RUBBRA Edmund - Die Symphonien

  • Edmund Rubbra (1901 – 1986)


    Die Symphonien


    Klassische Formgebung und Improvisation


    Edmund Rubbra war ein äußerst zurückhaltender Mensch und gab im allgemeinen wenig Hinweise auf die außermusikalischen Ideen, die zur Gestaltung seiner Musik beitrugen. Als kreativer Mensch reagierte er jedoch nachdrücklich auf Landschaften, auf politische und soziale Ereignisse der damaligen Zeit und wohl insbesondere auf religiöse und philosophische Vorstellungen und Gedankengänge. Alle diese Einflüsse fanden direkten Ausdruck in seiner Musik.


    Edmund Rubbra wurde am 23. Mai 1901 in Northampton geboren. Er wuchs in den bescheidenen Verhältnissen einer Arbeiterfamilie auf, wo seine Mutter ihm ersten Klavierunterricht erteilte. Mit vierzehn Jahren verließ er die Schule, arbeitete als Bahnangestellter und gab mit 16 Jahren ein erstes Konzert mit Werken von Cyril Scott (1879 – 1970), der so auf ihn aufmerksam wurde und ihm daraufhin Klavier- und Kompositionsstunden erteilte. Vier Jahre später wurde er am Royal College of Music in London aufgenommen, wo seine Lehrer Gustav Holst (1874 – 1934) für Komposition, und Reginald Owen Morris (1886 – 1948 ) für Harmonie und Kontrapunkt waren. Beide hatten starken Einfluss auf seine weitere Entwicklung, und mit Begeisterung studierte Rubbra die Tudor-Musik der englischen Renaissance. Bis zum Zweiten Weltkrieg führte Rubbra ein künstlerisch äußerst bewegtes Leben, als Pianist und Tonsetzer (in beiden Funktionen wirkte er bei einer reisenden Theatergruppe mit), Lehrer und Kritiker. In den dreißiger Jahren wurde man allmählich auf sein Schaffen aufmerksam, das mittlerweile ausgeprägten Eigenton bewies. Seine erste Symphonie entstand 1934 -1937. Innerhalb vier Jahren folgten drei weitere Symphonien, die ihm den Rang als einen der führenden Komponisten des Landes sicherten – auch wenn, da sich bei ihm in besonders offensichtlicher Weise alle Elemente der kontrapunktischen Substanz unterordneten, oftmals seine Instrumentation als grau und eintönig gerügt wurde und das Desinteresse am ausgeprägten Effekt breiterem Erfolg auf Dauer im Wege stehen sollte. Nach dem Krieg sorgte das fortschrittsbetonte Klima zunehmend für Gegenwind. Bald galt Rubbra als Konservativer, was sich bei näherer Betrachtung nicht aufrechterhalten lässt. Die Symphonien Nr. 5 - 7, zwischen 1947 und 1957 entstanden, waren zeitweise ziemlich erfolgreich und wurden unter Dirigenten wie Stokowski, Boult oder Barbirolli gespielt. Ab der achten Symphonie (1966-68 ) wurde Rubbras Orchesterpalette noch farbenfroher, sinnlicher. Zum späten Höhepunkt seiner Symphonik gehören die nur für Holzbläser, zwei Hörner und Streicher besetzte Symphonie Nr. 10, und die einsätzige, seiner Frau Colette gewidmete Symphonie Nr. 11, die auch Rubbras letztes Werk für großes Orchester ist.




    Edmund Rubbra (l.) und Adrian Boult (r.) studieren eine Partitur




    Symphonie Nr. 1 op. 44


    01. Allegro moderato e tempestoso
    02. Perigourdine: Allegro bucolico e giocoso
    03. Lento


    Entstehung: 1935 – 1937
    Uraufführung: 30.04.1937
    Dirigent: Sir Adrian Boult
    Verlag: Alfred Lengnick & Co., London
    Dauer: ca. 35 Minuten



