Fortschritt im Rückschritt? – Richard Strauss/Hugo von Hofmannsthal: ARIADNE AUF NAXOS

  • Wir haben ja jetzt im Opernführer einen Beitrag zur „Ariadne auf Naxos“ – ein Grund mehr, endlich einen Thread zu diesem Werk zu eröffnen.


    Abgesehen von den beiden Ausnahmewerken „Salome“ und „Elektra“ ist mir „Ariadne auf Naxos“ die liebste Strauss-Oper – aus mancherlei Gründen:


    Der bewusste Rückzug von der Mitarbeit an der musikalischen Moderne, den Strauss im „Rosenkavalier“ vollzogen hat, ist m.E. in der „Ariadne“ noch überzeugender gelungen. Das liegt zum einen an der genialen Konzeption Hofmannsthals: es ist eine „Oper in der Oper“, ein Spiel mit der Geschichte und den Traditionen der Gattung. Dem entspricht der ungemein variable musikalische Duktus, das ganz schnelle, beinahe filmische Hin-und Herwechseln zwischen verschiedenen musikalischen Stilen, das Strauss virtuos betreibt. Hinzu kommt der im „Rosenkavalier“ noch vermiedene Schritt zur Verwendung eines Kammerorchesters – solche Aspekte sind es, die den Titel des Threads - „Fortschritt im Rückschritt“ – rechtfertigen. „Ariadne auf Naxos“ ist alles andere als eine – wenn auch hübsche – Sackgasse der Musik- bzw. Operngeschichte.


    Die nicht unkomplizierte Entstehungsgeschichte der Oper hier nur in aller Kürze: sie war ursprünglich als Nachspiel zu einer Aufführung von Molières „Bürger als Edelmann“ geplant, fiel in dieser Fassung aber in der Stuttgarter Uraufführung von 1912 durch. Also erfolgte die Umarbeitung zu einer zweiten Fassung (das Molière-Schauspiel wurde durch das Vorspiel ersetzt), die sich dann durchsetzte (Uraufführung 1916 in Berlin).


    Der genialste Teil der Oper ist für mich das Vorspiel, eine textlich wie musikalisch atemberaubende tour de force durch rasend schnell wechselnde szenische Situationen und musikalische Stillagen – von der Sprechrolle über rezitativische bis zu den oftmals nur ganz knapp skizzierten ariosen Passagen. In der eigentlichen „Ariadne“-Oper bleibt die Konfrontation der „Buffa-“ und „Seria-“Elemente erhalten, es erfolgt aber eine stärkere Trennung zwischen beiden Bereichen. Das irritierende Aneinander-Vorbeireden der Figuren steht immer auf der Grenze zwischen Komik und Tragik, was der Oper eine eigentümliche Färbung verleiht.


    Die musikalische Inspiration ist durchgängig hoch (weniger Durchhänger als im „Rosenkavalier“ oder gar in der späteren „Arabella“). Teilweise, nicht nur im Vorspiel, sondern auch etwa bei der Arie „Es gibt ein Reich“ oder in der ersten Phase des Aufeinandertreffens zwischen Ariadne und Bacchus, gelingt Strauss wirklich Überragendes. Auch die berühmte Zerbinetta-Arie, das Paradestück für Koloratursoprane überhaupt, verdient ihren Ruf. Problematisch finde ich allenfalls einen großen Teil der undankbaren Bacchus-Partie und den affirmativen Schluss, den Strauss leider gegen Hofmannsthal durchsetzte und bei dem das Kammerorchester doch wieder die große Apotheose simulieren muss.



    Die Aufnahmen: Zu meinem Entsetzen musste ich feststellen, dass meine Lieblingseinspielung z.Zt. anscheinend nirgendwo erhältlich ist – 1967 für EMI aufgenommen, Rudolf Kempe dirigiert die Staatskapelle Dresden, die Rollen sind folgendermaßen besetzt: Ariadne - Gundula Janowitz; Zerbinetta - Sylvia Geszty; Komponist - Teresa Zylis-Gara; Bacchus - James King; Harlekin - Hermann Prey; Musiklehrer - Theo Adam. Gleichmäßig hohes, im Falle der Janowitz überragendes Niveau der Besetzung – der Trumpf sind aber wieder mal das Dirigat von Kempe und das Spiel der Staatskapelle.



    Eine edle Besetzung hat die monaurale Karajan-Aufnahme von 1954 mit dem Philharmonia-Orchestra aufzuweisen: Ariadne - Elisabeth Schwarzkopf; Zerbinetta - Rita Streich; Komponist - Irmgard Seefried; Bacchus - Rudolf Schock; Harlekin - Hermann Prey; Musiklehrer - Karl Dönch. Ich stelle sie wegen der Gesamtwirkung und des Dirigats trotzdem unter die Kempe-Aufnahme – empfehlenswert ist sie aber allemal (es gibt auch eine noch preiswertere Version bei Naxos):






    Als dritte Einspielung besitze ich die 1986 für die DG aufgenommene mit James Levine und den Wiener Philharmonikern; die Besetzung ist folgende: Ariadne - Anna Tomowa-Sintow; Zerbinetta - Kathleen Battle; Komponist - Agnes Baltsa; Bacchus - Gary Lakes; Harlekin - Urban Malmberg; Musiklehrer - Hermann Prey (es gibt überhaupt nur wenige Aufnahmen der Oper, in denen Prey NICHT mitwirkt :D – wobei er seine Sache als Harlekin bzw. Musiklehrer immer sehr gut macht). Die Besetzung: teils grandios (Battle), überwiegend ok (Tomowa-Sintow, Baltsa), teils desaströs (wieder mal: Gary Lakes). Vielleicht die klangschwelgerischste Aufnahme, wunderbares Orchester, aber irgendwie dirigiert Levine doch am Tonfall des Werks vorbei: zu sehr große Oper. Gelungenes vor allem im Vorspiel: Was immer man von Otto Schenk halten mag – in der Sprechrolle des Haushofmeisters ist er ein Knüller.






