Richard Wagner: DIE WALKÜRE

  • Nachdem sich der neue RHEINGOLD-Thread bereits großer Ressonanz erfreut, nun der zweite Streich.
    Für Diskussionen, den Gesamtzyklus betreffend, bitte den alten Thread DER RING DES NIBELUNGEN benutzen.


    Vorweg gesagt, will ich bekunden, daß DIE WALKÜRE für mich persönlich der schwächste Teil der Tetralogie ist. Natürlich hat auch diese Oper ihre Meriten, aber fällt sie m.E. doch ein wenig ab verglichen mit dem furiosen Vorabend, dem fetzigen Zweiten Tag und dem spektakulären Finale am Dritten Tag.


    Wiederum stellt sich die Frage: Welche Walküre darf als Referenz-Aufnahme gelten?


    Hier ein paar Favoriten:



    Solti 1965


    Obschon die Solti-Walküre als schwächster Teil seines Zyklus gilt, muß sie gleichwohl hier zumindest mitnominiert werden.



    Karajan 1966



    Böhm 1966 (nicht einzeln erhältlich)



    Leinsdorf 1961



    Keilberth 1955



    Dohnányi 1992

    »Und besser ist's: verdienen und nicht haben,

    Als zu besitzen unverdiente Gaben.«

    – Luís de Camões

  • Die Leinsdorf-Aufnahme von 61 hat sicher Referenzcharakter, doch nicht minder die Furtwängler-Aufnahme von 54 kurz vor seinem Tod mit Mödl/Frantz/Suthaus/Rysanek und den Wiener Philharmonikern.
    Ewig schade, daß George London den Walküre-Wotan im Solti-Ring nicht mehr singen konnte und durch Hans Hotter ersetzt wurde, der, gerade auch gemessen an seinen eigenen Maßstäben, zum Zeitpunkt der Aufnahme nun wirklich nicht mehr stimmlich den Anforderungen dieser Partie gewachsen war.


    Warum aber die Walküre das schwächste Glied in der Ring-Kette sein soll, ist eine Auffassung, bei der sich unsereins erstaunt die Augen reibt. Vermutlich muß für diese Behauptung vor allem der zweite Akt herhalten, und hier die lange Wotan-Erzählung. Ob da aber wirklich Langeweile aufkommt, die das Niveau der Oper beeinträchtigt, liegt weniger an Herrn Wagner, als an den Fähigkeiten des Dirigenten und des Sängers. Ich habe diese Szene durchaus schon sehr spannend gehört und denke, daß sich diese innere Spannung auch in den Referenzaufnahmen mitteilt. Wo also soll sich, gemessen am Gesamt-Ring. die "Schwäche" dieser Oper offenbaren (die im übrigen in den Spielplänen nicht selten als Einzelwerk angeboten wird, gerade weil sie sich von allen Ring-Opern beim Publikum der größten Beliebtheit
    erfreut)?


    Florian

  • Hallo Felipe,


    ich sehe die Walküre nicht als schwächsten Teil der Tetralogie. Im Gegenteil, neben der Götterdämmerung ist sie das Zugpferd schlechthin und bei Einzelaufführungen außerhalb des Gesamtzyklus sind die Walküre-Karten immer als erste vergriffen. Also muß wohl was dran sein.
    Für mich ist es der unheimliche Spannungsbogen im 1. Akt und der liebevolle Abschied Wotans von seiner Tochter im Schlußakt. Der 2. Akt hat einige Längen, doch Wotans Kopfwaschung durch Fricka und die Todesverkündung sind für mich Höhepunkte Wagnerscher Gesamtkunst.


    Aber du hast sicher eine Begründung für deine Wertung, die mich natürlich sehr interessiert.


    Zu deinen erwähnten Aufnahmen möchte ich gerne noch den Boulez/Chéreau-Jahrhundertring von Bayreuth erwähnen mit einer beeindruckenden Walküre.


    :hello:

    Freundliche Grüße Siegfried

  • Meine Lieben,


    wie gesagt, ist es eine rein subjektive Einschätzung meinerseits. Ich behaupte nicht, daß diese Oper mißlungen wäre, bestimmt nicht.
    Ich kenne nur die Solti-Aufnahme, und vielleicht mag es ja wirklich daran liegen, daß die Sängerbesetzung nicht das höchste Niveau der übrigen Solti-Ring-Aufnahmen erreichte, so daß dies meinen Eindruck etwas trübte.
    Ich glaube, ich werde mir eben aus diesem Grund die Walküre in Kürze nochmal anhören - in die anderen Teile des Rings hörte ich schon mehrfach hinein, steht also sowieso noch aus.


    Liebe Grüße :hello:

    »Und besser ist's: verdienen und nicht haben,

    Als zu besitzen unverdiente Gaben.«

    – Luís de Camões

  • Lieber Felipe,


    schön, daß Du fortfährst, die einzelnen "Ringchen" einer gesonderten Besprechung zugänglich zu machen. Ich hätte mich dies als Neuling noch nicht getraut, aber sehr gewünscht.


