Peter Cornelius' "Barbier von Bagdad" - Oper im Klassik-Winkel

  • Liebe Forianer,


    Viele von uns kennen die berühmte Arie des Nureddin "Vor deinem Fenster die Blumen" in der Interpretation durch Fritz Wunderlich. Sehr wenige dürften aber je die ganze Oper kennen bzw. gehört haben.


    Peter Cornelius (1824-1874), ein Neffe des gleichnamigen berühmten Malers Peter von Cornelius, wird heute vor allem seiner Lieder wegen grühmt, weniger auf Grund seiner beiden Opern "Der Barbier von Bagdad" und "El Cid". Der 1858 uraufgeführte "Barbier" war früher weit populärer und ein oft gespieltes Musterbeispiel der deutschen Spieloper. Heute ist er aus dem Bewußtsein fast verschwunden, obwohl einige Einspielungen noch immer angeboten werden. Als die besten davon gelten die alte Aufnahme von Erich Leinsdorf mit Nicolai Gedda und Oskar Czerwenka sowie die 1973 erschienene von Heinrich Hollreiser mit Rudolf Schock und Gottlob Frick. Nachrangig beurteilt werden meist die Version von Joseph Keilberth (Schock und Böhme) sowie die andere von Hollreiser (Adalbert Kraus und Ridderbusch). Nun muß man zugeben, daß Cornelius' Können weder an das von Lortzing noch an das von Flotow heranreicht und von seinem bewunderten Wagner trennen ihn Welten. Dennoch hat das Werk seine Reize, die allerdings viel Fingerspitzen- und Stimmzäpfchengefühl verlangen.


    Erfreulicherweise hat Walhall vor kurzem die alte Aufnahme des Hessischen Rundfunks von 1957 neu herausgebracht.



    Angeregt durch eine Anfrage von Joschi habe ich zugegriffen und gebe hier meine ersten Eindrücke wieder:


    Der Eindruck ist zwiespältig. Auf der Plus-Seite zu vermerken ist auf alle Fälle die wirklich sehr gute Tonqualität. Prinzipiell nicht dem heutigen Gusto entspricht, daß die Oper in einen hörspielartige Rahmenhandlung (Scheherezade erzählt dem Sultan) eingespannt ist. Die Sprecher sind zwar vorzüglich, aber ihr Text ist ein bißchen zu ernst, ja sogar grausam. Ebenso zu steif ist die Realisierung der Oper geraten. Es fehlt an Lockerheit.
    Die Titelpartie (Abul Hassan Ali Ebn Bekar) singt Josef Greindl mit wunderbar tönendem Bass, aber allzu eindimensional. Seinem Barbier fehlt das Doppelbödige (man sehnt sich immer wieder nach Frick). Den Nureddin (auf dem Cover schlampigerweise falsch geschrieben) gibt Richard Holm: Eine wirklich schöne, aber kleine und nicht sehr wandlungsfähige Stimme, bei der das nötige Schmachten leicht ins Larmoyante abrutscht. Trotzdem - mit dieser Einschränkung - eine recht akzeptable, teilweise sogar beachtliche Leistung, sieht man von der großen Arie ab, die Holms Grenzen allzu deutlich spürbar werden läßt. Anneliese Rothenberger als Margiana hat nicht besonders viel zu singen; auch ihr gelingt aber nicht das Leichte. es geht recht seriös zu. Benno Kusche als Kalif ist auch rein stimmlich ein Vergnügen, aber man hat ihn schon lebendiger gehört. Gisela Litz ist eine vorzügliche Bostana. Helmut Krebs ein braver, nicht überragender Kadi.
    Der Dirigent, Otto Matzerath, gefällt durch sauberes, korrektes Musizieren, bleibt aber auch etwas zu distanziert.
    Alles in allem hat die Aufnahme etwas Akademisches. Man genießt einzelne Wirkungen, denkt sich: "Tolle Stimmen", bleibt insgesamt aber zu wenig berührt. Die Musik wird gleichsam unter ihrem Wert verkauft. Mehr Brio und mehr Gefühl täten besser. Dieser Barbier kommt zu sehr auf Kothurn daher und würde mehr Humor vertragen.
    Ich bereue den Kauf nicht, halte ihn aber nur für wirkliche Freaks für unabdinglich.


    LG


    Waldi

  • Lieber Walter,
    die Fassung unter Hollreiser wurde 1952 bei Radio Wien aufgenommen. (Ich denke auch, das R.Schock 1973 stimmlich nicht mehr frisch genug für den Nurredin gewesen wäre.) G. Frick ist mir zu seriös für den Abul. Er singt auch nicht die herrliche endlos lange komische Cadenz auf den Namen Margiana. Jurinac und Schock sind 1952 hervorragend bei Stimme.
    Die Aufnahme unter Leinsdorf ist sehr empfehlenswert.E.Schwarzkopf, N.Gedda, H.Prey singen schön und überzeugend und O.Czerwenka ist meiner Meinung nach der beste Abul. Er trumpft nicht mit Bassgewalt auf, sondern ist ein intellienter, gewitzter, nie übertreibender Barbier. Ich bin übrigens der Meinung, daß sich "Der Barbier von Bagdad"durchaus mit den Opern von Lortzing und Flotow messen kann.


    :hello:Herbert.

    Tutto nel mondo è burla.

  • Zitat

    Original von Walter Krause
    Nun muß man zugeben, daß Cornelius' Können weder an das von Lortzing noch an das von Flotow heranreicht und von seinem bewunderten Wagner trennen ihn Welten. Dennoch hat das Werk seine Reize, die allerdings viel Fingerspitzen- und Stimmzäpfchengefühl verlangen.



    Zitat

    Original von Herbert Henn
    Ich bin übrigens der Meinung, daß sich "Der Barbier von Bagdad"durchaus mit den Opern von Lortzing und Flotow messen kann.



    Lieber Waldi, lieber Herbert,


    dazu auch gleich noch eine dritte Meinung. Ich finde, dass der "Barbier von Bagdad" musikalisch den mir bekannten Opern von Lortzing ("Zar und Zimmermann", "Wildschütz") oder gar Flotow ("Martha") turmhoch überlegen ist: In Harmonik und Rhythmik ohnehin (man höre nur mal die h-moll-Ouvertüre!), aber auch melodisch. Das Libretto zum "Barbier" ist brillant, Cornelius war dichterisch ungeheuer begabt (und hat ja auch in der Germanistik Aufmerksamkeit gefunden).


