20-25 Jahre später geschrieben wurden.


    Ich habe das Stück ja sogar mal live gehört, mit den Berliner Philharmonikern unter N. Järvi. Das war, besonders in Scherzo und Finale durchaus spektakulär, ähnlich wie Bruckner.


    :hello:


    JR

    Struck by the sounds before the sun,
    I knew the night had gone.
    The morning breeze like a bugle blew
    Against the drums of dawn.
    (Bob Dylan)

  • Ich besitze mehrere Einspielungen dieser Sinfonie und liebe dieses Werk.


    Nur ist es nun mal so, daß die Geschmäcker verschieden sind.
    Ich habe beispielsweise von Mozart nur das Requiem, sonst nichts.


    Heuer durfte ich Rotts 1.te in Salzburg erleben. Die ersten beiden Sätze wurden in rasendem Tempo "zerspielt", wobei vor allem der zweite Satz mit "sehr langsam" betitelt ist. Beim Finale war´s auch nicht viel besser. Einzig das Scherzo, war meiner Meinung nach perfekt.
    Bei diesem Konzert hatte ich den Eindruck, der Dirigent würde mit seinem Orchester vor etwas davonlaufen.
    Dabei schien auch das Orchester unterbesetz zu sein.


    Ich bin jedoch froh, dieses Werk nicht bei diesem Konzert kennengelernz zu haben.


    Aber, wie gesagt, Geschmäcker sind (Gott sei dank) verschieden und jeder empfindet bei jedem Werk etwas Anderes. ^^


    Liebe Grüße
    Werner

  • Über die Qualität seiner Symphonie E-Dur brauchen wir gar nicht groß diskutieren. Schon Bruckner erkannte sein Genie. Das Werk ist mit das packendste, das ich aus dieser Zeit kenne.


    Es soll jetzt vor allem um die Aufnahmen gehen:


    Vor wenigen Monaten erschien publikumswirksam eine Einspielung von Paavo Järvi mit dem hr-Sinfonieorchester. Da ich das Werk liebe, liebäugelte ich schon seit Erscheinungsdatum mit der Aufnahme. Heute habe ich sie mir besorgt, kostengünstig ausnahmsweise als mp3. Was soll ich sagen? Ich bin fast froh, nur die mp3-Version erstanden zu haben. Natürlich ist das keine schlechte Aufnahme an sich, aber die Tempogestaltung behagt mir nicht sonderlich. Im Vergleich zu Segerstam (unten mehr) ist Järvi in jedem Satz sehr viel schneller, teilweise sogar extrem (10:00 zu 14:41 im mit Sehr langsam überschriebenen 2. Satz!). Was im Kopfsatz und im Scherzo noch einigermaßen aufgeht (9:05 zu 10:53, 12:24 zu 14:10), scheitert im monumentalen Finale dann leider. 21:59 ist einfach zu gehetzt. Wie ausgekostet das Ganze, besonders die ohrwurmartige Coda, dagegen in 24:53 bei Segerstam. Negativ fallen bei Järvi die kaum vernehmbaren Pauken an den "deftigeren" Stellen auf. Tontechnisch offenbar nicht alles rausgeholt, was 2011 möglich sein müsste. Schade!

    Bereits vor zwanzig Jahren (1992) legte Leif Segerstam mit dem hierzulande eher unbekannten Symphonieorchester Norrköping eine Referenzaufnahme vor. Die Satzzeiten habe ich bereits erwähnt. Alles wirkt hier viel organischer und letztlich auch gewaltiger. Von Langatmigkeit keine Spur. Dafür sorgt schon das grandiose Spiel der Blechbläser, die wirklich in einer anderen Liga spielen als ihre Kollegen aus Frankfurt. Die Apotheose am Ende mit ihren leichten Anspielungen auf Brahms und Wagner erstrahlt hier in triumphaler Großartigkeit und Pracht. Die Spannungsbögen werden wunderbar gehalten. Und die Pauken dürfen auch richtig auftrumpfen. Wie gesagt, für mich die beste Aufnahme.

    Positiv überrascht war ich auch von der 2004er Aufnahme des Philharmonischen Orchesters des Staatstheaters Mainz (nie zuvor gehört) unter Catherine Rückwardt. Sie vermeidet sowohl das Gehetze von Järvi als auch das Pathos von Segerstam, liegt von den Tempi her dazwischen (I. 9:19, II. 10:55, III. 12:48, IV. 22:27). Die Pauken sind besser eingefangen als bei Järvi, was zu denken geben könnte angesichts des großen Namens RCA. Eine gefällige Angelegenheit für all jene, die keine großen Namen auf dem Cover brauchen.