    Die Walküre als "schwächsten Teil der Tetralogie" zu bezeichnen, ist doch aber kein verspäteter Karnevals- oder verfrühter Aprilscherz? Gottseidank habe ich jetzt nicht die Zeit, hier in extenso auszuführen, warum "Walküre" zu recht von den meisten der geliebteste Teil in Wagners opus magnum ist. Nicht, daß ich das noch später einmal nachhole...!
    Hier nur ganz rasch dieses. Melos, Pathos und (ich bin mir heut´ mal nicht zu blöd zu sagen) "innere Durchdringung" sind in der "Walküre" in einem solchen Übermaß zu finden, wie bei Wagner nur noch in "Tristan" und "Parsifal". Konsequent wird Einzelgesang in den Vordergrund gestellt, die Motive beginnen langsam, nach ihrer Einführung in "Rheingold" und im ersten Akt der "Walküre", eine "Geschichte" zu haben, ohne schon so "verbraucht" und "durchzitiert" zu sein wie womöglich gegen Schluß der Götterdämmerung (wo man von "motivischem Potpourri" gesprochen hat). "Junges", aber in Ansätzen schon bekanntes und dadurch in einem bestimmten Sinne "wertvoll" gemachtes Material wird in diesem "menschlichsten aller Ringstoffe" in eine Handlung eingearbeitet, die singulär in ihrer direkten und lebensnahen Konfliktaustragung bleibt.
    Ich kenne nichts Vergleichbares mehr, wenn ich mir die beiden Personenpaare vor Augen führe, um die sich alles dreht. Siegmund und Sieglinde im ersten, Wotan und Brünnhilde im dritten Aufzug. Ich möchte nicht doch noch in Gefahr kommen, zuviel zu schreiben - sonst schaffe ich heute mein pensum nicht mehr. Nur salopp hinweisen möchte ich auf die "Todesverkündigung" im zweiten Aufzug, Sieglindes Erzählung im ersten, sowie - natürlich - auf die vielleicht vierzigminütige Schlußszene, in der Wotan Brünhilde liebend verbannt. Diese Schlußszene ist, auch wenn das vordringlich sicher niemanden groß interessieren wird, mein Heiligstes, mit "Tristan" zusammen. Und weil auch immer einige Gar-nicht-so-Wagnernahe hier mitzulesen scheinen (die doch mit genügend anderem beschäftigte Fairy Queen eben im "Rheingold"-Thread etwa dankenswerterweise), möchte ich die Gelegenheit nutzen und unverhohlen Werbung machen: Hört Euch, wenn Ihr mit Wagner auch sonst nichts anfangen zu können glaubt, den ersten und den dritten Akt der Walküre ganz an! Mehrmals. In jedem Falle mehrmals. Der "Walkürenritt" ist hier nur Firlefanz, nicht das (scheinbar) Bekannte solltet Ihr hören, sondern etwas gänzlich Unbekanntes erwarten! Es wird Euch geboten werden. Ihr werdet einen hocheinfühlsamen, beinahe zarten Wagner finden, Kantabilität, Melos, Klangrede, was weiß ich noch alles. Nie haben 120 Orchestermusiker so leise (ja, auch leise!) und beteiligt spielen müssen, wie an vielen Stellen der "Walküre". Zumindest, wenn es etwas geben soll mit der Performance. Übrigens wirken gerade durch die kontrastiv eingesetzten "härteren" Orchesterstellen viele Züge weich an unsrer Walküre. Doch endige ich hier meinen dilletantischen und schnell hingeworfnen Aufruf ersteinmal. Aber sowas muß auch möglich sein.


    Wagner schrieb (ich glaube, an Liszt), als er über der "Todesverkündigung" saß, dies könne man "eigentlich schon nicht mehr komponieren nennen", was er da täte. Und das sollten wir nicht in der (möglichen) gegenläufigen ironischen Richtung nehmen (im Sinne von: "Natürlich ist das kein Komponieren...")


    Nun zu den Einspielungen.


    Die Wundertat ist auch hier Karajans "Walküre". Was wurde nicht alles darüber gesagt, was wird nicht immer alles nachgeplappert: "Kammermusikalische Herangehensweise", "leichte Sänger", "alternativer Ansatz". Ist alles nicht verkehrt (im doppelten Verständnis), aber es ist natürlich gleichwohl weiterhin "Wagner", den man hier zu hören bekommt. Nicht Schubert, wie man anläßlich solcher oder ähnlicher Prädizierungen meinen könnte. Wagner hat so komponiert, daß man ihn spielen (lassen) kann, wie Karajan es tut. Seine Interpretation ist in der Tat extrem "durchhörbar", feinsinnig und klangbewußt. Und mit starkem Akzent auf den Affekten, nicht auf den Effekten wie man es bei Solti bisweilen hören kann, der der Gefahr vielleicht nicht ganz entgeht, gelegentlich ein wenig zu "kapellmeisterlich" aufzutreten.
    Ich halte die Auswahl der Sänger für besonders glücklich. Regine Crespin ist eine endlich einmal wirklich mädchenhafte Brünnhilde, die auch das Stimmmaterial mitbringt, die Partie in einer Aufnahme zu meistern. Sie offenbart ein herrliches legato, geht Töne nie von oben oder unten an, und singt mit einem richtigen Schmelz und einer Innigkeit, welche ich so nur noch von Lucia Popp kenne.
    Thomas Stewart ist in unserem Zusammenhang - wie bereits Dieskau im "Rheingold" - kein zu "dünner" Wotan. Es ist ja seine gesamte Umgebung darauf abgestimmt, solch kleine Regungen nicht allein zuzulassen, sondern zu befürworten, sogar zu forcieren (dies letztere selbstverständlich nicht im stimmtechnischen Sinne). Davon macht Stewart in wünschenswerter Weise auch Gebrauch. Ein kleiner zusätzlicher Druck des Atemstroms erzielt schon eine denkbar große Wirkung, weil man ihn auch tatsächlich hören kann. Dieser Wotan weiß jedem Wort und jeder noch so kleinen Emotion Leben zu verleihen. Und er kann auch richtig böse werden...
    Vielleicht ist Jon Vickers nicht nach jedermanns Geschmack, das kann schon sein. Gewiß wird schon an andrer Stelle im Forum zu ihm etwas geschrieben worden sein. Daher beschränke ich mich hier darauf, seine Vorzüge hervorzuheben. Er bringt in den "Winterstürmen" ein tolles piano, in den "Wälse"-Rufen die von ihm erwarteten Reserven. Sein Deutsch ist nicht so gut, wie das von Stewart und Crespin, mir aber reicht es aus. Zumal man in der Leinsdorf-Aufnahme hören kann, wie er in einem gänzlich fremdsprachigen Ensemble mit Verständlichkeit zu glänzen versteht.
    Gundula Janowitz ist eine überragende Sieglinde. Ich liebe diese Frau. Zerbrechlich und in größter Not auch alle Kräfte bündelnd zagt, ruft und fleht sich diese Sieglinde durch ihr kurzes Opernleben.
    Talvela ist ein nicht ganz so abgrundtiefer Hunding wie Frick bei Solti, dafür einer, der blendend in das Konzept paßt.
    Des Dirigenten Leistung ist berückend. Die "Walküre" war 1967 ja die erste Aufnahme seines Ringes, auch bei den Osterfestspielen ist "Walküre" als erstes auf die Bretter gekommen. Das Orchester wird wie ein Instrument geführt, ein Instrument freilich, das unzählige "Register" aufweist. Und diese werden allesamt gezogen. Was soll ich noch groß reden, wo ich ja ohnehin ein Reinhören verordnet habe? Das Dirigat der "Walküre" ist ganz nah an der Perfektion (wenn es die geben sollte), an meiner jedenfalls. Danke, Herbie, dafür! Keine Spur von Egotrip und Salonlöwendasein. Da hält einer das Stöckchen, der in seiner Arbeit völlig aufgeht. Zumindest hier noch...