    Er war (von den Sonderfällen Liszt und Wagner mal abgesehen) der deutsche Komponist, der am produktivsten Berlioz rezipiert hat - im "Barbier" schimmert immer wieder mal der Tonfall von "Benvenuto Cellini" durch. Cornelius gehörte zwar zu Wagners Freundesriege (in dessen Münchner Zeit), erwies sich aber als zu unabhängiger Kopf und wurde von Cosima aus dem Dunstkreis des Meisters hinauskomplimentiert. Noch enger war die Beziehung zu Liszt, der den "Barbier" ja uraufgeführt hat, allerdings auch massiv in die musikalische Substanz eingriff (Auswechslung der Ouvertüre z.B.).


    Das Lamento über zu Unrecht vernachlässigte Werke trifft hier wirklich einmal zu. Ich weiß nicht, wann an einem Theater im deutschsprachigen Raum der "Barbier" zuletzt auf die Bühne gebracht worden ist. Ich hatte das Glück, 1994 Aufführungen an der Frankfurter Oper zu hören. Die Premiere war seinerzeit ein Wunsch von Hans Zender (nicht unbedingt ein Name, den man sofort mit deutscher Spieloper in Verbindung bringen würde). Zender dirigierte das Werk brillant, die sängerischen Leistungen waren solide bis gut, die Inszenierung (Veit Volkert/Barbara Mundel) für eine unbekannte Oper vielleicht etwas zu abgedreht-avanciert.


    Ich muss das Programmheft mal hervorkramen, da gab es seinerzeit hochinteressante Beiträge. Vorab ein paar Sätze von Hans Zender:


    Hier handelt es sich um eine der heitersten Partituren, die je geschrieben wurden. Musik aus dem Geiste Mozarts und Mendelssohns: zarteste Mischung von klassischer Formstrenge und romantischer Ironie, versetzt mit einem Hauch aus dem Orient herübergewehter, feinster Sinnlichkeit. Wie man Cornelius fast ein Jahrhundert lang als Komponisten der Wagnerschule betrachten konnte, erscheint heute fast unbegreiflich. In seiner das Komische mit dem Lyrischen und dem Pathetischen kreuzenden Komplexität ist es gerade jene Oper, die Schubert, Schumann, E.T.A. Hoffmann und Mendelssohn - nicht schreiben konnten.



    Viele Grüße


    Bernd

  • Meine Lieben,


    Ganz sicher werde ich den Disput über die Rangfragen der Komponisten nicht weiter anheizen. Die Wirkung des "Barbiers" steht und fällt einfach mit der Art und Weise, wie die Ironie verbal und musikalisch vermittelt wird. Die Äußerung von Zender ist sehr treffend formuliert.
    Wenn ich wieder eine der besseren Fassungen höre, urteile ich vielleicht weniger streng über Cornelius. Jedenfalls freue ich mich, daß diese Oper unter uns doch nicht ganz untergegangen zu sein scheint. Hoffentlich gräbt man irgendwann eine noch frühere Einspielung aus. Mit den warmen, biegsamen Stimmen von damals, anno Schellack, muß das sehr ansprechend geklungen haben.


    LG


    Waldi

  • Zitat

    Original von Zwielicht


    . Ich weiß nicht, wann an einem Theater im deutschsprachigen Raum der "Barbier" zuletzt auf die Bühne gebracht worden ist.


    Eine Produktion von Schenk gab es Mitte der achtziger Jahre in München ; bei den Proben lernten sich Seiffert und Lucia Popp kennen und heirateten einige Zeit später... Den Abul Hassan sang zumeist Kurt Moll, der sich zum großen Amüsement des Publikums gerne als "Abul Hassan Ali Boris Bekkar" vorstellte. Schade nur, daß nicht Kleiber in entsprechender Kostümierung dirigierte.

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  • Ich kann zwar verstehen, warum man Cornelius mit Lortzing und Nicolai vergleicht, bin aber mit Bernd einer Meinung, dass man hier Äpfel mit Birnen vergleicht. Cornelius hat zwar nur mit dieser einen Oper reüssieren können, aber die hat es in sich. Man vergleiche mal diese Oper mit der rund zwanzig Jahre später entstandenen Operette bzw. opera comique L'ETOILE von Chabrier, die ich bekanntlich zu den großen Werken des Genres rechne. Da gibt es nicht nur thematische Ähnlichkeiten, auch die Musiksprache der beiden Wagner-Anhänger zeigt eine Wahlverwandtschaft zweier unabhängiger Geister, die ihr Metier sehr wohl beherrschten. Gegenüber Webers ebenfalls thematisch verwandtem ABU HASSAN ist sogar ein deutlicher Fortschritt im musikalischen Vokabular bemerkbar, das, wie Bernd sehr richtig anspricht, hörbar von der französischen Musik von Cornelius' Gegenwart geprägt ist.


    Für mich ist diese Oper eine der großen Inseln im Vor-. und Umfeld Wagners und sollte keinesfalls wegen ihres leichten Sujets gering geschätzt werden. Meine Referenzaufnahme ist ebenfalls die unter Erich Leinsdorf, schon wegen Elisabeth Schwarzkopf als Margiana und Nicolai Gedda als Nureddin, aber die 1973er Aufnahme unter Hollreiser ist deswegen nicht gleich zu verachten:



    Sylvia Geszty ist zwar keine Schwarzkopf und will auch keine sein, und Adalbert Kraus schon gar kein Gedda, aber Geszty gefällt mir in dieser Aufnahme ebenfalls sehr gut, ebenso wie Karl Ridderbusch, und die Tonqualität ist m. E. besser als die der Leinsdorf-Aufnahme, wobei ich allerdings gerechterweise meine beiden alten LP-Boxen der Oper vergleichen muss.


    Danke Waldi, dass Du auf diese viel zu oft übersehene Oper aufmerksam gemacht hast.


    :hello: Rideamus

  • Walter Krause


    Lieber Waldi,


    ich bin gerade dabei, mir die Lebensgeschichte von Georg Hann zu Gemüte zu führen. Dazu benutze ich das entsprechende Heft aus der (neulich schon von Klaus Schreiber im Rita-Streich-Thread erwähnten) Serie "Stimmen, die um die Welt gingen..." von Günther Walter, Münster.


