Stellenwert der CD GEGEN das Konzert - Oder doch Zusammenleben?!

  • WICHTIGES VORWORT


    Diese Beiträge stammen ursprünglich aus dem Thread Lieder für Anfänger - der kleine Disput wurde geklärt, die entstehende Diskussion ist aber definitiv wert, in diesem Thread 1) weiter zu existieren und natürlich 2) wieder aufgenommen und fortgeführt zu werden.
    Maik
    MOD








    Hallo Katlow :hello:


    zunächst mal das Positive: probiers mal mit Liedern von Brahms, die sind zwar melancholisch, aber sie können IMO helfen, Traurigkeit zu überwinden...


    Mozart Abendempfindung - schön, leider auch traurig.
    Hugo Wolf: italienisches Liederbuch - vorsicht, komplizierte Texte...



    es gibt im Leben nämlich mehrere Möglichkeiten, um in bessere Stimmung zu kommen, als ständig nur auf der sanguinischen Welle zu reiten und sich unterhalten zu lassen...



    und jetzt eine Spur persönlich: (Alfred möge mich zurechtweisen)



    mich hat dein Thread ziemlich wütend gemacht - die betreffenden Stellen habe ich markiert, vielleicht kannst du das noch mal überdenken.


    du gibst zu, aus einer uninformierten Perspektive zu schreiben, wahrscheinlich beziehst du das nur auf den Liedgesang, ich glaube eher, daß es dein gesamtes musikalisches Verständnis betrifft!


    Dennoch erwartest du dir, daß dir nur die "herausragenden Beispiele mit Ausnahme- und Referenzcharakter" vorgelegt werden dürfen. Alles andere wäre wohl eine Beleidigung für deine elitären Ohren!?


    wenigstens gibst du auch zu, daß dir die notwendige Konzentration zum Hören fehlt, da dich das Hineingehuste und Stuhlrutschen, wie es ein Interpret in jedem konzert ertragen muß, ziemlich schnell massiv nervt...


    die Interpretation soll dann nicht ultra-gekünstelt sein - wie um alles in der Welt, kannst du das aus deiner Perspektive beurteilen?????


    und vor allem: du bist dir zu gut, um selbst was anzuhören, und die Tamino-Leute mögen doch bitte nur mit den herausragendsten Aufnahmen kommen...



    Sorry, ich finde das alles anmaßend und ignorant


    Wolfgang

    Im übrigen bin ich der Ansicht, dass gepostete Bilder Namen des Fotografen, der dargestellten Personen sowie eine genaue Angabe des Orts enthalten sollten.
    (frei nach Marcus Porcius Cato Censorius)

  • Wolfgang:


    Also es ist mir ehrlich gesagt ziemlich unbegreiflich, wie dir mein Beitrag derartig die Zornesröte ins Gesicht treiben konnte. Ich habe meine Beiträge in diesem Forum immer offen aus der Perspektive eines (zunehmend informierteren) Anfängers auf dem Gebiet der klassischen Musik geschrieben. Das lege ich gerne offen, da ich mir der dadurch notwendigen Relativität meines Urteils in vielen Bereichen durchaus bewusst bin.


    Dass heißt aber nicht, dass ich mir das Recht auf eine eigene Meinung absprechen lasse. Ich bemühe mich immer darum, diese so qualifiziert wie möglich abzugeben, und so viel Neues wie möglich auf diesem Gebiet zu lernen. Deshalb finde ich es schon ziemlích beleidigend, wenn ich von Dir Anfänger so ziemlich mit Ignorant gleichgesetzt wird.


    Wenn ich mich, wie ich in diesem Thread von vorneherein klargestellt habe, auf ein für mich noch völlig neues Gebiet, nämlich das des Kunstliedes, vorwage, dann heißt dass nicht, dass ich nicht die Erfahrungen und Maßstäbe, sowie die Kenntnis meiner eigenen Vorlieben, die ich in anderen Gebieten der klassischen Musik erworben habe, auf dieses neue Gebiet übertragen kann.


    Da ist zunächst einmal die Erfahrung, dass es in jedem Bereich der klassichen Musik so etwas wie ein "Kernrepertoire" gibt, mal ganz blasphemisch ausgedrückt, eine "Top 20". Und ich persönlich halte es nun einmal für die vernünftigere Methode, mich zunächst mit diesem Kernrepertoire vertraut zu machen, bevor ich in abgelegenere Gefilde schweife. Da ich weiss, dass einige derjenigen Mitschreiber hier, die über eine weit größere CD-Sammlung, und über wesentlich weitergehende Kenntniss als ich verfügen, so ein ganz klein bisschen bei Fragen wie der meinigen die genau gegenteilige Tendenz haben, nämlich von ihnen selbst erst kürzlich entdeckte, so gut wie unbekannte "Perlen" zu empfehlen, hielt und halte ich es für angemessen, klarzustellen, dass das nicht ganz das ist, wonach ich im Moment suche.


    Was nicht heißen soll, dass mich solche Werke nicht in ein paar Jahren, wenn meine Klassik-Sammlung weiter ausgebaut ist, interessieren und faszinieren werden - das würde ich jedenfalls hoffen. Aber mir persönlich erscheint es immer ein bisschen kontraproduktiv, wenn auf Fragen zum Thema "Ich kenne mich auf dem Gebiet der klassischen Musik noch nicht aus, wo soll ich anfangen?" nicht Werke von Bach, Beethoven, Brahms, Schubert oder Schumann (Liste nicht abschließend), die seit über einem Jahrhundert den Kernbestand der Konzertprogramme ausmachen, empfohlen werden, sondern ein möglichst unbekanntes Werk eines möglichst unbekannten Komponisten - weil das so fetzig oder so exotisch ist?!


    So ganz allein stehe ich mit dieser Einschätzung übrigens nicht - da sehe man sich nur einmal die vom Grammophone Classical Good CD Guide zusammengestellte "Suggested Basic Library" Liste an, oder die gezielte Gewichtung innerhalb der auf http://www.classical.net veröffentlichten "Basic Repertoire List".


    Was den Ausnahme- / Referenzcharakter angeht so ist die Erklärung eigentlich recht simpel: da es absehbar noch eine ganze Weile hin ist, bis meine Klassiksammlung, von Ausnahmefällen abgesehen, das Stadium der vorsätzlichen Doppelt- und Dreifachbesetzung von Werken erreichen wird, ist mir natürlich daran gelegen, dass die eine Aufnahme, die ich mir von einem Werk zulege, eine ausgezeichnete ist. Und es ist mir jetzt relativ gleichgültig, ob du das für arrogant hältst, ich nehme auch für mich in Anspruch, eine herausragende Aufnahme eines Werkes zu erkennen, auch wenn es schwierig ist, es allgemeingültig in Worte zu fassen, was eine solche Aufnahme ausmacht, da es sich in den unterschiedliche Bereiche der klassischen Musik unterschiedlich ausdrückt. Dass es darüber hinaus noch persönliche Vorlieben gibt, habe ich erst vor kurzem an anderer Stelle ausführlicher ausgeführt - aber die entwickele ich halt lieber auf von vorneherein sehr hohem Niveau und die Empfehlungen eines Grammophone oder Penguin Guide sowie des hochgeschätzten Forums hier bieten mir dafür erfahrungsgemäß sehr gute Ausgangspunkte von denen aus ich dann meine eigene Entscheidung treffe.


    Was soll denn deiner Meinung nach die Alternative sein, insbesondere bei einem so weiten Themenkreis wie dem Kunstlied? Mich bei meinem nächsten Besuch bei Saturn in Köln durch die vielleicht Hunderte von CDs allein im Bereich Schubert / Schumann Lieder durchhören um mir dann eine rauszusuchen? Einfach eine blind herausgreifen, nach dem Motto "wenn es denen wert war, diese Darbietung auf CD zu bannen, dann wird es für mich unwissenden Anfänger allemal reichen"? Das kann doch wohl nicht dein Ernst sein.


    Was die historischen bzw. verhusteten Lifeaufnahmen angeht, so ist das eine der angesprochenen persönlichen Präferenzen von mir. MICH kann so etwas ganz erheblich stören - genauso wie es mich nervt wenn Leute im Lesesaal einer Fachbibliothek lauthals die Party vom Vorabend, Fußballresultate oder ihre anstehenden Urlaubspläne diskutieren während ich versuche etwas zu recherchieren und mich zu konzentrieren. Ich weiss es gibt Leute, die können das einfach "ausblenden" ich gehöre nicht dazu, deshalb habe ich das in meiner Anfrage auch so spezifiziert. Was natürlich in gewisser Weise eine grobe Verallgemeinerung darstellt - ich selbst besitze einige hervorragende Lifeaufnahmen ohne jede Hust-Kaskaden, es geht also anscheinend auch ohne - und einige historische Aufnahmen, die ich wirklich liebe. Aber, was letztere angeht (gemeint sind hier Aufnahmen aus den 30er und 40er Jahren des vergangenen Jahrhunderts), so hege ich doch die Befürchtung dass gerade bei Aufnahmen von Sängerstimmen die historische Aufnahmetechnik doch dazu neigt, Stimmen zu verfärben (?), weshalb ich hier instinktiv zunächst einmal nicht zu "Schelllackschätzchen" greifen würde. Und was die Darbietungsbeeinträchtigungen aus Zuschauerkreisen angeht, so möchte ich nur apropos bemerken, dass die darbietenden Künstler darüber i.d.R. auch nicht berade begeistert sind, es gibt halt nur unterschiedliche "Techniken" mit so etwas fertig zu werden. Aber es ist durchaus nicht ungehört, dass ein Künstler es auf die eine oder andere Art deutlich gemacht hat, dass er seinen Vortrag erst fortsetzend werde, wenn die betreffende Störung aufgehört hat.


