Komponist und Interpret – die optimale Kombination…

  • Liebe Musikfreunde,


    ergeht es Euch auch manchmal so? Beim Gedanken an einen Komponisten denkt Ihr automatisch gleichzeitig an einen „passenden“ Interpreten, da dieser genau das zum Erklingen bringt, was Ihr beim Interpretieren der Werke erwartet? Oder auch umgekehrt? Ich meine hiermit nicht nur die Interpretation eines oder einiger Werke (das sollte besser in den betreffenden Freds laufen), sondern so etwas wie eine generelle „seelisch-musikalische“ Verwandtschaft zwischen Komponist und Interpret.


    Bei mir geht es so z.B. mit Arnold Schönberg und dem LaSalle Quartett in der Kammermusik, ebenso mit wiederum Schönberg und dem Dirigenten Michael Gielen in der orchestralen Musik. Beide Kombinationen sind für mich wie geschaffen. Wie ich meine, verlangen die Werke Schönbergs in der Interpretation einerseits Klarheit und Deutlichkeit, andererseits unbedingt die Herausarbeitung längerer Bögen im Sinne von hörbarer Strukturierung größerer Zusammenhänge. Ach was, hier passt einfach alles.


    Vielleicht empfindet jemand von Euch im einen oder anderen Fall auch eine solche Symbiose und empfiehlt dadurch einen guten Zugang zu Komponist oder Interpret.


    P.S.: Bitte den Begriff "optimal" nicht allzu wörtlich nehmen; natürlich gibt es hierbei kein Optimum.


    Schönen Gruß,


    Uwe

    Ich bin ein Konservativer, ich erhalte den Fortschritt. (Arnold Schönberg)

  • Hallo Uwe,


    als ich den Threadtitel las, habe ich befürchtet, dass damit der Komponist als Interpret seiner Werke gemeint war, was bei Richard Strauss sicher stimmte, schon im Falle Strawinskys, der das Dirigieren ja vor allem betrieb um sein Einkommen zu vermehren, aber nicht unbedingt die Idealkombination war.


    So aber wird durchaus ein Schuh draus, der manchmal auch passt. Allerdings dürfte das in der Regel eher bei Zeitgenossen, die einander kannten, der Fall sein. Richard Strauss und Clemens Krauss wären so ein - von Strauss sanktionierter Fall gewesen, wenn nicht Strauss selbst sein eigener Musterinterpret gewesen wäre.


    Mir ging das früher lange so bei Puccini und Toscanini (zum Teil auch bei Verdi und Toscanini). Auch Berlioz und Charles Munch waren für mich lange so eine Paarung, bevor Tonqualität und gewandelte Hörgewohnheiten diesen Paaren, die ich immer noch sehr schätze, als Optimalfall den Garaus machten.


    Ich glaube, da spielt also eher der Zufall des Heranwachsens mit einer Kombination die Hauptrolle - jedenfalls solange es sich um populärere Werke mit vielen Einspielungen handelt. In der Regel gilt auch hier die Abwandlung von Talleyrands Bonmot über den Hochverrat: Das Optimum ist eine Frage des Datums.


    :hello: Rideamus

  • Spannendes Thema!


    Spontan fällt mir dazu ein: Komponist Strawinsky - Interpret Strawinsky - sicher ein Ausnahmefall.


    Schönberg - Gielen ? Eine "optimale Kombination" finde ich hier, ein Favorit in meiner Sammlung:



    Inhalt:
    Fünf Orchesterstücke op. 16
    Konzert für Violoncello und Orchester D-Dur (nach M. G. Monn) - mit Heinrich Schiff
    Moderner Psalm op. 50c - mit Günter Reich
    Variationen für Orchester op. 31


    (Sinfonieorchester des SWF 1987/88)


    Mitreißend, klasse!


    Weniger überzeugend finde ich dagegen Gielens Einspielung der Schönberg'schen Bearbeitung des Brahms'schen Klavierquartetts Nr. 1, g-moll - viel packender und differenzierter eine Alternative, die ich kenne: Hans Zender mit der Jungen Deutschen Philharmonie (1979).


    Schönberg und Gielen also: Ja und nein!


    Skeptisch eingestellt bin ich übrigens auch der LaSalle-Einspielung vor allem der ersten beiden Streichquartette (Intonation, besonders der Bratsche!)


    So viel fürs erste. Wie gesagt, ein spannendes Thema.

  • Hallo.


    ja, so ist es bei mir: denke ich an Karl Leister, denke ich an Mozart - und umgekehrt.