    Im Teil des Heftes mit der Diskographie dieses Sängers wird auch eine historische Einspielung des "Barbier von Bagdad" erwähnt:


    Aufnahme: 29.4.1939, Studio
    Spieldauer: 98'15
    Dirigent: Carl Leonhardt
    Orchester des Reichssenders Stuttgart
    Chor des Reichssenders Stuttgart
    Label: Preiser (2 CD)


    Rollen und Sänger:
    Abul Hassan: Georg Hann
    Baba Mustafa Kadi: Max Osswald
    Bostana: Elisabeth Waldenau
    Kalif: Alexander Welitsch
    Margiana: Trude Eipperle
    Muezzin (1): Bruno Müller
    Muezzin (2): Albert Tronje
    Muezzin (3): Edward Ewen
    Nureddin: Walter Ludwig


    Über den Button "Preiser" auf dieser Seite habe ich die Aufnahme nicht gefunden, scheint also z.Zt. nicht im Katalog zu sein. Der Besetzung nach müßte das jedoch genau die "historische" Alternative sein, die Du suchst!


    LG Harald

    Harald


    Freundschaft schließt man nicht, einen Freund erkennt man.
    (Vinícius de Moraes)

  • Eines vorweg:
    Heinrich Hollreiser hat die Oper zweimal eingespielt, Herbert Henn meint die frühe Aufnahme von 1952 aus Wien.


    Die zweite - die späte - ist die Aufnahme von 1973, die Rideamus weiter ober besprochen hat. Waldi hat sich da etwas verächtlich geäußert. Sicher ist Adalbert Kraus kein Fritz Wunderlich! -
    Die Einspielung ist der Soundtrack zu einer sehr hübschen Opern-Verfilmung (des ZDF) aus dem Jahre 1973. Um die Doppel-CD zu beurteilen, sollte man sich am besten den Film ansehen! Die Besetzung spricht für sich:


    Aufnahme: Apr. 1973, Studio
    Spieldauer: 101'22
    Dirigent: Heinrich Hollreiser
    Münchener Rundfunkorchester
    Chor des Bayerischen Rundfunks
    (Originalfassung, vollständig)


    Abul Hassan: Karl Ridderbusch
    Baba Mustafa Kadi: Gerhard Unger
    Bostana: Trudeliese Schmidt
    Kalif: Bernd Weikl
    Margiana: Sylvia Geszty
    Muezzin (1): Peter Schranner
    Muezzin (2): Albert Gassner
    Muezzin (3): Heinrich Weber
    Nureddin: Adalbert Kraus
    Sklave: Karl Kreile


    Leider ist der Film offiziell nicht im Handel, Kopien kann man allerdings


    hier


    bestellen.
    Leider läßt die Bildqualität bei diesen Kopien oft zu wünschen übrig.


    LG
    Harald

    Harald


    Freundschaft schließt man nicht, einen Freund erkennt man.
    (Vinícius de Moraes)


  • Diese Besetzung klingt allerdings mehr als vielversprechend. Hoffentlich kann irgendwer aus seinen Geheimvorräten Walhall damit füttern. Daß die zweite Hollreiser-Aufnahme zu einem Film gehört, wußte ich nicht.


    Allen Anti-Lortzing-Vergleich-Argumenten zum Trotz, die auch einleuchten, muß ich gestehen, daß ich den guten Abul Hassan unwillkürlich mit dem van Bett vergleiche. Spricht doch für die Modernität von Lortzing...


    LG


    Waldi

  • Zitat

    Original von Armin Diedrich


    Eine Produktion von Schenk gab es Mitte der achtziger Jahre in München....


    Ich hatte das Glück, diese Oper etwa 1982 am Landestheater Coburg zu sehen - die Produktion ist mir in guter Erinnerung.



    Hier ist die zitierte Aufnahme unter Leinsdorf:



    LG, Elisabeth

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  • Lieber Waldi,


    also ich selbst kann zwischen Cornelius und Lortzing keine Verbindung herstellen, auch nicht zwischen dem van Bett und dem Abul Hassan, außer dass beide von einem prächtigen Spielbass gesungen werden müssen!


    Die Preiser-Doppel-CD mit der Aufnahme von 1939 muß ich irgendwo haben, es kann nur dauern bis ich sie gefunden habe. Ich werde sie mir dann anhören und Bericht erstatten.


    Insgesamt habe ich 7 verschiedene "Barbiere", mir fehlt nur die Münchner Schock-Aufnahme von 1956.


    Von den älteren gefällt mir die erste Schock-Einspielung aus Köln unter Joseph Keilberth, zwar auch gekürzt, aber mit Anny Schlemm, Kurt Böhme und Karl Schmitt-Walter sehr gut besetzt. Ausserdem sei noch anzumerken, dass der frühere Lehrer von Herbert Henn, Karl Schiebener, einen der 3 Muezzins singt! Eine der typischen WDR-Produktionen dieser Zeit (1951)!


    LG Harald


    Harald


    Freundschaft schließt man nicht, einen Freund erkennt man.
    (Vinícius de Moraes)

  • Zitat

    Original von Walter Krause
    Alles in allem hat die Aufnahme etwas Akademisches. Man genießt einzelne Wirkungen, denkt sich: "Tolle Stimmen", bleibt insgesamt aber zu wenig berührt. Die Musik wird gleichsam unter ihrem Wert verkauft. Mehr Brio und mehr Gefühl täten besser. Dieser Barbier kommt zu sehr auf Kothurn daher und würde mehr Humor vertragen.
    Ich bereue den Kauf nicht, halte ihn aber nur für wirkliche Freaks für unabdinglich.


    Lieber Waldi,


    nachdem ich mich durch die Aufnahme durchgehört habe, kann ich Dir nur zustimmen. Selbst bei den Chören entsteht kein Leben, es wird aus einer funkelnden Partitur kein Feuer gewonnen. Ich behalte sie, weil sie gut demonstriert, wo die anderen Aufnahmen eben das entscheidende Quäntchen mehr haben - da ertrage ich lieber Bühnengeräusche als eine letzthin sterile Aufnahme - bei der auch noch die beiden Ouvertüren fehlen ...


    Es ist sicherlich keine Aufnahme, die man empfehlen kann, um das Meisterwerk von Cornelius kennenzulernen.