    Symphonie Nr. 2 op. 45


    01. Lento rubato –
    02. Scherzo: Vivace assai
    03. Adagio tranquillo
    04. Rondo: Allegro amabile – Coda: Presto


    Entstehung: 1937, rev. 1950
    Uraufführung: 16.12.1938
    Dirigent: Sir Adrian Boult
    Verlag: Alfred Lengnick & Co., London
    Dauer: ca. 34 Minuten



    Symphonie Nr. 3 op. 49


    01. Moderato
    02. Allegro
    03. Molto adagio ma liberamente
    04. Tema con 7 variazioni e fuga


    Entstehung: 1938 – 1939
    Uraufführung: 15.12.1940
    Dirigent: Sir Malcolm Sargent
    Verlag: Alfred Lengnick & Co., London
    Dauer: 35 Minuten



    Symphonie Nr. 4 op. 53


    01. Con moto
    02. Intermezzo: Allegretto grazioso
    03. Introduzione: Grave e molto calmo – Allegro maestoso


    Entstehung: 1940 – 1942
    Uraufführung: 14.08.1942
    Dirigent: Edmund Rubbra
    Verlag: Alfred Lengnick & Co., London
    Dauer: ca. 28 Minuten



    Symphonie Nr. 5 op. 63


    01. Adagio
    02. Allegro moderato
    03. Grave –
    04. Allegro vivo


    Entstehung: 1947 – 1948
    Uraufführung: 26.01.1949
    Dirigent: Sir Adrian Boult
    Verlag: Alfred Lengnick & Co., London
    Dauer: ca. 27 Minuten



    Symphonie Nr. 6 op. 80


    01. Lento (Sempre flessibile) – Allegretto
    02. Canto: Largo e sereno
    03. Vivace impetuoso
    04. Poco andante – Allegro moderato


    Entstehung: 1953 – 1954
    Uraufführung: 17.11.1954
    Dirigent: Sir Malcolm Sargent
    Verlag: Alfred Lengnick & Co., London
    Dauer: ca. 33 Minuten



    Symphonie Nr. 7 in C op. 88


    01. Lento e molto espressivo
    02. Vivace e leggiero
    03. Passcaglia and Fugue: Lento


    Entstehung: 1956 - 1957
    Uraufführung: 01.10.1957
    Dirigent: Andrzej Panufnik
    Verlag: Alfred Lengnick & Co., London
    Dauer: ca. 35 Minuten



    Symphonie Nr. 8 op. 132
    Hommage à Teilhard de Chardin


    01. Moderato
    02. Allegretto con brio
    03. Poco lento


    Entstehung: 1966 – 1968
    Uraufführung: 05.01.1971
    Dirigent: Sir Charles Groves
    Verlag: Alfred Lengnick & Co., London
    Dauer: ca. 24 Minuten



    Symphonie Nr. 9 op. 140 “Sinfonia Sacra”
    The Resurection


    01. Prelude –
    02. Chorus: Crux fidelis –
    03. Chorale: Almighty Lord we pray thee –
    04. Narrator: Now in the place where he was crucified –
    05. Narrator: Peter went forth –
    06. Chorus: Regina coeli –
    07. Narrator: And behold, two of them went –
    08. Conversation piece (Orchestra) –
    09. Narrator: And Jesus led them –
    10. Narrator: Viri Galilaei


    Entstehung: 1961 – 1972
    Uraufführung: 20.02.1973
    Dirigent: Sir Charles Groves
    Verlag: Alfred Lengnick & Co., London
    Dauer: ca. 45 Minuten



    Symphonie Nr. 10 op. 145 “Sinfonia da camera”
    For Sir Arthur Bliss


    01. Lento e liberamente –
    02. Scherzando ma grazioso –
    03. Lento –
    04. Molto adagio


    Entstehung: 1974
    Uraufführung: 08.01.1975
    Dirigent: ?
    Verlag: Alfred Lengnick & Co., London
    Dauer: ca. 15 Minuten



    Symphonie Nr. 11 op. 153 in one movement
    For Colette


    Andante moderato Adagio: calmo e sereno


    Entstehung: 1977 – 1979
    Uraufführung: 20.08.1980
    Dirigent: ?
    Verlag: Alfred Lengnick & Co., London
    Dauer: ca. 15 Minuten




    Aufnahmen:


    Symphonien 1 – 11


    Lynne Dawson, Sopran
    Della Kones, Alt
    Stephen Roberts, Bariton
    BBC National Symphony Orchestra of Wales
    Richard Hickox


    Chandos




    Symphonien 3 & 4
    A Tribute op. 56
    Overture Resurgam op. 149


    New Philharmonia Orchestra
    Vernon Handley
    London Philharmonic Orchestra
    Sir Adrian Boult


    Lyrita




    Symphonien 6 & 8
    Soliloquy for cello and orchestra op. 57


    Rohan De Saram, Violoncello
    Philharmonia Orchestra
    Norman Del Mar
    London Symphony Orchestra
    Vernon Handley


    Lyrita




    Symphonien 2 & 7
    Festival Overture op. 62


    New Philharmonia Orchestra
    Vernon Handley
    London Philharmonic Orchestra
    Sir Adrian Boult


    Lyrita




    Welche Werke kennt Ihr und welche Aufnahmen würdet Ihr empfehlen?



    Davidoff

    Verachtet mir die Meister nicht

  • Hallo Davidoff,

    Zitat

    auch wenn, da sich bei ihm in besonders offensichtlicher Weise alle Elemente der kontrapunktischen Substanz unterordneten, oftmals seine Instrumentation als grau und eintönig gerügt wurde und das Desinteresse am ausgeprägten Effekt breiterem Erfolg auf Dauer im Wege stehen sollte


    Genau das ist mein Problem seit 25 Jahren mit der Musik von Rubbra.


    Aber den Anfang seines Klavierkonzertes mag ich.
    Wenn er dieses Niveau nur im Laufe des Werkes beibehalten hätte.


    :hello:
    Michael

  • Hallo, Davidoff!


    Ich habe einst einen Mitschnitt der sechsten Sinfonie mit Hickox angefertigt und werde sie mal wieder anhören. In Erinnerung habe ich einen eher dunklen, durchaus britischen Klang, quasi ein geglätteter Bax oder Vaughan Williams.


    Aber wenn es, Michael zufolge, ein Klavierkonzert mit einem guten Anfang gibt, dann wäre das doch für mich eine gute Möglichkeit zum Weitermachen. :D


    Besten Gruß, Wolfgang

    Lieber Fahrrad verpfänden denn als Landrat enden!

  • Wenn wir schon am Klippenrand des OT stehen: Besonders empfehlen möchte ich das Violinkonzert Op. 103, uraufgeführt 1960.


    Große Linien und phantasievolle rhapsodische bis ausgesprochen lyrische Elemente (ein wundervoll poetischer zweiter Satz).
    Natürlich alles unterlegt mit britisch-herbem Charme, den man zum Genuss schon mögen muss.


    Die Symphonien sind bislang an mir vorbei gegangen, aber auch wenn ich mich vielleicht nicht durch alle elf graben werde, so wird mir dieser Thread Anlass genug sein, mal etwas auf die Pirsch zu gehen.


    Thanks a bundle, Davidoff.



    audiamus



    .

  • Zitat

    Original von audiamus


    Die Symphonien sind bislang an mir vorbei gegangen, aber auch wenn ich mich vielleicht nicht durch alle elf graben werde, so wird mir dieser Thread Anlass genug sein, mal etwas auf die Pirsch zu gehen.


    Dann möchte ich Dir gerne folgende Symphonien empfehlen, die nicht "grau und eintönig" klingen, sondern prachtvoll strahlen und vor Freude überschäumen:


    Symphonie Nr. 3 op. 49


    Symphonie Nr. 5 op. 63


    Symphonie Nr. 7 op. 88


    (Was aber nicht heißen soll, dass die anderen Symphonien öde sind!)


    Davidoff

    Verachtet mir die Meister nicht

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  • Hallo Davidoff,


    Danke für deine Empfehlung, sich mit den Sinfonien Nr.3,5,und 7 zu beschäftigen.
    Diese werde ich in nächster Zeit mal hören.


    Die Rubbra-Sinfonien habe ich in der Hickox-GA eher zufällig, da sie nach Bestellung in meiner Verwandtschaft doppelt geliefert wurden.