    »Und besser ist's: verdienen und nicht haben,

    Als zu besitzen unverdiente Gaben.«

    – Luís de Camões

  • Hallo Josef,


    Leif Segerstam produziert durch seine oftmals etwas breite Tempi nie Langeweile. Ein gutes weiteres Beispiel findet sich neben Sibelius-Werken und den Rautavaara-Sinfonien auch bei Langgaards Sinfonie Nr.1, die ich ebenfalls in die Referenzklasse einordnen würde.


    Du hast mich jedenfalls erst einmal "heiss" gemacht auf die von Dir favorisierte Rott-Segerstam-BIS-CD. Danke für den Hinweis auf P.Järvi, von dessen Aufnahme ich direkt auch mehr erwarten würde ... das Ergebnis überrascht mich ebenfalls.



    :) TAMINO gibt wie so oft immer genug Anlässe/Anstösse für das eigene Hörprogramm.
    So habe ich mich gleich an meine einzige Aufnahme der Rott-Sinfonie Nr.1 mit Sebastian Weigle / Münchener Rundfunkorchester gemacht:



    ARTE, 2004, DDD


    Die Spielzeiten liegen, ähnlich wie bei Rückwardt im goldenen Mittelfeld (9:21 - 11:12 - 12:15 - 22:28), das mir geschacklich gut entgegenkommt. Wenn ich mir den 1. und 2.Satz noch länger vorstelle, weis ich nicht, ob mir das unbedingt mehr liegen würde !?! Beim 4.Satz kann ich mir da schon ein pathetisch - aufgedonnerten Segerstam (= positive Anmerkung !) mit allem drum und dran vorstellen. Weigle lässt sich dahingehend auch nicht lumpen !
    Alles in allem fand ich (meine Eindrücke bei meinem erneuten Hördurchgang nach Mai 2010) für die Rott-Sinfonie (auch mit Weigle) wirklich ansprechend und gut. Das Scherzo würde ich mir noch etwas witziger wünschen. (Im Prinzip schätze ich ansonsten in der Sinfonie den Tonfall dieses "romatik-überpathetisch - aufgeplustere", das bei manchen Gänsehautfeeling verursachen mag, nicht so ganz. Das stört mich zum Beispiel auch bei Alfven ... Ich mag es da lieber etwas knackiger ! Bruckner liegt mir in dieser Hinsicht viel näher !)
    :!: Wegen deines Hinweises auf die Paukenstellen, habe ich auch darauf besonders geachtet. Ich muss sagen, dass Weigele und die BMG-Tontechnik auch in der Richtung keine Wünsche offen lassen. Die Pauken sind an allen Stellen präzise hörbar - sogar im 2.Satz ruhigen Satz immer präsent.


    8-) Ich bin zu dem Eindruck gelangt, dass mir meine Weigle-Aufnahme als einzige reicht.
    Wenn ich Segerstam mal günstig sehe, nehme ich ihn allerdings (auf der Rott-CD) mit. (Den derzeitigen Markt-Preis wäre sie mir nicht wert.)
    :?: Oder möchte mich jemand überzeugen, dass Segerstam vom Begeisterungsfaktor für die Sinfonie weit über Weigele angesiedelt ist ???

    Gruß aus Bonn, Wolfgang

  • Lieber teleton-Wolfgang,


    ich besitze nur die Weigle-Aufnahme, kann daher zu den anderen überhaupt nichts sagen. Zwar habe ich mir einige Hörbeispiele der Segerstam-Einspielung bei dem Werbepartner mit den drei Buchstaben angehört, aber - möglicherweise durch Eingewöhnung bedingt - komme ich mit der Aufnahme Weigles besser klar.


    Angesprochen hat mich allerdings die Mainzer-Aufnahme mit Catherine Rückwandt; das ist ja nun mal kein Spitzenorchester und bietet für meinen Hörgeschmack durchaus Ansprechendes...


    :hello:

    .


