Oper als Streichquartett: Bearbeitungen

  • Hallo,


    ein Thema, das nun weder uneingeschärnkt in den Kammermusikbereich, noch in den Opernbereich so recht hieinpasst. Daher vorläufig hier bei den "allgemeinen Klassikthemen". Carola erinnerte mich daran, daß ich einen solchen Thread schon vor längerer Zeit geplant hatte.


    Da ich sowohl ein Freund der Oper als auch des Genres Streichquartett bin, faszinieren mich Streichquartett-Bearbeitungen von Opern besonders. Auf diese Weise kann ich meine geliebten Opern "ohne großen Krach" in mehr privater Atmosphäre genießen.


    Solche Bearbeitungen wurden, wie auch das Setzten als sogenannte Harmoniemusik [für reines Blasorchester], im ausgehenden 18. Jahrhundert verstärkt von Zeitgenossen der Komponisten [teilweise von den Verlegern selbst?] vorgenommen. Als Bearbeiter können hier bedauerlicher Weise kaum Namen genannt werden. Die gewissen Herren Triebensee und Wendt sollen jedoch nicht ganz unschuldig daran sein. Deren Bearbeitungen "für die Harmonie" jedenfalls sind wundervoll, die Bearbeitungen für Streichquartett eher wunderlich...


    Was mich sehr häufig an diesen Bearbeitungen stört, daß sie nicht wirklich Rücksicht auf den Klangkörper Streichquartett nehmen und somit für mich eher in die Kategorie "billig" gehören. Dazu zählt beispielsweise auch die Kammermusikversion von Beethovens 4tem Klavierkonzert [eine dennoch phantastische Einspielung mit Robert Levin ist erhältlich].


    Aber hier soll es ja um die Opern gehen.


    Derlei Bearbeitungen wurden für hausmusikalische Zwecke angefertigt und mit großem Erfolg vertrieben. In der Regel erhalten diese auch "Suiten" genannten Kompilationen nicht die gesamte Oper [Singspiel], sondern die Highlights gemäß des damaligen Geschmacks [was zudem interessant ist, denn daran hat sich offenbar kaum etwas verändert!].


    Zu Mozarts Opern sind folgende Bearbeitungen erhältlich:



    Wolfgang Amadeus Mozart [1756-1791]
    Don Giovanni für Streichquartett


    Artis Quartett



    Wolfgang Amadeus Mozart [1756-1791]
    Die Zauberflöte für Streichquartett


    Aus der selben Serie:



    Wolfgang Amadeus Mozart [1756-1791]
    Le Nozze di Figaro für Streichquartett


    Eine Cosí fan tutte fehlt hier leider :( und die Zauberflöte steht noch auf meinem Wunschzettel.


    Im Anhang B des Köchelverzeichnisses sind die aufgefundenen Bearbeitungen Mozartscher Opern gelistet. Für Streichquartett sind aufgeführt:


    Idomeneo, Rè di Creta: Als Streich- u. Flötenquartett: Bonn, Simrock, V.-Nr. 523, 1. u. 2. Teil [1807]. Als Streichquintett ebenda.


    :boese2:


    Die Entführung aus dem Serail für Streichquartett. Salzburg, Mozarteum und Wien, Nat.Bibl., Mus.Hs. 12532


    :boese2:


    Le Nozze di Figaro als Streichquartett von dem florentiner Musiker [!] Giovanni Fel. Mosell sowie von Went [vgl. o.g. Einspielung].


    Don Giovanni in Quartetto. Wien, Nat.Bibl. Mus.Hs. 12531


    Cosí fan tutte für Streich- oder Flötenquartett: Wien, Artaria & Co., V.-Nr. 1705/6 [1805] u.a.


    :boese2:


    Die Zauberflöte für Streich-oder Flötenquartett: Wien, Artaria & Co. [Wendt], V.-Nr. 378/79 [23.05.1792]


    La Clemenza di tito für Streich- oder Flötenquartett: Wien ,Artaria & Co., V.-Nr. 780 [1798]


    :boese2:


    Ebenfalls auf dem Wunschzettel steht:



    Ludwig van Beethoven [1770-1827]
    FIDELIO für Streichquartett


    Die Einspielung ist vor nicht ganz einem Jahr erschienen.


    Besonders hervorragend ist diese gelungen:



    Vicente Martín y Soler [1754-1806]
    Una cosa rara für Streichquartett


    Zudem ist es beinahe wunderlich, daß diese doch eher unbekannte Oper des wahrscheinlich größten Opernkonkurrenten Mozarts überhaupt eingespielt wurde. Wahrlich eine Sensation! Hier klingt alles so, wie es in einem rechten Streichquartett m. E. zu klingen hat - der Bearbeiter war denn auch nach Annahme der Bookletautoren der Komponist selbst.


    Ich möchte gerne Hinweise auf weitere Bearbeitungen von Opern erhalten und werde gelegentlich noch Tips abgeben, sofern mir Neues unterkommt.


    Viele Grüße
    Ulli

    Die Kunst ist [...] vielleicht das Denken des Herzens.
    (Blaise Pascal, 1623-1662)

  • Für mich ist die oben gezeigte Figaro-Bearbeitung die erste Erfahrung mit dieser Art von Streichquartett.


