Stückzahlen im Klassikmarkt – Ecke, Nische, Mäuseloch?

  • Hallo miteinander,


    der Klassikmarkt wird bekanntlich innerhalb des gesamten Musikmarktes als Nische angesehen. Man hört jedoch eher selten etwas darüber, wie groß diese Nische denn tatsächlich ist. Rein aus Neugier würde mich mal interessieren in welchen Stückzahlen Klassikaufnahmen verkauft werden (können.)



    In Interviews auf sein Label Alia Vox angesprochen, erzählt Jordi Savall immer wieder gerne aus dem Zahlen-Nähkästchen. Der Verkaufsschlager schlechthin, die Filmmusik zu Tous les matins du monde, brachte es bereits im Jahre ihres Erscheinens auf über 300.000 verkaufte Exemplare (weltweit über 660.000 Stück, Stand 2002.) Die CD hielt sich in Frankreich damals monatelang in den Hitparaden neben Popgrößen wie Michael Jackson oder Queen, so Savall. Auch in der Neuauflage auf Alia Vox zählt diese Aufnahme, gemeinsam mit Titeln wie La Folia und L'Orchestre du Roi Soleil, mit jeweils über 100.000 verkauften Einheiten zu den Rennern. Im Vergleich dazu verkaufte sich die Doppel-CD mit Consort-Musik von William Lawes bisher 'nur' rund 12.000 mal.


    Klaus Heymann, Naxos-Boss und Phantommitglied dieses Forums, ( :D ) konnte auf seinem Label z.B. mit den Klaviersonaten von Pierre Bouléz über 30.000 Stück absetzen. Sicher keine Musik wie sie üblicherweise bei Wunschkonzerten gespielt wird, aber Naxos bewegt sich auch auf einem ganz anderen Preisniveau als Savalls Alia Vox.


    Daneben erinnere ich mich dunkel an ein kurzes Gespräch mit einer Mitarbeiterin der Klassikabteilung im Kölner Saturn vor etwa einem Jahr. Auf die Frage nach einer vergriffenen CD von Musica Antiqua Köln hieß es (sinngemäß), die DGG würde bei weniger als 3000 (könnte auch 5000 gewesen, genau weiß ich es nicht mehr) verkauften Exemplaren keine Neuauflagen herausbringen.


    Hier im Forum las ich über das (mir bislang unbekannte) Label Kairos, dessen absoluter Verkaufsschlager, Lachenmanns Oper "Das Mädchen mit den Schwefelhölzern" in einer Auflage von 4000 Stück produziert wurde. [SIZE=7][ursprünglich falscher Werktitel und Auflagenstärke korrigiert, siehe Folgebeitrag][/SIZE]



    Vier Plattenfirmen, vier Zahlen verschiedener Größenordnung. Generell, so mein Eindruck, erfährt man aber eher wenig von den Mengen, die sich im Klassikmarkt absetzen lassen. Auch gibt es sicher große Unterschiede, so verkaufen sich Operngesamteinspielungen möglicherweise nicht so häufig wie Symphonien, Alte Musik oder Modernes eventuell weniger als Klassik oder Romantik. Auch ist der Markt heute womöglich fragmentierter als zu LP-Zeiten.


    Mich würde einfach interessieren wie groß 'unser' Markt tatsächlich ist. Die Auflagenstärken der Labels dürften sich in der Regel am erwarteten Absatzvolumen orientieren. Könnt ihr mit Zahlen aufwarten, Einblicken oder Erfahrungswerten? Oder lassen sich aus Zahlen wie den o.g. vielleicht gar keine allgemeinen Rückschlüsse ziehen?



    :hello:

    @Blauhelmtruppe: Sollte der Beitrag in einem bereits bestehenden Thema besser aufgehoben sein, dürft ihr gerne Verschiebebahnhof spielen. Ich fand aber keines, welches mir richtig zu passen schien.

    "Das ist zeitgenössische klassische Musik. Dann unterstelle ich, daß da kein intellektueller Zugang..."
    Miroslaw Lem, Tenor

  • Zitat

    Original von Gentilhombre
    Hier im Forum las ich über das (mir bislang unbekannte) Label Kairos, dessen absoluter Verkaufsschlager, Lachenmanns Oper "Das Mädchen mit der Streichholzfabrik" in einer Auflage von 2000 Stück produziert wurde.