    MUSIKWANDERER


  • Vor wenigen Monaten erschien publikumswirksam eine Einspielung von Paavo Järvi mit dem hr-Sinfonieorchester. Da ich das Werk liebe, liebäugelte ich schon seit Erscheinungsdatum mit der Aufnahme. Heute habe ich sie mir besorgt, kostengünstig ausnahmsweise als mp3. Was soll ich sagen? Ich bin fast froh, nur die mp3-Version erstanden zu haben. Natürlich ist das keine schlechte Aufnahme an sich, aber die Tempogestaltung behagt mir nicht sonderlich. Im Vergleich zu Segerstam (unten mehr) ist Järvi in jedem Satz sehr viel schneller, teilweise sogar extrem (10:00 zu 14:41 im mit Sehr langsam überschriebenen 2. Satz!). Was im Kopfsatz und im Scherzo noch einigermaßen aufgeht (9:05 zu 10:53, 12:24 zu 14:10), scheitert im monumentalen Finale dann leider. 21:59 ist einfach zu gehetzt. Wie ausgekostet das Ganze, besonders die ohrwurmartige Coda, dagegen in 24:53 bei Segerstam. Negativ fallen bei Järvi die kaum vernehmbaren Pauken an den "deftigeren" Stellen auf. Tontechnisch offenbar nicht alles rausgeholt, was 2011 möglich sein müsste. Schade!


    Lieber Joseph II,


    erstaunlich, denn meine Höreindrücke waren ganz anders.


    Ich empfand die neue Aufnahme von Järvi als deutliche Aufwertung der Sinfonie und erfreute mich an der Frische und Detailfreudigkeit, die er dem Werk angedeihen ließ.


    Aber so verschieden sind sie halt, die Geschmäcker. Jedenfalls werde ich - wenn ich es schaffe, am Wochenende - mir Järvi und Segerstam einmal vergleichend zu Gemüte führen (und hier berichten)...

    Grüße aus der Nähe von Hamburg


    Norbert


    Das Beste in der Musik steht nicht in den Noten.

    Gustav Mahler


  • Lieber Wolfgang, lieber Norbert,


    man vergleiche im Finalsatz die Stelle ab etwa 18:00 (Järvi) bzw. ab etwa 19:50 (Segerstam). Bei Järvi gehen die Pauken bei ca. 18:40 total unter, werden fast verschluckt. Da macht er die schönste Stelle des Werkes kaputt für mich. Die Blechbläser klingen mir auch zu sehr im Hintergrund, sie übernehmen keine "Führungsrolle". Bei Segerstam sind die Pauken präsent (ca. 20:30), die Blechbläser viel dominanter. Das wunderschöne Thema kommt da erst richtig zur Geltung. Vom zu schnellen Tempo bei Järvi ganz zu schweigen. Es ist, als würde er durchrasen.


    Das nur ein Beispiel, wo es aber besonders klar wird, wie ich finde. ;)

    »Und besser ist's: verdienen und nicht haben,

    Als zu besitzen unverdiente Gaben.«

    – Luís de Camões

  • Es war mir natürlich klar, daß die Järvi-Aufnahme polarisieren würde.
    Ich habe sie mir aus ZWEI Gründen gekauft. Zum einen weil Järvi im Forum ja über den grünen Klee gelobt wurde.
    Zum anderen, weil ich hören wollte, wie das doch noch eher unbekannte Werk, das mehrheitlich von ebensolchen Dirigenten dirigiert wurde unter den Händen eines (mehr oder weniger) berühmten Dirigenten klingt.
    Ich habe nicht vergleichend gehört, nicht analysiert, sondern nur ein wenig in die Aufnahme hereingezappt, um abzuwarten ob ein "Aha" Erlebnis stattfände. Das Gegenteil war der Fall. Mein Gedanke war nach kurzem Hineinhören in die einzelnen Sätze in etwa folgender: "Ich habe gar nicht mehr in Erinnerung, daß die Sinfonie doch eher belanglos ist"
    Und ich habe die CD wieder in ihre Hülle zurückgesteckt. Irgendwann gibt es vielleicht eine "zweite Chance"


    mit freundlichen Grüßen aus Wien
    Alfred

    Wenn ich schon als Vorbild nicht tauge - lasst mich wenigstens ein schlechtes Beispiel sein !