    Weitere Aufnahmen kurz referiert:1958 Leinsdorf in Wien mit Rysanek und Jurinac; 1977 Solti in London mit L. Price und Gruberova; 1987 Masur in Leipzig mit Jessye Norman und Gruberova. Die Erstfassung ist von Kent Nagano 1994 in Lyon aufgenommen worden, mit Margaret Price und Sumi Jo.



    Von Karl Böhm, dem man immer ein besonderes Händchen für diese Oper nachsagte, gibt es eine bei der DG erschienene Studioaufnahme mit dem SO des Bayerischen Rundfunks, die aber m.W. wegen Hildegard Hillebracht in der Titelrolle keinen so guten Ruf genießt. Darüber hinaus diverse Mitschnitte: Wien 1944 (Reining, Noni); Salzburg 1954 (della Casa, Güden); Salzburg 1965 und Wien 1967 (Hillebracht, Grist); Wien 1979 (Behrens, Gruberova).


    Der verheißungsvoll wirkende 1954er-Mitschnitt ist sehr preiswert erhältlich:






    Dann wäre da neuerdings noch die vielversprechende DVD einer Wiener Staatsopernaufführung unter Böhm von 1977 (Janowitz, Gruberova, Trudeliese Schmidt, Kollo). Vielversprechend bezieht sich hier (für mich!) allerdings auf die musikalische Leistung, von der Regie (ist’s Sanjust oder Otto Schenk?) erwarte ich mir nicht soviel (bei Youtube existiert ein Ausschnitt, bei dem Janowitz „Es gibt ein Reich“ singt):






    Überhaupt zum Thema Inszenierung: Die Oper bietet einem Regisseur sehr viel an, gerade bei der Ausgestaltung der Beziehungen zwischen Vorspiel und Oper. Ich erinnere mich noch gerne an eine eher düstere Inszenierung von Peter Mussbach in Frankfurt, bei der am Schluss das im Vorspiel angekündigte Feuerwerk stattfand und auch einige Sänger auf der Bühne Feuer fingen…


    Eine ungewöhnliche, mich sehr beeindruckende Version lieferten Jossi Wieler und Sergio Morabito bei den Salzburger Festspielen 2001. Übrigens auch musikalisch hervorragend: Christoph von Dohnanyi dirigierte die Wiener Philharmoniker, in den Hauptrollen sangen Deborah Polaski, Natalie Dessay, Susan Graham und Jon Villars. Leider nicht auf DVD, obwohl die Aufführung mal auf Arte übertragen wurde. Bei Youtube gibt’s einen Ausschnitt – die Zerbinetta-Arie: leider mit desaströser Klangqualität, aber in das Regiekonzept erhält man einen tiefen Einblick. Warnung: das ist etwas anders als gewohnt!


    "http://de.youtube.com/watch?v=Y9vNY91Vf9c" (dort irrtümlich als Pariser Aufführung bezeichnet)



    Was haltet Ihr von der Oper?
    Welche Aufführungen habt Ihr gesehen?
    Welche Aufnahmen schätzt Ihr?




    Viele Grüße


    Bernd

  • Eine gelungene Einführung zu diesem überfälligen Thread – danke, Bernd!


    Auch für mich zählt die Ariadne zu den liebsten Strauss-Opern. Zum ersten Mal bin ich Anfang der achtziger Jahre im Musikunterricht der zehnten Klasse mit dieser Oper in Berührung gekommen – anlässlich der Premiere am Landestheater Coburg trat die Sängerin der Ariadne mit „Es gibt ein Reich“ bei uns im Unterricht auf, und kurz darauf konnte ich die Inszenierung sehen. Zwei weitere – gelungene - Inszenierungen sah ich etwa 1993 und 2005 am damaligen Südostbayerischen Städtetheater (heute Landestheater Niederbayern).


    Folgende Aufnahmen finden sich in meiner Sammlung, wobei ich die unter Masur bevorzuge:


    Richard Strauss
    Ariadne auf Naxos op. 60


    mit Olaf Bär, Paul Frey, Edita Gruberova, Julia Varady, Jessye Norman, Dietrich Fischer-Dieskau et al.
    Gewandhausorchester Leipzig, Kurt Masur
    Label: Philips, DDD, 1988




    Richard Strauss (1864-1949)
    Ariadne auf Naxos

    L. Price, Troyanos, Gruberova, Kollo, Berry,
    London PO, Solti
    Label: Decca , ADD, 79




    Dazu dieser Querschnitt, der sich allein auf die Opern konzentriert,
    mit Lisa della Casa, Rudolf Schock, Lisa Otto, Nada Puttar, Leonore Kirschstein,
    Berlin PO, Alberto Erede
    Label: EMI, ADD,


    ,


    sowie die schon zitierte Aufnahme unter Karajan (1954).