    Leinsdorf ist absolut empfehlenswert, das Dirigat ein wenig rasch. Solti hat seine großen Vorzüge, die Schwächen liegen hier im Bereich des Stimmlichen.


    Genug für heute, ich bin auf Eure Anregungen schon gespannt. Einige sind ja bereits eingetroffen, während ich geschrieben habe.


    Liebe Grüße, ich würde mich freuen, von mit der Walküre neu Bekannten zu hören,


    Alex.

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  • Von Hotters "wobble" abgesehen, was aber auf seine Textdarstellung und Rollengestaltung ja nur bedingt Einfluß hat, ist die Solti-Walküre nicht schlechter besetzt als der Rest. Wagner als Schöne-Stimmen-Festival ist eh ein Mißverständnis.
    Zu Aufnahmen kann ich nichts sagen (ich kenne nur Soltis gut, einige historische flüchtig, der erste Akt unter Walter mit Lehmann/Melchior lohnt jedenfalls das Anhören, ebenso die von Toscanini dirigierten Ausschnitte), aber ich bin ebenfalls der Ansicht, dass es der eingängigste, unproblematischste Teil des Ring ist. Wie schon gesagt, scheint das eine verbreitete Ansicht zu sein, da die Walküre praktisch die einzige Oper des Zyklus ist, die auch mal "alleine" gegeben wird. Es gibt, zumal für den Einsteiger, ein paar Längen am Beginn des 2. und in der Mitte des 3. Akts.
    (Aber selbst die finden sich ähnlich oder schlimmer in Siegfried und Götterdämmerung)
    Dafür aber einen der geschlossensten, "opernhaftesten" Akte Wagners überhaupt, nämlich den ersten und ca. 80% der beliebten Ring-Highlights/bloody chunks (Ein Schwert verhieß mir der Vater, Winterstürme, Todesverkündigung, Walkürenritt, Wotans Abschied). Dagegen kann Rheingold nur mit dem Einzug in Walhall, Siegfried mit Waldweben, Götterdämmerung immerhin mit Rheinreise und Trauermarsch aufwarten. ;)


    :hello:


    JR

    Struck by the sounds before the sun,
    I knew the night had gone.
    The morning breeze like a bugle blew
    Against the drums of dawn.
    (Bob Dylan)

  • Bezüglich Hotter habt Ihr zwar alle recht - aber trotzdem: Wenn er am Schluss des zweiten Akts gegen Hunding sein zweites "Geh!" (bzw. "Gääh!") herauskeucht, kann ich wenigstens nachvollziehen, warum der Unsympath auf der Stelle tot umfällt. Stimmlich gesunde Wotan-Sänger sind da meist einfach nur laut.


    Außerdem möchte ich mich für den zweiten Akt starkmachen: Ich fand den nie zu lang, auch in Wotans (Quasi-)monolog nicht. Der Dialog Wotan/Fricka ist ausgesprochen spannend, die sog. Todesverkündigung zählt zu den Höhepunkten des Wagner'schen Werks überhaupt, die gehetzten und dem Tod geweihten Geschwister sind mit die anrührendsten Gestalten der Operngeschichte - und die sich gewaltig aufbauende Dramatik am Ende muss man erst mal so hinkriegen.


    Ich habe die "Walküre" auch mit Solti kennengelernt und finde die Einspielung nach wie vor nicht schlecht. Allerdings fehlt Solti hier mal wieder ziemlich das Gefühl für musikalische Lyrik - viele Passagen des ersten Akts und auch Wotans Abschied habe ich erst in anderen Aufnahmen schätzengelernt. Höhepunkte vor allem im zweiten Akt - Christa Ludwig als Fricka, Hotter in den leisen Teilen seines Monologs, Crespin als verzweifelte Sieglinde.