    Hallo Gentilhombre,


    "Das Mädchen mit der Streichholzfabrik" kommt immer wieder gut ;) - dieser Titel geht aber eher in Richtung Kaurismäki-Film. Lachenmanns "Musik mit Bildern" heißt "Das Mädchen mit den Schwefelhölzern" (nach dem Andersen-Märchen; wir hatten diesen kleinen Lapsus schon im entsprechenden Thread berichtigt).


    In diesem Beitrag hatte Melanie sich auch korrigiert - die tatsächliche Auflage betrug 4000 Stück.



    Viele Grüße


    Bernd

  • Oy Bernd,


    danke für den Hinweis, just korrigiert. Ich hab Melas Beitrag über die Suchfunktion erreicht (direkte Beitragsanzeige) und somit gar nicht in das komplette Thema geschaut. Und da ich da Werk nicht kannte... in dubio pro Tamino, oder so.


    Aber Kaurismäki war gut! :D



    :hello:

    "Das ist zeitgenössische klassische Musik. Dann unterstelle ich, daß da kein intellektueller Zugang..."
    Miroslaw Lem, Tenor

  • Zitat

    Original von Gentilhombre
    Und da ich da Werk nicht kannte... in dubio pro Tamino, oder so.



    Hallo Gentilhombre,


    ein absolutes Must des zeitgenössischen Musiktheaters, kannst Du Dir unbesehen bestellen. :D


    Diese Einspielung des ungeheuer kompliziert einzustudierenden Werks konnte überhaupt nur auf den Markt gebracht werden, weil es direkt im Anschluss an die Aufführungsserie der Stuttgarter Staatsoper produziert wurde - letztlich also ein (sehr begrüßenswerter) Fall von Quersubventionierung. Das gleiche gilt für die bei ECM erschienene Konkurrenzproduktion mit dem SWR-Orchester unter Cambreling.


    Ich verlinke hier nochmal den ZEIT-Artikel über kleine Labels, auf den im anderen Thread schon Melanie hingewiesen hatte:


    "http://www.zeit.de/2003/47/M-Klassiklabel?page=1"


    Kurz porträtiert werden die Labels Alpha (bekanntlich auch hier im Forum sehr beliebt), Kairos, Testament, ccnc und Tacet. Ein paar konkrete Zahlen werden auch genannt: Alpha konnte eine CD mit Vokalmusik der Renaissance (nicht näher spezifiziert) immerhin 25.000mal an den Kunden bringen, bei den Crossover-Projekten von ccnc wird eine verkaufte Auflage von 600 Stück als Flop bezeichnet. Testament verkauft seine auf CD überspielten alten Schellackproduktionen anscheinend im Schnitt 3000mal, bei Tacet erreicht offenbar manche CD mit dem Auryn-Quartett eine Auflage von 10.000 Stück (finde ich beachtlich!). Natürlich sollte man berücksichtigen, dass der ZEIT-Artikel auch schon mehr als vier Jahre alt ist.



    Viele Grüße


    Bernd

  • Zitat

    Original von Gentilhombre


    Oder lassen sich aus Zahlen wie den o.g. vielleicht gar keine allgemeinen Rückschlüsse ziehen?


    Wahrscheinlich nur bedingte. Im deutschsprachigen Raum galt bei geisteswissenschaftlichen Fachbüchern (nicht Sprachen) jahrelang eine Auflage von 5000 schon als sensationell, viele werden nur in Auflagen von 500 bis 2500 produziert. Bei Sachbüchern kalkulierte man meist einige zehntausend, konnte aber unter Umständen weit höhere Zahlen erreichen.


    Nun ist bei CDs aber die Lagerung weit weniger problematisch und kostenintensiv. Mehrere tausend Bücher über zehn Jahre lagern ist für einen Verlag stets ein Problem, weil Lagerraum meist teuer ist (sei es in der Errichtung oder in der Miete). 10000 CDs stellen kein so großes Problem dar, d.h. Räumaktionen müssen nicht so früh einsetzen, wenn nicht in Serie verschiedene Titel massenweise produziert werden.


