Wieder habe ich die beide Doratiboxen mit acht Opern von Haydn gehört. Und wieder vermisse ich etwas.
Es ist prächtige Musik, aber dennoch…
Wenn bei Haydn eine Arie gesungen wird, klingt es nicht wie dreizehn im Dutzend, aber jedenfalls wie zwölf im Dutzend. Die überraschende Wendungen, die man hier und da schon bei dem jungen Mozart hört, die fehlen. Und trotzdem ist es wirklich wunderbare Musik. Mehr als "nur" Unterhaltungsmusik.
Laß ich mal von Mozart eine frühe Oper nehmen: Il sogno di Scipione (KV 126). Mozart war sechzehn Jahre alt, als er diese Oper schrieb. Da gibt es eine Arie von Publio "Quercia annosa su l'erte pendici" (Auf steilem Hange die bejahrte Eiche). Ich finde diese Arie unglaublich schön und sehr überraschend.
Das überraschendste aber ist, und das hörte ich bei Haydn nicht, daß der Sänger die Möglichkeit bekommt zu glänzen. In meiner Aufnahme singt Charles Workman am Ende plötzlich eine fabelhaft schöne, hohe Note. Und gerade jene Möglichkeit vermisse ich bei Haydn.
Ich will sofort zugeben, daß am Hofe Esterhazys vermutlich nicht solche "guten" Sänger waren, wie Mozart zur Verfügung standen. Aber auch Mozart war oft (sehr) unzufrieden mit den Sängern. Mozart konnte Musik komponieren, die an den Fähigkeiten des/r Solisten angepaßt war. Und dennoch gibt es in Haydns Opern Arien, die zeigen, daß Haydn auch technisch begabte Sänger hatte.
Meine Schlußfolgerung ist darum: Mozart konnte besser für eine Stimme schreiben als Haydn.
Oder sehe ich das falsch?
LG, Paul