Oper im 18. und 19 Jahrhundert - Gesellschaftskritik oder Publikumsspektakel ?

  • Liebe Opernfreunde


    Die Möglichkeiten in diesem gigantischen Forum noch neue Themen (oder zumindest Abwandlungen von alten) zu eröffnen sind naturgemäß etwas eingeschränkt - aber manchmal geht es eben doch noch...


    Man könnte diesen Thread als neuen Regietheaterthread betrachten - aber eigentlich ist er es nicht - allenfalls indirekt (?)


    Was dabei rauskommt liegt natürlich in den Händen der "Mitspieler" - aber an sich ist alles offen.


    Fragen wir uns mal wofür Opern überhaupt geschrieben wurden.
    Stellen wir unsere Statements in den Raum - und untermauern wir sie.


    Heute wird oft versucht Opern "Inhalte" (ich meine hier den Symbolgehalt - nicht den Inhalt des Librettos !!!) unterzujubeln, die von den Schöpfern nie angedacht waren. Über die Legitimität oder Nicht-Legitimität eines solchen Vorgehens kann im Regietheaterthread gerne geschrieben werden, hier sollte es allenfalls gestreift werden - das Thema ist zwar ähnlich, aber sustanziell ein anderes.


    Die Frage ist hier WESHALB wurden eigentlich Opern geschrieben ?
    (Ich schränke hier bewusst auf das 18. und 19. Jahrhundert ein.
    Barockoper ist eine Sache für sich - und Oper des 20. Jahrhunderts ebenso. Bei Bedarf können wir diese beiden Spezies in jeweils eigenen Threads abhandeln)



    a) zu Unterhaltung des Adels
    b) zur Unterhaltung des gehobenen Bürgertums
    c) als Massenspektakel
    d) als Gesellschaftskritik
    e) als Handlungsgerüst zur Verpackung "schöner Arien"
    f) als Handlungsgerüst zur Demonstration aufwändiger Bühnenbilder und kostbarer Kostüme
    g) als "Abenteuergeschichten mit, oft mit unlogischen Texten - jedoch publikumswirksam und plakativ


    Weitere Punkte sind möglich


    Wir sollten also zunächst mal analysieren für welches Publikum Opern geschrieben wurden - welche Kunstkniffe angewandt wurden um das Publikum anzulocken und zufriedenzustellen.


    DANACH kann man darüber nachdenken (und schreiben) inwieweit ein heutiges Publikum noch von diesen alten Werken partizipiert wenn man sie (weitgehend ) unverändert auf die Bühne bringt - bzw inwieweit sich die Aufführungsprasxis im Laufe der Zeit verändert hat (Regietheater mal ausgenommen !! - eigener Thread)


    Man kann aber auch schreiben - welcher Teil des Publikums mit diesen Werken ÜBERHAUPT nichts anfangen kann - und warum nicht.


    Dies kann ein interessanter Megathread werden - oder aber ein Tummelplatz für Grabenkämpfe.


    Daher wird die Moderation ein scharfes Auge darauf haben.
    Es darf prägnant formuliert werden - aber NIEMALS PERÖNLICH BELEIDIGEND !!!


    Meine persönlichen Statements werde ich - einer Tradition folgend - erst im Laufe des Threads von mir geben.


    mfg aus Wien


    Alfred

    Wenn ich schon als Vorbild nicht tauge - lasst mich wenigstens ein schlechtes Beispiel sein !



  • Lieber Alfred,


    die von Dir genannten Gründe



    treffen sicher alle zu, wenn auch zu unterschiedlichen Zeiten und für unterschiedliche Komponisten. Bis Mitte des 18. Jhds. war die Oper primär dem Zeitvertreib des Adels gewidmet (wobei es natürlich auch hier Ausnahmen gab, z.B. das 1678 als erste Bürgeroper des deutschen Sprachraums gegründete Opern-Theatrum am Hamburger Gänsemarkt), danach wurde sie zusehends vom gesellschaftlich aufstrebenden Bürgertum erobert. In Italien wurde die Oper gar zur populären Massenunterhaltung, die bis heute andere Kunstformen (etwa das Sprechtheater) dominiert.