    So, was gab's noch? Ach ja, das Ultra-Gekünstelte...
    Das war, wie ich mit meinem Hinweis auf den "Rückschlag-Effekt" hatte andeuten wollen ein Verweis auf die Nachwirkungen eben jener Forellen-Tortur im Musikunterricht (vor nunmehr schon etlichen Jahren). Eines, was mir davon in Erinnerung geblieben ist (ausser dass ich den dämlichen Fisch gebraten und verspeist sehen wollte) war, dass ich die Art des Vortrags damals wirklich unerträglich gekünstelt empfand. Weshalb ich, als ich, mitsamt des Tod und Verklärung und der Metamorphosen von Richard Strauss vor einiger Zeit auch seine Vier letzten Lieder erwarb, mit einiger Verblüffung feststellte, dass diese auf mich eben gerade nicht derartig "übertrieben gekünstelt" wirkten, sondern schlicht wunderschön, und nunmehr eigentlich mein Lieblingsstück auf dieser Aufnahme.


    Auch würde ich, wenn ich mir die Thomas Quasthoff - Autobiographie anschaue, die ich gerade zu lesen begonnen habe (übrigens auch ein ausgezeichneter Weg, so nebenher etwas mehr über Kunstlieder und Liedgesang zu erfahren), davon ausgehen, dass es durchaus verschiedene Schulen der Interpretation und Vortragsweise von Liedern gibt. Und ob ich diese Unterschiede beurteilen könnte, können wir einmal dahingestellt lassen (ich gehe natürlich, arrogant wie ich bin, davon aus, dass ja :baeh01: ), denn schließlich war die Bitte, wenn möglich, diese Unterscheidung zu treffen, an den werten, und ohne Zweifel wesentlich erfahreneren Kreis der Taminoianer gerichtet :jubel: :jubel: :jubel:


    Grüße


    katlow

  • Hallo Katlow,


    danke für die ausführliche Darstellung deiner Position-



    folgenden Satz kann ich nicht ganz nachvollziehen:

    Zitat

    Deshalb finde ich es schon ziemlích beleidigend, wenn ich von Dir Anfänger so ziemlich mit Ignorant gleichgesetzt wird.



    Also, kurzgefaßt:
    mein Mißverständnis, welches den heftigen Angriff auslöste, beruhte darauf, daß ich es nicht wahrhaben wollte, und weiterhin nicht will, daß Beschäftigung mit Klassischer Musik nur noch auf der Tonträgerebene ausgetragen wird...
    dadurch wird IMO eine Erwartungshaltung auf Seiten der passiven "Musikkonsumenten" gefördert, die die Kommunikation mit den ausübenden "derzeitigen" Musikern völlig unmöglich macht...


    in deinem Fall noch trauriger
    finde ich, daß du scheinbar nicht daran zu denken scheinst, einen Liederabend zu besuchen, um die "echte" Live leistung eines SÄngers kennenzulernen, die Wirkung der Stimme, die Ausstrahlung, die hohen Töne, das Piano etc.


    um Kritikfähigkeit zu entwickeln, kann man IMO nicht nur von oben herab sich mit dem "bestmöglichen" beschäftigen, sondern man muß auch den Durchschnitt kennen, um das Besondere wirklich schätzen zu können.


    Ich hasse Aussagen wie:"früher gab es viel bessere..." was auch immer...


    diesen Zugang kritisiere ich, wenn jemand sich zu gut ist, eigene Erfahrungen zu sammeln und sich nur an "Expertenmeinungen" anschließt...


    glaubst du wirklich, daß die "Referenzaufnahmen" dir die Musik näherbringen?


    aus meiner Sicht finde ich es einfach ekelerregend, wenn die Liedliteratur auf das Hören einer Wunderlich und einer DIFIDI Aufnahme reduziert wird...


    Vielleicht verstehst du etwas mehr, wenn ich erzähle, daß meine tägliche Arbeit mit Sängern darin besteht, Qualität zu erzielen... Ich halte es nicht aus, wenn mir CDs vorgehalten werden mit dem hämischen Kommentar, "das ist Referenz, so singt man das..heutzutage kann das ja keiner...".


    Wozu plagen sich die tausenden Sänger dieser Welt? bzw. die unzähligen (unseligen) Korrepetitoren... wenn eh schon alles aufgenommen ist und in der besten Qualität mit "Ausnahmecharakter" in den CD Regalen steht...


    Wenn dann noch jene Menschen, deren einzige musikalische Fähigkeit im Einlegen einer CD und im Bedienen des Players liegt, über die Musik urteilen wollen, dann platzt mir der Kragen...dafür habe ich zuviel Zeit und Energie in diesen Beruf investiert.....


    noch einmal klar ausgedrückt: wenn ich höre "Referenzcharakter einer Aufnahme" - dann denke ich automatisch daran, daß alle derzeitigen Leistungen lebender Sänger degradiert werden zu bloßem Zeitvertreib und unnötiger Anstrengung, da das "hohe IDeal " ohnehin nie erreicht werden kann...


    mit dieser Einstellung kann kein Künstler überleben...es sei denn, er ist zufrieden damit, Epigone zu sein...


    sind wir nur "nachfolger" unserer Elterngeneration??


    ich hoffe, ich habe mich verständlich gemacht,
    Wolfgang


    PS: der Satz mit der "einzigen musikalischen Fähigkeit" ist natürlich zu hart formuliert und auch beleidigend - aber für Uneinsichtige ist das mitunter nötig...

    Im übrigen bin ich der Ansicht, dass gepostete Bilder Namen des Fotografen, der dargestellten Personen sowie eine genaue Angabe des Orts enthalten sollten.
    (frei nach Marcus Porcius Cato Censorius)

  • Hallo tastenwolf,


    ich fühle mich von Deinen Zeilen auch angesprochen, wundere mich auch ein wenig darüber, da Du m.E. zu sehr aus Deiner eigenen Perspektive argumentierst und dabei andere Perspektiven zu sehr (und in zuweilen beleidigender Form) abqualifizierst. Auch ich gehöre zu den Anfängern in Sachen Lied; soll heißen: Ich möchte in diesem Bereich zwar das eine oder andere gern kennen lernen, jedoch liegt hier nicht mein Hauptinteresse.


    Ich bin Laie in Sachen Klassischer Musik, also überhaupt nicht beruflich in diesem Bereich tätig. Daraus ergibt sich, dass mir nur ein gewisses Kontingent an Freizeit (und am Rande bemerkt: auch an finanziellen Mitteln) zur Verfügung steht, um diesem Hobby nachzugehen. Es ist also schlichtweg unmöglich, in allen musikalischen Gattungen (Symphonie, Klavierkonzert, Violinkonzert etc.) eigene Hör-Erfahrungen durch den Besuch entsprechender Live-Veranstaltungen zu sammeln. Dann könnte ich nämlich meinen Beruf an den Nagel hängen und nur noch von Veranstaltung zu Veranstaltung hetzen, wenn mir jeder Dirigent, Violinist, Pianist, Sänger etc. vorhält, dass ich doch gefälligst eigene Erfahrungen mit durchschnittlichen Interpretationen zu sammeln habe, bevor ich mir überhaupt ein Urteil erlauben darf.


    In dem mir möglichen Rahmen besuche ich selbstverständlich auch Live-Veranstaltungen – dabei erwarte ich bspw. von dem hiesigen Symphonie-Orchester auch nicht, dass es wie die Wiener Philharmoniker spielt, erfreue mich aber dennoch an der schönen Live-Atmosphäre.


    Wenn ich zum Kennen lernen eines Werkes jedoch die Wahl habe, mir eine Wunderlich-Lied-CD zuzulegen, die nach Expertenmeinung hervorragend sein soll – oder eben eine Aufnahme eines unbekannten Sängers blind zu kaufen, dann ziehe ich zunächst einmal Wunderlich vor.
    Das schließt jedoch nicht aus, dass ich in ein Live-Konzert eines mir unbekannten Sängers ginge, so er in der Nähe auftreten würde. Dann würde ich jedoch keinen Wunderlich erwarten, wäre aber entzückt, wenn mir das Vorgetragene dennoch zusagen würde.


    Für mich sind das zweierlei Paar Schuhe: Erstens die Suche nach der bestmöglichen Aufnahme auf CD – wobei ich mich bei dieser Suche anfangs gerne von Expertenmeinungen leiten lasse, ohne aber selber blind und taub zu werden. Zweitens der Besuch von Live-Veranstaltungen, die für mich eine ganz andere Qualität haben.


    Gruß, Cosima


    P.S.: Aber zurück zum Thema: Die o.g. Dichterliebe-Wunderlich-CD ist wirklich sehr schön... :)... das kann ich ohne viele Vorkenntnisse und Vergleiche durchaus sagen.

  • Hallo Cosima,



    danke für die Antwort


    Zitat

    ich fühle mich von Deinen Zeilen auch angesprochen, wundere mich auch ein wenig darüber, da Du m.E. zu sehr aus Deiner eigenen Perspektive argumentierst und dabei andere Perspektiven zu sehr (und in zuweilen beleidigender Form) abqualifizierst. Auch ich gehöre zu den Anfängern in Sachen Lied; soll heißen: Ich möchte in diesem Bereich zwar das eine oder andere gern kennen lernen, jedoch liegt hier nicht mein Hauptinteresse.


    von deinen Zeilen fühle ich mich auch angesprochen - ich bin derzeit emotional etwas unausgeglichen - :O halb hoffnungslos verliebt...


    leider habe ich den Anfangsartikel in die falsche Kehle bekommen. normalerweise kann ich meine Provokationen besser dosieren... :(


    das mit ANfänger in Sachen Lied ist ja kein Problem, in der Kunst ist man anfangs immer mit einer riesigen Informationsfülle konfrontiert, die es zu bewältigen gilt.
    das betrifft jeden (aktiv oder passiv...) und ist daher kein Problem - nur sollte man die Bescheidenheit aufbringen, sich mit Meinung und Ansprüchen zurückzuhalten, bis man in die Materie eingearbeitet ist.