    LG, Elisabeth

  • Lieber Bernd, ich kann Deinen sehr gekonnt und genau formulierten Ausführungen über das Werk nur zustimmen. Kempe ist auch meine Lieblingseinspielung und dies so sehr, daß ich mittlerweile bloß noch diese eine habe. Hier ist ganz einfach jede einzelne Sekunde interessant, es wird mit allem nötigen Esprit musiziert, den diese ganz gewiß nicht anspruchslose Griechin auch für sich verlangen darf. Wer den Briefwechsel zwischen Strauss und Hofmannsthal kennt, wird in der "Ariadne" vieles vom Verhältnis der beiden zu ihrer jeweiligen Kunst in Reinkultur wiederfinden. Soviele verschiedene Perspektiven, so viel Lust am (im positiven Sinne) rückwärtsgewandten Experiment!


    Soltis "Ariadne" ist besonders wegen L. Price leider eine Zumutung zu nennen. Schade, aber der größten Strauss-Dirigenten einer, der ja Solti sicher war, hat gewiß andere Stärken gehabt, als diese diffizile und chamäleonartige Partitur zum Leben zu erwecken, was nicht bedeuten soll, daß er bei "Salome", "Elektra", meiner innig geliebten "Arabella" und auch im "Rosenkavalier" nicht feinsinnig zu dirigieren wüßte.


    Das mit Levines "großer, dicker Oper" habe ich mir schon gedacht und deshalb die Platten stehenlassen. Von Masur würde ich zunächst einmal ebenfalls nichts Gutes ahnen. Über genauere Hinweise auf ihn wäre ich daher sehr dankbar.


    Liebe Grüße,


    Alex.

  • Hallo Elisabeth, hallo Alex,


    um die Masur-Aufnahme bin ich auch schon herumgeschlichen. Die Besetzung klingt wahrlich verlockend - nur habe ich eben auch mit Masur so meine Probleme. Und ein mäßiger Dirigent kann bei diesem Werk ziemlich viel verhunzen...


    Bei mir ist als nächstes eine Böhm-Aufnahme fällig. Ich habe mich nach Kenntnisnahme der Hörschnipsel zunächst für den Salzburger Mitschnitt von 1954 entschieden, weil 1. mir die Klangqualität noch erträglich erscheint, 2. die Ausschnitte Lust auf mehr gemacht haben (della Casa, Güden, Seefried - das hat schon was), 3. ich in letzter Zeit eh immer mehr in Richtung Livemitschnitt tendiere und 4. last not least mein Geldbeutel geschont wird. ;)



    Viele Grüße


    Bernd

  • Ich finde es peinlich, Masur als nur "mäßigen" Dirigenten zu bezeichnen!
    Die meisten plappern nur irgendetwas nach, ohne wirklich unterschiedliche Aufnahmen zu kennen!

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  • Zitat

    Original von Liebestraum
    Ich finde es peinlich, Masur als nur "mäßigen" Dirigenten zu bezeichnen!
    Die meisten plappern nur irgendetwas nach, ohne wirklich unterschiedliche Aufnahmen zu kennen!


    ... was hieltest Du dann davon, wenn Du uns etwas substantiiertes zu der angesprochenen Aufnahme schreibst?


    LG, Elisabeth

  • Hallo Elisabeth,


    es ging mir nicht um diese Masur-Aufnahme speziell, es ging mir um den Dirigenten Masur im Allgemeinen!



    Herzliche Grüße
    von LT :hello:

  • Zitat

    Original von Liebestraum
    Ich finde es peinlich, Masur als nur "mäßigen" Dirigenten zu bezeichnen!


    Da gibt es zweifellos unterschiedliche Ansichten - ähnliche wie die meine finden sich ja auch im Masur-Thread.



    Zitat

    Die meisten plappern nur irgendetwas nach, ohne wirklich unterschiedliche Aufnahmen zu kennen!


    Nanana :D. Ob "die meisten" irgendwas nachplappern, weiß ich nicht - ich kenne jedenfalls eine ganze Reihe von Masur-Einspielungen (sowohl im Opernbereich wie auch im symphonischen Repertoire), habe den Dirigenten auch schon im Konzert gehört, und kann meine Ansicht sehr wohl begründen.


    Fortsetzung der Diskussion meinetwegen im Masur-Thread, hier passt das Thema nicht ganz. Dass ich die "Ariadne" von Masur nicht kenne, sagte ich ja bereits oben schon.



    Viele Grüße


    Bernd

  • Lieber Bernd,


    beim Krokodil gibt es die Masur-Aufnahme der Ariadne derzeit für 12,09 €.


    Ganz persönlich gefällt mir die Aufnahme sehr gut, während ich Deine Vorbehalte gegen die Solti-Aufnahme teile.
    Und auch wenn mir der Vergleich mit den Strauss-Spezialisten Kempe und Böhm fehlt - im Fall der Ariadne würde ich das Dirigat Masurs als gelungen bezeichnen.


    LG, Elisabeth

  • Liebe Elisabeth,



    Zitat

    Original von Elisabeth
    beim Krokodil gibt es die Masur-Aufnahme der Ariadne derzeit für 12,09 €.


    uff - und führe mich nicht in Versuchung. :D



    Zitat

    Ganz persönlich gefällt mir die Aufnahme sehr gut, während ich Deine Vorbehalte gegen die Solti-Aufnahme teile.
    Und auch wenn mir der Vergleich mit den Strauss-Spezialisten Kempe und Böhm fehlt - im Fall der Ariadne würde ich das Dirigat Masurs als gelungen bezeichnen.