    Liebe Grüße Peter

  • Ein Hinweis zur Fassungsproblematik: Sehr häufig ist die Oper früher ja in den Bearbeitungen von Felix Mottl resp. Hermann Levi aufgeführt worden, die sich anscheinend nicht nur durch deftige Kürzungen auszeichnen, sondern (nach dem Urteil z.B. von Peter Pachl und Egon Voss) auch durch zahlreiche wagnerisierende Instrumentationsretuschen. Nach Pachls Aussage ist bei Leinsdorf die Mottl-Fassung eingespielt, während die Hollreiser-Aufnahme aus den 70ern die Ersteinspielung der Urfassung biete. Da ich selbst nur Hollreiser besitze: Kann jemand von Euch etwas über entsprechende Unterschiede zwischen den beiden Aufnahmen sagen?


    Franz Liszt hat von Anfang an erheblichen Einfluss auf die Ausarbeitung der Oper genommen. Das betrifft vor allem die Komposition der zweiten Ouvertüre in D-dur. Dazu ist auf der Website "http://www.musikmph.de" nachzulesen:


    [...] schon im Vorfeld [der Uraufführung] war es, trotz Liszts unverhohlener Begeisterung für die Musik, zu mannigfachen Veränderungen der Partitur gekommen, die darin gipfelten, daß Cornelius eine neue Ouvertüre zu schreiben hatte, an deren Instrumentation Liszt einigen Anteil hatte. Als die Oper später wiederaufgeführt wurde, kamen - teilweise mit Liszts Billigung - viele weitere gravierende bearbeitende Eingriffe hinzu, vor allem von Seiten des Wagner-nahen Dirigenten Felix Mottl, der dem Werk zu ersten Erfolgen half. Nachdem Hermann Levi am 15. Oktober 1885 in München dem Werk in der Mottlschen Fassung zum Durchbruch verholfen hatte, zeichnete er für die Veröffentlichung der bearbeiteten Partitur beim Leipziger Verlag Kahnt verantwortlich - ohne jegliche Benennung der bearbeiterischen Zusätze, was man als fahrlässige Fälschung bezeichnen kann. Max Hasse war es schließlich, der 1904 in der Schrift "Peter Cornelius und sein Barbier von Bagdad, die Kritik zweier Partituren; Peter Cornelius gegen Felix Mottl und Hermann Levi" offen für die Originalfassung eintrat und die Drucklegung der Originalpartitur in der bei Breitkopf & Härtel erschienen Ausgabe der Werke betreute. Im Juni 1904 wurde am Weimarer Hoftheater ein Cornelius-Fest, veranstaltet, bei dem erstmals die Originalfassungen der Opern Der Barbier von Bagdad und Der Cid zu hören waren.



    Felix Weingartner hat sich bereits 1912 in einem Aufsatz nachdrücklich für die ursprüngliche h-moll-Ouvertüre ausgesprochen:


    Die erwähnte Ouvertüre, die Cornelius ursprünglich zu seiner Oper komponiert hatte, mußte das herbe Schicksal des ganzen Werkes in doppelt verstärktem Maße erfahren, denn sogar Liszt, dessen großherziger Enthusiasmus mit voller Liebe für seinen Schützling eingetreten war, … hat sie verworfen, und der »gute Peter«, wie Wagner Cornelius freundschaftlich nannte, schrieb eine neue Ouvertüre, die dann noch durch instrumentale Nachhilfen seitens Liszt und anderer zu einem recht glänzenden Musikstück aufgestutzt wurde. Man kann ihr manches Gute nachsagen; sie klingt prächtig, verwendet geschickt Motive aus der Oper und ist mit ihren wechselnden Rhythmen ein ganz interessantes Stück. Ein rechter Fluß will jedoch nicht hineinkommen; der Schluß ist überhastet, und man merkt ihr an, daß sie mehr infolge persönlicher Einflüsse kombiniert als wirklich komponiert ist. Außerdem ist sie viel zu schwerfällig und pompös für das fein humoristische, beinahe nur auf der Schärfe des Dialogs beruhende Sujet und die duftige, melodienreiche Musik der nachfolgenden Oper. Zu dieser gehört eine frisch dahinströmende, leichte, prickelnde Lustspiel-Ouvertüre; gerade eine solche ist aber das von Liszt und seinen Zeitgenossen unbegreiflicherweise verkannte Stück.


    Der Vorzug vor der zweiten Ouvertüre, der ihr schon durch ihren Charakter gebührt, wird in noch erhöhtem Maße durch ihre speziell musikalischen Werte gerechtfertigt.
    Zunächst ist durch sie eine Form wieder zu Ehren gekommen, die seit der Ouvertüre zu »Figaros Hochzeit« nicht mehr für ein Orchesterstück verwendet worden ist, die aber gerade für Einleitungen zu komischen Opern höchst geeignet ist, nämlich die Form der Sonatine. Der Durchführungsteil fehlt, ebenso wie in der nachfolgenden Handlung der eigentliche Konflikt; keinerlei Ballast beschwert das zartsinnige Werk und seine leichtbeschwingte Einleitung. Die für eine lustige Ouvertüre ungewöhnliche Tonart, H-moll, gibt ihr, mit Recht, ein etwas orientalisches Kolorit. Sehr ursprünglich ist die Erfindung. Graziös, ohne vorhergehende Einleitung, springt das erste Thema herein, anmutig wird es weiter gesponnen; hierauf intoniert das Cello als Seitenthema einen süßen Gesang, der durch eine kleine trotzige Figur der Holzbläser mehrmals unterbrochen wird. Die beiden Motive, die den Schlußsatz bilden, strotzen von all den Teufeleien, die das Liebespaar vor seinem endlichen Sieg durch den salbadernden, immer an unrechter Stelle hilfbereiten Haar- und Schwatzkünstler Ali Eben Bekkar auszustehen hat. Wenige überleitende Takte führen der Sonatinenform gemäß zur Reprise. Aber welch’ meisterliche Überraschung gestattet sich hier der pfiffig lächelnde Komponist! Er bringt uns beinahe das ganze bisherige Stück nunmehr in kanonischer Imitation, den Hauptsatz um einen Takt verschoben in derselben Tonart, den Seitensatz um zwei Takte verschoben eine Quart höher. Frei, mit der Sicherheit der Vollendung schweben die so verdoppelten Tongruppen mit- und durcheinander, als ob tanzende Gestalten ihre zierlichen Figuren vor einem Zauberspiegel ausführten, durch den das gespiegelte Bild Leben gewinnt und aus dem Rahmen heraustritt.