    Zitat

    Es ist also schlichtweg unmöglich, in allen musikalischen Gattungen (Symphonie, Klavierkonzert, Violinkonzert etc.) eigene Hör-Erfahrungen durch den Besuch entsprechender Live-Veranstaltungen zu sammeln.


    ich kann das noch steigern - ich halte es für unmöglich, die Gesamtheit der Musik heutzutage ähnlich zu überblicken, wie das zu Bachs und Mozarts Zeiten noch vielleicht möglich war.
    Jeder muß die eigene Auswahl treffen, welche Bereiche er bewußt vernachlässigt, selbst, wenn sie ihn brennend interessieren würden.


    Zitat

    Dann könnte ich nämlich meinen Beruf an den Nagel hängen und nur noch von Veranstaltung zu Veranstaltung hetzen, wenn mir jeder Dirigent, Violinist, Pianist, Sänger etc. vorhält, dass ich doch gefälligst eigene Erfahrungen mit durchschnittlichen Interpretationen zu sammeln habe, bevor ich mir überhaupt ein Urteil erlauben darf.


    Ein bißchen Anstrengung darf von jedem erwartet werden.. ;)


    Ab wann darf man sich eigentlich ein Urteil erlauben...? vielleicht muß man sich das ganze Leben lang eingestehen, daß man nicht alles oder eben nicht genung kennt, um wirklich etwas sagen zu können.



    was ich mit dem "durchschnittlichen" meine: daß man sich darüber klar wird, worin die Vorzüge der "besonderen Aufnahmen" bestehen


    ich habe eben panische Angst vor Menschen, die nur eine bestimmte Aufnahme im Kopf haben, und eine live Darbietung ständig damit vergleichen.
    Aus eigener ERfahrung - und ich boykottiere das ständige Hören von Aufnahmen zu Studienzwecken - kann ich ganz klar sagen, welche Aufnahmen, die ich vor 20 Jahren oder noch früher gehört habe, mich noch immer in meiner musikalischen Arbeit beeinflußen.
    Die Voreingenommenheit durch Aufnahmen ist das, was mich am meisten stört. Menschen, die nur den Klang von z.b: Callas und Caruso im Ohr haben und nicht bereit sind, zuzugeben, daß heutige Sänger dasselbe leisten können. das schlimme daran ist, daß Hörerfahrungen nicht völlig bewußt sind, man "denkt sich/ man weiß, wie es klingen soll", ohne daß man die eigene Vorstellung reflektiert.


    Das Phänomen läßt sich anhand der Originalklang Debatte gut belegen: früher war man überzeugt, daß z.B: Karajan das Maß aller Dinge wäre, die Meinung von Harnoncourt war zuerst heftig umstritten - jetzt scheint es sich umgedreht zu haben - leider weniger durch musikalische Qualität, dsondern durch fragwürdige wissenschaftlichkeit - man hält heute eher das für richtig, was Harnoncourt & Consorten machen.


    Tatsächlich geht es bei Interpretationen IMO um Modeströmungen, man muß sich von der anderen Generation abheben. Auch deswegen ist eine "zeitlos gültige Referenzaufnahme" für mich nicht möglich - alles ist aus der Zeit heraus zu sehen, in der es entstanden ist.


    Aussagen wie "früher konnte man..." halte ich für unbeweisbar... was soll innerhalb des menschenmöglichen nicht wiederholbar sein??


    wer gibt zu, daß heute viele Pianisten gleich gut und noch besser spielen als z.B: Horowitz, der doch so lange den Ruf der Unerreichbarkeit hatte...
    Allerdings war er eben der erste, der diese Leistungen vollbringen konnte. genauso läßt sich wahrscheinlich sagen, daß Horowitz die gleiche Höhe wie Franz Liszt hatte - es ist unbeweisbar, warum sollte Liszt so viel besser gewesen sein.


    Vergleiche sind in der Kunst eigentlich unmöglich - lassen sich aber nicht vermeiden - mit dem Kompromiß müssen wir umgehen lernen...


    Interessant finde ich deinen Lösungsvorschlag:

    Zitat

    Für mich sind das zweierlei Paar Schuhe: Erstens die Suche nach der bestmöglichen Aufnahme auf CD – wobei ich mich bei dieser Suche anfangs gerne von Expertenmeinungen leiten lasse, ohne aber selber blind und taub zu werden. Zweitens der Besuch von Live-Veranstaltungen, die für mich eine ganz andere Qualität haben.


    Für mich gibt es nur eine Musik, die man wahrnimmt!


    Was hat für dich den höheren Stellenwert - die Aufnahme oder das Konzert.


    Läßt sich das überhaupt beurteilen?


    Ist ein Live konzert nur deswegen interessant, weil man den Künstler beobachten kann?


    Vielleicht kann ich um ein bißchen Verständnis bitten, daß es mich krank macht, wenn jemand lieber CDs hört und das auch für wichtiger hält, als z.B: meine Interpretationen zu hören...


    Vor allem ging es mir bei Katlow darum, daß er es gar nicht überlegt hatte, Liederabende zu besuchen - also z.B. eine Live aufführung der Müllerin, um sich anschließend Wunderlich anzuhören.


    Ich komme ja auch nicht an dem Eingeständnis vorbei, daß lebende Sänger nicht denselben Eindruck in mir wecken wie Wunderlich - aber es ist (!) falsch, nur Wunderlich hören zu wollen, und alles andere als minderwertig zu betrachten.


    in der Gesangserziehung gibt es die traurigen Fälle, in denen Sänger sich an Aufnahmen orientieren, anstatt mit den eigenen stimmlichen Möglichkeiten zu arbeiten - vielleicht glaubt man mir das, daß sich solche Leute in kurzer Zeit fertig machen und gesundheitlichen Schaden erleiden.
    Es hat mit Selbstfindung zu tun.
    auch das Publikum erkennt doch, wenn ein Sänger krampfhaft versucht, nur den Idealbildern zu folgen und andere nachzuahmen.


    Worin besteht für dich der andere Stellenwert der Liveaufführung?


    Ich weiß nicht, wie sehr du meine Perspektive kennst - vielleicht können wir diese Unterschiede einmal diskutieren.


    liebe Grüße,
    Wolfgang

    Im übrigen bin ich der Ansicht, dass gepostete Bilder Namen des Fotografen, der dargestellten Personen sowie eine genaue Angabe des Orts enthalten sollten.
    (frei nach Marcus Porcius Cato Censorius)

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  • Hallo Wolfgang,


    ich möchte, auch wenn ich nicht Cosima heiße, auf dich eingehen, auch, weil ich mit der Meinung Cosimas ziemlich genau übereinstimme.



    Auch Musik spielt sich bei mir nicht nur zu Hause oder generell im CD-Player ab.
    Man kann(wie ich bei Rachs zweitem schrieb) ein unglaubliches Erlebnis auch zu Hause haben, aber es ist nie das Gleiche, wie im Konzert.


    Ein Konzert ist etwas besonderes! Nicht unbedingt, weil ich die heutigen Künstler live erlebe. Das ist gewiss auch etwas Großes, aber für mich nicht unbedingt das entscheidene(wie ich schon in einem anderen Thread schrieb, ist mir der Name, die Persönlichkeit, nicht das entscheidene).
    Es ist die Atmosphäre...das Erleben eines Werkes Vorort! Man ist mitten drin und...keine Ahnung...ich kann es nicht wirklich in Worte stecken, aber in einem Konzert erlebt die Musik ganz anders, als mit CD.


    Mein Stellenwert der beiden Dinge ist eigentlich klar. Den höheren Stellenwert hat das Konzert, aber dennoch bin ich eher selten im Konzert. Aber das ist keinesfalls schlimm. Denn damit bleibt es auch immer etwas besonderes.


    Aber insgesamt kann man sagen, dass es doch ein interessanter Konflikt ist: CD gegen Konzert.


    Gruß, Maik


    PS: Ich muss bei Konzerten auch noch unterscheiden, ob ich es live im Konzerthaus höre oder zu Hause vorm Fernseher. Ersteres wird auch nicht vom Zweiteren erreicht!

    Wie ein Rubin auf einem Goldring leuchtet, so ziert die Musik das Festmahl.


    Sirach 32, 7

  • Hallo Wolfgang,


    ich denke, dass Du sehr gut umrissen hast, woraus Deine kleinen „Befindlichkeitsstörungen“ resultieren ;):


    „ich habe eben panische Angst vor Menschen, die nur eine bestimmte Aufnahme im Kopf haben, und eine live Darbietung ständig damit vergleichen.“


    Na ja, Angst ist immer ein schlechter Ratgeber, Panik verführt gar u.a. zu Überschussreaktionen. Aber die gute Nachricht ist: Sie ist m.E. ganz unbegründet.


    Du merkst an: „Vergleiche sind in der Kunst eigentlich unmöglich - lassen sich aber nicht vermeiden - mit dem Kompromiß müssen wir umgehen lernen...“


    Ich spreche jetzt nur für mich; also: Natürlich habe auch ich eine bestimmte Aufnahme im Kopf, wenn ich ein Konzert besuche und natürlich werde ich keinen Sviatoslav Richter oder wen auch immer zu hören bekommen. Aber ich bin noch nie nach einem Konzert enttäuscht nach Hause gegangen oder habe den Besuch bereut, weil es nicht so klang wie auf CD-Aufnahmen, die „Referenzcharakter“ haben. Noch kein einziges Mal!
    Du fragst nach dem Stellenwert: Ich ziehe Live-Veranstaltungen deutlich CDs vor. Und wenn ich nicht in so einem Provinznest leben würde, wäre ich wahrscheinlich dauernd in Konzerten. Aber obwohl hier in Sachen Kultur (obgleich Göttingen eine Uni-Stadt ist) so ziemlich der Hund verfroren ist, nehme ich mit, was sich mir bietet, sofern es mich bzgl. des Komponisten usw. interessiert. Soll heißen: Falls hier am Wochenende ein Schumann-Liederabend angeboten werden würde… ich wäre dabei, auch wenn keine große Namen auf dem Programm stehen – und auch obwohl ich die Wunderlich-CD hier im Regal stehen habe.