    Die Furtwängler-Walküre aus Wien verdient eine nachdrückliche Empfehlung: gegenüber den Ring-Mitschnitten aus Rom oder gar Mailand ist erstens die Aufnahmetechnik superb und zweitens hat hier Furtwängler mal ein hervorragendes und wagnererprobtes Orchester vor sich:





    Selbst wenn man historische Aufnahmen nicht mag: die von Johannes erwähnte Einspielung des ersten Akts (plus einige Ausschnitte aus dem zweiten) mit Melchior, Lehmann, List und den Wiener Philharmonikern unter Bruno Walter ist ein einzigartiges (und gar nicht schlecht klingendes) Denkmal großen Wagnergesangs, zudem fantastisch dirigiert. Ganz abgesehen davon, dass die 1935 entstandene Aufnahme ein zentrales zeitgeschichtliches Dokument ist:





    Viele Grüße


    Bernd

  • Hallo Bernd,


    man sollte allerdings beim 2. Akt "Walküre" nicht nur die Wiener Ausschnitte mit Melchior, Lehmann, List hören, sondern auch die in Berlin produzierten Teile, vor allem die wirklich atemberaubend spannende Auseinandersetzung zwischen Margarete Klose (Fricka) und dem blutjungen Hans Hotter (Wotan). Ich kenne jedenfalls keine bessere und mitreißendere Aufnahme dieser oft so langweilig dargebotenen Szene.


    :hello:


    GiselherHH

    "Mache es besser! (...) soll ein bloßes Stichblatt sein, die Stöße des Kunstrichters abglitschen zu lassen."


    (Gotthold Ephraim Lessing: Der Rezensent braucht nicht besser machen zu können, was er tadelt)



  • Hallo Giselher,


    die Berliner Teile hab ich tatsächlich nie gehört, weil ich den ersten Akt aus Wien schon in zwei verschiedenen Editionen hatte und mich nie dazu durchringen konnte, jetzt auch noch eine dritte Version in Koppelung mit den Berliner Teilen zu kaufen.


    Aber es ist ja nicht teuer - und wenn Du's so empfiehlst, geb ich die 12 Euro auch noch aus... ;)


    Hier die entsprechende Edition, die dann auch gleich denjenigen empfohlen sei, die den ersten Akt mit Lehmann/Melchior/Walter noch gar nicht haben:





    Viele Grüße


    Bernd

  • Hallo Forianer,


    ich halte die "Walküre" auch als eigentliches Zugstück des Gesamtzyklusses.


    Meine besondere Empfehlung gilt der hier schon recht oft gennantenn Leinsdorf-Decca-Aufnahme!




    Herzliche Grüße
    von LT :hello:

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  • Ich denke mal, daß es vom 1.Akt der Walküre nichts besseres gibt


    als die Aufnahme: L.Lehmann, L,Melchior, E.List, Dir. B.Walter.


    Textdeutlichkeit und Gestaltung sind meiner Meinung nach,


    später nie mehr ereicht worden.


    :hello:Herbert-

    Tutto nel mondo è burla.

  • „Meine“ Walküre:


    Karl Böhm
    Bayreuther Festspiele


    Siegmund: James King
    Sieglinde: Leonie Rysanek
    Brünnhilde: Birgit Nilsson
    Wotan: Theo Adam

    Otto Rehhagel: "Mal verliert man und mal gewinnen die anderen".
    (aus "Sprechen Sie Fußball?")

  • Meine drei Lieblings-Walküren, zwei davon wurden schon genannt:


    - Böhm 1966/67, Live: Grandioses Dirigat von Böhm, James King überragend als Siegmund (seine Wälse-Rufe und das "vereint sind Liebe und Lenz" sind Wahnsinn!), Rysanek als Sieglinde nicht ganz so gut wie King, aber trotzdem große Klasse. Theo Adam gibt ein hinreissendes Rollen-Porträt und die Nilsson ist auch super!


    - Leinsdorf 1961, Studio: Flottes, packendes Dirigat, Vickers sehr gut (reicht nicht ganz an King heran), Brouwenstijn exzellent als Sieglinde, ebenso Rita Gorr als Fricka und Nilsson als Brünni, George London als Wotan auch großartig!


    Diese hier wurde noch nicht genannt, ist super-günstig zu haben und große Klasse:



    - Neuhold 1993, Live: Tolles Dirigat, die meiner persönlichen Meinung nach beste Sieglinde auf CD: Gabriele Maria Ronge, endlich mal eine Sieglinde, die jung und zugleich dramatisch klingt :jubel:
    Edward Cook als Siegmund macht seine Sache sehr sehr gut, exzellentes Deutsch! Super Hunding von Frode Olsen. Ein phantastischer 1.Akt! John Wegner (Wotan) nicht ganz auf dem Niveau, trotzdem gut, Carla Pohl als Brünnhilde bietet eine respektable Leistung.


    Ich hätte da nochmal ne Frage zu der Studioaufnahme unter Furtwängler 1954: Ich habe gesehen, dass das ein 3CD-Set ist. Normalerweise braucht die Walküre doch 4 CDs, oder? (Mal abgesehen vom Turbo-Leinsdorf) Wurde da was gestrichen?


    :hello: Florian

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  • Einiges, was hier in Sachen "Walküre" zu lesen ist, kann ich fast nicht glauben.


    Da findet sich endlich einmal jemand, der von Karajans Dirigat hingerissen ist, obwohl hier im Forum der Karajan-Haß schier überbordet.


    Dann wird die herausragende Leistung von James King als Siegmund endlich so gewürdigt, wie er es auch verdient. Ich stelle ihn auch über den hochgelobten kanadischen Holzfäller mit seinem Kaugummi-Phlegma.


    Ein kleines Intermezzo abseits des Themas: King sang in Wien oftmals und mit größtem Erfog den Kaiser in der FROSCH. Als einmal ein anderer Kaiser annonciert wurde, atmete der Stehplatz auf, und viele meinten, es wäre höchst an der Zeit, endlich nach Thomas und King einen anderen zu hören.


    Nun, dieses Engagement ging nicht gerade gut aus. Also meinten dieselben, die vormals über eine Alternative jubelten: Warum nimmt man diesen schwachen Tenor, wo wir doch so großartige Interpreten wie King und Thomas am Haus haben ...


