Bellini: "Adelson e Salvini"

  • Von Joschi angeregt ,habe ich mir heute endlich mal eines meiner schönsten Weihnachtsgeschenke, die Bellini-Box von Brillant, vorgenommen und Adelson und Salvini, die allererste und so gut wie unbekannte Oper von Bellini durchgehört. Bellini hat dieses Werk als Abschlussarbeit für das Conservatorio di Napoli komponiert, es handelt sich also um ein Erstlings/Jugendwerk, das zudem noch akademischen Regeln gehorchen musste.
    Da ich nur eine leidenschaftliche Liebhaberin Bellinis ,aber keine akribische Kennerin und schon gar keine fleissige Forscherin bin, habe ich eine Frage an die echten Kenner hier:
    Es muss von diesem Werk mindestens noch eine zweite Fassung geben oder wurden nur einzelne Arien umgearbeitet?
    Mir ist nämlich Folgendes damit passiert: i h habe zunächst nur eine einzelne Arie nämlich die Romanze der Nelly: "Dopo l'oscuro nembo" auf einer Belcanto- Arien-Cd mit Eva Mei gehört und war davon bezaubert. :faint: :angel:
    Dann habe ich auf allen Wegen versucht, an die Noten der Arie oder notfalls der ganzen Oper zu kommen, was Monate in Anspruch nahm(hätte ich euch damals schon gekannt, wahrscheinlich nur einen Tag... :D.)
    Schliesslich hat mir eine Internetbekanntschzaft in der Musikbibliothek Zürich persönlich eine Kopie gemacht und geschickt und ich musste zu meinem Erschrecken feststellen, dass das eine ganz andere Version war. Nicht nur einen Ton tiefer(f-moll statt g-moll wie auf der CD), sondern auch eine ganz andere Melodieführung. Diese Version, die auch auf der Brillantbox zu hören ist, hat am Anfang starke Anklänge an die berühmte Arie der Giulietta "O quante volte" und ist deutlich weniger schön, als die von Eva Mei gesungene Version.
    Leider war an die Noten dieser offenbar späteren Fassung nicht ranzukommen, ich hätte dafür schon nach Italien fahren müssen, um herauszubekommen, wo und wie diese Version zu bekommen ist.
    Nun hat mir meine liebenswürdige und hochbegabte Musiktheorieprofessorin das Ganze nach Gehör von der Cd als Klavierauszug aufgeschreiben und ich habe die Arie inzwischen, aber vielelicht weiss ja einer von den schlauen Taminos hier, was es mit den verschiedenen Versionen dieser Oper auf sich hat ?
    Gibt es ausser der Brillant-Box noch mehr Aufnahmen?
    Mir gefällt diese Einspielung nämlich nicht so besonders, insbesondere von Seiten der Sänger bin ich etwas enttäuscht.


    Fairy Queen

  • Liebe Feenkönigin,
    bei der Aufnahme in der Brillant-Box handelt es sich um die bekannte Nuova-Era-Einspielung, die es auch in x-verschiedenen Aufmachungen gibt. Zugegeben, die Aufnahmen dieses Labels sind nicht die besten.


    Bei einer so selten gespielten Oper ist es nicht so einfach, eine Alternative zu finden, d.h. ich kenne nur eine einzige auf dem Markt:


    Aufnahme: 6.11.1985, live, Catania
    Spieldauer: 125’30
    Dirigent: Anders-Per Jonsson
    Drottningholm Court Theatre Orchestra
    Swedish Radio Chorus Stockholm
    Label: Bongiovanni
    Bonifacio: Enzo Florimo
    Fanny: Ingrid Tobiasson
    Geronimo: Alf Häggstam
    Lord Adelson: Thomas Lander
    Madama Rivers: Brigitta Lundquist
    Nelly: Carina Morling
    Salvini: Bengt Gustavson
    Struley: Björn Stockhaus


    Entstanden beim Gastspiel des Drottningholm-Ensembles in Sizilien, über die Qualität kann ich leider nichts sagen.


    LG

    Harald


    Freundschaft schließt man nicht, einen Freund erkennt man.
    (Vinícius de Moraes)

  • Wenn es nur um die Arie "Dopo l´oscuro nembo" geht,
    da gibt es 2 Alternativen zu der Eva-Mei-Aufnahme:


    1) Leyla Cencer
    2) Montserrat Caballé


    Ich kann Dir aber leider nicht sagen, welche Version die Damen benutzten.