    Ich glaube das Wichtigste bzgl. des Stellenwerts ist für mich das Gefühl, dabei gewesen zu sein. Da haben sich Musiker eines Werkes angenommen, es lange geprobt, sich Mühe gegeben, ihr Bestes gegeben, sich mutig dem Publikum gestellt – und ich bin dabei, muss konzentriert sein, lasse mich anstecken von evtl. Begeisterung, kann nicht nur hören, sondern auch beobachten. Das alles gefällt mir, inklusive der Vorbereitung auf solch einen Abend.


    Eine CD kann ich immer wieder abspielen, an bestimmten Stellen stoppen und sie wiederholen – ein Konzert ist einmalig, ich muss deswegen viel aufmerksamer sein, um nichts zu verpassen. Und diese erhöhte Aufmerksamkeit sorgt dafür, dass ich die Musik intensiver erlebe als daheim im stillen Kämmerlein.


    Im letzten Konzert, das ich erlebte, spielte ein junger (recht unbekannter) Violinist. Er spielte wirklich gut, begeisterte das Publikum, das eine Zugabe nach der anderen forderte. Man spürte, wie sehr sich dieser junge Mann über die Aufmerksamkeit und den Beifall freute – er war richtig angefeuert und wuchs fast über sich selbst hinaus. Das war kein Heifetz und auch kein Oistrakh, aber ich ging dennoch mit einem richtig guten Gefühl nach Hause.


    Trotzdem würde ich mir – ginge es um die Anschaffung einer CD – die Aufnahme von Heifetz zulegen. So ist das nun einmal…


    Gruß, Cosima

  • Zunächst mal danke für die Reaktionen - leider empfinde ich das Forum oft als Karpfenteich, in dem ich erst Wirbel machen muß, um Antworten zu bekommen.
    Ich denke, daß der ultimative Zweck ja die Diskussion über Musik ist und nicht das Hin und Herreden über CDs.


    Daß ich einige Formulierungen übertrieben habe, ist mir klar - zuerst muß ich aber wissen, was Katlow geärgert hat, bevor ich irhgendetwas allgemeines schreibe...
    leider bin ich von meiner Grundaussage immer noch überzeugt - zwar habe ich seine Motivation, sich lediglich eine Cd-Sammlung aufbauen zu wollen, falsch eingeschätzt, aber meine prinzipielle Abneigung gegen die Einstellung, es genüge, sich Aufnahmen anzuhören, um von Musik etwas zu verstehen bleibt aufrecht.


    Wie wärs, wenn jemand auf die Idee käme, selbst singen zu lernen, um den Liedgesang zu begreifen.
    Worauf ich hinaus möchte - jeder, der mal ein Instrument gelernt hat, vielleicht auch kleine Auftritte als Kind hinter sich hat, kann ansatzweise nachvollziehen, was ein Künstler am Podium durchmacht.


    ein kleines autobiographisches Beispiel:
    ich habe als Student Orgelkonzerte (über 10 Jahre hinweg) in einem kleinen Ort bei Graz gegeben, in dem ein Onkel von mir Landarzt ist. Er war ganz stolz auf seine Funktion als Organisator - es hat ihm auch weiteres Ansehen im Ort verschafft
    Was ihn betrifft - er hat keine musikalische Bildung - ein Interesse an Opern, bzw. an Aufnahmen von Callas, Caruso und Co. Hier trifft für mich dasselbe zu, wie wahrscheinlich für viele Taminos - großes Interesse an einem Fachgebiet mit Spezialkenntnissen (namhafte Opernsänger...)


    Ich habe mich anfangs leicht, später immer schwerer getan mit der Tatsache, daß er sich in meine Programmgestaltung eingemischt hat mit konkreten Aussagen, welche Stücke er für geeignet hält und welche nicht. Ich habe immer versucht, einen Kompromißweg zwischen Publikumsgeschmack und meinen Vorstellungen zu finden. Die Lösung lag darin, einzelne, mir wertvolle Stücke den gefälligen gegenüberzusetzen. Da das Konzert im Ort sehr populär wurde, mußte ich oft tief in die seichte Schublade greifen, lediglich Variationen über "o, du mein Österreich" habe ich strikt verweigert.


    Was ich hier besonders abstoßend fand, war die Selbstverständlichkeit, mit der Laien manchmal über Musik urteilen und Werke als geeignet oder ungeeignet bezeichnen.



    Zwei Vergleiche möchte ich zur Beurteilung von Livekonzerten heranziehen:


    1. wieder mal die Gastronomie:
    ich denke, nur derjenige ist ein guter kritiker, der auch genau sagen kann, warum ihm etwas nicht schmeckt und vielleicht auch, was anders sein müßte, daß es schmeckt.


    wahrscheinlich schadet es nicht, wenn er kochen kann, damit er die schwierigkeiten des Kochens kennt.


    2. vorausgesetzt ,wir können uns einigen, daß eine Musikdarbietung nicht nur ein eingelernter technischer Ablauf ist, sondern eine persönliche und emotionale Aussage eines sensiblen Menschen.


    die Beurteilung eines Künstlers würde ich mit der Beurteilung des menschlichen Erscheinungsbilds vergleichen...


    als simples Beispiel: wenn behauptet wird, xy% der Männer halten Heidi Klum für die Idealfrau - angenommen, man vergleicht jede Frau, der man begegnet mit jenem langweiligen Supermodel, dann wird man wohl nie eine Frau schön finden können.
    Selbst wenn man zugeben muß, daß Heidi Klum objektiv gesehen Merkmale besonderer Schönheit hat, hat es keinen Sinn, sich auf eine Idealvorstellung einzugrenzen, sodaß andere Frauen sich verpflichtet fühlen, äußerliche Veränderungen zu versuchen bis hin zu Operationen.
    Es macht IMO auch keinen Sinn ( Cosima) die Sache geistig in 2 paar Schuhe zu trennen.
    Die Frage ist für mich dieselbe wie bei der Wunderlich Aufnahme: kann ich wirklich sagen, nur das eine ist schön, alles andere ist Mittelmaß? Oder kann ich versuchen, in jedem Menschen das Schöne zu entdecken, damit ich ein ehrliches Kompliment machen kann?


    ich gebe ja zu, daß nicht immer ein Gleichgewicht zwischen Schönheit und dem Gegenteil davon besteht. Manchmal schafft man es ja, die Schwächen des anderen in einem anderen Licht zu sehen, z.B: als charakteristische Eigenart.


    Noch ein kleiner Vergleich: das Gefühl, auf die Bühne zu gehen ist wie das Gefühl vor dem ersten Date mit der neuen Liebe. da gibt es eine Menge an Ängsten - ob man so akzeptiert wird, wie man ist,


    oder ob es nur darum geht, daß man nicht so aussieht wie George Clooney, keinen Waschbrettbauch hat und keine geraden makellosen Zähne.


    Vielleicht ist meine Position ein wenig klarer...



    Wolfgang

    Im übrigen bin ich der Ansicht, dass gepostete Bilder Namen des Fotografen, der dargestellten Personen sowie eine genaue Angabe des Orts enthalten sollten.
    (frei nach Marcus Porcius Cato Censorius)

  • Zunächst einmal merci an Cosima und Maik - ihr habt so ziemlich das vorgetragen, was ich als Gegenargument vorgetragen hätte - und noch dazu wahrscheinlich besser formuliert als ich es in einer spontanen Reaktion auf Tastenwolf getan hätte.


    Aber nachdem sich Tastenwolf nunmehr nochmals direkt in meine Richtung geäußert hat, will ich auch selbst antworten.


    Du möchtest wissen, worüber ich mich geärgert habe, Tastenwolf?


    Nun, vordringlich darüber, dass du mir Ansichten und Verhaltensweisen unterstellst, die einfach nicht zutreffen, und zwar, wie ich betonen möchte, ohne dass mein Anfangsschreiben OBJEKTIV Anlass für derartige Unterstellungen ggeboten hätte.


    Zum Anderen darüber, dass du auf meine von mir offen und bewußt leicht selbstironisch formulierte Anfrage (die immer auch die Möglichkeit offen lassen sollte, dass man mich, was einige meiner "Wunsch-Kriterien" angeht eines Besseren belehrt) den Ton ohne jeden Anlass derartig verschärft hast - und damit weiter fortfährst, trotz jeden Versuches meinerseits und seitens anderer Forumsmitglieder, dir unseren Standpunkt ausführlich und höflich zu erklären.


    Es ist wirklich albern, das klarstellen zu müssen. aber entgegen deiner Annahme zähle ich nicht zu den Leuten (wenn es sie denn überhaupt gibt), die ihr Interesse an klassischer Musik allein auf CDs beschränken. Im Gegenteil, ich habe, selbst bevor ich anfing mich für klassische Musik "ernster" zu interessieren, Konzerte und Opernaufführungen schon immer sehr gerne besucht und bedauere es sehr, dass sich mir jetzt, wo die Kennerschaft etwas größer geworden ist, da ich momentan "auf dem platten Land" wohne, seltener als ich es möchte dazu die Gelegenheit bietet. Auch hier kann ich Cosima nur zustimmen: Felix Vienna!