    Ich bin gerne bereit, meine Vorurteile zu revidieren. Also gut. Vor allem wegen Jessye Norman. :D (Über die Solti-Aufnahme hatte sich nur Alex geäußert, ich kenne die nicht - allerdings kann ich mir Leontyne Price auch nur schwer in der Titelrolle vorstellen).



    Als DVD ist ganz neu eine Aufnahme der Zürcher Produktion unter Christoph von Dohnanyi; mit Emily Magee (Ariadne), Elena Mosuc (Zerbinetta), Michelle Breedt (Komponist) und Roberto Saccà (Bacchus). Regie: Claus Guth.





    Der Zürcher Intendant Alexander Pereira spielt und spricht den Haushofmeister. Irgendwann mache ich nochmal einen Interpretationsvergleich nur für diese Sprechrolle. :D



    Viele Grüße


    Bernd

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  • Zitat

    Original von Zwielicht


    uff - und führe mich nicht in Versuchung. :D


    ... das erledigt bei mir die letzte Einspielung von Giuseppe Sinopoli, die mich sehr reizen würde


    mit Voigt, Dessay, von Otter, Heppner, Dohmen
    Staatskapelle Dresden





    Zitat

    (Über die Solti-Aufnahme hatte sich nur Alex geäußert, ich kenne die nicht - allerdings kann ich mir Leontyne Price auch nur schwer in der Titelrolle vorstellen).


    Sorry, da hab ich nicht sorgfältig hingeschaut - Leontyne Price passt aber mE wirklich nicht in dieser Rolle.


    LG, Elisabeth

  • Was Böhm angeht, kann ich den Salzburger Mitschnitt von 1954 sehr empfehlen (wenn man Glück hat, erwischt man antiquarisch auch die alte DG-Ausgabe). Schock ist in Hochform, die Seefried wiederholt ihren tollen Komponisten unter besseren Klangbedingungen als 1944, della Casa war etwas umstritten, gefällt mir aber ebenfalls gut. Kennt jemand die DVD der Salzburger Rennert-Inszenierung und kann etwas dazu sagen?

  • Die ARIADNE gehört auch zu meinen Lieblingsopern von Richard Strauss (SALOME, ROSENKAVALIER und DIE SCHWEIGSAME FRAU sind die anderen, ELEKTRA und FROSCH kurz dahinter).


    Meine Lieblingsaufnahmen (Kempe und Karajan) wurden ebenfalls schon genannt, aber ich möchte noch zwei andere Aufnahmen ins Spiel bringen (die Masur-Aufnahme habe ich nur einmal gehört und mich zumindest damals nicht dafür entscheiden können, weil ich sie jedenfalls nicht besser fand als die beiden bevorzugten und mich Jessye Norman auf der Levine-DVD aus der MET nicht überzeugen konnte):


    die eine ist von eher (allerdings besonderen) historischem Interesse:


    Viorica Ursuleac, Erna Berger, Helge Rosvaenge und Karl Hammes. Dirigent: Clemens Krauss


    Ich besitze sie auf einer LP-Box des nur kurzlebigen Labels der BASF, aber es gibt sie auch in dieser Box:


    oder dieser:


    Mit Strauss' bevorzugter Sängerin Viorica Ursuleac und natürlich dem Dirigenten Clemens Krauss darf sie wohl als halbwegs autorisiert gelten.


    Die andere ist dagegen auch heute noch hochinteressant, leider aber wohl ebenfalls nicht greifbar (auch ich habe sie nur auf LP):


    Leonie Rysanek, Roberta Peters, Jan Peerce und (auch da schon) Hermann Prey. Erich Leinsdorf dirigert die Wiener Philharmoniker. Beide sind natürlich nicht auf dem neuesten akustischen Stand, lohnen aber das Kennenlernen, wenn man die Chance dazu erhält. (Die Leinsdorf DVD mit Beverly Sills kenne ich leider nicht)


    Und die Nagano-Aufnahme sollte man auch nicht geringschätzen, wenn sie auch wegen des Fehlens des n der Tat herrlichen Vorspiels nicht ganz konkurrenzfähig ist. Andererseits bietet sie als Einzige das Material der Suite LE BOURGEOIS GENTILHOMME in dem ihr zugehörigen Zusammenhang und eine der besten Einspielungen der Oper selbst. Leider gibt es die schon jetzt nur noch antiquarisch zu Fantasiepreisen, aber wer ihren Weg kreuzt, der sollte sie auflesen:



    Schließlich möchte ich noch auf eine DVD hinweisen, die eine m. E. gelungene Inszenierung mit einer zumindest hochachtbaren musikalischen Aufführung unter Colin Davis mit dem Orchester der Semperoper Dresden kombiniert und für mich unter den mir bislang bekannten DVDs die erste Wahl ist (die Zürcher DVD unter Dohnanyi kenne ich noch nicht, wäre aber derzeit die ARIADNE, die mich am meisten in Versuchung führt):



