Merkwürdige Hintergrundgeräusche

  • Gute Nacht allerseits,


    Habe gerade zum einschlummern Sibelius 2.Symphonie in folgender Einspielung laufen:



    Berliner Sinfonieorchester - Kurt Sanderling


    Beim zweiten Satz fällt mir nach etwa einer halben Minute auf, dass gaaanze leise im Hintergrund ein zweites Stück läuft. Man höre einmal genau hin!
    Woher kommt sowas? Wurde in der Nähe ein weiteres Stücka aufgenommen?
    Hängt das mit alter Aufnahmetechnik zusammen? Fehler beim überspielen?


    LG
    Raphael

  • Lieber Raphael,


    speziell diese CD kenne ich nicht, aber ähnliche Fragen habe ich mir schon diverse Male gestellt. Ich höre ja ausschließlich über Kopfhörer, und dabei kommen manchmal ganz erstaunliche Dinge herüber, die man beim Abhören über Raumlautsprecher wahrscheinlich nicht mal erahnt.


    Zwei krasse Beispiele sind mir im Augenblick präsent:


    Auf der Chopin/Schumann-CD (DG) mit Rostropovich und Argerich
    [amx=B00000E3HL]250[/amx]
    -als Interpretationen sehr geschätzt - setzt nach kurzer Zeit im Untergrund ein tiefgestimmtes Grummeln ein, das so klingt, als würde einer der beiden permanent mit einem Fuss auf dem Dielenboden - oder was immer da gelegen haben mag - herummachen, treten, rumoren, rutschen, was auch immer. Haben diese tollen Toningenieure die Mikrophone nicht vom Boden entkoppelt? Dieses tiefe Getöne wirkt wie eine unangenehme Resonanz tief in mir; das macht mich gelegentlich ganz mürbe und ich muss mich anstrengen, darüber hinweg zu hören.


    Ein anderes Beispiel: Ich hatte gedacht, mir etwas Gutes zu tun, indem ich mir für teuer Geld die Beethoven-Klavierkonzerte mit Brendel, Rattle, Wiener PO (Philips) anschaffe:
    [amx=B00000IIX1]250[/amx]
    Nach kurzer Zeit setzte eine Stimme aus dem Off ein, ich glaube, es war auf dem linken Kanal, ein permanentes Gebrabbel einer ganz ohrenhörig menschlichen Stimme, als wenn jemand ohne Unterlass etwas erzählt. Was ist da passiert? Hat die/der TontechnikerIn sich gelangweilt und jemandem ihre/seine Lebensgeschichte erzählt und dann aus Jux in die Aufnahme dazugemischt? Dieses ständige Geräusch hat mich jeck gemacht, ich habe die Aufnahme erst nicht mehr angepackt und dann verkauft. So etwas ist doch traurig.


    Was passiert bei solchen Erscheinungen? Sind das vielleicht Fehlpressungen, die nur das eine Exemplar betreffen, das gerade leider bei Dir bzw. bei mir gelandet ist? Sind das vielleicht sogar übersinnliche Geisterscheinungen? Ich kann es mir nicht erklären.


    Liebe Grüße, Ulrich

  • Hallo Ullrich,


    Welche Stelle genau betrifft das bei Rattle/Brendel damit ich das auch mal kurz nachprüfen kann. Bislang hab ich mir aus dieser Box nur die 4. (über Anlage und nicht über Kopfhörer) angehört und mir fiel hier nicht sowas auf.
    Ich kenne nur Gebrummel und Mitgesumme (abseits natürlich von Glenn Gould) bei Pollini bei Mozarts KK 17/21 sowie regelrechtes mitgegrunze
    und geächze (vor allem wenn er mal wieder in überschwenglichem Temperament synchron mit dem Mund die Einsätze des Orchesters vorgeben will :rolleyes: ) bei Buchbinder - vor allem bei der letzten Radioübertragung mit den Wiener Virtuosen fiel mir das über Kopfhörer des öfteren auf.
    lg
    Thomas

    „Eine Erkenntnis von heute kann die Tochter eines Irrtums von gestern sein.” (Marie von Ebner-Eschenbach)

  • Oh je, die Chopin/Schumann-CD (DG) mit Rostropovich und Argerich habe ich auch vor kurzem erworben und noch nicht gehört. Lausche meinen CDs auch meistens über Kophörer und da können mich solche seltsamen Nebengeräuche extrem nerven.