    Zum anderen habe ich, da ich einmal das Glück hatte, die Anfänge der Gesangskarriere eines damaligen Studienkommilitonen und seine spätere Entwicklung aus (relativer) Nähe mitverfolgen zu können, persönlich sogar schon seit längerem ein Interesse gerade an der Entwicklung junger Sänger. Ein Gebiet, dass ich nicht zuletzt deshalb besonders faszinierend finde, weil die Entwicklung und Herausbildung einer Gesangsstimme i.d.R. einen längeren Zeitraum in Anspruch nimmt und verschiedene Phasen durchläuft, und dazu neben Talent auch Geduld und Ausdauervermögen erfordert, um der Gefahr zu entgehen, eine vielversprechende Karriere durch das "zu frühe" Angehen bestimmten musikalischen Materials zu zerstören. Zu verfolgen, wie sich ein Künstler dem stellt und daran reift, ist außerordentlich spannend, und es ist eine bereichernde Erfahrung, wenn man dazu die Gelegenheit hat.


    Vor diesem Hintergrund empfinde ich es schon als Frechheit, wenn du meinst, mich auf das Bild eines engstirnigen, und im Grunde ignoranten CD-Einschiebers reduzieren zu können und mir zu unterstellen, ich würde zarte junge Künstlerseelen zerstören indem ich ihnen gleich zu Beginn ihrer Karriere die Unerreichbarkeit irgeneines (längst verstorbenen) Ideals aufs Brot schmiere mit dem Zusatz, sie mögen es doch besser gleich aufgeben. Ich weiss nicht, woher du diese "Feindbilder" hast, ich kann dir allerdings versichern, ich passe nicht zu ihnen.


    Das heißt aber nicht, dass ich mir das Recht auf meine eigene Meinung zu einem Vortrag absprechen lasse - oder alles, was die Klassikindustrie in regelmäßigen Abständen als "neuen Stern am Firmament" auf den Markst puscht, kritiklos als über alles bisher dagewesene erhaben annehme.



    Zum konkreten Thema dieses Threads: Eines meiner Ziele in der Beschäftigung mit klassischer Musik war es von vornerherein, meinen Horizont zu erweitern - und ich glaube ich habe auf diesem Gebiet in den vergangenen zweieinhalb Jahren verdammt viel erreicht. Als sozusagen "last frontier" möchte ich dabei jetzt den bisher (aus subjektiven Gründen, die ich versucht habe humorvoll darzustellen) ausgeblendeten Bereich des Liedgesanges angehen. Und ich bedanke mich für die gesammelten Empfehlungen in diesem Thread - sie stellen für mich genau die Ausgangsbasis für eigene Erkundigungen dar, auf die ich gehofft (und, meine Taminos kennend, auch vertraut) hatte - und sie machen mir Lust, mich in diesen Bereich hineinzuwagen! Was einer der Gründe ist, warum ich hier so gerne mitlese und -schreibe.



    Ich möchte dir noch in einem Punkt ausdrücklich widersprechen:


    Es ist meine feste Überzeugung, dass es gerade das Wundervolle an der Sprache der Musik ausmacht, dass man sie allein durch Zuhören erlernen kann.
    Das war nämlich gerade eines der Grundprobleme des uns im Gymnasium angedeihenden Musikunterrichts gewesen, dass er allein an das exklusive Klübchen derer gerichtet war, denen aufgrund des Unterrichts in einem Instrument die Grundlagen der Musiktheorie bereits in Fleisch und Blut übergegangen war, der Rest von uns (die große Mehrheit) konnte sich bemühen wie sie wollte, letztendlich war sie immer dazu bestimmt hinterherzuhinken. Und obwohl ich klassische Musik schon immer gemocht habe, hat es danach etliche Jahre gedauert, bis ich so weit war, mich in meinem Interesse für klassische Musik nicht mehr von dem Vorurteil beschränken zu lassen, dass man die ja eigentlich nur dann richtig verstehen kann, wenn man selbst ein Instrument spielt. Und eine der ersten Erkenntnisse, die ich bei meiner darauf folgenden systematischen Entdeckung der klassischen Musik machen konnte war die wundersame Erkenntnis, dass man die Sprache der Musik allein durch Zuhören -konzentriertes, intensives und wenn nötig mehrfaches Zuhören erlernen kann. Wenn dem nicht so wäre,hätte die klassische Musik es nie durch die Jahrhunderte geschafft!


    Bei mir persönlich hat das Interesse am Zuhören zu einem weitergehenden Interesse, mehr über klassiche Musik, Komponisten und Musiker zu erfahren, geführt (ab und an wage ich mich sogar in den gefürchteten Bereich der Musiktheorie vor) - was vielleicht nur eine natürliche Entwicklung ist, aber notwendigerweise erforderlich um klassische Musik genießen zu können ist es m.E. nicht.


    Deine Einstellung, wer nicht wenigstens ein Instrument beherrsche, der möge doch bitte vor Ehrfurcht vor jedwedem "Kunstproduzierenden" erstarren, und sich ja nicht erdreisten eine Meinung zu äußern, klingt für mich nach genau der Arroganz, die du mir vorwirfst. Auch jemand, der nie ein Instrument gelern hat, hat Ohren. Natürlich können Publikums- wie Kritikerurteile voreingenommen, verbohrt und borniert sein, und darüber lässt sich dann herrlich streiten (oder ein paar Jahrhunderte danach herrlich spotten) aber ohne Publikum gäbe es keine Kunst! Wenn du das Publikum (so es nicht zu dem Kreis der Erlauchten angehört) auf die Rolle der dumm-ehrfurchtsvollen Götter-(i.e. Künstler-) Verehrung reduzieren willst (und wir wissen ja: Götter darf man nicht in Frage stellen), wären die Konzert- und Opernsäale bald sehr leer, das lassen Menschen im allgemeinen, und Klassikliebhaber im Besonderen nämlich nicht gern mit sich machen!


    Ich gehöre übrigens auch zu den Leuten, die sehr gerne und möglichst vielfältig aus essen gehen, und sich dabei doch tatsächlich anmaßen, für sich zu entscheiden, ob es ihnen geschmeckt hat oder nicht - selbst wenn ich das konkrete Gericht nicht nachkochen könnte.


    Gruß


    katlow

  • Bin in Eile - deshalb nur kurz:


    An Wolfgang:


    Du schriebst: „Es macht IMO auch keinen Sinn ( Cosima) die Sache geistig in 2 paar Schuhe zu trennen.“


    Wenn ich das nicht täte, sähe es folgendermaßen aus:


    Ich gehe in das hiesige Konzert der Göttinger Symphoniker. Sie spielen Beethovens 5. Symphonie, die ich mit den Wiener Philharmonikern unter Carlos Kleiber kenne und liebe. Selbstverständlich habe ich Kleibers Interpretation im Ohr, höre auch deutlich die Unterschiede. Wenn ich nun nicht geistig trenne, also lediglich die Interpretation an sich vergleiche, werden die Göttinger immer schlechter abschneiden – gleichgültig, was sie spielen. Also wie soll ich bitte das eine genauso schön wie das andere finden können? Ich halte das für Wunschdenken Deinerseits, das Deiner Angst vor Vergleichen entspringt - aber leider nicht realisierbar.


    Andererseits habe ich Dir schon aufzuzeigen versucht, dass ich sehr wohl – eben durch die Trennung – die Live-Veranstaltung als schön empfinde. Aber das scheinst Du leider in einer doch recht verbohrten Art und Weise auszublenden.


    An katlow:


    Ich finde, dass Du sehr schön Deine Beweggründe skizziert hast – ich kann das Geschriebene absolut unterschreiben und unterstreichen.


    Gruß, Cosima

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  • Zitat

    Original von katlow
    Deine Einstellung, wer nicht wenigstens ein Instrument beherrsche, der möge doch bitte vor Ehrfurcht vor jedwedem "Kunstproduzierenden" erstarren, und sich ja nicht erdreisten eine Meinung zu äußern, klingt für mich nach genau der Arroganz, die du mir vorwirfst.


    Salut,


    ich glaube, hierin den Kern des „Problems“ zu erkennen. Eine Ansicht, worüber sich auch unser lieber Heinz a.D. eschoffiert hat. Man sollte auch – bitte – die Künstler verstehen, welche diese Meinung über die „Konsumenten“ - na sagen wir besser Liebhaber - haben. Sicherlich sollte diese Ansicht so nicht stehen bleiben, aber eine Ansicht kommt nicht von „Ohngefähr“:


    Ich verstehe durchaus, dass sich ein ausübender Künstler - egal welcher Kategorie - übergangen, angegriffen und verletzt fühlt, wenn man/frau seine Leistung zertrampelt. Es sieht immer so leicht aus: Da hockt einer am Flügel und lässt es nur so sprudeln... als ginge alles von selbst. Dass dem jedoch eine teilweise sehr mühevolle Arbeit vorausgeht, sehen die Wenigsten [ich möchte niemandem dies unterstellen] und dass der [solistische] Livevortrag nochmals eine zusätzliche Höchstleistung ist, wird auch oft unterschätzt: Das ist Stress in höchstem Masse, welchen das werte Publikum erfahrungsgemäß kaum jemals in dieser Form durchgemacht hat. Es ist doch ganz klar, dass ein Künstler dann wütend wird und ggfs. sogar resigniert, wenn er gleich in der Luft zerrissen wird, statt dass demjenigen die ihm gebührende Anerkennung zugetragen wird. Man muss natürlich den Künstlern nicht gleich ehrfürchtig die Füße küssen, das sollten dann doch lieber die noch nicht so ausgereiften Musiker gegenüber ihren Vorbildern tun, denn sie können die Leistung [leider doch] etwas besser einschätzen, als ein Publikum, welches keine Instrumente spielt.


    Für den reinen Hörgenuss ist es natürlich nicht erforderlich, dass man ein Instrument spielen kann, jedoch kann es für die Erschließung eines Werkes [was auch immer das sein soll], wie katlow es richtig sagt, sehr hilfreich sein: Jedenfalls wird dann das Werk von einer anderen Seite beleuchtet und nicht zuletzt auch die Ausführenden und deren Leistung.