    Leider habe ich sie alle mindestens gut ein halbes Jahr nicht mehr gehört (bzw. gesehen), so dass ich im Augenblick zu den Einzelleistungen (auch zu der Solti-Aufnahme, die sicher nicht zu meinen Lieblingen gehört, weil er mir zu wenig Gefühl für die besondere Charakteristik dieser Partitur hatte und - ähnlich wie Levine - zu viel große Oper mit einer Solistin macht, die in der Tat über ihren Zenith hinaus war) zu wenig sagen kann. Es wird also mal wieder Zeit für ein Vergleichshören, wie mir scheint. Das fällt mir aber gerade bei dieser Oper überhaupt nicht schwer, denn ich höre wenige so gerne wie diese. Übrigens erinnere auch ich mich noch sehr gerne an die von Bernd angesprochene Frankfurter Inszenierung mit der Live-Bahnhofsuhr, an welcher der Dirigent ablesen musste, wann er fertig zu sein hatte, damit um Punkt neun Uhr das Feuerwerk beginnen konnte. :D


    :hello: Rideamus

  • Zu Anfang etwas abseits Liegendes: Hallo Liebestraum! Kein Mensch hat hier von Herrn Masur in general gesprochen. Das ist auch nicht der Ort dafür. Allerdings bestehen gewisse Bedenken ob der Aufgabe, die "Ariadne" stellt, das ist schon richtig. Und diese Bedenken rühren selbstverständlich von früheren Begegnungen her, ja woher denn sonst? Was Du mit "unterschiedliche(n) Aufnahmen" meinst, ist mir nicht deutlich. Verschiedene von Kurt Masur? Oder er im Vergleich mit anderen (gerade das soll hier doch vorgenommen werden)? Die von Dir in Deinem Empfehlungsthread gelisteten Strauss-Operneinspielungen sind genauso meine Favoriten - genau die, und keine andern. Das läßt mich hoffen, daß Du auch zur "Ariadne" doch noch etwas zu sagen haben könntest, denn ich bin recht nachdrücklich, wenn ich an dergestalt für mich wertvolle Informationen kommen möchte. Mit kargsilbig abgeladnen Einwürfen, die eine vorgetragne Meinung ausradiert sehen möchten, vermag ich tatsächlich wenig anzufangen.


    Allerdings haben wir bisher selbst nicht so recht einen genaueren Blick auf eine Einspielung geleistet. So nehme ich nochmal die Kempe-Aufnahme vor und versuche mich ein ganz klein wenig in Detailkritik.
    1967 eingespielt, ist sie, glaube ich, erst im Folgejahr gepreßt worden und erschienen. Der Dirigent war gerade Chef der Münchner Philharmoniker geworden, eine Verbindung, die von nicht allen gleichermaßen positiv beurteilt worden ist. Die Staatskapelle Dresden aber spielte, darf man das so sagen?, vielleicht doch noch eine Liga höher zu jener Zeit. Und genau das hört man meiner Meinung nach auch. Ganz offenbar sind an vielen Stellen der Partitur nicht alle Musiker gleichermaßen gefragt, was eben dem kammerorchestralen Konzept des Werkes zuzuschreiben ist, von dem Bernd einführend schon sprach. Die Aufnahmetechnik ist herausragend, wirklich bemerkenswert (auch verglichen mit anderen zeitgleichen EMI-Produktionen, wie etwa Barbirollis Brahms-Symphonien), so daß aus beiden angeführten Gründen niemals die Gefahr entsteht, es könne dicklich oder zudeckend musiziert werden. Das aber ist noch keine Orchesterführung. Nun, Kempe gelingt es meines Erachtens, jeder Phrase in Sekundenschnelle eine eigene Konnotation geben zu können. Dies mag befürchten lassen, das Werk könne parzelliert erklingen und in kleine Stückchen unterteilt? Ja, in gewissem Sinne ist das so, jedoch scheint mir dies auch in der Partitur vorgegeben - es ist die Eigenart und die Signatur von "Ariadne auf Naxos", daß sie die bei Strauss ohnehin vorhandene Neigung zur "Konversationsoper" (mit gleichwohl stetiger "Bedrohung" durch Melismen) in einem ersten, an Rezitativtechniken früherer Epochen orientierten Entwurf erst einmal hinstellt. Nur "Capriccio" hat die ausgewogene Mischung aus Sprechgesang und ariosen Stellen in ähnlicher Weise bieten können, "Intermezzo" und "Die schweigsame Frau" sind deutlich rezitativischer, während "Arabella" wesentlich kantabler daherkommt.


    Das Orchesterspiel ist als durchgehender und im beinahe feuilletonistischen Sinne zu verstehender Kommentar zum Geschehen zu werten, dies anders als bei Mozart oder Wagner, die selbstverständlich auch auf ihre Weise "kommentieren". Mal kommt es mimetisch accompagnierend daher, wie in der einleitenden Haushofmeisterszene, wo die Staksigkeit des Verordnungen drechselnden Faktotums abgespiegelt und ironisiert wird, mal versteigt es sich zu (in Hinblick auf die kommende Opernhandlung) proleptischen Herzinnigkeiten, wenn der "naiv entzückte" (so Hofmannsthals Anweisung) Komponist (der im Werk, nicht Strauss natürlich) die hibbelige Zerbinetta in sein seelentiefes Weltbild einzuarbeiten beginnt. Immer aber bleibt, zu jedem möglichen und unmöglichen Zeitpunkt innerhalb der Partitur der Raum, eine hingeschleuderte, atemlose Stretta ohne Federlesens in eine klitzekleine Kantilene zu überführen - und genau diese stetige Präsenz bei allen Anforderungen nach Variabilität leistet meiner Ansicht nach Rudolf Kempe mit den Dresdnern beispiellos. Ich vermute, daß so etwas einzuspielen den Beteiligten irre viel Vergnügen bereiten kann, und dafür hatte Kempe auch die rechten Sänger! Daß Hermann Prey und besonders Peter Schreier solches zu leisten vermögen, wird diejenigen nicht wundern, die mit der Berufsauffassung dieser beiden vertraut sind. Daß aber auch Theo Adam sich aufs Prächtigste in ein Ensemble einreiht, welches sich wie Kinder auf eine erste selbsterstellte Puppentheaterdarbietung zu freuen scheint, verdient vielleicht eigens hervorgehoben zu werden. Sylvia Geszty gibt eine in jeder Hinsicht quicklebendige, dabei tonschöne Zerbinetta und Teresa Zylis-Gara einen traurig-hingegebnen Komponisten. Im zweiten, längern Teil, der Opernaufführung selbst, sind Gundula Janowitz und ein erstaunlich gut artikulierender (na bitte, es geht doch!) James King Träger der Handlung. Man sollte übrigens dezente Kenntnisse der commedia dell´arte mitbringen, um den Stoff so recht goutieren zu können.