    Aber zurück zur "Walküre": Dieses seelenvolle Werk zähle ich zu einem der größten "Würfe" Wagners. Wie sich die Gesangskantilenen mit dem Solocello oder der Oboe in überirdische Sphären erheben, ist wohl einzigartig. Auch für mich ist die "Walküre" neben der Götterdämmerung das grandioseste Werk des "Rings".


    PS: Mit dem "Siegfried", diesem Tarzan aus deutschem Tann, habe ich wiederum meine Probleme.

    Arrestati, sei bello! - (Verweile, Augenblick, du bist so schön!)

    Einmal editiert, zuletzt von Milletre ()

  • Zitat

    Original von Milletre
    PS: Mit dem "Siegfried", diesem Tarzan aus deutschem Tann, habe ich wiederum meine Probleme.


    Dabei kennst Du mich überhaupt nicht :no:


    Spaß beiseite: Deine Walküre-Einschätzung teile ich, auch das über James King Gesagte.


    Mein Wälsungen-Traumpaar bleibt jedoch Jeannine Altmeyer & Peter Hofmann, die ich in Bayreuth und in Stuttgart in diesen Rollen gesehen habe. Der Ponelle-Ring rangiert bei mir noch vor dem Chéreau-Jahrhundertring.


    :hello:

    Freundliche Grüße Siegfried

  • Neu herausgekommen ist eine "Walküre" aus der Scala 1958, die ich im Sängerforum unter "Frick" kurz besprach:



    Diese Aufnahme kann ich trotz der mäßigen Tonqualität jedem Wagner-Enthusiasten und Opernfan wärmstens empfehlen.

    Arrestati, sei bello! - (Verweile, Augenblick, du bist so schön!)

  • Meine Lieben,


    Nicht nur weil sie schwer erhältlich ist (ich habe kein Cover meiner Centurion Classics-Edition gefunden), ist die "Walküre", die Rudolf Moralt mit den Wiener Symphonikern konzertant aufgenommen hat, offenbar kaum bekannt. Sie ist aber durchaus beachtlich, etwa über zwei Drittel auch tontechnisch abgesehen von kurzen Auslassern (echt störend nur: der "Bund" fällt einem solchen zum Opfer, Wotan endet mit "Sieglinde's") recht gut (die Auifnahme enstand 1949!), im letzten Drittel dürften die Originalbänder aber schon gelitten haben (denn da wurden die Tonmängel auch schon in einer älteren Rezension beklagt, die sicher nicht auf der Centurion-Kassette beruht).


    Moralt nimmt zunächst recht langsame Tempi und hat manchmal für meinen Geschmack auch ein paar Durchhänger, aber im zweiten und dritten Akt läßt es ganz wunderbar aufspielen und versteht es, sowohl die zarten Nuancen (in der Todesverkündigung) als auch die Dramatik (Wotan und die Walküren) zu erfassen.


    Die Besetzung ist ausgesprochen hochrangig. sehr beeindruckend sind Helena Braun als Brünnhilde und Herbert Alsen als Hunding, ebenso Hilde Konetzni als Sieglinde. Mit kleinem Abstand nenne ich Ferdinand Frantz als Wotan. Rosette Anday singt Fricka und Waltraute recht überzeugend, und auch die anderen Walküren beeindrucken (darunter Esther Réthy, Else Schürhoff, Judith Hellwig u.a.).


    Günter Treptow fällt als Siegmund dagegen etwas ab. Zwar schlägt er sich "hehr" und wacker, aber die Stimme wirkt wiederholt allzu farblos; auch die Artikulation mancher Konsonanten gelingt nicht recht. Bei aller Anerkennung seiner unleugbaren stimmlichen Fähigkeiten (Furtwängler, der damals bei der Aufnahme zuhörte, schnappte ihn sich sofort für seine eigene Einspielung) empfinde ich ihn im Vergleich als passabel bis gut, während die anderen sehr gut bis außerordentlich sind.


    LG


    Waldi

  • Und genau das ist auch mein "Problem" mit der hölzernen Stimme von Treptow.


    PS: In dieser Serie gibt es auch ein wunderbares "Rheingold".

    Arrestati, sei bello! - (Verweile, Augenblick, du bist so schön!)

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  • Wie Joseph II. schon weiter oben ansprach, auch für mich ist "Die Walküre" das Stück im Ring, welches mir am wenigsten zusagt. Ich bin immer wieder motiviert, die Begeisterung an der Walküre zu finden, trotz Live-Besuch in Wien, DVD, CD...es ist mir bis dato nicht gelungen. Zugegeben, den I. Aufzug finde ich noch sehr ansprechend, dann wird aber äußerst öde :stumm: Diese ewigen Diskussionen wer nun wem helfen soll, darf, doch wieder nicht darf...mir ist das zu sperrig.


    Trotzdem oder gerade deswegen: Ich bleibe weiter dran, vielleicht dringt auch noch zu mir der Wonnemond, der die Schwierigkeiten Beiseite pustet :wacky:

  • Liebe Forianer und -Innen,


    geht es nur mir so, oder gibt es auch andre hier, die sich an den Heldenamouren stören?


    Liebesplots sind bis heute tragende Handlungsstützen im dramatischen Urgebälk. Aber je älter ich werd, desto weniger nehm ich der Brünnhilde ihre Verliebtheit in Siegfried oder der Sieglinde ihre Liebe zu Siegmund ab.


    Wagner bemüht im Text ja so einiges:


    Siegfried:
    "Ha! Wie des Blutes Ströme sich zünden,
    wie der Blicke Strahlen sich zehren,
    wie die Arme brünstig sich pressen (...)"


    und darauf Brünnhilde (sehr zu Recht):
    "Lachend muß ich Dich lieben,
    lachend will ich erblinden,
    lachend zugrunde gehn!"