    Was man als Konsument nicht feststellen kann: Sind Sonderangebote tatsächlich immer Restposten oder - eher wahrscheinlich - wird gar nicht so selten - eine Serie extra für solche Zwecke gepreßt (und da sind vermutlich größere Stückzahlen durchaus drin)? Bei Büchern schickt man mitunter ja auch einige Lockexemplare in die Billigläden, weckt dadurch Aufmerksamkeit und Begehren und bietet anschließend wieder zum Normalpreis an.


    Ausgefallene Einspielungen sind sicher ein gewisses Risiko, aber bei den gängigen Sachen würde ich schätzen, daß man zumindest im städtischen Bereich innerhalb von 3-5 Jahren mit mindestens 100 verkauften Exemplaren pro 1 Million Einwohner rechnen kann (bei Karajan o.dgl. natürlich weit mehr). Das ergibt in Summe einen gesicherten Absatz, der mit der kolportierten Untergrenze von 3-5000 bei der DGG in Einklang zu bringen ist.


    Das sind natürlich nur Vermutungen. Genaue Zahlen von den Produzenten zu bekommen, wäre eine große Überraschung.


    LG


    Waldi

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  • Ich meine wir hätten schonmal solch einen ähnlichen thread gehabt. Das Marktvolumen bemißt sich ja nicht nur nach Stückzahlen, sondern auch nach Umsatz. Und 5-7% eines Marktes, der weltweit billionenschwer ist, ist immer noch eine ganze Menge.
    (Komischerweise beschwert sich bei Jazz und anderen Musiksparten, deren Marktanteile noch deutlich geringer als die der Klassischen Musik sind, viel seltener jemand über den Nischencharakter...)


    Interessante Ausführungen eines Insiders finden sich hier (Nachricht #6 von Mark Stenroos)


    "http://tinyurl.com/2lec8a"


    Die bisher genannten hohen Stückzahlen halte ich für eher selten. Die Filmmusik ist nachvollziehbar, aber 100000mal "la Folia" scheint mir unglaublich. 10000 Stück für Kammermusik ist außerordentlich, ebenso die angebliche 30000 Boulez-Sonaten. Die meisten Aufnahmen dürften so zwischen 2000 bis maximal 10000 absetzen. (Nebtrebko, "Karajan Adagio" u.ä, vermutlich wesentlich mehr) Es gab natürlich schon vor Kennedys 4 Jahreszeiten in den 60ern einige sehr gut verkaufte Sachen (Maazels Feuerwerksmusik über 50000, aber vermutlich innerhalb von 15 oder mehr Jahren).


    Zu den billigen Angeboten: Hier weiß ich nur, dass die großen Schallplattenclubs in den USA eigene Preßwerke hatten (und die CDs haben dann auch oft "BMG direct marketing" oder so was draufstehen). Sonst glaube ich aber eher nicht an (gleich ausgestattete) Billigauflagen.


    Abverkauf zur Lagerräumung ist wieder was anderes, hier muß eben auf jeden Fall verkauft werden, weil der Lagerplatz benötigt wird.


    In jedem Fall zeigen die kleineren Labels (Tacet macht sogar noch LPs für Audiophile), dass es geht, wenn man es richtig anpackt. Bei den großen dürften die Hauptprobleme Sättigung des Marktes beim Standardrepertoire, überzogene Gewinn/Gagenansprüche von Künstlern und Labels sowie die Unfähigkeit der Bosse, Klassik sachgerecht (und halt nicht wie Pop) zu vermarkten sein.
    Savall ist ein gutes Beispiel: Ostinato oder La Folia ist halt nicht die 100. Aufnahme von den Brandenburgischen Konzerten, auch nicht die 10. von Corellis op.5, sondern etwas Einzigartiges, ähnlich wie ein Jazzalbum, aber eben auch nicht so personenzentriert wie ein Netrebko-Recital. Das Besondere hängt nicht an einem Starstatus und niemand wird das Album mit dutzenden von Callas, Karajan, Harnoncourt oder wem auch immer vergleichen, weil das gar nicht vernünftig geht.
    Das funktioniert aber nicht für alles. Ich weiß nicht, wie erfolgreich DGGs "Credo" (mit Grimaud) u.ä. gewesen ist.


    viele Grüße


    JR


    (PS mit "unglaublich" meinte ich weniger, dass ich die Wahrheit anzweifle, sondern drücke Überraschung aus. Andererseits: Woher stammen denn die Zahlen? ist das womöglich nur ein Marketing-Trick von Heymann?)

