1875 setzte sich Antonín Dvorák mal wieder für wenige Momente an seinen Tisch und zauberte dieses Werk binnen 38 Tage zu Papier – vom 15.Juni bis 23.Juli.
Hatte er keine Zeit oder warum sputete er sich so? Lag es an der Motivation, welche einen regelrechten Tatendrang in ihm hervorrief? Im Sommer des vorherigen Jahres gewann er ein Stipendium der österreichischen Regierung als Sieger eines Wettbewerbs für junge und mittellose Komponisten. Die Jury, Johannes Brahms und Eduard Hanslick wohnten ihr bei, schrieb ihm den ‚Preis’ nicht nur für ein Jahr zu, sondern gleich für die weiteren vier Jahre!
Dvoráks Lebenssituation sah zur dieser Zeit so aus, dass er als Organist an der Adalbertskirche tätig war – mit sage und schreibe einem Jahresgehalt von 126Gulden! Allein mit Privatstunden verdiente er sich monatlich noch 60 weitere Gulden hinzu – und selbst der Preis des obigen Wettbewerbs wurde ihm mit 400Gulden entlohnt…
1875 also komponiert, fand die Uraufführung am 25.März 1879 in Prag statt
Veröffentlicht wurde die Symphonie 1888 – in leicht revidierter Form. Sie soll wohl nicht wesentlich von der Originalfassung abweichen – eine kleine Änderung in der Instrumentierung und eine kleine Streichung im ersten Satz.
‚Spannend’ ist auch die Geschichte der Nummerierung. Uns ist diese 5.Symphonie F-Dur op.76 genau so bekannt…nur ist es ja schon etwas seltsam, dass die 4. op.13 trägt, die 6. op.60 und die 7. op.70 – 1880 und 1885 wurden die Symphonien 6 und 7 komponiert.
Wie kam es dazu???
Einerseits dachte Dvorák, dass seine Partitur der 1.Symphonie, die „Glocken von Zlonice“, nicht mehr erhalten sei und hielt somit seine 2. in B-Dur nun für seine Erste – ja er dachte selbst bis an sein Lebensende, dass er uns nur 8Symphonien hinterlassen hat (Zum Glück gibt es aber auch seine Erste!). Laut Autograph betrachtet er diese, seine und uns bekannte 5., als 4.Symphonie op.24.
Nun folgt ein weiterer Umstand, der die Sache weiter verzweigt…Simrock veröffentlichte im Jahr 1881 die chronologisch 6.Symohonie als 1. op.60 – es war halt die erste von ihm gedruckte. 4Jahre später (siehe oben) folgte ja die 7. – veröffentlicht als Nr.2 op.70. Nachdem dann diese beiden Werke auf positive Resonanz stießen, gab Dvorák Simrock seine zuvor komponierte 5. – dieser gab diese, trotz der Einwände Dvoráks, als 3.Symphonie op.76 heraus. Simrock wollte einfach nicht, dass eine niedrigere Opuszahl das Werk als Neuheit in Frage stellt…
Kurzes Fazit: Das Werk hat insgesamt drei verschiedene Nummern – 3, 4 und 5 sowie zwei Opuszahlen (24 und 76). Korrekterweise und nach chronologischer Reihenfolge wäre es die 5.Symphonie F-Dur op.24……
Gewidmet ist die Symphonie Hans von Bülow, welcher von Dvorák sagte, er sei „der nächst Brahms gottbegnadetste Tondichter der Gegenwart“ und bedankte sich in einem Brief mit den Worten, dass er diese Widmung höher schätzt als „irgendein Großkreuz seitens irgendeines Fürsten“.
Warum auch immer – mir persönlich schleierhaft – wurde diese Symphonie Dvoráks als seine „Pastoral-Symphonie“ bezeichnet. Mal abgesehen vom im nicht im Entferntesten trauernden Charakter des 4.Satzes, erscheint mir dieser Titel denkbar fehl am Platz…natürlich meine persönliche Meinung. Der 4.Satz wurde sowieso von diesem Titel ausgeklammert…er treffe nicht so recht darauf zu. Okay…nach meinem Empfinden auch nicht der erste und dritte Satz. Und auch familiäre Unglücke sind mir erst ab 1876 bekannt (Tod einer Tochter und anderthalb Jahre später ein Sohn – siehe dazu auch im Stabat mater Thread…), welche zum Beispiel dementsprechenden Einfluss hätten ausüben können.
„Wie dem auch sei, verdient sie, viel besser bekannt zu sein, denn sie ist ein Ohrenschmaus für den Musiker sowie faszinierender Vorbote der letzten vier Sinfonien“ [Decca, 1991]
Maik