    Die ganze Schlußszene Siegfried gleicht einer einzigen Übertreibung; einem ekstatischen Hymnus, gebreitet über einen Mangel an psychologischer Wahrscheinlichkeit, als sei die Lautstärke je ein Gradmesser für die Plausilibiltät einer Äußerung gewesen. Die schiere Länge des Schlußduetts widerstreitet schon der behaupteten Blitzartigkeit dieses wechelseitig erotischen clin d´oeil. Alle aufdringliche Symbolik wird dazu von den Figuren selbst verbal breitgetreten ("Ich sehe der Brünne prangenden Stahl usw."). Alles wird ausgesprochen, und je dringlicher die Beteiligten beteuern, dies seien die ihnen gerade jetzt an sich selbst bemerklichen Auswirkungen, desto weniger sind die Worte durch die Figuren gedeckt. "Daß ich selbst erwache, muß die Maid mich erwecken" - wie kommt ein Siegfried zu einer derartig analytischen Einsicht?


    Das Überwältigende der Musik hat daher ein Gutteil an Überredung an sich und potenziert doch bloß den Bombast der Worte.


    Auch für das Paar des 1. Akts Walküre gilt das, wenngleich Wagner hier dramaturgisch besser gerüstet ist und die Dreiecksbeziehung der Figuren die Geschwister auch gleichsam ex negativo zueinander drängt.


    Der katalysierende Deus ex machina dieser Liebe ist nicht, wie im Siegfried, die entwölkte Sonne, sondern, als minder abtraktes Naturschauspiel, die Frühlingsmondnacht (was für ein kitschiges Klischee!). Aber die Liebe will sich für mich einfach nicht Bahn brechen; sie schleicht sich ins Libretto, ist in den schmachtenden Streicherterzen und -Sexten sozusagen als These in den Raum gestellt (oder ist das bloß zärtliche Zuwendung zu einem Verletzten?) - aber Sieglinde kommt doch nur vom Regen in die Traufe. Selbst wenn ein Peter Hofmann mit freiem Oberkörper das Schwert aus der Esche zieht (und wer hätte hier, Hand aufs Herz, nicht bisweilen geschmunzelt; was für ein Macho-Gehabe!) - der erotische Drive, wenn überhaupt, geht doch von Siegmund aus, er überrennt auch musikalisch alles, was Sieglinde beizutragen hätte. Es ist ein männlicher, gewaltsamer Eros, der sich nimmt, was sich bietet. Sieglinde will gewiß befreit werden aus ihrer Ehemisere (ach, wie grau ist ihr Ehealltag auf der Flucht im 3. Akt); aber ihr "Du bist der Lenz!" heißt eben bloß: "Du bist der Lichtblick, Bruder und Retter!"; Siegmunds "bräutliche Schwester" ist schon vorab eine verbale Gewaltnahme.


    Daher klingt es für mich immer wie von Max Lorenz und Maria Reining gesungen - Kraftmeierei überwältigt Innigkeit.


    Das ist eine andere Zweischneidigkeit als die - dramatisch ja wohlbegründete - der Inzestliebe. Die gewaltsame Erotik, verdoppelt durch das Gezwungene und Erzwungene ihrer dramatischen Behauptung. Verräterisch in ihrem eruptiven Gestus und ihrem sieghaften Impetus.

    Zerging in Dunst das heilge römsche Reich


    - uns bliebe gleich die heilge deutsche Kunst!

  • Zitat

    Original von Louis
    Wie Joseph II. schon weiter oben ansprach, auch für mich ist "Die Walküre" das Stück im Ring, welches mir am wenigsten zusagt. Ich bin immer wieder motiviert, die Begeisterung an der Walküre zu finden, trotz Live-Besuch in Wien, DVD, CD...es ist mir bis dato nicht gelungen. Zugegeben, den I. Aufzug finde ich noch sehr ansprechend, dann wird aber äußerst öde :stumm: Diese ewigen Diskussionen wer nun wem helfen soll, darf, doch wieder nicht darf...mir ist das zu sperrig.


    Trotzdem oder gerade deswegen: Ich bleibe weiter dran, vielleicht dringt auch noch zu mir der Wonnemond, der die Schwierigkeiten Beiseite pustet :wacky:


    Lieber Louis,


    mittlerweile bin ich bereit, meine damalige Meinung ein wenig zu revidieren. Nachdem ich mir die "Walküre" nun in der letzten Zeit noch ein paar Mal antat (Levine 1989 [DVD], Maazel 1969), finde ich das Werk doch viel ansprechender als früher. Zumal die DVD hat dazu beigetragen. Der I. Aufzug ist wunderbar und vielleicht wirklich mit das Beste, was Wagner im "Ring" komponiert hat. Zugegeben: Der II. und III. sind nicht mehr ganz auf diesem Niveau, aber dennoch noch mitreißend (Ende II. Aufzug, Beginn und Ende III. Aufzug).


    Insofern: Rehabilitierung der "Walküre". :D

    »Und besser ist's: verdienen und nicht haben,

    Als zu besitzen unverdiente Gaben.«

    – Luís de Camões

  • Vergeßt mir bitte dabei die "Todverkündung" nicht !!!


    Manche behaupten, sie sei zu lang, aber ich möchte keine Minute davon missen.
    (Auch wenn dabei manchen Tenören schon die Kraft ausgeht)


    Meint Euer


    Operngernhörer :hello:

  • Ich besitze 39 Aufnahmen der Walküre, greife aber immer wieder zur Studio-Aufnahme unter Furtwängler oder auch zur Böhm'schen wegen des herrlichen Schreies der Rysanek. Daneben gibt es viele, die auch ihre Meriten haben: Keilberth immer wieder, Leinsdorf Met 1941 (Melchior,Varnay,Kipnis,Schorr,Traubel,Thorborg), Kempe.