    Struck by the sounds before the sun,
    I knew the night had gone.
    The morning breeze like a bugle blew
    Against the drums of dawn.
    (Bob Dylan)

  • Die 100.000 x La Folia halte ich für durchaus glaubhaft. Savall hat ja schon eine richtige Gefolgschaft. Man braucht nur daran denken, dass seine Harakiri-Unternehmung mit Buch plus 2CD über Don Quijote ein finanzieller Kraftakt sondergleichen war, und einen Break-Even-Point von 30.000 Exemplaren hatte! Keine größere Plattenfirma hätte auch nur einen Gedanken an so eine teure Exklusivität verschwendet. Und was geschah? 25.000 verkaufte Exemplare im 1. Jahr!!! Da diese Ausgabe sich offenbar weiter recht gut verkauft hat, gibt es bereits das zweite gleich ausgestattete Produkt in den Läden. Er dürfte also durch die Monster-Verkäufe von "Tous les Matins du Monde" einen "kleinen" Polster für besondere Projekte in der Hinterhand haben.


    Aber die 30.000 Stück Boulez-Sonaten verblüffen mich maßlos. Dagegen ist ja Savall Mainstream. Wo um alles in der Welt gibt es so viele Hörer dafür?

    Ciao


    Von Herzen - Möge es wieder - Zu Herzen gehn!


  • Ich habe vor Tagen erst gehört, daß Kennedy die erste Aufnahme der Vier-Jahreszeiten 3.000.000 mal verkauft haben will und damit den Guiness-Rekord für die meist verkaufte Klassik-CD halten soll. Für Pop-Bereiche ein eher dünner Wert.


    Im Popbereich reicht es heutzutage schon aus, einige tausend CDs zu verkaufen, um in den (deutschen) Charts in den TopTen zu liegen. Der Rest ist download (legal oder illegal).
    Da können Klassik-CD Verkäufe vielleicht schon mal mithalten, da noch nicht soviel über download läuft.


    Grüsse
    Achim :hello:

  • Zitat

    Original von Theophilus


    Aber die 30.000 Stück Boulez-Sonaten verblüffen mich maßlos. Dagegen ist ja Savall Mainstream. Wo um alles in der Welt gibt es so viele Hörer dafür?


    vielleicht kann dir edwin das beantworten
    (wenn er das keyboard unter den boulezsonatenstapeln wiederfindet)


    :hello:

  • Zitat

    Original von observator


    vielleicht kann dir edwin das beantworten
    (wenn er das keyboard unter den boulezsonatenstapeln wiederfindet)


    Hm, oder ob er vielleicht seine Schreibtischbeine daraus gemacht hat???

    Ciao


    Von Herzen - Möge es wieder - Zu Herzen gehn!


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  • Zitat

    Original von Theophilus
    Aber die 30.000 Stück Boulez-Sonaten verblüffen mich maßlos.


    Wieso?


    Zumindest gegenwärtig ist das die einzige billig-Alternative zu 4 teuren Einspielungen dieses hochberühmten Zyklus (in unserem Lieblingsversand). Von dem gerne als "Referenz" gehandelten Pollini sehe ich keine Gesamteinspielung der Boulez-Sonaten, deren 2. es bei DG mit ihm gibt. Die anderen Interpreten werden wohl nicht als regalnotwendig erachtet, interessant wäre, wie oft der teure Henck, der etwa zeitgleich bei wergo herausgekommen ist (lt. unserem Lieblingsversand) verkauft wurde.


    Herausgekommen ist die CD 1995. Wir hätten immerhin im Schnitt mehr als 2000 pro Jahr. Wenn wir allein die weniger betuchten jugendlichen Komponisten weltweit als mögliche Kunden nehmen, hätten wir schon eine ziemliche Menge beisammen. Wie angedeutet gelten die Boulez-Sonaten neben den Stockhausen-Klavierstücken zu den berühmtesten Klaviermusikzyklen der Nachkriegszeit (ah, von Ligeti und Berio gibts dann auch noch Repertoirebeiträge).