    Ich kann noch einen weitern Fall beisteuern:


    Robert Schumann (1810-1856)
    Klaviersonaten Nr. 1 & 3
    Künstler: Bernd Glemser, Klavier
    Label: Naxos , DDD, 97


    Ich liebe die Interpretation auf dieser CD und auch der Klang wäre eigentlich sehr gut, wenn da nicht diese seltsam krächzend, schabenden Nebengeräusche wären. Irgendwie undefinierbar, wo sie herkommen - nicht wirklich sehr laut, aber doch so, dass sie mich stören. Auf anderen Glemser CDs, wie z.B. seinem Prokofieff hört man davon nichts. Bei einem Konzert von ihm in Remscheid, wo ich nahe dran saß, hörte ich gelegentlich, dass so seltsame Geräusche aus seiner Kehle zu kommen schienen. Nicht gerade wie bei Glen Gould, aber doch gelegentlich hörbar. Ob sich Bernd Glemser bei dieser Aufnahme nicht so unter Kontrolle hatte und der Tontechniker ihm ein Kehlkopfmikro verpasste? Oder stammen die Laute doch nicht von ihm, sondern es ist ein quietschender Hocker. Echt schwer zu sagen - klar ist nur, dass dies bei CD-Aufnahmen den vollen Genuss verderben kann...


    Viele Grüße
    Frank

    From harmony, from heavenly harmony
    this universal frame began.

  • Zitat

    Original von âme
    Welche Stelle genau betrifft das bei Rattle/Brendel damit ich das auch mal kurz nachprüfen kann.


    Lieber Thomas,


    mit Bestimmtheit kann ich das heute nicht mehr sagen. Ich meine, im ersten Konzert wären ein oder zwei Sätze unbeeinflusst gewesen.


    Hängen geblieben ist der Eindruck, dass das eine permanente Störung war, die sich grundsätzlich durchzog. Ob jetzt auch im Vierten ...? Kontrolliere das doch bitte mal mit Kopfhörer, es müsste Dir sofort auffallen, wenn es auch auf Deinem Exemplar vorhanden ist.


    Letztlich kann man ja auch gar nicht ausschließen, dass es verschiedene Liefer-/Herstellungschargen gibt, von denen jeweils nur einzelne betroffen sein könnten. Ein elendes und schwieriges Thema.


    Das Geächze ist ja noch witzig, wenn es sich in engsten Grenzen gelegentlich äußert wie z. B. bei Leibowitz in höchster Anspannung. Den Witz verliert es dann, wenn ein Dauergrunzen wie bei Colin Davis auf LSO Live daraus wird. Aber das Thema hatten wir schon mal an anderer Stelle, meine ich.


    Liebe Grüße, Ulrich

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  • Zitat

    Original von Ulrich Kudoweh
    Nach kurzer Zeit setzte eine Stimme aus dem Off ein, ich glaube, es war auf dem linken Kanal, ein permanentes Gebrabbel einer ganz ohrenhörig menschlichen Stimme, als wenn jemand ohne Unterlass etwas erzählt. Was ist da passiert?


    das ist mit ziemlicher Sicherheit Brendels Gebrabbel.
    Wollte man alle mitsingenden und -brabbelnden Musiker von Aufnahmen ausschließen, dann könnte man den CD-Markt ganz schön ausdünnen.
    Und wenn noch dazu alle Störgeräusche, die über Kopfhörer auffallen, verboten wären, dann bliebe überhaupt nicht mehr viel übrig.


