Das Milken Archiv

  • Das Milken Archiv


    Amerikanisch-jüdische Musik


    Um Verfolgungen und anderen Diskriminierungen zu entkommen, waren die USA für Juden über Jahrhunderte ein bevorzugtes Ziel. Dort erhofften sie Freiheit und Sicherheit für ihr Leben. In der Diaspora bewahrten sie die Tradition und entwickelten im Austausch mit der gesellschaftlichen Majorität eigene Kulturstile, ein Reservoir, das im Bereich Musik bisher kaum dokumentiert worden ist.


    Nachdem Lowell Milken, einer der Gründer der Milken Family Foundation in Los Angeles, jüdische Musik in der Synagoge gehört hatte, dachte er über ein Aufnahmeprojekt nach. Zu diesem Zweck konzipierte er innerhalb der Stiftung das Milken Archive, in dem seit 1990 geeignete Kompositionen gesammelt und von dem Aufträge für CD-Aufnahmen vergeben werden. Als künstlerischer Direktor sondiert Neil Levin, renommierter Musikwissenschaftler am Jewish Theological Seminary in New York, mit einem Komitee kompetenter Experten das Repertoire, um ein Panorama der Musik aus jüdischer Erfahrung vorstellen zu können.


    Im Prinzip werden alle Kategorien Musik aus jüdischer Erfahrung berücksichtigt, also auch Werke von nicht-jüdischen Komponisten wie „Gates of Justice“ von Dave Brubeck, der römisch-katholischer Konfession ist. Das geographische Prisma dieses Projekts ist allerdings die USA, weil europäische Emigranten vor allem dort ihre mitgebrachten Ressourcen ausgebreitet und weiterentwickelt haben. Für die Aufnahmen unterscheidet Levin vier Abteilungen, die in Umfang und Stellenwert als gleichrangig betrachtet werden:


    1. Religiöse Synagogenmusik aller Typen von der Liturgie bis zum Jazz


    2. (Klassische) Orchester- und Kammermusik, Opern und Ballette, die auf jüdischen Themen basieren: entweder beim musikalischen Material oder beim Libretto beziehungsweise der Textreferenz oder in einem programmatischen Aspekt


    3. Populäre Genres wie Klezmer und Volksmusik


    4. Bühnenmusik oder Musicals an jiddischen Theatern der USA


    Entscheidend für die Auswahl ist die Verbindung zur jüdischen Kultur und insbesondere die universale Dimension der Musik. Ein wesentliches Kriterium ist, dass diese Musik zuvor selten oder noch nicht für CD produziert wurde, wie etwa das kürzlich entdeckte Streichquartett von Darius Milhaud, das er komponierte, nachdem er Synagogenmusik in der Provence kennen gelernt hatte.


    Für dieses Projekt hat das Milken Archive seit 1990 mehr als 600 Werke von 400 Komponisten aufgenommen und 250 verschiedene Solisten und Ensembles wie das Juilliard String Quartet und die „Academy of St. Martin in the Fields“ engagiert. In Deutschland ist das Rundfunk-Sinfonieorchester Berlin beteiligt, „eine wichtige Aufgabe für uns, weil es eine stabile und nachhaltige Kooperation ist. Dafür sind wir sehr dankbar“, erläutert die Orchesterdirektorin Maria Grätzel.


    Eine exquisite Partnerschaft wurde mit dem Label Naxos vereinbart, „da werden 50 CDs bis Ende 2006 erscheinen und in den Vertrieb übernommen, wobei das Milken Archive die Rechte behält. Dr. Levin beaufsichtigt das Niveau dieser (aufgrund der Stiftungssatzung) nicht-kommerziellen Edition“, stellt Paul Schwendener, Marketing Direktor des Milken Archive Committee fest. Ko-Produzent ist außerdem das Deutschlandradio Kultur, das kontinuierlich über dieses epochale diskografische Gedächtnis jüdischer Musik berichtet.


    (Quelle: nmz)


    The Milken Archive



    Folgende Aufnahmen kann ich empfehlen:


    Jewish Music of the Dance


    Leon Stein - Three Hassidic Dances
    Darius Milhaud - Opus Americanum no. 2
    Stefan Wolpe - The Man from Midian
    Lazare Saminsky - The Vision of Ariel





    Ernst Toch


    Cantata of the Bitter Herbs
    Jephta, Rhapsodic Poem (Symphony no. 5)





    Kurt Weill


    The Eternal Road - Oratorium (Auszüge)





    Mario Castelnuovo-Tedesco


    Naomi and Ruth op. 27
    Sacred Service for the Sabbath Eve op. 122




    Welche Erfahrungen habt Ihr mit dieser Reihe gemacht und welche Aufnahmen könnt Ihr empfehlen?