    Natürlich eine andere Zielgruppe als diejenigen diverser Pin-Up-Geigerinnen, aber offenbar auch groß genug.
    :hello:

  • Die 30.000 Boulez stammen aus einem Portrait über Heymann, datiert Februar 2005. Nachzulesen hier:
    "http://www.brandeins.de/home/inhalt_detail.asp?id=1622


    Und die 100.000 bei La Folia sind einem aktuellen Interview (Dezember 2007) mit Jordi Savall entnommen. Die stimmen ganz sicher. Alia Vox wirbt seit Jahren mit seinen Verkaufserfolgen in den Katalogen und Pressemitteilungen oder in Interviews. Auf 100.000 hätte ich zwar selbst nicht getippt, aber wie Theophilus bereits bemerkte, Jordi Savall ist (Kult-)Star und vor allem Vollblutmusiker. Er macht seit rund 40 Jahren Musik und gibt jährlich um die 130 Konzerte (zumindest in den letzten Jahren). So erspielt man sich natürlich sein Publikum. Die Filmmusik ist selbstverständlich ein Sonderfall und somit nicht repräsentativ. Aber durch sie wurde er in Frankreich zum gefeierten Star. Lange Zeit war er dort bekannter als in Spanien. Heute zahlt sich das eben alles für ihn aus. Savall selbst weist übrigens in Interviews immer wieder darauf hin, wie die Renner unter den Alia Vox-CDs die weniger populären Titel querfinanzieren.



    Gibt es eigentlich Zahlen aus Vinyl- oder Schellack-Zeiten?

    "Das ist zeitgenössische klassische Musik. Dann unterstelle ich, daß da kein intellektueller Zugang..."
    Miroslaw Lem, Tenor

  • Im Zuge der Diskussion über die quantitative Bedeutung der Klassik „ein paar Zahlen“ zur Relativierung dieses Segments im österreichischen Markt (die deutschen Klassik-Anteile dürften geringer sein = Vermutung von mir).



    Jahr Mio. € Anteil Klassik%
    2000 314 12%
    2001 283 13%
    2002 261 12%
    2003 251 12%
    2004 234 12%
    2005 224 11%
    2006 211 11%


    Was sehen wir aus der Reihe?
    • Gesamt-Umsatz rückläufig,
    • Klassikanteil stabil, bis leicht rückläufig
    • Mozart-Jahr 2006 hat keine Zuwächse bei Klassik bewirkt= Substitutionseffekt


    Mögliche Einschränkungen, die das Resultat in summa wahrscheinlich nicht wesentlich verändern:


    • Zuordnung Klassik (ist Rieux Klassik, sind Crossover-Scheibchen Klassik – wertfreie Frage)
    • Musikvideo ab 2003 und Musikdownload ab 2005 berücksichtigt.



    2006 - Einkaufsquellen:
    Die Einkaufsquellen im Musikmarkt verschieben sich sukzessive in
    Richtung des nicht-stationären Bereiches, auch wenn dieser nach wie vor den Markt dominiert.

    Otto Rehhagel: "Mal verliert man und mal gewinnen die anderen".
    (aus "Sprechen Sie Fußball?")

  • ah, der schneidermeister plaudert aus dem kästchen...


    wenn ich jetzt den milchbuben mache und mir die zahlen irgendwie zur anschaulichkeit biege, nehme ich einen durchschnittspreis von 10€ pro cd. das sind dann 20 millionen verkaufte cds, 10% sind 2 mio klassikscheiben. nun müsste man noch wissen, wie viele titel am markt sind, aber da bekämen wir nur einen unbrauchbaren durchschnittswert...


    zudem müsste man sich fragen - wie mir gerade eingefallen ist :pfeif: -ob das einzelhandels- oder großhandelsumsätze sind. wenn beides, dann werden die cds ja wohl doppelt gezählt und beim großhandel wären 10 piepen sicher zu hoch angesetzt.