    Natürlich zog die Oper bis ins 20. Jahrhundert hinein sein Publikum nicht zuletzt wegen des hohen Schau- und Spektakelwertes an: Prächtige Kostüme, aufwendige Landschafts- und Städteprospekte, Sänger und Sängerinnen als weithin bewunderte und bejubelte Stimmakrobaten. Manche Komponisten begnügten sich weitgehend, bei aller handwerklichen Meisterschaft, damit, den menschlichen Kanarienvögeln mundgerechtes Futter in die Schnäbel zu schreiben. Andere nicht. Beethovens "Fidelio" etwa verwandelt die Bühne in eine moralische Anstalt im Schillerschen Sinne. Verdi selbst war ein eminent politischer Komponist, antiklerikal (siehe "Don Carlos") und sich für die Vereinigung Italiens und die Befreiung von den österreichischen Besatzern einsetzend. Seine Melodien waren sozusagen der Soundtrack des Risorgimento, die Aufführungen wurden zu Manifestationen der italienischen Unabhängigkeitsbewegung. Noch politischer Richard Wagner. Sein ganzes Konzept des Operndramas war gegen den Kulinarismus der vornehmlich italienischen Oper (Rossini, Donizetti) gerichtet und zielte auf nichts weniger denn die Umstürzung der gegenwärtigen Verhältnisse in Staat und Gesellschaft durch Rückbesinnung auf das im Mythos geborgene "Reinmenschliche".


    Eine letzte Bemerkung zum "Regietheater": Falsch wäre es, zur reinen Unterhaltung dienende Stücke mit bleischweren interpretatorischen Gewichten zu behängen, weil diese dann unter ihnen zusammenbrechen würden. Noch schlimmer ist es aber, den unleugbaren politischen Kern von Stücken (etwa bei Beethoven, Verdi und Wagner) als Regisseur zu ignorieren und sich mit der Bebilderung der Oberfläche zufrieden zu geben.


    :hello:


    GiselherHH

    "Mache es besser! (...) soll ein bloßes Stichblatt sein, die Stöße des Kunstrichters abglitschen zu lassen."


    (Gotthold Ephraim Lessing: Der Rezensent braucht nicht besser machen zu können, was er tadelt)

  • Ich stimme im wesentlichen Giselher zu.
    (Auch die Barockoper hat mitunter schon "sozialkritische" Aspekte, oft z.B. den eines Fürstenspiegels, in dem der aufgeklärte, milde Herrscher einen willkürlichen Tyrannen gegenübergestellt wird)


    Es besteht ja kein ausschließendes Verhältnis zwischen den einzelnen Punkten. Selbst wenn etwas aus einer "äußerlichen" sozialhistorischen Perspektive heraus primär "zur Unterhaltung" entstanden sein mag, ist damit noch lange nicht gesagt, dass das der "eigentliche" oder gar erschöpfende Zweck des Werks ist. Und das Verhältnis von Zweck und Inhalt bliebe immer noch offen.


    Man könnte historisch gestützt behaupten, der Sinn und Zweck von Beethovens Missa Solemnis sei gewesen, ein feierliches Werk für die Inthronisation von Rudolph als Erzbischof bereitzustellen.
    Wenn das der einzige oder hauptsächliche Zweck wäre, müßte das Stück als gescheitert betrachtet werden. Es wurde nämlich nicht rechtzeitig fertig ;)
    Aber höchstens ein wildgewordener Soziologe ohne jegliche Ahnung von Musik käme auf die Idee, solche Behauptungen aufzustellen. Es ist ein leider selbst in Fachkreisen verbreitetes Fehlurteil, man könne die Geschichte von Kunst, Musik usw. "von außen" beschreiben, indem man sich auf sozialhistorische Faktoren beschränkt oder diese jedenfalls immer als dominant gegenüber den internen Faktoren ansieht. Ich weiß nicht, ob das ein Erbe des Vulgärmarxismus oder auf welchem anderen Mist es gewachsen ist. (Es gibt eine sehr schöne Rezension von Rosen hierzu, leider ist sie online nur mit Bezahlen zugänglich,


    "http://www.nybooks.com/articles/article-preview?article_id=1360"


    wesentliche Punkte ergeben sich aber aus seiner Antwort auf die Antwort der rezensierten Autorin:


    "http://www.nybooks.com/articles/1218")