    Es gab schon mal einen Thread dazu, hier mal einige der "Hintergrundgeräusche" zusammengefaßt:


    - Straßenverkehr, U-Bahn, Flugzeuge (besonders krass, wenn sie durch Schnitte plötzlich da und wieder weg sind, oder wenn durch eine kopierte Wiederholung ein Flugzeug gleich zweimal vorbeifliegt)
    Mitsingen, Mitsummen, Mitbrabbeln und noch ganz andere Zeichen der Ergriffenheit durch die Musiker
    - Nebengeräusche bei Spielen (Bogengeräusche, Blättern, Atmen, bei naher Mikrofonierung manchmal unnatürlich auffällig)
    - Störungen von außen durch mangelnde Vorsicht oder undichte Fenster/Türen (hier gibt es alles von sich unterhaltenden oder radiohörenden Hausangestellten bis Vogelgezwitscher)
    - bei älteren Analogaufnahmen: Vor- und Nachechos (im Gegenzug werden viele der obenstehenden Störgeräusche durch das Grundrauschen verdeckt)


    Soo steril sind die sterilen "Studioaufnahmen" also gar nicht ;)
    Klassikaufnahmen finden ganz überwiegend nicht im Studio, sondern sozusagen in natürlicher Umgebung statt (Konzertsaal, Kirche, kleinere Säle), mit allen Vor- und Nachteilen.


    Aus Sicht eines Musikers kann es extrem frustrieren, wenn man eine Stelle so gut gespielt hat, wie man glaubt sie nie wieder hinzubekommen, und dann kommt die Meldung aus der Regie, bitte nochmal weil irgend ein Störgeräusch drauf ist. Das Ergebnis beim nächsten Versuch muß nicht zwangsläufig besser sein.


    Üblicherweise beschränkt man sich auf das weitgehende Vermeiden (ein dehnbarer Begriff) von Störgeräuschen, die nur bei Lautsprecherwiedergabe auffallen.


    Seit einigen Jahren gibt es so gute Restaurationsprogramme, daß man viele Störgeräusche nachträglich entfernen könnte. Die werden aber offensichtlich nicht eingesetzt, um "sauberere" Aufnahmen zu machen, vermutlich wegen des zeitlichen Aufwands, der für die Bearbeitung nötig ist.


    Gruß,
    Khampan

  • Zitat

    Original von Ulrich Kudoweh
    Letztlich kann man ja auch gar nicht ausschließen, dass es verschiedene Liefer-/Herstellungschargen gibt, von denen jeweils nur einzelne betroffen sein könnten.


    doch, das kann man ausschließen.

  • Bei dieser Aufnahme:



    war mir mehrmals so als ob ich den Tontechniker etwas über die Gegensprechanlage sagen hörte. Klick-Ansage-Klick. Fragt mich jetzt aber bitte nicht an welcher Stelle das war, ich hab die Box seit 2 Jahren nicht mehr gehört.


    Und bei dieser Box



    ist in der 2. Symphonie im ersten Satz bei 6:05-6:07 ein Geräusch zu hören, das irgendwie menschlich klingt. Vielleicht ein Niesen? Ein Musiker, dem ein Schrei vor Anspannung entkommt? Oder ein technisches Geräusch? Jedenfalls schreckt es mich jedesmal furchtbar wenn ich zu dieser Stelle komme, weil ich glaube jemand steht im Zimmer und schreit mich an :D.

    Früher rasierte man sich wenn man Beethoven hören wollte. Heute hört man Beethoven wenn man sich rasiert. (Peter Bamm)

  • Zitat

    Original von Khampan
    das ist mit ziemlicher Sicherheit Brendels Gebrabbel.


    Lieber Khampan,


    das ist definitiv ausgeschlossen, daran hatte ich natürlich zuerst gedacht, aber bei der gegebenen Geräuschcharakteristik war es eben nicht dieses Brabbeln.


    Liebe Grüße, Ulrich

  • Zitat

    Original von Ulrich Kudoweh
    das ist definitiv ausgeschlossen, daran hatte ich natürlich zuerst gedacht, aber bei der gegebenen Geräuschcharakteristik war es eben nicht dieses Brabbeln.



    Jetzt bin ich aber ratlos - die Beethoven-Klavierkonzerte mit Brendel/Rattle habe ich ziemlich oft gehört, meist mit Kopfhörern. Mir ist aber nie etwas derartiges aufgefallen.