    [...] Ganz am Schluß zeigt sich der Einfluß des von Cornelius schwärmerisch verehrten Berlioz, der auch hier und da in der Oper selbst fühlbar wird, ohne daß gegen Cornelius der Vorwurf einer Entlehnung erhoben werden könnte. In der Ouvertüre zu »Benvenuto Cellini« bricht das Orchester mit einem Schlage ab, und vor den letzten Takten ertönt in den Violoncellen noch einmal die behäbige Melodie des Kardinals. Bei Cornelius bricht das Orchester ebenfalls kurz ab, und in Gestalt eines sehr drolligen Posaunensolo macht uns Ali Eben Bekkar seine letzte Verbeugung, worauf ein kurzes Auflachen des Orchesters den definitiven Schluß bildet.


    Ein Meisterstück ist diese Ouvertüre, wage ich gegenüber dem Lisztschen Urteile zu behaupten, eine der besten heiteren Opernouvertüren, die überhaupt geschrieben worden sind. Keine andere darf jemals zum »Barbier von Bagdad« gespielt werden.


    Wie es aber, wenn man auch von der ganzen Oper nichts weiter gekannt hätte, als diese Ouvertüre, möglich war und ist, von schlechter Instrumentation zu sprechen, ist einfach unverständlich. Ich stehe nicht an zu erklären, daß die drei größten Meister der Instrumentationskunst, ich nenne sie Mozart, Weber und Berlioz, die Partitur dieser kleinen Ouvertüre nicht feiner, durchsichtiger, dem Inhalt kongenialer und dadurch vollendeter hätten gestalten können, als Cornelius es getan hat.



    Weitere Lesefrüchte folgen in Kürze.



    Viele Grüße


    Bernd

  • Cornelius bewegte sich kompositorisch (und auch menschlich) im Spannungsdreieck Berlioz-Liszt-Wagner. Liszts Einfluss wurde schon im letzten Beitrag angesprochen, auf eine konkrete Rezeption von Berlioz' "Benvenuto Cellini" verweist ebendort Felix Weingartner in seinem Aufsatz über die h-moll-Ouvertüre.


    In einer autobigraphischen Skizze von 1852 erzählt Cornelius von seiner Entdeckung der Kompositionen Berlioz':


    Ich höre Berlioz, stürze über seine Partituren her, studire Tag und Nacht darüber - und war ganz verliebt in diesen "Benvenuto Cellini", noch eh ich den "Lohengrin" gehört.


    In einem Brief an Liszt (1855) schreibt er über sein Barbier-Libretto:


    Einige Anklänge an "Cellini" sind unvermeidlich gewesen, z.B. eine Gedrängszene.



    Mit Wagner steht die Sache schwieriger. Dessen Einfluss ist in Cornelius' späterem Schaffen überdeutlich (besser: übermächtig), im "Barbier" dagegen gar nicht so stark ausgeprägt (vgl. auch die in meinem ersten Beitrag zitierte Einschätzung Hans Zenders). Peter Pachl behauptet übrigens, dass ganz im Gegenteil der "Barbier" musikalisch nicht unerheblich auf Wagners "Meistersinger" eingewirkt habe. In der Tat hat Wagner ja gerade mit dem Konversationstonfall in den "Meistersingern" zunächst erhebliche Schwierigkeiten gehabt und deshalb für die Komposition des ersten Akts sehr lange gebraucht. Pachls Hypothese müsste man mal im einzelnen nachprüfen.


    Cornelius und Wagner waren zeitweise persönlich und künstlerisch sehr eng verbunden, wobei Cornelius nie seine Unabhängigkeit verloren hat. Das zeigt sich nicht zuletzt im "Barbier von Bagdad": Die penetrant schwadronierende und nervensägende Titelfigur lässt sich auch als Wagner-Parodie lesen - überdeutlich in der Selbsttitulierung als "Gesamtgenie". Die entsprechende Passage aus dem ersten Akt, ausgerechnet in einem modifizierten Rossini-Tonfall in Noten gesetzt, muss hier unbedingt zitiert werden:


    Bin Akademiker
    Doktor und Chemiker,
    Bin Mathematiker
    Und Arithmetiker,
    Bin auch Grammatiker,
    Sowie Ästhetiker,
    Ferner Rhetoriker,
    Grosser Historiker,
    Astrolog, Philolog,
    Physiker, Geolog,
    Geograph, Korograph,
    Topograph, Kosmograph,
    Linguist und Jurist
    Und Tourist und Purist.
    Maler und Plastiker,
    Fechter, Gymnastiker.
    [...]
    Tänzer und Mimiker,
    Dichter und Musiker,
    Grosser Dramatiker,
    Epigrammatiker,
    Scharfer Satiriker,
    Epiker, Lyriker,
    Dabei ein Sokrates
    Und Aristoteles.
    Bin Dialektiker,
    Sophist, Eklektiker,
    Zyniker, Ethiker,
    Peripathetiker.
    Bin ein athletisches,
    Tief theoretisches,
    Musterhaft praktisches,
    Autodidaktisches
    Gesamtgenie,
    Ja, ein Gesamtgenie!


    Wohl eine der frühesten ironischen und zugleich eine der treffendsten Charakterisierungen des Gesamtkunstwerkers... :D



    Viele Grüße


    Bernd

  • Erinnert mich an die militärisch-universalgebildete Selbstdarstellung Stanleys aus den Pirates of Penzance von Gilbert and Sullivan:


    I am the very model of a modern Major-General,
    I've information vegetable, animal, and mineral,
    I know the kings of England, and I quote the fights historical,
    From Marathon to Waterloo, in order categorical;
    I'm very well acquainted too with matters mathematical,
    I understand equations, both the simple and quadratical,
    About binomial theorem I'm teeming with a lot o' news---
    With many cheerful facts about the square of the hypotenuse.
    I'm very good at integral and differential calculus,
    I know the scientific names of beings animalculous;
    In short, in matters vegetable, animal, and mineral,
    I am the very model of a modern Major-General.


    etc.



    audiamus


    .

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  • Etwas OT und ohne das Verdienst der Librettisten Cornelius und Gilbert schmälern zu wollen: derartigen Aufzählungshumor, den man auch beim Advokaten Dr. Blind in der späteren FLEDERMAUS findet, gibt es mindestens schon seit Lortzings "5000 TALER" und dem berühmten "OH ICH BIN KLUG UND WEISE" des Saardamer Bürgermeisters van Bett.


    Tatsächlich wäre es vielleicht ganz reizvoll, solche Aufzählungen mal in einem eigenen Thread zu sammeln und herauszufinden, wo es die frühesten Beispiele dafür gibt. Es würde mich nicht wundern, wenn auch Shakespeare und Moliere in einer solchen Liste vorkämen, aber Beispiele dafür fallen mir derzeit nicht ein..