    Dies nur eine vorsichtige erste Annäherung an Kempes und der Seinen Arbeit. Ich hoffe auf alternative Rezensionen.


    Euer Alex.

  • Hallo Forianer,


    ich habe nur die Kempe-Aufnahme und bin mit dieser bestens bedient, so dass es mich nicht nach einer anderen gelüstet!



    Herzliche Grüße
    von LT :hello:

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  • Hallo Zwielicht,


    schön, dass mein Beitrag zum Opernführer Dich animierte, diesen tollen Thread zu eröffnen.


    Falls es jemanden interessiert, als Quellen benutzte ich die beiliegenden Textbücher der Karajan, Solti und Kempe Aufnahmen, den Klavierauszug, Programmheft der Vereinigten Staädtischen Bühnen Krefeld - Mönchengladbach und Rudolf Kloibers "Handbuch der Oper" Band 2.


    Im Übrigen wird die Oper zur Zeit in einer guten Inszenierung und guten Solisten am Stadttheater Krefeld aufgeführt, wo ich sie vor 14 Tagen gesehen habe.


    Grüße


    Uwe

  • Vorerst einmal Glückwunsch an den Themenstarter Zwielicht für seine Präsentation der Oper und der Aufnahmen dieser.


    Mit Zwielicht teile ich die Einschätzung des Vorspiels und erlaube mir einige Anmerkungen.


    Die Figuren des parsifalesk-naiven Komponisten, des pragmatischen Musiklehrers (von den 50 Dukaten…), der um den Finger wickelnden Zerbinetta, des präpotenten Hofmeisters……..
    sind Leben und nicht nur Musiktheater. Ich liebe sie alle.


    Und damit könnte die Oper eigentlich für mich schon zu Ende sein, gäbe es nicht noch wunderbare Musik (es gibt ein Reich, Auftritt des Bacchus, Bacchus/Ariadne und dem zynischen Schluß der Zerbinetta). Mit den Harlekins, ihren trommelnden Gesängen und der Zerbinetta-Arie kann ich wenig anfangen.


    Als praktizierender Böhm-Adorator empfehle ich natürlich Böhm:


    Die mir liebste Böhm-Aufnahme ist auf DVD (Deutsche Grammophon) erschienen
    (Gruberova, Janowitz, Kollo, Berry, Schmidt).
    Die positiven Kritiken der 1954er-Aufnahme teile ich natürlich.


    Um originell zu sein, erwähne ich eine Live-Aufnahme aus der Staatsoper Wien aus 1967 mit Böhm:
    Rysanek (Ariadne), Troyanos (Komponist), King (Tenor/Bacchus), Schöffler (Musikmeister), Scovotti (Zerbinetta)

    Otto Rehhagel: "Mal verliert man und mal gewinnen die anderen".
    (aus "Sprechen Sie Fußball?")

  • Zitat

    Original von Rienzi
    Mit Zwielicht teile ich die Einschätzung des Vorspiels und erlaube mir einige Anmerkungen.


    Die Figuren des parsifalesk-naiven Komponisten, des pragmatischen Musiklehrers (von den 50 Dukaten…), der um den Finger wickelnden Zerbinetta, des präpotenten Hofmeisters……..
    sind Leben und nicht nur Musiktheater. Ich liebe sie alle.


    Und damit könnte die Oper eigentlich für mich schon zu Ende sein, gäbe es nicht noch wunderbare Musik (es gibt ein Reich, Auftritt des Bacchus, Bacchus/Ariadne und dem zynischen Schluß der Zerbinetta). Mit den Harlekins, ihren trommelnden Gesängen und der Zerbinetta-Arie kann ich wenig anfangen.



    Hallo Rienzi,


    in meinem Eingangsbeitrag wollte ich das nicht so scharf herauskehren, aber im Grunde geht es mir wie Dir: die Oper löst nicht ganz ein, was das Vorspiel verspricht. Die Seria- und Buffa-Passagen werden relativ brav voneinander getrennt und nicht wie im Vorspiel virtuos vermischt - außerdem hat der Tanzmeister im Prolog nicht ganz Unrecht, wenn er behauptet: Die Oper hat Längen, gefährliche Längen.... Trotzdem ist das zu großen Teilen immer noch grandiose Musik (ich habe eine besondere Schwäche für die schmelzenden Dissonanzen in der Streicher-Einleitung und für das leicht kitschige Terzett der Nymphen "Töne, töne, süße Stimme..." :O).