    Andererseits [@Wolfgang] musst Du Dir stets vor Augen halten, dass der Markt dieser Branche hart umkämpft ist und dass Du eine ganz hervorragende Stelle als Korrepetitor in Wien hast. Damit hast Du natürlich gleich die Machenschaften der neidzerfressenen Klassikbranche mit eingekauft. Musik ist ein Thema, über das alle Menschen mitreden können – und dürfen. Musik ist für die Menschen gemacht, es gefällt– oder eben nicht. Ich würde solche „Kritiken“ ad acta legen, das Gute oder Großartige setzt sich ohnehin von ganz allein durch, egal was andere darüber reden. Marie von Ebner-Eschenbach sagte sinngemäß: Des Künstlers größte Anerkennung findet er beim Dilettanten. Diesen Umkehrschluss halte ich für eine allumfassende Beschreibung, wobei hier das Wort „Dilettant“ nicht all zu sehr auf die Goldwaage gelegt werden sollte.


    bien cordialement
    Ulli

    Die Oper muss Tränen entlocken, die Menschen schaudern machen und durch Gesang sterben lassen.
    (Vincenzo Geilomato Hundini)

  • Hallo,


    mir kam eben noch ein Gedanke.


    Wenn ich in ein Konzert gehe und kenne das Werk, dann bin ich da voll Cosimas Meinung, dass man klar trennen muss. Und das tut sie und ich auch. Deshalb bin ich da voll ihrer Meinung, dass es zwei Paar Schuhe sind...
    Jedenfalls, auch wenn ich ein Werk zu Hause habe und voll davon begeistert bin(sei es nun im allgemeinen Referenz oder nicht), dann hab ich es im Ohr. Im Konzert schalte ich es ab und konzentriere mich nur auf das, was ich gerade höre(wurde irgendwo schon mal angeführt, dass mann sich komplett konzentrieren muss, denn wiederholen kann man ja nicht...).
    Am Ende vermittel ich dem Orchester, den Interpreten, eben allen, Dirigent und Solisten, wie sehr es mir gefallen hat, auch wenn ich eine geniale Aufnahme habe, so kann mich doch ein Konzert trotzdem dermaßen begeistern, dass man auch "ausflippt". Ich trage, um es mit Ullis Worten zu sagen, ihm die ihm gebührende Anerkennung vor.
    Und jetzt mal ne Frage. Mir(als der, der kein Instrument spielt) ist es "verboten" negative Kritik zu äußern, weil ich mich da nicht rein versetzen kann, weil ich "unwissend" bin, aber ich soll doch bitte schön den nötigen Respekt haben und applaudieren, wenn der Solist fertig ist?! Es ist doch nichts anderes als positive Kritik.
    Wie Ulli schon sagte, Musik ist für alle da.
    Ich streite ja auch gar nicht ab, das zum Beispiel ein Klavierspieler sicherlich anderes oder "besser" über ein Klavierstück urteilen kann, als ich, aber deshalb muss einem noch lange nicht die Meinungsäußerung verboten werden, weil sie vielleicht von einem "Nichtkenner" kommt...von einem, der in der Materie nichz zu Hause ist, sondern nur diese Musik liebt.


    Gruß, Maik

    Wie ein Rubin auf einem Goldring leuchtet, so ziert die Musik das Festmahl.


    Sirach 32, 7

  • Zitat

    Wenn ich ein Konzert gehe und kenne das Werk, dann bin ich da voll Cosimas Meinung, dass man klar trennen muss. Und das tut sie und ich auch. Deshalb bin ich da voll ihrer Meinung, dass es zwei Paar Schuhe sind...


    Hier muss zunächst die innere Trennung vorgenommen werden: Die Unterscheidung, ob man nun das Werk selbst oder die Interpretation mag? Bestenfalls natürlich beides parallel. Mir persönlich ist nach wie vor die Interpretation relativ gleichgültig, sofern sie nicht unter der Gürtellinie stattfindet und das habe ich bisher selten erfahren. Demnach kann ich mich immer voll auf ein Werk konzentrieren und dabei ggfs. bemerken, ob und wie schwierige Passagen gemeistert werden.


    Zitat

    Und jetzt mal ne Frage. Mir(als der, der kein Instrument spielt) ist es "verboten" negative Kritik zu äußern, weil ich mich da nicht rein versetzen kann, weil ich "unwissend" bin, aber ich soll doch bitte schön den nötigen Respekt haben und applaudieren, wenn der Solist fertig ist?! Es ist doch nichts anderes als positive Kritik.
    Wie Ulli schon sagte, Musik ist für alle da.


    Zunächst mal ist es Dir und allen anderen natürlich nicht verboten, Kritik zu äußern! Ich bin jedoch der Meinung, dass die Äußerung zumindest von negativer Kritik mit der Ausnahme von „gefällt mir nicht“ den Anspruch erhebt, auf ein gewisses Hintergrundwissen zurückgreifen zu können und deswegen einer feinfühligen Dosierung bedarf. In welcher Form dieses Background-Know-How vorhanden ist, ist letztlich egal, jedoch sollte sich der Kritiker mit seinen diesbezüglichen Äußerungen darauf beschränken.


    Politiker erhalten in aller Regel negative Kritik. Solange dies in Form von „gefällt“ oder „passt mir nicht“ geschieht, ist dagegen nichts einzuwenden, wobei selbst hier manches Mal ein gewisses Hintergrundwissen die Sichtweise völlig verändern kann. Genauso verhält es sich bei dem banalen Beispiel mit der Bratwurst: Entweder sie schmeckt oder sie landet in der Mülltonne. Der Metzger wird schon bemerken, ob die Kunden bei ihm Schlange stehen, oder ob er auf den Würsten sitzen bleibt. Dazu braucht er nicht einmal „Kritik“. Natürlich braucht der Kunde hier keine Ahnung von der Btratwurstherstellung haben, um dem Metzger seine [schlechte] Meinung über das Produkt zu äußern. Es kommt aber darauf an, wie der Kunde das umsetzt. Ein freundliches Wort des „Kenners“ kann durchaus den Produzenten beeinflussen und ggfs. vor schlimmerem Bewahren.


    Zitat

    Ich streite ja auch gar nicht ab, das zum Beispiel ein Klavierspieler sicherlich anderes oder "besser" über ein Klavierstück urteilen kann, als ich, aber deshalb muss einem noch lange nicht die Meinungsäußerung verboten werden, weil sie vielleicht von einem "Nichtkenner" kommt...von einem, der in der Materie nichz zu Hause ist, sondern nur diese Musik liebt.


    Ich spiele selbst Klavier und das mehr schlecht, als recht. Umso größer ist mein Respekt vor jenen, die sich „outen“ und vor Hunderten von Rezipienten versuchen, ihr bestes zu geben – für mich immer ein Grund für höchste Anerkennung. Schnell passiert es natürlich, dass man dabei [ich nehme mich da nicht aus!] seine „Fachkenntnisse“ auch sogleich auf andere Instrumente, gar auf Gesangssolisten und Orchester und Dirigenten überträgt, was ich selbst für ein bisschen anmaßend halte.


    Am schwierigsten scheint mir die Beurteilung der Dirigenten zu sein: Wer weiß schon, was genau ein Dirigent im Werk beeinflusst [hat], was vom Orchester selbst kommt. Wenn man nicht gerade eine jener seltenen Probeaufzeichnungen gesehen hat, ist es fast unmöglich, die Arbeit des Dirigenten zu bewerten.


    Summa summarum ist es extrem schwer, hier gerechte „Urteile“ zu fällen. Im Grunde muss zunächst das Werk von Interpret und Liebhaber ins Herz geschlossen sein, dann kann eigentlich [fast] nichts mehr schief gehen... außer natürlich der großen, bitteren Enttäuschung – davor ist aber niemand gefeit.


    bien cordialement
    Ulli

    Die Oper muss Tränen entlocken, die Menschen schaudern machen und durch Gesang sterben lassen.
    (Vincenzo Geilomato Hundini)

  • Zitat

    Zunächst mal ist es Dir und allen anderen natürlich nicht verboten, Kritik zu äußern! Ich bin jedoch der Meinung, dass die Äußerung zumindest von negativer Kritik mit der Ausnahme von „gefällt mir nicht“ den Anspruch erhebt, auf ein gewisses Hintergrundwissen zurückgreifen zu können und deswegen einer feinfühligen Dosierung bedarf. In welcher Form dieses Background-Know-How vorhanden ist, ist letztlich egal, jedoch sollte sich der Kritiker mit seinen diesbezüglichen Äußerungen darauf beschränken.


    Danke, dass auch ich Kritik äußern darf ;) :]
    Aber mal im Ernst. Ich finde es absolut nicht okay, wenn man sagt, du darfst zwar auch negative Kritik äußern, aber nur, wenn du auch das Hintergrund wissen hast. Loben kannst du immer, denn das stört mich ja nicht.
    Ich finde das ist ein typischer Fall von: Du bist Laie und da du deine negative Kritik nicht begründen kannst, lass es einfach, aber wenn du was tolles über mich zu sagen hast, spucks aus.
    Man veträgt einfach nicht das Negative oder will es nicht akzeptieren, weil es vielleicht nicht auf Wissen, sondern eher auf Gefühlen beruht. Beim Positiven nimmt man aber beides gerne an.


    Gruß, Maik

    Wie ein Rubin auf einem Goldring leuchtet, so ziert die Musik das Festmahl.


    Sirach 32, 7

  • Zitat

    Aber mal im Ernst. Ich finde es absolut nicht okay, wenn man sagt, du darfst zwar auch negative Kritik äußern, aber nur, wenn du auch das Hintergrund wissen hast. Loben kannst du immer, denn das stört mich ja nicht.
    Ich finde das ist ein typischer Fall von: Du bist Laie und da du deine negative Kritik nicht begründen kannst, lass es einfach, aber wenn du was tolles über mich zu sagen hast, spucks aus.


