Heute möchte ich an eine Sängerin erinnern, die ich leider nur in ihrer Spätzeit erlebt habe, der ich aber trotzdem viele unvergessliche Abende verdanke, - Erika Köth.
Sie war das Paradox eines warmherzigen, seelenvollen Koloratursoprans.
Gleich ob Königin der Nacht (die ich nur von der Platte her kenne), Konstanze, Lucia oder Gilda, - es gab bei ihr keine schrillen Töne und ihre Darstellung war immer anrührend. Das galt erst recht für ihre lyrischen Partien wie Pamina, Susanne oder Micaela.
Fricsay antwortete seinerzeit auf die Frage, aus welchem Grund er in München die - damals nördlich der Alpen kaum gespielte- "Lucia" bringe: "Weil ich eine Köth habe". Zu meiner Studentenzeit sang die Köth die Rolle, die sie eigentlich schon abgegeben hatte, anläßlich der 100. Aufführung der damaligen Inszenierung noch einmal. Im Gegensatz zur Callas oder etwa zur Moffo war der Wahlnsinn der Köth kein kalter, sondern - wenn man es so ausdrücken kann - ein süßer Wahn. Nach der Wahnsinnsarie gab es 8 Minuten Beifall.
Die Rolle, die ihr vielleicht am meisten auf den Leib geschrieben war, war die Gilda. Nicht umsonst betitelte ihr Biograph Klaus Adam einen Nachruf "Lassù in cielo".
Ihr letzter großer Triumph war die Premiere von "La Bohème" im Münchner Nationaltheater am 14.6.1969.Vorher verlautete auf der Galerie gerüchteweise, die alte Köth solle ausgebuht werden. Hinterher gab es "Erika, Erika"-Sprechchöre, - das einzige Mal übrigens, dass ich so etwas im Nationaltheater erlebt habe.
Wie populär Erika Köth war und wie hoch sie geachtet wurde, zeigt wohl nichts besser, als dass die Straße, in der sie wohnte (in Baldham-Kolonie) schon zu ihren Lebzeiten nach ihr benannt wurde.
Ein Gefallen, den sie den Münchner Opernfans neben ihren eigenen Auftritten auch noch tat, soll nicht unerwähnt bleiben: sie entdeckte meines Wissens in Kaiserslautern Wolfgang Brendel, seit 1971 bis heute lyrischer und Heldenbariton am Nationaltheater und lange Jahre vor allem ein wunderbarer Wolfram und Posa.
Ich bin dankbar, dass die meisten großen Rollen der Köth auf Tonträger dokumentiert sind. Leider gilt das jedoch meines Wissens nicht für die Mimi.