    :hello:

  • Absätze/Umsätze an den Letztverbraucher wie Du und ich
    Durchschnittspreis Gesamtmarkt 2006: Euro 11,99 (gegenüber Vorjahren sinkend, weil Du zuviel in der Billigpreisschiene wilderst).
    Absatz 2006 Gesamtmarkt: 17,6 Mio. Stk.


    Deine Schätzung Klassikabsatz ist daher phänomenal gut. Warum verläßt Du nicht die Literatur und wechselst zu den Zahlen?


    Titel auf dem Markt: Das hat mir das Vöglein nicht gesungen, wäre eine notwendige Größe (Anzahl Angebotstitel, durchschnittlicher Angebotspreis, die Gegenüberstellung mit dem Nachfragepreis ergäbe eine interessante Größe, interessanter jedenfalls als ob Karajan mit geschlossenen Augen dirigierte, oder nicht).

    Otto Rehhagel: "Mal verliert man und mal gewinnen die anderen".
    (aus "Sprechen Sie Fußball?")

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  • Zitat

    Original von Rienzi
    Warum verläßt Du nicht die Literatur und wechselst zu den Zahlen?


    i bin beamter -des is ka schand'
    ('s gibt vü beamte bei uns im land.
    kleine preisfrage: von wem?
    preis: 1 cd)

  • Zitat

    Original von Rienzi
    Absätze/Umsätze an den Letztverbraucher wie Du und ich
    Durchschnittspreis Gesamtmarkt 2006: Euro 11,99 (gegenüber Vorjahren sinkend, weil Du zuviel in der Billigpreisschiene wilderst).
    Absatz 2006 Gesamtmarkt: 17,6 Mio. Stk.


    Deine Schätzung Klassikabsatz ist daher phänomenal gut. Warum verläßt Du nicht die Literatur und wechselst zu den Zahlen?


    Verstehe ich jetzt nicht ganz. Die Überschlagsrechnung aus den von Dir bereits genannten Zahlen war jetzt nicht so schwer, oder?


    Der Marktanteil in D ist etwas niedriger, ich habe so was wie 7-8% (vor einigen Jahren) im Hinterkopf. Das ist freilich immer noch etwa doppelt soviel wie in den USA.
    (Und die jeweiligen Anteile haben sich, vom CD-Boom Ende der 80er abgesehen wohl seit über 30 Jahren nicht groß verändert. In der Anfangszeit war der Klassikanteil etwas höher.)


    Was mich ein wenig wundert, ist, dass der Klassik-Anteil nicht leicht steigt, da ja das Volumen hauptsächlich durch den Einbruch im Popbereich wg. Downloads usw. insgesamt deutlich gesunken ist. Selbst wenn die Klassiknachfrage ebenfalls sinkt, wäre ich sicher gewesen, dass sie deutlich langsamer sinkt als Pop, was zu einem höheren Anteil hätte führen müssen.


    viele Grüße


    JR

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    (Bob Dylan)

  • jetzt lass uns halt nett zueinander sein, du vatermörder, du!
    wo doch das woe so nahe und du eh schon blau.
    (damit meine ich: darfst löschen ;) )


    Hast Du mir jetzt extra ne Antwort geschrieben, dass ich mal was löschen darf? Inwiefern war ich denn nicht nett?


    ah, du willst auch nett zu mir sein, das lob ich mir. :]


    bezüglich war ich darauf:
    "Verstehe ich jetzt nicht ganz. Die Überschlagsrechnung aus den von Dir bereits genannten Zahlen war jetzt nicht so schwer, oder?"


    und meine preisfrage oben war ernst gemeint. aber nur noch bis 18 uhr.

  • Lieber Johannes,


    In den mir gesungenen Zahlen beträgt der Pop-Rock/Deutschpop/Schlager-Anteil 2006 66% und ist im Vergleich zum VJ um zwei %-Punkte gestiegen.
    Der Rest verteilt sich auf die Gruppen Volksmusik, Weihnachtsmusik, Soundtracks, Kindersegment, Hip-Hop, (wasimmer das ist), etc.


    Obsis Überschlagsrechnung:
    Da unser observator ein Schöngeist ist, hat mich sein betriebswirtschaftlicher Ansatz verwundert und ich bewundere ihn darob nach wie vor.

    Otto Rehhagel: "Mal verliert man und mal gewinnen die anderen".
    (aus "Sprechen Sie Fußball?")