    Jetzt komme ich selber noch mit einer vulgärsoziologischen Hypothese: Die Idee, Unterhaltung (halt ein bißchen weniger seicht als heutiger Pop und nicht für die Massen, sondern für eine gesellschaftliche Elite) sei vornehmstes Ziel von klassischer Musik und Oper (und schlösse andere Ziele wie die eines kritischen Spiegels der sozialen Verhältnisse aus oder drängte sie jedenfalls in den Hintergrund) ist eine sehr moderne Vorstellung, die nur in einer "satten" Gesellschaft auftreten kann, die nur doch diese Schwundstufe von Kunst wahrnimmt. Um die gesellschaftliche Sprengkraft von Mozarts Don Giovanni im Europa der Revolutionszeit oder der italienischen Oper im Risorgimento nicht nur theoretisch nachvollziehen zu können, müßte man heutzutage vermutlich nicht in Deutschland oder Österreich aufgewachsen sein, sondern in Lateinamerika oder im ehemaligen Ostblock oder in Mississippi oder Alabama vor ca. 1965...
    Man könnte aber auch ohne solche zugespitzten sozialen Situationen zu betrachten geltend machen, dass Unterhaltung, die mehr sein soll als oberflächlichste Zerstreuung, mich soweit betreffen muß, dass ich mich dort irgendwie wiederfinde, dass ich wenigstens die Konfliktkonstellation der Personen auf der Bühne glaubwürdig dargestellt empfinde usw. Das fällt uns bei entsprechender historischer Distanz nicht immer leicht. Oder ist nur "theoretisch" möglich.


    :hello:


    JR

    Struck by the sounds before the sun,
    I knew the night had gone.
    The morning breeze like a bugle blew
    Against the drums of dawn.
    (Bob Dylan)

  • Hierzu könnte man ganze Bücher schreiben, jedoch unterlasse ich eine solche Zumutung wohlweislich und beschränke mich auf Gedanken zu Punkt a) bis g).


    Vorab: Es trifft wohl alles zu und gleichzeitig auch nicht. :D


    a) und b)
    Je weiter in der Historie zurück, desto mehr wohl a) und je später, desto mehr b). Auf der Zeitachse aus dem Barock kommend, arbeitete man ja am Anfang fast nur in adligem Auftrag und nach Erstarken des Bürgertums verlagerte sich das auf letzteres.


    c)
    In Italien auf jeden Fall. Ich freue mich daran auch, denn ich finde es schön, dass italienische Jugendliche ihre Opernmelodien genauso kennen wir Eros Ramazottl. Wir Deutschen sind dazu mal wieder viel zu ernstlich - innerlich und legten historisch gesehen soviel Weihrauch um diese Kunst, dass das proletarische Volk lange gar nicht erkennen konnte, was das Ganze mit ihm zu tun haben könnte.


    d)
    Oh ja! Sei es die meist heitere "Spaßrevolution" des genialen Anarchen Mozart, die genussvoll - kritisch - beobachtende Sicht Rossinis oder sogar richtig Politisches wie Verdis Unterstützung der italienischen Freiheitsbewegung und Wagners - später in einigen Punkten allerdings völlig entglittenes - Pendant in Deutschland. (historisierende Verkürzungen, ich weiß, aber ich will ja keinen Roman schreiben :untertauch:)


    e)
    Das wohl immer auch mit. Und manchmal durchaus Selbstzweck, gerade, so finde ich, wenn es um Stoffe aus der Antike geht. Aber schee….. :yes:


    f)
    s. e)


    g)
    Die Logik wurde z. B. dann in der Oper gefressen, wenn es darum geht, dass sich jemand - meist Herrn - unter voller stimmlicher Prachtentfaltung irgendwo anschleichen. :D
    Dieses und andere Phänomene fehlender Handlungslogik irritieren allerdings und sind wohl auch ein Grund, dass viele das Genre nicht recht ernst nehmen und als Spektakel betrachten. Ich meine jedoch, dass Oper, speziell jene der Romantik, Emotionen kolportiert, da Musik ebendiese Wirkung hat diese Theaterform nicht nur von Worten und Gesten lebt. Hierin muss die innere Logik, die Stimmigkeit der Figuren und ihrer inneren Befindlichkeit gegeben sein, um uns trotz offensichtlicher Irrealitäten der Handlung so zu erreichen, dass wir das Ganze eben nicht als schlechtes Schmierentheater abtun.


    Abschließend zum Regietheater:


    Ich persönlich finde eine Regietheater - Inszenierung meist dann gelungen, wenn der Stoff zeitlose Betrachtung zulässt oder in Milieus spielt, die in der heutigen Zeit weiter bestehen und ähnliche Problematiken aufweisen wie zur Entstehungszeit. Dann hat es für mich durchaus einen Reiz, wenn Traviata im Ghetto, Rotlichtviertel oder besser im Callgirlbereich spielt oder die zeitlosen Menschheitsfragen des "Ring" in heutigen Umfeldern umgesetzt werden. Meinen Zugang zum Werk fand ich über Chereau und Kupfer, über blonde recken auf knorkeligen Bäumen wäre das sicher weniger gelungen.


    LG


    Ulrica :hello:

  • Zitat

    In Italien auf jeden Fall. Ich freue mich daran auch, denn ich finde es schön, dass italienische Jugendliche ihre Opernmelodien genauso kennen wir Eros Ramazottl.