    Davidoff

    Verachtet mir die Meister nicht

  • Ich möchte zuerst einmal sagen, was ich an der begrüßenswerten Serie nicht so gut finde: Was großdimensionierte Vokalmusik betrifft (Oratorien, Opern), neigt sie immer wieder dazu, nur Ausschnitte aufzunehmen statt eines ganzen Werkes.
    Abgesehen davon finde ich es schade, daß es nur um amerikanische Musik aus jüdischem Geist geht - mich würden etwa auch israelische Komponisten interessieren. Aber der Fokus USA ist nun einmal das Konzept. (Das nur für Milhaud durchbrochen wird - was inkonsequent ist, aber für Fans dieses Komponisten nicht unerfreulich.)


    Unbedingt hörenswert ist die "Genesis Suite", ein Werk, das aus Beiträgen mehrerer Komponisten besteht, darunter Strawinskij, Tansman, Schönberg und Toch.


    Außerdem gibt es die (komplette) Kantate "Masada" von Marvin David Levy, einem wenig bekannten US-Komponisten, dessen Oper "Mourning becomes Elektra" als ein Geheimtip in Sachen neues amerikanisches Musiktheater gilt. Levys Musik ist relativ "unamerikanisch", also weder konservativ in der Copland-/Bernstein-Richtung, die für US-Komponisten auch heute noch Gültigkeit hat, noch experimentell-erfinderisch.
    Die Basis ist eine stark chromatische Melodik, die von einer freitonalen, dissonanten Harmonik gestützt wird.
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    :hello:

    ...

  • Hallo,
    bei mir verstauben die CDs im Regal.
    Hatte mir mehr versprochen von der Serie.


    Masada und Genesis sind ja noch anhörbare Sachen... :yes:
    Achron find ich auch gut.
    Amram, naja...
    Beveridge, schweige ich besser :stumm:
    Avshalomoff gefällt mir als Sinfoniker besser.
    Mehr fallen mir grad nicht ein :wacky:


    Mir ist das, was ich ausserdem hörte, viel zu bombastisch und gewollt tränendrüsig.


    Warum wurde diese Musik vorher so gut wie nie gehört/aufgeführt?


    Aber ich brauch mir ja keine Scheibe mehr zu kaufen wenn ich nicht will :D :stumm:


    :hello:
    embe

  • Hallo embe,

    Zitat

    Mir ist das, was ich ausserdem hörte, viel zu bombastisch und gewollt tränendrüsig.


    Du sprichst schonungslos aus, was ich delikat verschwieg... :D
    :hello:

    ...

  • Hallo Edwin,
    warum verschweigst du das?
    Ist doch deine Meinung und meine :D


    Hab mir extra vorhin noch mal Teile der Genesis angehört,
    leider ist mir dieses Gelaber dazwischen dermassen auf den Keks gegangen,
    dass ich abbrechen musste :untertauch:


    Mag kein Gelaber in der Musik...schrecklich für mich, so gute Musik plötzlich wird gequatscht :( :faint:
    Gibt noch mehr so Schwätzkantaten :kotz:


    Also Masada eingelegt und :angel: das ist doch wirklich gute Musik.


    :hello:
    embe

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  • Hallo embe,
    Ich würde fast sagen, wenn man "Masada", den Toch und (so man sich an dem auch mich etwas störenden Gelaber nicht weiter stößt) die "Genesis" hat, hat man das beste aus der Serie. Sieht man von zwei Werken ab, die es aber in besseren Aufnahmen gibt, nämlich Bernsteins "Kaddish" und Milhauds "Sacred Service".


    Insgesamt zeigt sich halt, daß auch die jüdischen US-Komponisten aus dem patriotischen Pathos der neueren US-Musik nicht herauskommen. Es gibt schon recht interessante Momente, etwa bei Avshalomoff und bei Weisgal, aber die Reihe komplett kaufen - davon würde ich eher abraten. Auch bei mir verstaubt das meiste im Nebenzimmer...
    :hello:

    ...

  • Zitat

    Original von embe
    Mag kein Gelaber in der Musik...schrecklich für mich, so gute Musik plötzlich wird gequatscht :( :faint:
    Gibt noch mehr so Schwätzkantaten :kotz:


    Lieber embe,


    hoffe, Du zählst Schönbergs Überlebenden oder Gurrelieder nicht dazu. Oder?


    Gruß,


    audiamus

  • Hallo audiamus,
    der Überlebende ist für mich eine ganz andere Baustelle,
    sowas kann man nicht singen, das Grauen braucht Sprache keine Lieder.


    In den Gurreliedern hält sich der Sprachanteil gemessen an der Länge in Grenzen.


    Was mir nicht so gefallen hat z.B.:
    Walton, die Shakespeare Szenarien ohne Sprecher wär das toll!
    Lilburn, Landfall, wunderbare Musik leider laberlaber...
    Prokofieff, Iwan, dito
    Tveitt, Baldur
    usw.


    Noch eine Ausnahme fällt mir ein: Copland, Lincoln Portrait
    das ertrag ich gerade noch so... :yes:



    :hello:
    embe