    Aber das Vorspiel ist vielleicht das einzige Werk von Strauss, in dem er manchmal an die Inspiration des verehrten Mozart annähernd heranreicht. Wenn der Komponist und Zerbinetta gleichzeitig ihre konkurrierenden Varianten der Ariadne-Geschichte vortragen, wenn der Haushofmeister in seinem zweiten Auftritt die Musik fast zum Verstummen bringt, wenn der Komponist von ganz banalen Anlässen inspiriert wird und man ihm beim Erfinden einer Melodie zuhören/-sehen kann: das hat große Klasse.


    Von den grandios gezeichneten Typen ganz zu schweigen, da hast Du völlig recht. Die unglaublich eitlen Sänger müssen noch erwähnt werden - wobei die Primadonna mit ihrem Urteil über den Tenor/Bacchus ja nur allzu recht hat: Man erträgt es nicht, diesen Mann so viel hohe Töne singen zu hören. :D



    Viele Grüße


    Bernd


  • Das spricht aber auch für die Selbstironie und -erkenntnis von Richard Strauss, der das ja immerhin komponiert und nicht etwa Hofmannsthal aus dem Libretto gestrichen hat. Man kann sich gut vorstellen, dass Letzterer da einen Kommentar zur Uraufführung in das Libretto eingebaut hat.


    Ansonsten sehe ich die gefährlichen Längen eher in anderen Opern von Strauss, dem es ersichtlich bekommen ist, dass das vorangehende Schauspiel eine relativ kurze Oper erfordert hat.


    :hello: Rideamus

  • Zitat

    Original von Rideamus
    Das spricht aber auch für die Selbstironie und -erkenntnis von Richard Strauss, der das ja immerhin komponiert und nicht etwa Hofmannsthal aus dem Libretto gestrichen hat. Man kann sich gut vorstellen, dass Letzterer da einen Kommentar zur Uraufführung in das Libretto eingebaut hat.


    Auf jeden Fall - wobei das Strauss nicht schwergefallen sein wird: seine Abneigung gegen die (schwere) Tenorlage war ja immer stark ausgeprägt, was auch der reichlich undankbaren Partie des Bacchus anzuhören ist. Mir ist noch kein Sänger begegnet, bei dem die "Circe"-Rufe nicht mehr oder weniger gequält geklungen hätten...



    Zitat

    Ansonsten sehe ich die gefährlichen Längen eher in anderen Opern von Strauss, dem es ersichtlich bekommen ist, dass das vorangehende Schauspiel eine relativ kurze Oper erfordert hat.


    :yes:


    Im Vergleich zu manch anderer Strauss-Oper (bzw. manchem Akt, der so lange dauert wie die eigentliche "Ariadne") ist unser Werk zweifellos überaus kurzweilig ... trotzdem zieht sich für mich die letzte halbe Stunde immer ein wenig - und auch das Buffo-Ensemble "Eine Störrische zu trösten" wird beinahe zum Perpetuum mobile...



    Viele Grüße


    Bernd

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  • Bei dieser Gelegenheit möchte ich noch mal auf den Mitschnitt eines überaus amüsanten und hochinteressanten Gesprächskonzertes mit Stefan Mickisch (Klavier) zu diesem neoklassizistischen Werk verweisen, der über http://www.mickisch.de zu haben ist (Bestellformular, oder einfach mailen).


    Wie immer bei Mickisch gibt es viele (musikalisch vorgetragene) Querverweise zu Stellen aus Werken anderer Komponisten, sei es, um gemeinsame Tonarten-Charakteristika herauszustreichen, oder einfach auch, um zu zeigen, wo Strauss überall abgekupfert hat / haben könnte oder wer nach ihm eine ähnliche Harmonik verwendet hat, und die Überleitungen sind manchmal genial, etwa während einer prächtigen Bacchus-Stelle, wo Mickisch sich dann ohne viel Aufhebens pianistisch plötzlich mitten in "Die tote Stadt" befindet, oder im Vorspiel nach einer Klage des Komponisten in e-Moll plötzlich zu Wotan und dann zu Tschaikowskys Fünfter und danach zu einem Crucifixus von Bach überleitet, alles in derselben Tonart. Recht amüsant auch immer Mickischs Kommentare und manchmal wohltuende Seitenhiebe auf den in mancher Hinsicht etwas überschätzten Richard Strauss.



    Bitte bedenken Sie, dass lautes Husten - auch zwischen den Stücken - die Konzentration der Künstler wie auch den Genuss der Zuhörer beeinträchtigt und sich durch den Filter eines Taschentuchs o. ä. erheblich dämpfen lässt.

  • Zitat

    Original von Graf Wetter vom Strahl
    Nun, Kempe gelingt es meines Erachtens, jeder Phrase in Sekundenschnelle eine eigene Konnotation geben zu können. Dies mag befürchten lassen, das Werk könne parzelliert erklingen und in kleine Stückchen unterteilt? Ja, in gewissem Sinne ist das so, jedoch scheint mir dies auch in der Partitur vorgegeben - es ist die Eigenart und die Signatur von "Ariadne auf Naxos", daß sie die bei Strauss ohnehin vorhandene Neigung zur "Konversationsoper" (mit gleichwohl stetiger "Bedrohung" durch Melismen) in einem ersten, an Rezitativtechniken früherer Epochen orientierten Entwurf erst einmal hinstellt.


    [...]