    Geht es nur um Ausschnitte würde ich auch den schon erwähnten 1. Akt unter Walter und v.a. den 2. mit Hotter und Fuchs nehmen. Endlich einmal ist dieser elendlich lange Ehekrach wirklich spannend und ich erkenne, dass es nicht an Wagner, sondern nur an den Interpreten liegt, dass ich meistens verzweifelt auf die Todesverkündigung warte.


    Von der gibt es übrigens noch eine wunderbare, wirklich ergreifende Aufnahme mit Windgassen und Varnay unter Leopold Ludwig von 1955.


    :hello: Gustav

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  • Auch ich besitze eine ganze Reihe von guten und besten "Walküren". Ich weiß nicht, ob in der Aufzählung die 1954 in Wien im Muikvereinssaal unter Wilhelm Furtwängler entstandene Gesamtaufnahme bereits erwähnt wurde.
    Ich halte sie für eine der musikalisch und sängerisch geschlossensten Produktionen. Die Besetzung gibt zumindest mir ein ein Gänsehaut-Gefühl. Die Wiener Philharmoniker sind dem Orchester der RAI überlegen.

    - Sigmund Ludwig Suthaus
    - Sieglinde Leonie Rysanek
    - Wotan Ferdinand Frantz
    - Hunding Gottlob Frick
    - Brünnhilde Martha Mödl
    - Fricka Margarethe Klose
    - Helmwige Erika Köth
    - Ortlinde Judith Hellwig
    - Gerhilde Gerda Scheyrer
    - Waltraute Dagmar Schmedes
    - Sigrune Hertha Töpper
    - Roßweise Dagmar Hermann
    - Grimgerde Johanna Blatter
    - Schwertleite Rut Siewert


    - Orchester Wiener Philharmoniker
    - Dirigent Wilhelm Furtwängler


    CD: EMI CHS 7 63045 2


    Übrigens interessant, dass die damaligen Walküren alle große sängerische Karrieren gemacht haben.


    Herzlichst
    Operus
    :jubel: :jubel: :jubel:

    Umfassende Information - gebündelte Erfahrung - lebendige Diskussion- die ganze Welt der klassischen Musik - das ist Tamino!

  • Wie einige andere, die das zu diesem Thema auch schon erwähnt haben, tue ich mich mit "Der Walküre" immer noch schwer, von allen Teilen des "Rings", vielleicht sogar aller Wagner-Opern (nur die frühen kenne ich gar nicht) ist sie für mich bisher die am wenigsten zugängliche, sie ist mir bisher einfach fremd geblieben.
    Anfangs mag es ja durchaus an meinem mangelndem Horizont gelegen haben...wenn man erst vier oder fünf Opern gehört hat und dann die "Walküre", na, da kann es schon sein, dass einen das überfordert, aber es wird und wird einfach nicht besser.
    Da ich später dachte, es könne vielleicht an der Aufnahme liegen, die ich damals hörte (Barenboim in Bayreuth 1992), habe ich zu einer anderen gegriffen, Karl Böhm 1967, die ich soagr noch schrecklicher fand (Asche auf mein Haupt). Ich habe eine laaaange Pause gemacht und es vor Kurzem mit einer dritten Aufnahme versucht, die aus dem Crauss-Zyklus...nun von Ablehnung bin ich jetzt immerhin schon zur Langeweile gelangt, aber wirklich gut ist das auch nicht. Außer den bekannten Gassenhauern (Walkürenritt, Wotans Abschied oder Winterstürme - letztes gefiel mir bisher in den Aufnahmen auch nie, mein Favorit ist losgelöst aus einer Gesamtaufnahme, werde den aber nicht nennen, aus Angst evtl. gesteinigt zu werden, wegen Blasphemie oder so :pfeif: ) sagt mir kaum etwas in dieser Oper zu. Besonders der 2.Akt ist mir ein Graus ob der absoluten Langeweile, die ich dabei zumindest immer empfinde.
    Gibt es denn wirklich keine Aufnahme, die ein Ohrenöffner sein könnte?

    "Die Glücklichen sind neugierig."
    (Friedrich Nietzsche)

  • Na, SchallundWahn, Du bist doch auf einem guten Weg. Ich habe mir die WALKÜRE, die ich heute längst auswendig kenne, die aber nie zu meinen liebsten Wagner-Werken gehörte, scheibchenweise erschlossen. Es begann mit dem Finale des ersten Aufzuges, in dem Max Lorenz den Siegmund, Margarete Teschemacher die Sieglinde singt. Das war eine Art Initialzündug. Dieser Lorenz überwäligte mich derart, dass er für lange Zeit mein Maßstab aller Dinge in der Oper war. Wie der um sein Leben singt! Das geht wirklich unter die Haut. Freunde brachte mir dann die berühmte Einspielung des gesamten Aufzuges mit Lotte Lehmann und Lauritz Melchior unter Bruno Walter nahe. An Hand diese Aufnahme, die ganz anders ist als mein Einstieg es war, bekam ich eine Vorstellung von den lyrischen, fast liedhaften Möglichkeiten des Wagnergesangs, die heute so selten geworden ist. Nach wie vor überwältigt bin ich vom Beginn des zweiten Aufzuges. In Brünnhildes Auftritt, den ich immer wieder separat hörte (Mödl, Varnay, Nilsson, Dvorakova, Traubel, Harshaw, Grob-Prandl, Silja) erkannte ich für mich eine der rasantesten Opernszenen überhaupt. Als nächstes fand ich Gefallen am Schluss der Oper, beginnend mit "War es so schmählich, was ich verbrach", der meine tiefe Verehrung für Kirsten Flagstad und Martha Mödl begründete, die bis heute angehalten hat. Die späte Flagstad hatte den ganzen dritten Auzfzug in wunderbarem Stereo unter Solti aufgenommen, ich besaß zunächst aber nur die erwähnte Szene daraus, die Version mit der Mödl stammte aus der Gesamtaufnahme, die operus völlig zu Recht weiter oben so sehr lobt. Beide Sängerinnen verkörpern nach meiner festen Überzeugung einen Standard, der später nie wieder erreicht wurde.
    Versuche es mal mit diesen einzelnen Dokumenten und lasse die Gesamtaufnahme (noch) außen vor. Denn eine Gesamtaufnahme, mit der Dir auf Anhieb das Werk zufliegt gibt es sowieso nicht. Heute möchte ich kein Wort und keine Note der Walküre missen und höre sogar die Wotanserzählungen, die mich einst genau so langweilten wie Dich, schon mal beim Frühstück oder in der Hängematte. Die sind nämlich dramaturgisch und musikalisch faszinierend gebaut, ähnlich den Szenen der Fricka, die ich Dir mit Margarete Klose oder mit Christa Ludwig ans Herz lege. Warnen möchte ich vor einem Mittelklasse-Wotan, der Dir die Walküre fürs Leben vergällen kann. Suche Zuflucht bei Hotter und Frantz, die hatten die darstellerische Kraft, jedem Ton seine Bedeutung zu geben, die ihm zukommt. Die singen, was unerlässlich ist, sogar die Interpunktion. Gnädig gekürzt findest Du die Monologe in früheren Mitschnitten aus der Met.