    Seltsam... ?(



    Viele Grüße


    Bernd

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  • Besonders unangenehm und abseits von Interpretationsvorzügen körperlichen Schmerz evozierend in dieser Aufnahme das Fingernägelklappern auf den Tasten, allerdings nur in der zweiten Suite.
    Dies legt die Frage nahe, ob man Herrn Freire wieder mal zur Maniküre hätte schicken sollen.




    autschiamus


    .

  • Hallo,


    Danke für die Meldungen!...interessant, interessant...
    Es wurde hier schon öfter erwähnt (Den Tip habe ich von Michael Schlechtriem), aber eine sehr interessante Aufnahme mit Nebengeräuschen ist die folgende EInspielung des 5.Klavierkonzerts Beethovens mit Walter Gieseking und dem RO Berlin unter Artur Rother:



    Die Aufnahme ist von der Aufnahmequalität (1945) ganz hervorragend und überraschend klar! Was diese Aufnahme neben einer äußerst dramatischen und mitreißenden Interpretation so interessant macht, ist das mitaufgenommene, im Hintergrund leise zu hörende Flak-Feuer.


    LG
    Raphael

  • Zitat

    Original von Khampan
    nein, war irgendwo anders,


    Du meintest dieses Erlebnis der dritten Art?

    Die Kunst ist [...] vielleicht das Denken des Herzens.
    (Blaise Pascal, 1623-1662)

  • Zitat

    Original von Ulli
    Du meintest dieses Erlebnis der dritten Art?


    dieses Erlebnis wird mir zwar ewig in Erinnerung bleiben :faint:, aber da geht's ja um Publikumskrach (-geräusche wäre zu beschönigend), und in dem ganzen Thread (Aufnahmen, die ich nie wieder hören möchte) ansonsten eher um musikalische (v.a. sängerische) Probleme.


    Schön, auf diese Weise kriegen wir einen Überblick über verwandte Threads zusammen. Den hier hätten wir noch:
    das allerallerallerschlimmste: husten im konzert


    :hello: Khampan

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  • Hallo,


    Ich hab mich jetzt in der Zwischenzeit u.A. intensiver mit der Rattle/Brendel-Box auseinandergesetzt aber mir ist ebenso nichts aufgefallen und hoffe es liegt nicht an einem eventuellen schlechten Gehör. 8o (Sozusagen wäre das dann der neue Test aller HNO-Ärzte, wenn man außer Klavier und Orchester noch Geplapper wahrnehmen kann wäre man sozusagen nicht Gehörgeschädigt)


    Die von Georgius erwähnte Stelle bei den Beethoven-Bernstein-Einspielungen hab ich mir auch angehört. Erinnert mich vom Geräusch her, als ich vor einigen Jahren einmal "die Siedler" gespielt habe und diese bei neu entdecken Rohstoffvorkommen ein ausgelassenes "Juhu!!" von sich gaben. ;) Ich denke es könnte eventuell ein Nieser aus den ersten Reihen des Publikums sein oder das vielleicht irgendwas mit der Aufnahmespur passiert ist. ?(


    lg
    Thomas

    „Eine Erkenntnis von heute kann die Tochter eines Irrtums von gestern sein.” (Marie von Ebner-Eschenbach)

  • Obwohl diese Aufnahme IMO grandios ist, beinhaltet sie doch einige teils recht witzige Nebengeräusche.



    Man hört sehr oft die Orchestermusiker auf ihren Stühlen knarren oder mit den Schuhen auf dem Boden quietschen, Bernstein stampft und schnauft wie eine Eisenbahn und einmal (leider weiß ich jetzt nicht welche Symphonie, 2 oder 3) hört man ein polterndes, klirrendes Geräusch, so als ob ein Notenpult laut scheppernd zu Boden fällt.

    Früher rasierte man sich wenn man Beethoven hören wollte. Heute hört man Beethoven wenn man sich rasiert. (Peter Bamm)

  • Lieber Georgius 1988, 2. Sinfonie, keine Ahnung, was das ist, als würde eine Frau gekitzelt und erschrickt sich. Ohne Deine Bemerkung wäre es mir nicht aufgefallen, und ich werde es jetzt immer erwarten.....


    Lieben Gruß aus Bonn :jubel:

    Was Du nicht willst, das man Dir tu, das füg auch keinem andern zu