Liebe Leser,
aus gegebenen Anlass möchte ich an Olivier Messiaens La Transfiguration de Notre Seigneur Jésus-Christ erinnern. Das Stück wurde 1965 von der Lissaboner Stiftung Calouste Gulbenkian in Auftrag gegeben und am 7. Juni 1969 zum ersten Mal aufgeführt. Es handelt sich um ein groß besetztes Werk in 14 Teilen mit einer Spieldauer von 100 Minuten. Gefordert sind ein großes Orchester (bei genauer Befolgung der Anweisungen in der Partitur mehr als 100 Musiker), ein ebenso großer Chor, zahlreiche Schlaginstrumente im Orchester und schließlich auch noch sieben Solisten. Den enormen Anforderungen einer Aufführung stellt sich jetzt in Nordrhein-Westfalen ein Jugendorchester. Das Landesjugendorchester NRW veröffentlicht dazu folgenden Pressetext:
(w w w . kulturkurier.de/veranstaltung_119974.html) Zum 100. Geburtstag des französischen Komponisten Olivier Messiaen (1908-1992) studiert das Landesjugendorchester NRW gemeinsam mit SPLASH, dem Percussion-Ensemble des Landesmusikrates, mit dem Mädchenchor am Essener Dom und dem Oratorienchor der Robert-Schumann-Hochschule Düsseldorf das monumentale Oratorium „La Transfiguration de notre Seigneur Jésus-Christ“ ein. In vier Konzerten in NRW stellen die jungen Musiker das anspruchsvolle Werk unter der Leitung von Prof. Hubert Buchberger und Prof. Raimund Wippermann vor. Nicht weniger als 100 Orchestermusiker, ebenso viele Choristen und 7 Instrumentalsolisten lassen das klangmalerische Werk mit seinen hymnischen Chorälen, frenetischen Schlagwerk-Passagen, frommen Ekstasen und weltabgewandten, klanglichen Versenkungen zu einem beeindruckenden Hörerlebnis werden.
Mitwirkende:
Landesjugendorchester Nordrhein-Westfalen
SPLASH – Perkussion NRW
Orchestereinstudierung: Prof. Hubert Buchberger
Oratorienchor der Robert-Schumann-Hochschule Düsseldorf
Mädchenchor am Essener Dom
Choreinstudierung: Prof. Raimund Wippermann
Solisten der Robert-Schumann-Hochschule Düsseldorf
Jana Cuske, Flöte
Albert Galimzanov, Klarinette
Johannes Wippermann, Xylorimba
Achim Bill, Vibraphon
Martin Schommer, Grand Marimba
Chi-Ho Choi, Violoncello
Soomija Park, Klavier
Leitung: Prof. Hubert Buchberger
Aufführungen sind
Samstag, 16. Februar 2008 in Münster in der St. Joseph-Kirche, 20 h
Sonntag, 17. Februar 2008 in Essen in der Philharmonie, 18 h
Samstag, 23. Februar 2008 in Köln im großen Sendesaal des WDR, 20 h und
Sonntag, 24. Februar 2008 in Odenthal/Altenberg im Bergischen Dom, 14 h
Das Stück vertont in klanggewaltiger Weise Texte, die mit der Verklärung Jesu Christi (siehe Matthäus 17, 1-9) zu tun haben. Die musikalischen Verfahren schließen all das ein, was charakteristisch für diesen Komponisten ist und was in dem Messiaen-Thread beschrieben wird. Es gibt vielstimmige Akkorde von enormer Dichte, strahlende quasi-tonale Höhepunkte, es gibt Überlagerungen einer Vielzahl von Vogelstimmentranskriptionen und virtuose Kadenzen der Soloinstrumente. Typisch für die extrem monumentale Klangwelt des Werkes ist der Einsatz von Gongs und anderen tiefen Schlaginstrumenten (wer genauer nachsehen möchte – Partituren des Werkes gibt es u.a. in der Stadtbibliothek in Düsseldorf und in der Lippischen Landesbibliothek Detmold). Der Aufbau des riesigen Werkes ist symmetrisch, beide Teile enden mit einem feierlichen Choral. Eine dramatische Handlung hat das Werk nicht. Vielmehr werden einzelne Bilder der Verklärung beschrieben. Der Bibeltext Matthäus 17, 1-9 ist ebenso dabei wie die Deutungen um die Verklärung von Thomas von Aquin (Summa theologica, Buch 3, Frage 45), dazu noch kurze Bibeltexte, die zum Thema passen, so aus den Psalmen 48, 84, 26, 104, aus der Genesis 28, Vers 17 u.a.. Insgesamt betonen die ausgewählten Texte eher das Göttliche in Christus und nicht so sehr das menschliche im Sohn Gottes, und entsprechend respektgebietend klingt die Musik. Messiaen schafft es sogar, Texte wie den erwähnten und mir fremden Thomas von Aquin eindrucksvoll zu vertonen, z.B. Passagen wie:
Die Annahme der Gottessöhne an Kindes statt besteht in einer abbildhaften Gleichförmigkeit mit dem natürlichen Sohn-Gotte...
Einmal durch die Gnade, die der Pilgerschaft eignet, und dies ist eine unvollkommene Angleichung; dann in der Herrlichkeit, die in einer vollkommenen Gleichförmigkeit besteht...(Summa, Buch 3, Frage 45, Artikel 4, Schluss.)
Hier noch der Matthäus-Text, der ebenfalls vertont wird: 1 Sechs Tage später ging Jesus mit Petrus, Jakobus und dessen Bruder Johannes auf den Gipfel eines hohen Berges. Sie waren dort ganz allein. 2 Auf einmal wurde Jesus vor ihren Augen verwandelt: Sein Gesicht leuchtete wie die Sonne, und seine Kleider strahlten hell. 3 Plötzlich erschienen Mose und der Prophet Elia. Sie redeten mit Jesus. 4 Da rief Petrus: «Herr, hier gefällt es uns! Wenn du willst, werden wir drei Hütten bauen, eine für dich, eine für Mose und eine für Elia.» 5 Noch während er so redete, hüllte sie eine leuchtende Wolke ein, und aus der Wolke hörten sie eine Stimme: «Das ist mein geliebter Sohn, an dem ich meine Freude habe. Ihm sollt ihr gehorchen.» 6 Bei diesen Worten fielen die Jünger erschrocken zu Boden. 7 Aber Jesus kam zu ihnen, berührte sie und sagte: «Steht auf! Fürchtet euch nicht!» 8 Und als sie aufsahen, war nur noch Jesus bei ihnen. 9 Als sie vom Berg herabstiegen, befahl ihnen Jesus: «Erzählt niemandem, was ihr gesehen habt, bis der Menschensohn von den Toten auferstanden ist.»
Wer das Werk hören möchte:
Es gibt im Messiaen-Jahr 2008 nur die Aufführungen in NRW und außerdem noch Aufführungen mit anderen Ensembles in London, Amsterdam, Helsinki, Tokio und Strasbourg. Ich persönlich werde wahrscheinlich im Kölner Konzert zuhören.
Stellungnahmen zu CD-Aufnahmen und Konzerterlebnissen sind hier natürlich sehr erwünscht.