    Ob ich mich sonst jemals dafür interessiert hätte ist fraglich.
    Ich habe in den letzten Jahren mehrmals in die Chandos-Box reingehört und hier und da schon interessante Abschnitte gehört. Aber es ist eigendlich nichts hängen geblieben, sodas ich nun keine Sinfonie benennen könnte in der ich außergewöhnliches gehört hätte. Vom Zugang her bieten die Werke allesamt keine Schwierigkeiten, da voll tonale Musik - aber der zündende Funke - wo ist der ?
    Von daher kann ich Michael Schlechtriems Eindrücke zu Rubbra nachvollziehen.


    :hello: Ich werde meine Eindrücke zu Rubbra, gemäß deiner Werk-Empfehlungen auffrischen und berichten.

    Gruß aus Bonn, Wolfgang

  • Lieber Teleton,


    die drei von mir vorgeschlagenen Werke gehören in der Tatg zu meinen Lieblingsstücken des Komponisten. Vor allem der herrliche Variationensatz (4) der dritten Symphonie und die sich daran anschließende Fuge sind wunderbar anzuhören.
    :jubel:


    Ich wünsche Dir und allen anderen viel Spaß mit diesen Werken.


    Davidoff

    Verachtet mir die Meister nicht

  • Ich besitze - dank der "Lyrita-Aktion" nun 2 Sinfonien von Rubbra, nämlich die 3. und 4. Sinfonie. Gehört habe ich heute die 3. Sinfonie, kann also keine allgemeine Aussage zu Rubbras Sinfonien im allgemeinen machen. Schon zu Beginn konnte ich zu meiner Überraschung feststellen, daß das Werk recht angenehm klingt. Der nächste Eindruck war dann der einer gewissen Beliebigkeit, wie sie IMO oft bei englischen Komponisten seiner Generation festzustellen ist (oder korrekter ausgedrückt: "wie ich glaubte, feststellen zu können")
    Dieser Eindruck war indes nur von kurzer Dauer, denn Rubbra setzt immer wieder akustische Akzente von eher hoher Dynamik und Effekt, die das Interesse stets wach halten - mich wundert, daß hier "teleton" nicht begeistert davon ist. Persönlich gefällt mir diese Sinfonie besser als das meiste, das ich bisher von Rubbras englischen Zeitgenossen gehört habe. Enstehungszeit und Spieldauer findet ihr im Eröffnungsbeitrag von Davidoff.
    Für mich war diese Sinfonie eine positive Überraschung. Sie war einst auch beim (englischen ??) Publikum sehr beliebt geriet aber allmählich in Vergessenheit. Die späteren Sinfonien (Rubbra schrieb 11 an der Zahl) hatten weniger Resonanz. Mittelfristig könnte hier die Ursache hinterfragt werden.
    Daß Rubbra weder im Harenberg Konzertführer - noch im Reclam-Komponistenlexikon Platz gefunden haben sei nur der Vollständigkeit vermerkt.
    Auch bei "Der große Konzertführer" von Csampai/Holland wird Rubbra mit keinem Satz erwähnt


    mfg aus Wien
    Alfred

    Wenn ich schon als Vorbild nicht tauge - lasst mich wenigstens ein schlechtes Beispiel sein !



  • Dieser Eindruck war indes nur von kurzer Dauer, denn Rubbra setzt immer wieder akustische Akzente von eher hoher Dynamik und Effekt, die das Interesse stets wach halten - mich wundert, daß hier "teleton" nicht begeistert davon ist. Persönlich gefällt mir diese Sinfonie besser als das meiste, das ich bisher von Rubbras englischen Zeitgenossen gehört habe.


    Bei der Masse, was man an CD´s zu hören hat, was man empfohlen bekommt (auch bei TAMINO) und die eigenen Prioritäten berücksichtigend, steht Rubbra bei mir immer noch hinten an ... mein letzter Beitrag war hier von 2007 ....
    :pfeif: ja, die Rubbra - Box habe ich in der Tat seitdem nicht mehr angerührt ... folgt demnächst ... nur - :D wann ist demnächst ???

    Gruß aus Bonn, Wolfgang

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