    Viel Entdeckerfreude wünscht Dir Rheingold

    Es grüßt Rüdiger als Rheingold1876


    "Was mir vorschwebte, waren Schallplatten, an deren hohem Standard öffentliche Aufführungen und zukünftige Künstler gemessen würden." Walter Legge (1906-1979), britischer Musikproduzent

  • Mir ging das lange genauso wie SchallundWahn. Obwohl die landläufige Meinung Die Walküre als größten Wurf des gesamten Rings ansieht, eventuell gar als Wagners beste Oper, gewann ich bei meinem ersten Hördurchgang der kompletten Tetralogie (war 2007 der Solti-Ring) das Gefühl, dass mir gerade der Erste Tag am wenigsten zusagt. Das Rheingold überzeugte mich sogleich durch die Komik in der 1. Szene und die tollen Verwandlungsmusiken, der Siegfried — und das wird viele wundern — kam mir damals sehr viel packender vor als Die Walküre. Der zackige 1. Aufzug, der monumentale Drachenkampf, ja selbst das oft als Schwachstelle genannte Schlussduett. Bei der Götterdämmerung brauchen wir nicht groß reden: Sie schlug schon damals ein wie eine Granate.


    Nach und nach habe ich mit dann doch noch mit der Walküre ausgesöhnt. Das fing wohl an mit großen Aufnahmen von Wotans Abschied. Da ist m. E. insbesondere die Stereo-Aufnahme von George London unter Knappertsbusch mit den Wiener Philharmonikern von 1958 (Decca) ein Türöffner. Ich würde nach wie vor meinen, dass diese Aufnahme primus inter pares unter vielen sehr guten Aufnahmen ist. Weiters sehr empfehlenswert ist dieses Leb' wohl, du kühnes, herrliches Kind u. a. von Hans Hotter (in unzähligen Aufnahmen, besonders vielleicht in der Studio-Aufzeichnung unter Leopold Ludwig 1957), James Morris (diverse Aufnahmen, vielleicht an erster Stelle unter Weikert), Sir Donald McIntyre (Boulez 1976) und heutzutage von Bryn Terfel (insbesondere unter Abbado 2003) und — etwas dahinter — René Pape. Sicherlich sind mir etliche erstklassige Interpreten aus dem Stegreif entfallen.


    Toll natürlich auch die Winterstürme im 1. Akt, wo es wiederum tolle Interpreten allmass gibt. Ich erwähne hier nur u. a. Vickers, Windgassen, Vinay, Lorenz, bei den heutigen Heppner. Beeindruckend sind m. M. n. auch die sämlichen Auftritte des Hunding, wobei als Interpreten besonders Greindl, Frick, Talvela und bei den neueren Salminen zu erwähnen sind.


    Die Gassenhauer wie das Vorspiel zum 1. und 3. Akt höre ich heute mit mehr Genuss als früher, wo mir insbesondere letzteres zu abgedroschen vorkam.


    Probleme bereitet mir noch heute der 2. Akt, aber ich bin zuversichtlich, dass sich auch das geben wird. Diese Oper ist m. E. definitiv nichts für Anfänger, sondern man muss sie sich erarbeiten.


    Beste Grüße und viel Erfolg mit dieser Oper!
    :hello:

    »Und besser ist's: verdienen und nicht haben,

    Als zu besitzen unverdiente Gaben.«

    – Luís de Camões

  • Bezüglich Wotans Abschied...Erstaunlicher Weise, denn im Krauss-Ring ist Hans Hotter ja der Wotan, hat er mir weniger zugesagt (eigentlich nur als Wanderer im Wotan richtig), obwohl ich Hotter-Fan bin. George London, na ich gebe zu, kein besonders großer Fan seiner Stimme zu sein. James Morris ist mir zu "glatt".
    Von rheingold erwähnt habe ich mir einmal Szenen aus dem 1.Akt mit Max Lorenz als Siegmund angehört...OMG, da kann ich nur zustimmen, das geht wirklich unter die Haut.
    So ist es aber tatsächlich des Öfteren schon gewesen, Teile der Walküre gefallen mir außerordentlich, aber die ganze Chose am Stück, da geht bei mir irgendwie meist nichts.
    Aber ich gebe natürlich nicht auf!

    "Die Glücklichen sind neugierig."
    (Friedrich Nietzsche)

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