    Ich bin da recht anspruchslos, schon deshalb, weil ich die Oper selbst ja gar nicht kenne (wer es noch nicht mitbekommen hat: Ich mag keine Opern). So eine Bearbeitung ist für mich deshalb eine gute Gelegenheit, einfach mal ein paar der bekannteren Melodien kennen zu lernen, ohne mich mit den Inhalten näher beschäftigen zu müssen. Ein Streichquartett im eigentlichen Sinne erwarte ich also nicht, eher gehobene Unterhaltungsmusik für nebenbei.


    Interessanter (und womöglich ernster zu nehmen?) wäre so eine Bearbeitung aber vielleicht, wenn sie vom Komponisten selbst stammen würde.


    Mit Gruß von Carola

  • Hallo,


    weil sich kein Extrathread lohnt [oder gibt es einen solchen? Dann bitte verschieben, andernfalls den Thread bitte verallgemeinern in "Streichquartettbearbeitungen" oder so ähnlich], zähle ich auch mal Mozarts "Requiem" zu den Opern...


    Es gibt dazu eine Streichquartettfassung von Peter Lichtenthal [1780-1853], was eigentlich sehr vielversprechend klingt. Mir liegt diese Fassung in zwei Einpsielungen vor:



    Quatuor Aglaia



    Kuijken Kwartet


    Die Einspielungen sind beide technisch auf allerhächstem Niveau - einziger Unterschied: das Kuijken-Kwartet spielt HIP, das Quatuor Aglaia herkömmlich. Zudem spielen die Vier Aglaias etwas schärfer und rasanter, während sich das Kuijken-Kwartet in etwa an die Singbarkeit hält [dementsprechend ist auch der lateinische Text im Booklet zum Mitsingen abgedruckt :D ].


    Aber diese Fassung von Lichtenthal überzeugt mich in weiten Teilen nicht. Wichtige und markante thematische Merkmale werden einfach verschluckt, insbesondere dann, wenn Chor und Orchester der Originalfassung Mozart/Süßmayr/al. unterschiedliche Parts zu spielen haben. Dies ließe sich aber nach meinem Dafürhalten durchaus für ein Streichquartett - ggfs. Streichquintett - arrangieren. Als extrem störend empfinde ich die Anbindung der Textteile des Lacrymosa: "...qua resurget ex favilla...". Hier ist ein deutliches Zuviel an fremder Zugabe, um als eine voll schöne Streichquartettbearbeitung durchzugehen.


    Ich glaube, ich muß da doch mal langsam meine Fassung zu Papier bringen... :rolleyes:


    "Vorteil" der Aglaia-Einspielung ist die Kombination mit dem Klavierkonzert Nr. 20 in d-moll KV 466, gespielt von Laura Alvini, hier ebenfalls in der Streichquartettfassung von Peter Lichtenthal eingespielt. Diese Fassung ist recht gut gelungen, obschon ich die Bläser durchaus vermisse, was beispielsweise in den authentischen Klavierquintettfassungen der Mozartkonzerte KV 413 und 414 nicht der Fall ist.


    Eigentlich betreffend des Requiems sehr schade um die schöne Idee. Der ORF hat gerade zu diesem Thema einen Text online aufgelegt.


    :hello:


    Ulli

    Die Kunst ist [...] vielleicht das Denken des Herzens.
    (Blaise Pascal, 1623-1662)


  • Wolfgang Amadeus Mozart [1756-1791]
    Die Zauberflöte für Streichquartett


    Die hab ich nun Dank meines Geburtstages. :]


    Was soll ich sagen? Es gibt sowohl Positives wie Negatives: Die Bearbeitung eines anonymen Zeitgenossen Mozarts ist durchweg sehr eigenwillig, aber sie gefällt mir wirklich sehr [mit "eigenwillig" meine ich diverse Aus- und Verzierungen, die etwas unerwartet daher kommen]. Leider ist nicht die gesamte Suite eingespielt, sondern lediglich die Ouvertüre und vier weitere Nummern aus der Oper ["Bei Männern, welche Liebe fühlen...", "Wie stark ist doch Dein Zauberton", "Alles fühlt der Liebe Freuden..." und Gottseidank "Der Hölle Rache..."].


    Das ist mir persönlich natürlich etwas wenig und ich muß eine weitere Einspielung suchen, die einen größeren Querschnitt der Oper bietet, wie dies für derartige Suiten üblich ist.


    Die Spielweise ist auf dieser CD etwas arg durchwachsen: Im mit enthaltenen Quintett C-Dur KV 515 gibt es im ersten Satz größere Reibungen im Bereich der mittleren Streicher, die sehr unangenehm sind und IMO auf gefährliche Intonationsprobleme zurückzuführen sind.


    Bei der Zauberflöten-Suite wird weniger Vibrato angewandt, als dies bei KV 515 und dem ebenfalls enthaltenen KV 478 der Fall ist. Insgesamt klingt es passagenweise durch das Vibrato eher jazzig, woran ich mich erst gewöhnen muss. Besonders ist dies bei den letzten "Worten" Hört! Rache, Götter... in der die KdN-Rolle übernehmenden Violine er Fall - eigentlich ziemlich lustisch.


    :hello:


    Ulli

    Die Kunst ist [...] vielleicht das Denken des Herzens.
    (Blaise Pascal, 1623-1662)