    Salut,


    Nein, nein - das betrifft natürlich ebenfalls die positive Kritik. Damit kannst Du einem Künstler mithin genauso eins überbraten, wie mit schlechter Kritik. Was Du an einem Künstler lobst, das interessiert ihn vielleicht gar nicht und er fühlt sich dann umso mehr getroffen, wenn Du nicht die Passagen lobst, die für ihn persönlich eine besondere Herausforderung waren, was natürlich nur er selbst wissen kann und das vergisst er dann natürlich. Insofern bedarf der Künstler hier keinem besonderen Schutz. Ich sage ja: Es ist unlösbar, das Problem.


    Dennoch ist Kritik wichtig, sie hält die ganze Sache am Leben oder haucht ihr gar erst Leben ein. Es ist sogar ein "politisches Mittel", einen Künstler [gekonnt und bewußt und mit dessen Einvernehmen] zunächst ins Kreuzfeuer der Kritik zu stellen, anzupöbeln etc... dadurch erst wird man in aller Regel darauf aufmerksam; egal, ob nun Anerkennung gerechtfertigt ist oder nicht. Das jedoch gehört nun wieder in Walter's Thread Musik und Politik - Schönbergs Begriff des vagierenden Akkords


    Ich hoffe, Du nimmst es nicht allzu ernst, wenn ich schreibe, "Du darfst Kritik üben". Das Thema ist höchst sensibel, zumal wenn die "Betroffenen" mitreden "dürfen"... :D


    Nun habe ich doch noch etwas vergessen, was ich bereits in meinem Beitrag oben schreiben wollte: Auch wenn man es nicht tun sollte, so müsste man für eine "Beurteilung" ein Künstler in mindesten zwei Teile zerlegen: Die "technische" und die "künstlerische". Diskussionen darüber gab es bereits bei Bach's Zeitgenossen, wenn nicht gar früher. Die "künstlerische" Bewertung ist eigentlich eine einfache, denn der Künstler ist entweder überzeugend oder nicht, wobei das natürlich auch wieder subjektiv ist. Aber: Überzeugt er künstlerisch bereits die Masse, also indem er dem Publikum "ins Herz spielt" [oder singt], dann hat er in den meisten Fällen bereits gewonnen. Glücklich bin ich allerdings mit dieser Äußerung nicht...


    So, jetzt muss ich schaffen...


    bien cordialement
    Ulli

    Die Oper muss Tränen entlocken, die Menschen schaudern machen und durch Gesang sterben lassen.
    (Vincenzo Geilomato Hundini)

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  • Mensch Ulli :D Warum sollte ich dir das denn übel nehmen ?(


    8) 8) 8)


    Außerdem sollte man nie vergessen, dass es sehr wohl wichtig ist, wie die Musik und somit der Interpret auf die Laien wirkt oder besser, was er bewirkt. Denn nur weil ich kein Kenner bin, kann ich die Art und das Können eines Künstlers schätzen.
    Wenn ich vor einem Bild stehe(ich habe von Kunst eigentlich gar keine Ahnung), dann sage ich auch, ob es mir gefällt oder nicht. Jeder macht das! Denn er gibt ja nur seine Empfindungen weiter, die er beim Anblick dieses Bildes hat.
    Nichts anderes ist es, wenn ich Musik höre. Ich gebe meine Empfindungen weiter, die ich beim Hören der Musik habe...


    Gruß, Maik

    Wie ein Rubin auf einem Goldring leuchtet, so ziert die Musik das Festmahl.


    Sirach 32, 7

  • Salut,


    jetzt lass mich doch endlich schaffen... ;)


    Ich finde, es ist ein großer Unterschied, ob Du ein Bild anschaust, oder Musik hörst. Beides ist zwar Kunst, das Bild aber interpretierst Du selbst beim Anschauen, falls nicht irgendein Gelehrter nebenstehend seinen Senf dazu gibt. Bei der Musik gibt es einmal das Kunstwerk "Musik" und dann noch gezwungener Maßen die "Übersetzung", also die Ausführung derselben und dann auch noch die Inszenierung. Du lieferst Dich also aus, was Dich natürlich berechtigt, Kritik zu üben. Deswegen lese ich fast ausschliesslich Partituren, so bleibt mir der ganze subjektive kram anderer erspart... wobei das nun keine Verachtung sein soll. Ich habe eben meine eigenen Vorstellungen, wie ein Musikstück zu klingen hat.


    Und - wie gesagt - solange Du "auf dem Teppich bleibst", also nach "gefällt" oder "gefällt nicht" urteilst, kann Dir niemand etwas anhaben. Wenn ich es richtig aus Deinen Zeilen herauslese, dann geht es Dir zunächst auch primär um das eigentliche Musikstück, dann erst um die Interpretation?


    bien cordialement
    Ulli

    Die Oper muss Tränen entlocken, die Menschen schaudern machen und durch Gesang sterben lassen.
    (Vincenzo Geilomato Hundini)

  • Das ist richtig!
    Denn ich gebe ehrlich zu, dass mein Gehör bei weitem noch nicht soweit ist, dass ich die Feinheiten heraushöre und somit "gerecht" über verschiedene Interpretationen urteilen kann. Das nehme ich mir nicht heraus.
    Ausnahmen sind, wenn ich mich (wie vor kurzem bei Rachs 2.KK) intensiver mit mehreren Interpretationen beschäftige und auch tiefer in die Materie einsteige.
    Jedoch kann ich dies nicht immer machen, da es auch eine Frage der Zeit ist. Aber es macht das Werk interessanter! Wie gesagt: es macht das WERK interessanter. Nicht unbedingt die Interpretation.


    Du hast es also vollkommen richtig erkannt :D


    Und nu ab ans Schaffen ;) :]


    Gruß, Maik

    Wie ein Rubin auf einem Goldring leuchtet, so ziert die Musik das Festmahl.


    Sirach 32, 7

  • Ein schöner und lesenswerter Thread, der zu grundsätzlichen Überlegungen anregt. CD Einspielungen stehen im Forum im Vordergrund. Der Standard der Ton- und Bildträger ist hoch und perfekt. Konzertbesuche und Opernaufführungen werden seltener thematisiert.


    Vor der Leistung der Musiker, ob Sänger oder Sängerin, Instrumentalist oder Instrumentalistin, Dirigent oder Dirigentin habe ich stets grossen Respekt. Vor Publikum live aufzutreten und sich der Kritik auszusetzen, wäre nicht meine Sache. Diese unmittelbare Begegnung von Künstler und Publikum im Konzert oder auf der Bühne ist die Grundlage, auf der alles sich aufbaut. Davor steht für die Musiker stundenlanges Üben und Erlernen der Technik.


    Als Konsument habe ich im Vergleich zu den Ausführenden wenig Anstrengung zu leisten.


    Ich verfolge die Karriere bestimmter Künstler mit Interesse und sehe in welche Richtung sie sich entwickeln. Manchmal sehe ich mit einem gewissen Bangen, wenn Repertoire ausgewählt wird, das in meiner Einschätzung die Fähigkeiten übersteigt.


    Es scheint mir, dass im Forum früher mehr aktive Profi-Musiker vertreten waren und aus ihrem beruflichen Hintergrund sich eingebrachten hatten. Von diesen Erfahrungen und Relativierungen profitiere ich als Hörer.


    Ich bin mir bewusst, dass eine CD-Produktion eine Momentaufnahme darstellt. Die Musiker haben ihr bestes gegeben. Der Anspruch an die Aufnahmen ist hoch, Perfektion wird vom Käufer erwartet. Wir Konsumenten sind in der privilegierten Position von einem Werk mehrere Interpretationen vergleichen zu können. Ein Urteil ist schnell gefällt.

    Vor Schuberts Musik stürzt die Träne aus dem Auge, ohne erst die Seele zu befragen:
    so unbildlich und real fällt sie in uns ein. Wir weinen, ohne zu wissen warum; Theodor W. Adorno - 1928




  • Ich bin mir bewusst, dass eine CD-Produktion eine Momentaufnahme darstellt.

    Streng genommen gilt das nur für Live-Mitschnitte. Produktionen entstehen hingegen in der Regel nicht "aus dem Moment" sondern im Laufe eines Arbeitsprozesses, bei dem man sich einem entstehenden Ideal allmählich annähert. Ich würde deshalb sagen, dass Live-Mitschnitte Aufzeichnungen von Kunstwerken sind, Produktionen hingegen Kunstwerke eigener Art. Als Hörer bevorzuge ich ganz eindeutig Konzertbesuche gegenüber dem Hören von CDs. Die für mich wichtigsten Punkte sind dabei das Bewusstsein (oder auch "unbewusste Wissen") der Unwiederholbarkeit, das Gemeinschaftserlebnis der Hörer und die besondere Kommunikation zwischen Saal und Bühne. Das alles fehlt beim Hören von Aufzeichnungen, und das verändert das (mein) Musikerlebnis grundlegend. Dass für mich Konzerterlebnisse unvergleich intensiver sind, erkenne ich u.a. daran, dass ich mich noch an Jahrzehnte zurückliegende Konzerte und daran, was sie in mir ausgelöst haben, erinnern kann, aber kaum vergleichbare Erinnerungen an das Hören von CDs habe. Als Musiker mag ich Konzerte und Produktionen, letztere eben deshalb, weil man im Laufe des Arbeitsprozesses im Wechsel zwischen Einspielen und Abhören noch Ideen bekommen, ausarbeiten, feinjustieren oder weiterentwickeln kann. Die inneren Gesetzmäßigkeiten unterscheiden sich dabei von denen im Konzert deutlich.