    LG Harald

    Harald


    Freundschaft schließt man nicht, einen Freund erkennt man.
    (Vinícius de Moraes)


  • Du sagst es! Das "durchleide" ich eben bei Rossini, wo ich auch auf der Jagd nach Raritäten bin. "Ivanhoe" z.B. ist sängerisch so grottenschlecht (mit einer einzigen Ausnahme), dass es wirklich eine Qual für mich war, bis zum Ende durchzuhalten, aber was bleibt einem anderes übrig, wenn man eine Oper kennen lernen will?? :(
    Daher eine Frage an den Experten: Kennst du eine Alternative zu der Dynamic-Aufnahme, die mir vorliegt?
    lg Severina :hello:


    PS: Entschuldige, Fairy, dass ich deinen Bellini-Thread missbrauche, aber es passt gerade so gut...... :O

  • Liebe Severina, Du darfst meine Threads für fast Alles "miss"brauchen und erst recht für Alles, was mit Belcanto zu tun hat. :yes:


    Lieber Harald, hast Du eine Ahnung was diese Aufnahme aus Schweden kostet ? Das Risiko, dass das dieselbe Version ist, die ich habe ist zwar recht gross, da ich wirklch noch nichts von einer zweiten Version auf Cd gehört habe-eben ausser der Nelly-Arie. Aber: der Salvini-Tenor kan neigentlich nur besser sein und auch die beiden Damen Fanny und Nelly finde ich sehr mittelmässig. Eigentlcih mochte ich das was ich von den Schweden bisher kenne, meistens gerne, von daher könnte sich das auch blind evtl lohnen.
    Grand merci für Deine prompten Tipps! :jubel:


    Ich nehme an , Bellini hat die Partie der Nelly später einer anderen Sängerin auf den Leib umgeschrieben. So wie er ja auch eine Extra-Version der Puritani für die Malibran tiefer transponiert hat. Die tiefere Version der Nelly ist fur leichtere Soprane wie z.B. seine Giulia Grisi unangenehmer und vor allem undankbarer zu singen . Er hat nach kompletter Umarbeitung(nicht nur Tessitura sondern auch melodisch) ein echtes Juwel daraus gemacht-ob er am Rest der Oper auch herumgebastelt hat, weiss ich aber nicht. ?(
    Auch von "Casta Diva" existierten ja zwei Fassungen, je nach Sängerin.
    Allerdings sind da Melodie und Stimmführung gleich geblieben, anders als bei der Nelly.
    Vielleicht würde Adelson e Salvini mehr gespielt , wenn Bellini die gesamte Oper und nciht nur eine Arie umgearbeitet hätte?


    Fairy Queen

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  • Liebe Fairy,
    es gibt tatsächlich 2 Fassungen der Oper:


    Die erste Fassung von 1825 hat Bellini mit Studenten des Konservatoriums S.Sebastiano in Neapel aufgeführt (mit nur männlichen Schülern).
    Die 2. Fassung hat Bellini für das Teatro del Fondo 1826 erarbeitet (wurde jedoch nie aufgeführt), Handschriften der 2. Fassung sind im Archiv im Konservatorium Neapel erhalten, Klavierauszug Mailand 1903. Ursprünglich opera semiseria in 3 atti, überarbeitet 2 Akte, einzige "komische" Oper Bellinis.


    Ob es die Bongiovanni-Aufnahme z.Zt. irgendwo zu welchem Preis zu kaufen gibt weiß ich leider nicht, im hiesigen Katalog ist sie z.Zt nicht enthalten.

    Harald


    Freundschaft schließt man nicht, einen Freund erkennt man.
    (Vinícius de Moraes)

  • Lieber Harald, ich hatte oben recht: wenn ich Tamino schon gekannt hätte, als ich fieberhaft nach dieser Arie suchte, hätte das maximal eine Stunde gedauert, mich nicht Monate Warten und x -Anrufe zu Musikalienhändlern nach Paris, Berlin, etc gekostet . Ich kann nur immer wieder staunen-grand merci, dass du dein umwerfendes Wissen hier so freigebig zur Verfûgung stelllst! :jubel:


    Die erste Fassung ist also nun die, die auf allen CDs drauf ist? Und die wurde mit Männern aufgeführt? Auch in den Rollen der Fanny und der Nelly?????? ?( Dann versteht man zumindest die serh gemässigte Tessitura.



    Dass die zweite Fassung noch unaufgeführt im Archiv schlummert ist ja wohl die Höhe und mir vollkommen unbegreiflich. :boese2:
    Da sollten wir mal eine Taminoinitiative starten, nach Milano oder Napoli reisen und etwas fürs Weltkulturerbe unternehmen!
    Wenn alle Umarbeitungen so genial sind wie bei "Dopo" l'oscuro nembo" wird das eine Lieblingsoper aller Belcanto-Fans!
    Fairy Queen

  • Es gibt noch ein Beispiel für die 2 verschiedenen Fassungen auf CD:


    Bellini: Arie da camera
    Salvo Samperi (Tenor)

    mit Drago, Francesco (Klavier)


    Adelson e Salvini (Dramma semiserio in 2 Akten (Tottola):
    1.Arie: Si cadrò ma estinto ancora · (a. d. 1. Fassung)
    2.Arie: Ecco, signor, la sposa · (a. d. 2. Fassung)


    Samperi singt die beiden Fassungen der Salvini-Arie auf dieser Platte!
    (Label: Niccolo - RANIC1031)


    Was die heutige Aufführungspraxis betrifft (und ob es überhaupt eine solche gibt) - bin ich momentan überfragt, ich will mich aber gerne erkundigen und berichten, wenn ich etwas erfahre.


    LG
    Harald

    Harald


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    (Vinícius de Moraes)