    Immer aber bleibt, zu jedem möglichen und unmöglichen Zeitpunkt innerhalb der Partitur der Raum, eine hingeschleuderte, atemlose Stretta ohne Federlesens in eine klitzekleine Kantilene zu überführen - und genau diese stetige Präsenz bei allen Anforderungen nach Variabilität leistet meiner Ansicht nach Rudolf Kempe mit den Dresdnern beispiellos.



    Hallo Alex,


    hier schließe ich mich voll und ganz Deinen Ausführungen an, nachdem ich das Vorspiel vergleichend in den Aufnahmen mit Karajan, Kempe und Levine gehört habe. Kempe gelingt die geforderte Flexibilität mit Abstand am besten, seine Tempomodifikationen sind höchst elegant und nie dick aufgetragen. Levine ist beileibe nicht schlecht, bleibt aber dahinter zurück - während bei Karajan schon aufgrund der oft um Nuancen zu langsamen Tempi die Funken nicht wirklich sprühen. Wunderbar auch der schlanke Orchesterklang bei Kempe (Gegenbeispiel: Levine).




    Zitat

    Ich vermute, daß so etwas einzuspielen den Beteiligten irre viel Vergnügen bereiten kann, und dafür hatte Kempe auch die rechten Sänger! Daß Hermann Prey und besonders Peter Schreier solches zu leisten vermögen, wird diejenigen nicht wundern, die mit der Berufsauffassung dieser beiden vertraut sind. Daß aber auch Theo Adam sich aufs Prächtigste in ein Ensemble einreiht, welches sich wie Kinder auf eine erste selbsterstellte Puppentheaterdarbietung zu freuen scheint, verdient vielleicht eigens hervorgehoben zu werden. Sylvia Geszty gibt eine in jeder Hinsicht quicklebendige, dabei tonschöne Zerbinetta und Teresa Zylis-Gara einen traurig-hingegebnen Komponisten. Im zweiten, längern Teil, der Opernaufführung selbst, sind Gundula Janowitz und ein erstaunlich gut artikulierender (na bitte, es geht doch!) James King Träger der Handlung.



    Eine kleine Einschränkung: Zylis-Gara ist sängerisch sehr gut, allerdings in puncto Artikulation und Aussprache nicht völlig idiomatisch (wobei es nicht wirklich stört) - ich ziehe hier Irmgard Seefried bei Karajan vor (Agnes Baltsa bei Levine kann nicht ganz mithalten). Und die Janowitz singt als Ariadne wunderbar - nur als Primadonna im Vorspiel fehlt ihr der blasierte Tonfall, der Elisabeth Schwarzkopf wie auf den Leib bzw. die Stimme geschrieben ist :D. Bei den drei Zerbinetta-Sängerinnen (Streich, Geszty, Battle) fällt es mir schwer, eine Entscheidung zu treffen. In den enorm wichtigen Rollen des Musiklehrers und des Tanzmeisters ist das Duo Theo Adam/Peter Schreier bei Kempe unübertroffen - besonders letzterer entwickelt eine mitreißende sängerische Agilität. Sehr gut auch Hermann Prey/Heinz Zednik bei Levine, während Karl Dönch/Hugues Cuenod bei Karajan blass bleiben.



    Fazit bezüglich des Vorspiels: Obwohl ich Irmgard Seefried hier Teresa Zylis-Gara vorziehe, ist für mich die Kempe-Aufnahme (nicht nur) in diesem Teil der Oper mit Abstand die gelungenste.



    Viele Grüße


    Bernd

  • In diesem Thread wurde sie mehrfach hochgelobt. Und vor kurzem hat man noch im parallelen TMOO-Thread beklagt, dass sie nicht lieferbar sei - jetzt kommt die 1968 von Rudolf Kempe dirigierte Ariadne auf Naxos mit Gundula Janowitz in der Titelrolle bei EMI neu heraus:





    Ariadne - Gundula Janowitz
    Zerbinetta - Sylvia Geszty
    Komponist - Teresa Zylis-Gara
    Bacchus - James King
    Harlekin - Hermann Prey
    Musiklehrer - Theo Adam
    Tanzmeister - Peter Schreier


    Staatskapelle Dresden
    Dirigent: Rudolf Kempe



    Viele Grüße


    Bernd


  • Kleine Ergänzung: Diese Aufnahme habe ich heute im 2**1-Laden in der Hand gehabt, kostet dort z.Zt. schlappe 9,95 €!
    Günstige Gelegenheit, sich dieses Album zuzulegen!


    (Der Preis gilt nebenbei für alle CD-Boxen dieser EMI-Serie, d.h. 2er Box 9,95, 3er Box 14,95 und 4er Box 19,95)


    LG


    :hello:

    Harald


    Freundschaft schließt man nicht, einen Freund erkennt man.
    (Vinícius de Moraes)

  • Ariadne auf Naxos,
    Oper in 1 Aufzug nebst einem Vorspiel
    von Richard Strauss.
    Text von Hugo von Hofmannsthal.
    Uraufführung der Erstfassung: 25.10.1912 Stuttgart, Kleines Haus des Hoftheaters,
    mit: Maria Jeritza • Margarethe Siems • Hermann Jadlowker • Sigrid Onegin-Hoffmann • Erna Ellmenreich • Albin Swoboda • Margarethe Burchardt,
    Dirig. R. Strauss



    LG

    Harald


    Freundschaft schließt man nicht, einen Freund erkennt man.
    (Vinícius de Moraes)

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