    Um mit W. S. Gilbert zu sprechen: I'LL PUT 'EM ON A LIST
    und dem Reim zu widersprechen: THEY NEVER WILL BE MISSED.


    :hello: Rideamus

  • Übrigens: wer sich wundert, wo Cornelius sich von Berlioz hätte inspirieren lassen können, höre mal das Duett Nureddin-Bostana ("Wenn zum Gebet vom Minarett...") und direkt danach das Terzett des ersten Aktes von BENVENUTO CELLINI. Wie schon der Ochs auf Lerchenau sagte: "Die Ähnlichkeit!". Vergleichbar Auffälliges gibt es z. B. in einigen Violinläufen der Ouvertüre, aber auch vielen instrumentatorischen Details überall in der Oper.


    EDIT nach weiterem Hören: Cornelius hat es immerhin auch vermocht, Berlioz in dessen Sinn "fortzuschreiben". Man höre sich mal das Vorspiel des Zweiten Aktes an. Es wäre in der zwar zehn Jahre früher uraufgeführten, Cornelius aber allenfalls über Liszt bekannten "DAMNATION DE FAUST" zwar vom Ton her, nicht aber in der Instrumentierung deplatziert.


    Damit will ich keineswegs Cornelius des Plagiates bezichtigen, denn er machte etwas sehr Eigenes daraus (von dem herrlichen Text ganz zu schweigen), nur Bernd bei dem für manche vielleicht etwas überraschenden Hinweis auf die Querverbindungen unterstützen.


    Es ist wirklich eine Schande, dass diese wunderbare Oper so selten aufgeführt wird. Allerdings ging es ihr international wohl noch schlechter, vermutlich wegen der fein ziselierten Sprache, die sich einer angemessenen Übersetzung ähnlich verweigert wie die Texte von William S. Gilbert. Weiß jemand Näheres darüber?


    :hello: Rideamus

  • Zitat

    Original von Rideamus
    Allerdings ging es ihr international wohl noch schlechter, vermutlich wegen der fein ziselierten Sprache, die sich einer angemessenen Übersetzung ähnlich verweigert wie die Texte von William S. Gilbert. Weiß jemand Näheres darüber?



    Lieber Rideamus,


    bei Peter Pachl (in dem von Csampai/Holland herausgegebenen Opernführer, der manchmal positiv überrascht) habe ich gestern gelesen, dass es in den ersten Jahrzehnten des 20. Jahrhunderts wohl nicht wenige Produktionen der Oper im Ausland gegeben hat. Ich hab's nicht mehr genau im Kopf, aber u.a. war von italienischen, spanischen und russischen Aufführungen die Rede.


    Das war offenbar die Zeit der größten Popularität von Cornelius, insb. des "Barbier" (auf die Debatten um den "richtigen" Cornelius um 1900 habe ich ja oben hingewiesen, da wurde wohl recht engagiert diskutiert). Anscheinend gab es auf deutschen Bühnen noch bis in die 80er Jahre eine gewisse Kontinuität - Armin und Elisabeth haben ja oben von Produktionen in München und Coburg berichtet. Dann noch Zenders Produktion 1994 in Frankfurt - und wer seitdem von irgendeiner Aufführung des "Barbier" gehört hat, soll sich melden: ich konnte nichts finden :(.



    Viele Grüße


    Bernd

  • Zwielicht


    Lieber Bernd,


    ich habe mich mal bei meinen Sammlerkollegen umgehört, neuere Aufführungen des "Barbier" kannte keiner. Die vom Datum her neueste Aufnahme stammt aus dem Jahr 1987 und ist ein Mitschnitt aus München in der weiter oben von Armin Dietrich genannten Inszenierung unter Sawallisch.


    Ferner gibt es noch eine Einspielung in italienischer Sprache, aber die stammt aus dem Jahre 1960 (unter Simonetto) sowie eine historische Aufnahme unter Rosbaud aus 1932/35 mit Kipnis.


    Mein persönlicher Favorit unter allen Aufnahmen ist eine Produktion des Westdeutschen Rundfunks aus dem Jahre 1974, die meines Wissens jedoch nicht im Handel ist. Hier die Besetzung:


    Aufnahme: 1.2.1974, live, konz., Köln
    Spieldauer: 101'55
    Dirigent: Ferdinand Leitner
    Sinfonieorchester des WDR Köln
    Chor des WDR Köln
    Chorleitung: Herbert Schernus
    (Originalfassung, vollständig)


    Abul Hassan: Hans Sotin
    Baba Mustafa Kadi: Fritz Peter
    Bostana: Marga Schiml
    Kalif: Dale Duesing
    Margiana: Helen Donath
    Muezzin (1): Rolf-Dieter Krüll
    Muezzin (2): Anton Maxen
    Muezzin (3): Ferdinand Schnelle
    Nureddin: Horst R. Laubenthal
    Sklave: André Peysang


    Diese Aufnahme läßt m.E. keine Wünsche offen!
    Ich habe das Band kürzlich für Herrn Laubenthal, der den Nureddin singt und der die Oper selbst nicht hatte, digitalisiert und auf CDs übertragen, kenne daher jeden Ton.


    LG Harald

    Harald


    Freundschaft schließt man nicht, einen Freund erkennt man.
    (Vinícius de Moraes)

  • Lieber Harald,


    herzlichen Dank für Deine Mühe! Es ist ja wirklich etwas deprimierend, dass die Oper so vollständig aus den Spielplänen verschwunden ist (im Gegensatz zu Lortzing, der ja immer wieder mal auftaucht).


    Weißt Du, ob der Münchner Mitschnitt unter Sawallisch irgendwo erhältlich ist?


    Die Kölner Produktion hört sich ja auch verheißungsvoll an. Dass Dale Duesing damals schon aktiv war, wusste ich gar nicht. Sotin kann ich mir sehr gut in der Titelrolle vorstellen.