    Hallo Ulrica, also daß italienische Jugendliche ihre Musik der Vergangenheit besser kennen als ihre deutschen Altersgenossen, halte ich, mit Verlaub gesagt, für ein Wunschdenken...


    Mag ja sein, daß der eine oder die andre auf Anhieb eine Melodie von Verdi oder meinetwegen Puccini intonieren kann; bei Meistern wie Monteverdi, aber auch Bellini ist man da auf verlorenem Posten. Bellini betreffend hab ich kürzlich den "Test" gemacht und in seiner Geburtsstadt Catania die Besucher höherer Schulklassen, die Bellinis Grab im Dom besuchten, nach einer bekannten Bellini-Melodie gefragt. Das Ergebnis war niederschmetternd !
    Man kannte lediglich "Pasta Norma", welche nach einem Werk des Komponisten benannt sind !


    Dieselben Leute jedoch auf Wagner angesprochen hatten eine Vielzahl an Musikzitaten parat: angefangen mit dem "Walkürenritt" über das Vorspiel zu "Rienzi" und das "Lied an den Abendstern" !


    Wer bitte sind schon Monte(Verdi), Bellini und Puccini ?


    Der größte italienische Komponist ist nun mal Riccardo Wagner ! :D

    Das geht über das Sagbare hinaus. Das läßt sich nicht deuten und bedarf keiner Deutung. Es kann nur gehört werden. Es ist Musik. (H.H.Jahnn)

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  • Meine Lieben,


    Auch ich denke, daß alle von Alfreds Punkten irgendwie zutreffen. Wie bzw. wie sehr läßt sich immer nur im Einzelfall beantworten. Außerdem lassen solche Antworten immer noch weitere offen.
    Nehmen wir beispielsweise einmal den "Freischütz". Der spiegelt einerseits den bürgerlichen Modegeschmack (bzw. denjenigen der mit bürgerlichem Denken infiltrierten Aristokratie) - z.B. altdeutsches Milieu, Übersinnliches, Tugenden wie Frömmigkeit, Treue, Loyalität zur Obrigkeit, aber auch christliche Milde -, hält andererseits der herrschenden Schicht ein Vorbild entgegen (gerecht sein wollender Fürst beugt sich der höheren Einsicht), dient auch der scherzhaften Unterhaltung (Ännchen!), beeindruckt durch technischen Aufwand und Effekte (Wolfsschlucht), tradiert auf diese Weise auch ein bißchen Barocktheater ins 19.Jahrhundert, und das Ganze noch dazu mit einer wunderbaren Musik (pardon, daß ich die jetzt nur zuletzt erwähne, wo sie doch die Hauptsache ist). Die Aufzählung ist natürlich längst nicht erschöpfend.
    Nicht alle Opern sind tiefsinnig; wiederum mit literarischem Ehrgeiz können auch mit nicht bloß unterschwelligen politischen Ansichten verknüpft sein. Allein die "Rosenkavalier"-Diskussion oder die über "Cosi fan tutte" lassen schon ermessen, wie vielfältig die Aspekte der Oper sein können, die einfach viele Sinne anspricht (auch wenn wir nur eine CD hören, geht es letztlich um mehr als um akustisches Vergnügen).


    LG


    Waldi

  • nur ganz kurz.


    Alle Opernhäuser im 17. Jahrhundert wurden zum größten Teil für die normale Bevölkerung errichte - und der Großteil des Repertoires ist auch für ein bürgerliches Publikum geschrieben.
    Es wäre absolut unrentabel wenn der Adel das einzige Publikum gewesen wäre, das ist ein Irrtum.


    Und das trifft vor allem auf Italien und Frankreich zu, später dann auch auf Deutschland und England.
    Wobei Deutschland aber immer etwas hinterherhinkte.


    Im 18. Jahrhundert war das nicht anders, das sind Vorurteile, die mit den tatsächlichen Gegebenheiten nicht übereinstimmen.



    :hello:

  • Liebe Opernfreunde,


    ich bin auch der Ansicht, dass die Motive, die von Alfred oben genannt wurden, wohl in vielen Fällen miteinander verwoben sind.
    Waldi hat das für den "Freischütz" gezeigt, ich werfe mal die "Lucia di Lammermoor" in die Debatte - ein Werk, das als Belcanto-Oper ja eigentlich bei vielem in dem Ruf steht, in erster Linie für die Kelhfertigkeit der Primadonna geschrieben worden zu sein; Punkt e) wäre also damit erfüllt und f) wahrscheinlich auch. Als "publikumswirksame Abenteuergeschichte" (g) kann der plot auch durchgehen.