  • Lieber Wolfgang, lieber Norbert,


    man vergleiche im Finalsatz die Stelle ab etwa 18:00 (Järvi) bzw. ab etwa 19:50 (Segerstam). Bei Järvi gehen die Pauken bei ca. 18:40 total unter, werden fast verschluckt. Da macht er die schönste Stelle des Werkes kaputt für mich. Die Blechbläser klingen mir auch zu sehr im Hintergrund, sie übernehmen keine "Führungsrolle". Bei Segerstam sind die Pauken präsent (ca. 20:30), die Blechbläser viel dominanter. Das wunderschöne Thema kommt da erst richtig zur Geltung. Vom zu schnellen Tempo bei Järvi ganz zu schweigen. Es ist, als würde er durchrasen.


    Das nur ein Beispiel, wo es aber besonders klar wird, wie ich finde. ;)


    Lieber Joseph II,


    später als geplant habe ich mich noch einmal vergleichend mit den Aufnahmen von Järvi und Weigle beschäftigt und stimme Dir in sofern zu, als daß tontechnisch in der Tat nicht das "herausgeholt" wurde, was möglich ist. Die ansonsten sehr präsenten Pauken treten bei den von Dir beschriebenen Passagen deutlich hörbar zurück.


    Wenn man, wie Du, auf den Schluss besonderen Wert legt, dann fällt dieses Manko umso schwerer ins Gewicht. Für mich ist es ein hörbarer Schönheitsfehler, den ich angesichts der Qualitäten der Järvi-Aufnahme relativ leicht verschmerzen kann.


    Du bemängelst die Tempogestaltung Järvi. Zuerst einmal bleibt festzuhalten, daß Järvi nicht "zu schnell" ist, sondern Segerstam "zu langsam", denn Weigle und Gerhard Samuel, der Dirigent der Uraufführung, liegen tempomäßig eher bei Järvi als bei Segerstam.
    Wobei, ein "zu schnell" oder "zu langsam" gibt es auch bei Rott nicht, es gibt eher ein "passend" oder "unpassend". Und bei Järvi paßt es (zumindest in meinen Ohren).


    Was Alfred als "eher belanglos" bezeichnet ist für mich die Verdeutlichung, daß Rott erst 22 Jahre alt war als er die Sinfonie vollendete.
    Mit 22 ist man (auch wenn manch einer aus der Generation das anders sehen mag) noch keine "fertige Persönlichkeit". Auch darf man bei einem Erstlingswerk noch keine vollständige Perfektion erwarten. Siehe mein obiges Zitat von Mahler: "Allerdings ist das, was er wollte, noch nicht ganz erreicht. Es ist, wie wenn einer zu weitestem Wurfe ausholt und, noch ungeschickt, nicht völlig ans Ziel hintrifft."


    Durch Järvis Tempogestaltung gewinnt die Sinfonie für mich viel an (jugendlicher) Frische und verliert einiges an "Schwere". Järvi dirigiert keinen Bruckner oder Mahler, er dirigiert Rott.


    Highlight ist für mich eindeutig das Scherzo, das bei Järvi besonders "frisch und lebhaft" klingt und exemplarisch aufzeigt, wieviel Ähnlichkeiten zum Werk Mahlers außer dem prägnanten Motiv zu Beginn des Scherzos noch enthalten sind.


    Abschließend finde ich es ausgesprochen positiv, daß man auch die Sinfonie Rotts exemplarisch aus verschiedenen Blickwinkeln betrachten und interpretieren kann. So wertet der Einsatz eines sehr bekannten Dirigenten (mit "seinem" sehr bekannten Orchester) Rott deutlich auf - nicht als "einzige" Aufnahme, sondern als eine neue, spritzige, sehr lebendige.

    Grüße aus der Nähe von Hamburg


    Norbert


    Das Beste in der Musik steht nicht in den Noten.

    Gustav Mahler


  • Hat denn jemand mal Järvi und Weigle verglichen?
    Ich habe bislang immer nur noch die alte hyperion-Aufnahme, die sicher allein aufnahme- und spieltechnisch erheblich übertroffen werden könnte. Weigle ist ja eh preiswert, aber Järvi gibt es z Zt. auch im Angebot für 7,99 (und ich habe Järvi senior mal live mit dem Stück gehört...), da wäre das auch eine Option.
    Und Russel Davies auf cpo? Kennt keiner oder gefällt keinem?
    Mir ist das Stück eigentlich nicht so wichtig, dass ich zwei oder drei Aufnahmen kaufen und selber vergleichen will...

    Struck by the sounds before the sun,
    I knew the night had gone.
    The morning breeze like a bugle blew
    Against the drums of dawn.
    (Bob Dylan)

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