    Viele Grüße


    Bernd

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  • Hallo Bernd,


    bei OperaShare wird ie folgende inhouse-Aufnahme angeboten:


    Cornelius
    Der Barbier von Bagdad


    Nationaltheater, München
    18 February 1987


    Der Kalif - Florian Cerny
    Baba Mustapha - Claes H. Ahnsjö
    Margiana - Lucia Popp
    Bostana - Cornelia Wulkopf
    Nureddin - Peter Seiffert
    Abul Hassan - Kurt Moll
    1. Muezzin - Gerhard Auer
    2. Muezzin - Ulrich Reß
    3. Muezzin - Hermann Sapell


    Conductor: Wolfgang Sawallisch


    LG Harald

    Harald


    Freundschaft schließt man nicht, einen Freund erkennt man.
    (Vinícius de Moraes)

  • Hallo Harald,


    leider kann ich diese Meldung nicht bestätigen. Ich wollte die Aufnahme herunterladen, aber leider ist sie bei Rapidshare gelöscht.


    Viellicht kann jemand, der gelegentlich dort etwas platziert, einen reupload wünschen. Ich kann es leider nicht, da ich nichts zum Hochladen habe.


    Immerhin gibt es dort die Hollreiser-Aufnahme mit Rudolf Schock, Gottlob Frick und Sena Jurinac. Den ebenfalls früher vorhandenen TV-Film mit Sylvia Geszty gibt es leider auch nicht mehr.


    :hello: Rideamus

  • Ein weiterer Beweis dafür, dass sich niemand mehr für diese Oper interessiert....


    Wenn die Links zum download nicht nachgefragt werden, werden sie auf dem RapidShare-Server sehr schnell wieder gelöscht.


    Allerdings gibt es immer noch die altmodische Möglichkeit des Tauschs, um an derartige Opernaufnahmen zu kommen!


    z.B. hier


    LG Harald

    Harald


    Freundschaft schließt man nicht, einen Freund erkennt man.
    (Vinícius de Moraes)

  • Zitat

    Original von Harald Kral
    Lieber Waldi,


    also ich selbst kann zwischen Cornelius und Lortzing keine Verbindung herstellen, auch nicht zwischen dem van Bett und dem Abul Hassan, außer dass beide von einem prächtigen Spielbass gesungen werden müssen!


    Lieber Harald,


    Für mich bestehen Parallelen in der ironischen Verfremdung des Bassisten-Virtuosentums (vgl. z.B. O sancta justitia - Oh Margiana) - zugegeben ein eher äußerlicher Faktor, aber ich kann mir nicht vorstellen, daß Cornelius da nicht ein bißchen Lortzing im Unterbewußtsein gehabt hat.


    LG


    Waldi

  • Endlich hatte ich Gelegenheit, mir die Doppel-Cd mit der historischen Aufnahme des "Barbier von Bagdad" aus dem Jahre 1939 in Gänze anzuhören, die ich schon seit 1999 besitze, aber noch nicht einmal aus der Folie befreit hatte!


    Interessant ist diese glücklicherweise im Deutschen Rundfunkarchiv DRA vollständig erhaltene Einspielung auch durch den Dirigenten Carl Leonhardt, der bislang ausschließlich als Wagner-Dirigent auf CD dokumentiert war. Leonardt hat für die Aufnahme die originale Fassung der Oper gewählt und verwendet auch die originale Ouvertüre anstelle der späteren, von Liszt instrumentierten Potpourri-Ouvertüre.


    Er hatte auch ein durchweg exzellentes Solistenensemblle zur Verfügung, an erster Stelle Georg Hann, der den naiv-dreisten, dabei gutmütigen Barbier Abul Hassan Ali Ebn Bekar perfekt verkörpert! Und das ohne jeglichen stimmlichen Klamauk. Walther Ludwig, der Sänger des Nureddin, war mit seiner an Mozart geschulten Tenorstimme die Idealbesetzung für diese schwärmerische Rolle. Seine Partnerin ist Trude Eipperle, ihre Dienerin Bostana wird von Elisabeth Waldenau verkörpert. Beide singen ohne Fehl und Tadel, ebenso der Bariton Alexander Welitsch, der hier als Kalif zu hören ist. Bleibt noch zu erwähnen der Tenor Max Osswald, der hier als Kadi zu erleben ist und der vermutlich ein Opfer des Weltkrieges geworden ist.


    Die Tonqualität dieser Aufnahme aus dem Rundfunkarchiv ist für das Alter ausgesprochen gut,
    Digital remastering, audio restauration and editing: Christian Zimmerli.


    Hier nochmals die komplette Besetzung:


    Peter Cornelius (1824 - 1874)
    DER BARBIER VON BAGDAD
    Komische Oper in zwei Aufzügen
    Libretto vom Komponisten


    Aufnahme: 29.4.1939, Studio
    Spieldauer: 98'15
    Dirigent: Carl Leonhardt
    Orchester des Reichssenders Stuttgart
    Chor des Reichssenders Stuttgart


    Abul Hassan: Georg Hann, Baß
    Baba Mustafa Kadi: Max Osswald, Tenor
    Bostana: Elisabeth Waldenau, Mezzosopran
    Kalif: Alexander Welitsch, Bariton
    Margiana: Trude Eipperle, Sopran
    Muezzin (1): Bruno Müller, Bariton
    Muezzin (2): Albert Tronje, Tenor
    Muezzin (3): Edward Ewen, Tenor
    Nureddin: Walter Ludwig, Tenor


    LG


    Harald

    Harald


    Freundschaft schließt man nicht, einen Freund erkennt man.
    (Vinícius de Moraes)

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  • Zwischenzeitlich habe ich die Aufnahme des "Barbier von Bagdad" unter der Leitung von Otto Matzerath gehört und würde mich vor allem dem Fazit von Peter anschliessen, dass das keine Aufnahme ist, die ich jemandem empfehlen würde, der das Stück kennenlernen möchte.


    Es ist eine typische "Funkfassung", wie sie früher durchaus üblich war: man hat begleitende Texte eingefügt, die aber nicht nur im vorliegenden Fall überflüssig und störend sind. Ärgerlich, dass nicht eine der beiden Overtüren enthalten ist, noch ärgerlicher, dass das Stück erheblich und unsensibel gekürzt wurde.


    Dass der Musikfluss bei einem faktisch durchkomponierten Werk durch die eingefügten Texte unterbrochen wird, zeugt von keinem sonderlich tiefgehenden Musikverständnis der dafür Verantwortlichen.


    Gesungen wird anständig - da kann ich mich den Vorschreibern anschliessen - und Matzerath dirgiert solide, aber ohne den Nerv dieser Musik wirklich zu treffen, schwach der Chor.