    Auch wenn diese Oper vielleicht wirklich in erster Linie geschrieben wurde, um das gehobene Bürgertum zu unterhalten (b), so enthält das Thema der von der Familie erzwungenen Ehe doch auch einen gesellschaftskritischen Aspekt, der aus unserer heutigen Sicht natürlich überholt, zur Zeit der Entstehung der Oper sicherlich wesentlich aktueller war.


    In der Literatur auf dem Weg in die Moderne wurde das Thema weitergeführt - Flauberts Emma Bovary entscheidet sich, wenn ich mich noch recht erinnere (wenn nicht, korrigiert mich bitte, es ist schon lange her, dass ich den Roman gelesen habe), nach dem Besuch einer Opernvorstellung der "Lucia" endgültig, mit ihrem bisherigen Leben zu brechen. Eine "Emanzipationsgeschichte" ist es allerdings nicht - Emma sieht nur die illusionäre Traumwelt, die in den Liebesduetten vorgeführt wird, ohne den düsteren Hintergrund der Geschichte wahrnehmen zu wollen.


    Kritische Töne sind also meiner Meinung nach auch in dieser Oper durchaus vorhanden. Mit der umfassenderen Kritik an der Gesellschaft, wie sie in den Opern Verdis oder Wagners später enthalten war, ist das allerdings nicht zu vergleichen.


    :hello: Petra

  • Hallo, BigBerlinBear,


    den Riccardo Wagner finde ich wirklich gut :D jetzt fehlt nur noch, das die Deutschen von Josef Grün reden... :baeh01:


    Nun, diejenigen in Italien, die ich meinte, habe ich durchaus augtroffen. Aber was davon repräsentativ ist? Nun ja.


    Gemeinsam ist wohl allen, dass natürlich meistens in erster Linie die "Hits" bekannt sind und die auch nur als Melodieteil. Bei Walkürenritt fällt manchen vielleicht eher die Serie "Xena" ein als klassische Musik, aber alle kennen tärätätätää - täää :pfeif:


    Die "fein ziselierenden" alten Komponisten fallen da schon weniger auf, außer wenn ein solcher "Knaller" gelungen ist wie Händels Halleluja. Da rockt sogar das Oratorium!


    So, back to topic:


    Was mir bei Oernhandlungen - außer häufiger Unlogik - auf jeden Fall auffällt, ist, dass sie häufig die gegebene Gesellschaft reflektiert und Grundmuster des jeweiligen Zeitgeistes zum Sujet hat, wie z. B. das jeweilige Familienbild, das auch im 19. Jht. schon nicht wirklich umsetzbar war oder gar glücklich gemacht hätte oder die Herausarbeitung verschiedener Motive, warum zum Militär gegangen wird usw.


    LG


    Ulrica

  • Zitat

    Original von petraso enthält das Thema der von der Familie erzwungenen Ehe doch auch einen gesellschaftskritischen Aspekt, der aus unserer heutigen Sicht natürlich überholt, zur Zeit der Entstehung der Oper sicherlich wesentlich aktueller war.


    Liebe Petra,


    diese Form der dynastischen Ehe hat sicher heute ihre Realität verloren, doch dass es heute in diesem unseren Lande keine erzwungenen Ehen mehr gäbe, ist leider zu schön, um wahr zu sein.


    Wenn wir aber das Problem der "dynastischen Ehe" ein wenig allgemeiner formulieren, nämlich im Konfliktbereich zwischen Selbst- und Fremdbestimmung - und einer Fremdbestimmung, die auch in intimste Bereiche gehen kann, so ist die Frage mehr als aktuell.


    Liebe Grüße Peter

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  • Lieber Peter,


    ich hatte das "uns" etwas missverständlich auf die Diskussionsrunde hier im Forum bezogen; insgesamt ist das Problem in unserer Gesellschaft, wie aus Berichten in den Medien unschwer entnommen werden kann, natürlich immer noch vorhanden, wenn vielleicht auch nicht auf so breiter Basis wie zu Donizettis Zeit.


    Zitat

    Original von pbrixius: Wenn wir aber das Problem der "dynastischen Ehe" ein wenig allgemeiner formulieren, nämlich im Konfliktbereich zwischen Selbst- und Fremdbestimmung - und einer Fremdbestimmung, die auch in intimste Bereiche gehen kann, so ist die Frage mehr als aktuell.


    was einen im Vergleich zur Opernhandlung weiter gefassten Begriff der Fremdbestimmung angeht: leider ja ...


    Liebe Grüße
    Petra