    "Herr Professor, vor zwei Wochen schien die Welt noch in Ordnung."
    "Mir nicht."
    (Theodor W. Adorno)

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  • Für mich ergeben sich zwei Themen aus diesem Thread.


    Der Wunsch nach den besten Aufnahmen der besten Stücke klingt ein wenig nach der berühmten Frage nach dem Königsweg, den es ja bekanntlich nicht gibt. Alle wertvolle Erkenntnis muss erarbeitet werden. Nur das zu hören, was ein anderer für das Beste hält, bringt einen naturgemäß über ein bestimmtes Niveau nicht hinaus. Ein Freund fragte mich mal während des Studiums noch, ob ich ihm nicht die TOP10 der klassischen Musik nennen könnte. Ich habe ihm gesagt, er solle sich nicht mit den TOP10 beschäftigen. TOP1 wäre die Lösung! Warum seine Zeit mit der zweitbesten Musik vertun? :P


    Die Frage nach CD oder Konzert stellt sich nicht wirklich als Alternative, weil das Rezeptionserlebnis ein vollständig anderes ist.


    Dass für mich Konzerterlebnisse unvergleich intensiver sind, erkenne ich u.a. daran, dass ich mich noch an Jahrzehnte zurückliegende Konzerte und daran, was sie in mir ausgelöst haben, erinnern kann, aber kaum vergleichbare Erinnerungen an das Hören von CDs habe.

    Das kann ich so unterschreiben. Es passiert unendlich viel mehr während eines Konzertes, nicht zuletzt die stille Kommunikation mit dem Künstler. Ich hatte (fast) immer den Eindruck, dass der Interpret mitbekommt, wie man sein Spiel aufnimmt. Wie soll das mit CD oder Platte funktionieren? Ich habe irgendwo erzählt, dass ich mir mit der alten Aufnahme der Schostakowitsch Streichquartette mit Borodin und Beethoven Quartett einen Abend während der Schulzeit gestaltet habe. Die Riesenbox mit Text aufgeklappt und ein wenig Wein dazu und der Abend dauerte. Das ist eines der wenigen Erlebnisse, wo die Vinyl-Rezeption im Gedächtnis geblieben ist ...


    Alle diese Erlebnisse sind anders, noch einmal dann, wenn man als Spieler sich ein Konzert anhört, und können nicht gegeneinander ausgetauscht werden. Das macht natürlich ein lockeres Anhören einer Scheibe "Best of Classics" nicht ungültig, verortet sie aber an der richtigen Stelle. Mein Musiklehrer an der Schule sagte mir mal, er könne sich nicht vostellen, wie man Musik hören könne, ohne sie potentiell spielen zu wollen. Ich weiß mittlerweile: Es geht ... aber es ist völlig anders.

  • Ich gebe mal einen vielleicht etwas naiven Kommentar. Konzerte gibt es ja auch im nichtprofessionellen Bereich. Für das Theater gilt das gleichermaßen. Ich habe als Schüler (16) in einer sehr guten Theatergruppe meines Gymnasiums (Schloßgymnasium

    D-Benrath, Grüße an Holger) gespielt . Wir spielten damals das "Wintermärchen" von Shakespeare, ein wunderbares, viel zu wenig bekanntes Stück. Wir hatten drei Aufführungen bei uns und drei bei Schultheatertagen in Düsseldorf. Das waren 6 verschiedene Aufführungen - wegen der Reaktionen des Publikums. Hinter der Bühne wusste jeder: "Heute sind sie gut - heute sind sie lahm!"

    Auch später, bei den Produktionen meiner eigenen Truppe in Oberhausen, war es jedes Mal anders. Besonders

    in Komödien ist man geradezu abhängig vom Publikum, es wird deutlich besser gespielt, wenn das Publikum mitgeht.

    Bei einer späteren Aufführung waren nur 10 Zuschauer erschienen. Da waren wir uns einig: wir spielen nicht, die Zuschauer bekamen Freikarten für den nächsten Termin.

    Ein besonderes Stück ist "Our Town/Unsere kleine Stadt" von Thornton Wilder. Dieses Stück kann man wunderbar im Schultheater spielen, weil die Hauptrollen von Jugendlichen gespielt werden, die sich da selbst darstellen. Die drei Akte spielen im Alltag (1), Liebe und Heirat (2), Tod und Begräbnis (3). Im ersten Akt gibt es einen Redakteur, der Fragen aus dem Publikum beantwortet; das ist natürlich vorbereitet. Da stand zum Beispiel unsere Schulleiterin auf und fragte: "Wird in Grovers Corner viel getrunken?" Die Antwort kam erst Minuten später, weil der ganze Saal lachen musste.

    Der letzte Akt ist sehr melancholisch und traurig. Er enthält eine Idee, die Wilder einem griechischen Text entnommen hat. Hier bittet die Hauptperson, die im Kindbett gestorbene Emily, den Spielleiter (der auf der Bühne steht und alles arrangiert), mit dem Bewusstsein, dass sie sterben muss, noch einmal einen Geburtstag aus ihrer Kindheit zu erleben. Sie hält es nicht aus und kehrt zu den Toten zurück. Der Saal erstarrte, ein tiefes Schweigen...

    Schönheit lässt sich gerne lieben...

    (Andreas Hammerschmidt,1611-1675)

  • Ich würde sagen, die Frage lässt sich allenfalls - wenn überhaupt - nur sehr individuell beantworten. Sie wird vom Menschentyp abhängen. Persönlich liebe ich das perfekte und auch die Wiederholbarkeit der Tonaufzeichnung, dieses "auf ewig" festgehaltene Musikereignis. Herber von Karajan hat sich dereinest in ähnlicher Weise geäussert. Er - selbst Technikfreak - zählte die Vorzüge der Studioaufnahme auf, den besseren Hörplatz, keine Publikumsgeräusche etc.

    In meiner Jugend bin ich oft ins Konzert gegangen und die Publikumsgeräusche haben mich nicht gestört - wohl aber bei der LIVE-AUFNAHME. Denen bin ich damals großräumig ausgewichen. Eine suboptimale Akustik, eine nicht ideale Instrumentaufstellung, etc etc. das war nix für mich. Im Studio ist alles geschönt und zurechtgebügelt, nach dem Willen des Tonmeisters und seiner Auftraggeber modelliert. Die Berliner Philharmoniker- Karajan- DGG - das war ein unverwechselbarer Sound, der gewissermaßen die Marke darstellte.

    Wenn mich was an einem Liveerlebnis stört, dann ist es genau gene von einigen gelobte "Vergänglichkeit" - ein flüchtiger Genuss, der im Laufe der Reit aus dem Gedächtnis entschwindet - oder aber verklärt wird. Die Aufnahme ist indes jederzeit wieder abrufbar, man verliert sie nicht aus der Erinnerung.

    Ein MANKO -IMO das Grösste - der Tonaufnahme ist, daß keine noch so ausgeklügelte Aufnahmen imstande ist ein Instrument naturgetreu wiederzugeben. Es bleibt immer der Hauch des Synthetischen, sowie eine Packerluppe keine echte Rindsuppe sein kann.

    Hier wurde mir oft widersprochen. Ich nahm als Beispiel lediglich die menschliche Stimme. Kein Lautsprecher der Welt - sei er noch so teuer - ist in der Lage die menschliche Stimme so wiederzugeben, daß man sie nicht gegenüber einem lebenden Menschen unterscheiden kann. Das ist bei Instrumenten ebenfalls der Fall. Schwierig ist hier der Flügel, die Violine - Besser klappts mit Orgel. Hier ist in Fallen dem Kopfhörer gegenüber dem Lautsprecher der Vorzug zu geben.

    Eigenartigerweise habe ich nie zum Interpreten eine "Beziehung" aufgebaut. Wahrscheinlich ist das bei einem Konzert in kleinem Rahmen anders. Die "beste" Aufnahme suche ich nicht. Neben den sogenannten "Referenzen" habe ich immer "durchschnittliche" Aufnahmen gekauft - und dabei bin ich oft auf Schätze gestossen.


    mfg aus Wien

    Alfred

    Wenn ich schon als Vorbild nicht tauge - lasst mich wenigstens ein schlechtes Beispiel sein !



  • Eigenartigerweise habe ich nie zum Interpreten eine "Beziehung" aufgebaut. Wahrscheinlich ist das bei einem Konzert in kleinem Rahmen anders.

    Auf jeden Fall. Ich kann mich an zwei Pollini-Konzerte erinnern, beide in großen Konzertsälen, wo für mich keine Atmosphäre aufkam. Ich hatte mir dummerweise, damals auch ein wenig durch knappe Kasse bedingt, etwas zu preiswerte Plätze geholt und mich nachher geärgert, dass ich mir keine CDs gekauft habe. ---- Habe ich natürlich nachgeholt :)


    Wenn mich was an einem Liveerlebnis stört, dann ist es genau gene von einigen gelobte "Vergänglichkeit" - ein flüchtiger Genuss, der im Laufe der Reit aus dem Gedächtnis entschwindet - oder aber verklärt wird. Die Aufnahme ist indes jederzeit wieder abrufbar, man verliert sie nicht aus der Erinnerung.

    Das Liveerlebnis ist ein anderes. Ich glaube nicht, dass ich es verkläre, bin mir aber nicht sicher. Ich habe Barraqués Klaviersonate zum ersten Male live in kleinem Kreise erlebt und nur so die Bedeutung dieses Werks erahnen können. Ich bin mir ziemlich sicher, dass ich von einer Plattenaufnahme alleine mich nicht durchgekämpft hätte. Zusammen mit dem Pianisten gelang es und ich war wirklich tief beeindruckt. Es ist ein Werk von der Bedeutung von Beethovens Op. 111. Wenn ich jetzt Plattenaufnahmn des Werkes höre, habe ich einen anderen Zugang und kann dann auch die akustischen Qualitäten einer hervorragenden Studioaufnahme genießen.