    Auch ich würde die Leinsdorf-Aufnahme an die erste Stelle der zu empfehlenden Einspielungen setzen, gute Sänger/innen, prima Orchester, toller Dirigent. Surplus: Oskar Czerwenka, der die Partie des Abul Hassans ausgezeichnet rüber bringt: allein, wie er die leicht schrägen Läufe auf den Namen "Margiana" präsentiert, ist hörenswert.

  • Zitat

    Original von Alviano
    Auch ich würde die Leinsdorf-Aufnahme an die erste Stelle der zu empfehlenden Einspielungen setzen, gute Sänger/innen, prima Orchester, toller Dirigent. Surplus: Oskar Czerwenka, der die Partie des Abul Hassans ausgezeichnet rüber bringt: allein, wie er die leicht schrägen Läufe auf den Namen "Margiana" präsentiert, ist hörenswert.



    Hallo Alviano,


    das ist aber bei Leinsdorf nach meinen Informationen die Mottl-Fassung - oder täusche ich mich da? Bevor ich mir die Aufnahme evtl. anschaffe, wüsste ich das gern - besonders schön fände ich es, wenn jemand über eventuelle Unterschiede (vor allem in der Orchestrierung) zwischen Leinsdorf und der bei Hollreiser eingespielten Urfassung berichten würde. Mein Interesse an einer wagnerisierenden Bearbeitung ist nicht so groß...


    Auf Barbareien à la Matzerath habe ich ohnehin keine Lust. Sowas ist fast immer Ausdruck einer Geringschätzung des verstümmelten Werkes.



    Viele Grüße


    Bernd

  • Hallo Bernd,


    schön wäre es, wenn es vom "Barbier von Bagdad" mal eine kritische Ausgabe gäbe.


    Das Werk hatte es alles andere als leicht - der Komponist erlebte selbst nur eine Aufführung seines Stückes, nämlich die Weimarer Uraufführung unter der Leitung von Franz Liszt.


    Und wenn man so will, war Liszts Wunsch nach einer anderen Overtüre in D-Dur, die er selbst in grossen Teilen (an Wagner angelehnt) instrumentierte, der erste Eingriff in das Originalwerk, dem weitere, gravierendere folgen sollten.


    Am weitesten ging dabei wohl Felix Mottl, der die Struktur des Stückes zerstörte, aus zwei Akten einen machte, die Instrumentierung veränderte und Kürzungen und Umstellungen vornahm.


    Der mir vorliegende Klavierauszug ist jener von Waldemar von Baussnern, der sich an der Originalkomposition von Cornelius orientiert (Breitkopf).


    Dass Leinsdorf die Mottl-Version eingespielt habe, stimmt so nicht oder nicht ganz. Was aber sein kann: dass er bei der Instrumentierung einiges von Mottl übernommen hat. Ich höre mir die Aufnahme nochmal an - und schaue, ob ich den Klavierauszug von Mottl bekommen kann (Kahnt). Dann könnte ich auch die Kürzungen nachvollziehen. Wird aber etwas dauern, ich bin jetzt bis Montag unterwegs...


    Jedenfalls enthält die Leinsdorf-Aufnahme beide Overtüren, jene in D-Dur von Liszt instrumentierte wird allerdings dem Stück vorangestellt, was auf die eher an Wagner orientierte Instrumentation für diese Aufnahme hindeuten könnte. Die originale Overtüre in h-moll gibts dann immerhin als Anhang...


    Auf die Nähe zu Berlioz wurde schon hingewiesen, das mit den "Meistersingern" finde ich interessant, bin aber nicht sicher, ob das so zutrifft. Da wäre eine intensivere Auseinandersetzung mit diesem Aspekt durchaus spannend.


    Tastächlich ist der "Barbier von Bagdad" ein völlig zu unrecht etwas in Vergessenheit geratenes Werk, das musikalisch wesentlich stäker ist, als manches, was sich auf den Bühnen behaupten konnte.

  • Zitat

    Original von Alviano
    Dass Leinsdorf die Mottl-Version eingespielt habe, stimmt so nicht oder nicht ganz. Was aber sein kann: dass er bei der Instrumentierung einiges von Mottl übernommen hat. Ich höre mir die Aufnahme nochmal an - und schaue, ob ich den Klavierauszug von Mottl bekommen kann (Kahnt). Dann könnte ich auch die Kürzungen nachvollziehen. Wird aber etwas dauern, ich bin jetzt bis Montag unterwegs...


    Lieber Alviano,


    wenn man dem Ommer trauen darf, so sind Leinsdorf (allerdings gekürzt), Hollreiser 1973 und Leitner jeweils die Originalfassung. Dass es da allerdings noch immer "Retouchen" bei der Instrumentierung geben kann, ist leider nicht auszuschließen. Auf Deinen Vergleich bin ich auf jeden Fall gespannt.


    Liebe Grüße


    Peter

  • Zitat

    Original von Alviano
    Dass Leinsdorf die Mottl-Version eingespielt habe, stimmt so nicht oder nicht ganz. Was aber sein kann: dass er bei der Instrumentierung einiges von Mottl übernommen hat. Ich höre mir die Aufnahme nochmal an - und schaue, ob ich den Klavierauszug von Mottl bekommen kann (Kahnt). Dann könnte ich auch die Kürzungen nachvollziehen. Wird aber etwas dauern, ich bin jetzt bis Montag unterwegs...



    Hallo Alviano,


    schon jetzt vielen Dank im voraus für den geplanten Vergleich! Die Quelle für meine Aussage, dass Leinsdorf die Mottl-Fassung eingespielt habe, ist der Artikel von Peter P. Pachl im von Csampai/Holland herausgegebenen Opernführer. M.W. hat Hermann Levi doch die Mottl-Fassung nochmals überarbeitet - also scheint es da mehrere Versionen zu geben.



    Zitat

    Jedenfalls enthält die Leinsdorf-Aufnahme beide Overtüren, jene in D-Dur von Liszt instrumentierte wird allerdings dem Stück vorangestellt, was auf die eher an Wagner orientierte Instrumentation für diese Aufnahme hindeuten könnte. Die originale Overtüre in h-moll gibts dann immerhin als Anhang...


    Die h-moll Ouvertüre ist ja ein überaus originelles Stück. Die in D-dur kenne ich allerdings nicht.



    Zitat

    Tatsächlich ist der "Barbier von Bagdad" ein völlig zu unrecht etwas in Vergessenheit geratenes Werk, das musikalisch wesentlich stäker ist, als manches, was sich auf den Bühnen behaupten konnte.


    :yes:



    Viele Grüße


    Bernd

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