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  • Zitat

    Original von observator
    und meine preisfrage oben war ernst gemeint. aber nur noch bis 18 uhr.



    Georg Kreisler natürlich.


    Darf ich mir jetzt eine von Deinen großen C-dur-Symphonien-Aufnahmen aussuchen? :D



    Viele Grüße


    Bernd

  • Das von den 30000 verkauften Boulezaufnahmen hab ich auch mal gelesen, und zwar glaube ich, dass es ein Interview mit Heymann in der Frankfurter Allgemeinen Sonntagszeitung war. (Gibt ja sicher mehrere Quellen, in denen die Zahl auftaucht)


    Die Zahl klingt für mich auch sehr hoch, allerdings muß man bedenken: Der Name Boulez ruft bestimmt bei vielen Käufern doch Neugier hervor, wenn er als Komponist auftaucht und für fünf Euro wischt man tonale Bedenken schnell mal weg - zumal, wenn mit Biret eines der stärksten Zugpferde von Naxos im Stall steht.


    Gruß
    Sascha

  • Was mich an Rienzis Zahlen erstaunt ist dass der Markt für klassische Tonträger in absoluten Zahlen damit sogar noch mehr geschrumpft wäre als der Markt insgesamt. Das wundert mich doch schon sehr, wenn man bedenkt in welchem Maße die Pop-/Rock-Sparte in diesem Zeitraum durch das Aufkommen von legalen wie illegalen Downloads gelitten hat, ein Phänomen, dass den Bereich klassischen Musik bisher nur marginal tangiert haben dürfte.


    Im Grunde genommen hätte ich erwartet, dass vor dem Hintergrund dieser Entwicklung der Anteil klassischer Musik am Gesamtmarkt eher zugenommen hätte.


    katlow

  • Zitat

    Original von observator
    wenn du willst, kriegst du eine.
    aber aussuchen muss ich. ;)




    es is nämlich foigendes [-das ist von lukas resetarits, der gar nicht vorgesehene preis geht an mich]:


    vor ca. einem jahr hab ich ein rätsel gestartet, das im rahmen der umfassenden großen boykottmaßnahmen gegen den kleinen obsi praktisch umfassend ignoriert worden ist. der preis hiefür steht noch immer in meinem abholregal. jetzt war ich natürlich gemäß meinem naturell und meiner lieblingssignatur folgend weder depressiv wie ein fuxteufel noch böse wie die leberwurst, habe aber beschlossen, meine enigmatischen emanationen etwas einzuschränken. wenn du die d944 dort willst, sag's mir. sonst schicke ich dir eine auswahlliste.


    und das passt jetzt nicht wirklich mehr daher, ich entschuldige mich bei dem rechtschaffenen bluecollarworker, der das irgendwohin verschiebt und verschiebe mich bis montag.
    :hello:

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  • zurück zum Thema. Nur Einzelzahlen, aber nicht uninteressant, wie ich finde, aus der heutigen "Leipziger Volkszeitung":


    Zitat

    Das Gewandhausorchester etwa ist mit dem Mitschnitt eines Schumann-Konzerts mit Martha Argerich unter Riccardo Chailly bei i-Tunes vertreten. Bis November zählte die Decca 1000 Downloads des gesamten Konzertes, noch einmal knapp ebenso viele von einzelnen Titeln. Der größte Teil der Zugriffe, die rund 13 Euro kosten, kam aus den USA. Dieser Erfolg wird deutlich relativiert, setzt man die Verkaufszahlen von CDs als Maßstab: Die Doppel-CD der Brahms-Klavierkonzerte mit Chailly und Nelson Freire verkaufte sich bis zum Ende des Jahres fast 30 000 Mal. Gewandhausdirektor Andreas Schulz: „In den USA ist das Online-Geschäft mit klassischer Musik ein Riesenthema.
    In Europa setzen Musikfreunde auf den klassischen Tonträger. Hier schätzt man die sinnliche Präsenz einer CD. Beim Buch verhält es sich auf beiden Teilen des großen Teiches ähnlich.“


    Da man ja in Zitaten nicht korrigieren darf, lasse ich mal die "Titel" stehen und auch die "beiden Teile des großen Teiches" :boese2:


    :hello:
    Reinhard

    Einer acht´s - der andere betracht´s - der dritte verlacht´s - was macht´s ?
    (Spruch über der Eingangstür des Rathauses zu Wernigerode)

  • Und noch ein paar Zahlen u.a. von Hyperion, auf die salisburgensis & Theophilus hier vor einem Jahr hinwiesen:


    Zitat

    Original von Hyperion-Seite
    How many copies of a given record are in fact sold? The answer varies enormously, but it is not in the quantities which some people seem to think. (Otherwise there wouldn't be so many deletions and remaindered copies.) The average sales figure is just a few thousand copies (over several years - if it is permitted to remain in the catalogue that long!). Proportionally speaking, very few records reach 10,000. Some don't even reach 2,000. These are world sales figures, not just for the United Kingdom. What is more, at present the average sales per title are falling because of the enormous quantities of new issues.

    [SIZE=7]Quelle: "http://www.hyperion-records.co.uk/cdcosts.asp[/SIZE]


    Zitat

    Original von Theophilus
    Ein sehr informativer Artikel! Und er passt recht gut zu einem Interview mit einem Manager einer französischen Plattenfirma, welches ich einmal gelesen habe. Dessen Firma produziert nur Solisten und kleine Ensembles. Man ist dort sehr zufrieden, wenn sich eine CD 15000 Mal verkauft. Bei einer neuen Produktion achtet man darauf, dass der Break Even Point deutlich darunter liegt.


    Theophilus, weißt Du zufällig noch welche Firma das war?


    Wenn man sich die Zahlen anschaut, muß man Savall definitiv den Status des Superstars der Alten Musik einräumen. :D



    :hello:

    "Das ist zeitgenössische klassische Musik. Dann unterstelle ich, daß da kein intellektueller Zugang..."
    Miroslaw Lem, Tenor

  • Zitat

    Original von Gentilhombre


    Theophilus, weißt Du zufällig noch welche Firma das war?


    Das muss Opus 111 gewesen sein.

    Ciao


    Von Herzen - Möge es wieder - Zu Herzen gehn!


  • Hallo zusammen,


    im Diapason (= franz. Fonoforum) vom Januar gibt es ein kurzes Interview mit den Gründern von Alpha bzw. Zig Zag Territories über die Chancen von kleinen Plattenfirmen am Markt, in dem auch einige Verkaufszahlen gennant werden:


    Beide sagen, dass Ende der 90er Jahre ein Marktfenster offen war, für die Gründung kleiner Platte-Labels. Gründe dafür: Die Majors zogen sich langsam aus dem Markt zurück und die Presse war gierig nach neuen Namen / Gesichtern. So wurde beide Labels durchaus durch die Presse gepuscht (bzgl. Diapason kann ich das bestätigen, wie es in Deutschland aussah, weiss ich weniger).


    Die erste Platte von alpha (Castaldi mit Poème Harmonique) habe sich 20.000 mal verkauft. Bei Zig Zag Territories war Nr. 3 ein großer Erfolg: Une soirée chez les Jaquin, ebenfalls mit 20.000 Exemplaren.


    Beide meinen, dass sich heute ein solcher Erfolg nicht wiederholen lässt. Als einen Grund sehen sie auch das verstärkte Auftreten von Sonderangeboten durch die Majors.


    Die Erstbestellungen für die Bach-Kantaten-Platte mit Leonhardt (eine offenbar eher leicht verkäufliche Platte) liege derzeit bei 1500 Exemplaren, vor Jahren seien es noch 3.000 gewesen. Bei Zig Zag Territories ist die Zahl der Erstbestellungen für "Dames de Ferrare" von Denis Raisin-Dadre sogar nur 300. Dabei werden 15% sogar wieder zurückgeschickt, was früher wohl auch nicht der Fall war.


    Insgesamt glaube ich mittlerweile, dass ich einige extreme Raritäten in meinem Plattenschrank habe, bin aber auch eher erschrocken über die Situation, die diese beiden, sicher relativ erfolgreichen Label, zeichnen.


    Ich unterstütze sie schon nach Kräften - und habe jetzt gute Gründe, dass auch weiter zu tun :D


    Viele Grüße,


    Melanie