Johanna Müller-Hermann: Streichquartett Es-Dur op. 6

  • Johanna Müller-Hermann (1868 - 1941)


    Streichquartett Nr. 1 Es-Dur op. 6


    01. Moderato. Ruhig fließend
    02. Allegro vivace. Feurig und kraftvoll
    03. Adagio con espressione
    04. Allegro con spirito


    Entstehung: 1907 - 1908
    Uraufführung: 14.02.1911
    Verlag: Universal Edition, Wien
    Dauer: 22 Minuten



    Alexander von Zemlinsky in Dankbarkeit



    Die Komponistin


    Johanna Müller-Hermanns wurde am 15.01.1868 (einige Internetseiten geben das Geburtsjahr mit 1878 an, was aber falsch ist) in Wien geboren. Mit ihren beiden Geschwistern bekam sie schon früh musikalischen Unterricht. Zunächst musste sie jedoch ihre künstlerischen Ambitionen zurückstellen, besuchte die Lehrerinnen-Bildungsanstalt und unterrichtete einige Jahre an einer Wiener Volksschule.


    Durch ihre Heirat 1893 dem Zwang einer Berufstätigkeit entbunden, nahm sie ihre Musikstudien wieder auf, setzte ihren Klavier- und Geigenunterricht fort, nahm musiktheoretische Stunden bei Josef Labor (1842 - 1924), studierte bei Guido Adler (1855 - 1941) und erhielt Kompositionsunterricht durch Alexander Zemlinsky (1871 - 1942), Joseph Bohuslav Foerster (1859 - 1951) und Franz Schmidt (1874 - 1939). 1903 trat sie mit der Drucklegung ihres op. 1 „Sieben Lieder“ an die Öffentlichkeit.


    Im Verlauf Ihrer Karriere blieb Johanna Müller-Hermann vom Vorurteil gegen Frauen in der Tonkunst weitgehend verschont. Ihre Werke wurden unter anderem im Wiener Musikverein oder anlässlich von Frauenkompositionsabenden immer wieder öffentlich aufgeführt. Von 1918 – 1932 unterrichtete Johanna Müller-Hermann als Nachfolgerin ihres Lehrers Joseph Bohuslav Foerster als Professorin für Musiktheorie am Konservatorium der Stadt Wien. 1941 starb sie in ihrer Heimatstadt.


    Weiter Werke sind das Streichquartett Nr. 2 a-moll (1909), zwei Cellosonaten und ein Klavierquartett. Von den Orchesterwerken stehen eine „Heroische Ouvertüre“ op. 21 (1916) und ein „Epilog zu einer Tragödie“ - Symphonische Phantasie nach Ibsens Drama „Brand“ für großes Orchester op. 25 an erster Stelle. Zu erwähnen wäre noch eine Vokalsymphonie in D-Dur nach Gedichten von Riccarda Huch, das 1914 von Franz Schreker uraufgeführte Oratorium „Der sterbende Schwan“ und die lyrische Kantate „Lied der Erinnerung“ nach Walt Whitman, die Robert Heger 1919 aus der Taufe hob.



    Das Werk


    Das Streichquartett Nr. 1 Es-Dur op. 6 ist ein Werk voller Wärme, Witz und Schönheit.


    Auf einem ruhigen Klangteppich entfaltet sich langsam eine süße Melodie, die sich nach mehreren Durchläufen zu einem leidenschaftlichen Höhepunkt nach oben schraubt. Im zweiten Satz wird das „feurig“ und „kraftvoll“ sehr anschaulich dargestellt. Das energische Thema mit slawischem Charakter wird durch ein verträumtes Trio unterbrochen, bevor es wieder aufgegriffen wird und zu einem schwungvollen Abschluss gelangt. Im Adagio, dem längsten Satz dieses Quartetts, erleben wir die unterschiedlichsten Stimmungen. Eine traurige Melodie ist die dominierende Kraft in diesem Tongebilde. Nebulös und kalt mögen uns die kleinen Verzierungen des Hauptthemas vorkommen bis uns ein Aufschrei aufmerksamer hinhören lässt. Jede trübe Empfindung ist erloschen und der Satz kann friedlich beendet werden. Ein spukhaftes, oftmals sehr ironisch klingendes Finale ist der wilde Höhepunkt dieser charmanten Komposition. Das freche Thema hüpft, tanzt und wirbelt durch den Satz bis zwei kräftige Akkorde dem zügellosen Treiben ein Ende bereiten.



    Einspielung:


    Johanna Müller-Hermann


    Streichquartett Nr. 1 Es-Dur op. 6


    + Alexander Zemlinsky


    Streichquartette 3 & 4


    Artis Quartett


    Nimbus




    Ist das Werk bei den hier anwesenden Kammermusikfreunden bekannt?


    Davidoff

    Verachtet mir die Meister nicht