    Es gibt wahrlich nicht wenig gute Einspielungen der beiden großen Mozartschen Klarinettenwerke (Konzert und Quintett), aber Karl Leisters Klarinettenklang, das ist schon etwas besonderes.


    Sein Ton bzw. Spiel ist elegant und gleichzeitig einfach, tief und dennoch leichtfüßig...genau so stelle ich mir die späte Musik des großen Komponisten vor.


    Leister und Mozart gehören für mich untrennbar zusammen.



    Übrigens:


    Zitat

    Gurnemanz wendet ein: Skeptisch eingestellt bin ich übrigens auch der LaSalle-Einspielung vor allem der ersten beiden Streichquartette


    Ja, da ist etwas dran, Du hast vielleicht recht. Das LaSalle Quartett ist am schönberischsten bei den beiden letzten, eher trocken scheinenden, aber innerlich explosiven zwölftönigen Quartetten. Da verstehen sie es ausgezeichnet, Klarheit sowie gleichzeitig Pfeffer und Bewegung herauszustellen; für mich ähnlich wie oben eine vermeintlich symbiotische Beziehung. Bei den romantischen Anklängen in den ersten beiden Quartetten sind Bewegung und Dehnung äußerlich eh von vornherein sichtbarer; vielleicht kommt da die Leichtigkeit des Quartetts nicht so sehr wie in den späteren Quartetten zum Tragen - ich bin mir da nicht so sicher.


    Aber: Schönberg und Lasalle Quartett - das passt: =)


    Gruß,


    Uwe

    Ich bin ein Konservativer, ich erhalte den Fortschritt. (Arnold Schönberg)

  • Zitat

    Original von Uwe Schoof
    Das LaSalle Quartett ist am schönberischsten bei den beiden letzten, eher trocken scheinenden, aber innerlich explosiven zwölftönigen Quartetten. Da verstehen sie es ausgezeichnet, Klarheit sowie gleichzeitig Pfeffer und Bewegung herauszustellen; für mich ähnlich wie oben eine symbiotische Beziehung.


    Trifft sich gut, daß Du gerade jetzt den Faden wieder aufnimmst: Gerade eben habe ich Schönbergs 3. Streichquartett mit dem Arditti-Quartett gehört, und auf Deinen Beitrag hin dasselbe noch einmal, diesmal mit den LaSalles. Glutvoll-leidenschaftlich erschienen mir die Ardittis, hochemotional - die LaSalles dagegen leicht, gelassen, klar, zart-poetisch - ein deutlicher Kontrast, über den ich etwas erstaunt bin. Wüßte gar nicht, welcher Lesart ich den Vorzug geben sollte, beides fand ich höchst überzeugend - daher teile ich Deine Wertung "symbiotische Beziehung" nicht ganz.


    (Muß mal gelegentlich recherchieren, was bei Tamino über Schönbergs Quartette zu finden gibt - gibt es da schon einen eigenen Thread?)


    Um zu Deiner Themenfrage zurückzukommen, lieber Uwe: "Traumpaare" Komponist-Interpret, die ich in den letzten Monaten kennengelernt habe, wären für mich z. B.:


    Paul Hindemith - Herbert Kegel
    Frederick Delius - Sir Thomas Beecham


    Da stimmt für mich fast alles!

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  • Vielleicht verfehle ich das Thema des Threads hier knapp, denn von "Komponist" kann im eigentlichen Sinne kaum die Rede sein, aber: Gregorianischen Gesang höre ich stets mit dem Maßstab "Solesmes". Das geht mir auch nach vielen Jahren und vielen anderen musikalischen Erfahrungen so - wenn ein Chor ein "Salve festa dies" oder ein Kyrie anstimmt, höre ich im Hintergrund die Mönche der Abtei Saint Pierre.


    Mit "Sangeskunst" oder "schönen Stimmen" hat das gar nicht zu tun. Es scheint mir so, als sei der Gesang der Benediktiner von Solesmes am nahesten an dem, was Gregorianik für mich ausmacht. Sozusagen gesungene Spiritualität.


    Alfons

  • Ich denke bei Richard Strauss immer sofort an Karajan. Ihre ästhetischen Ansichten scheinen mir fast deckungsgleich. Man könnte meinen, Strauss' Werke wären für Karajan komponiert worden. Karajan ist ja bekannt dafür, dass er alles "gleich" dirigierte. Sein Dirigat passt z. B. zu Brahms recht gut, zu Bach überhaupt nicht, zu Mozart fast noch weniger. Zu Mahler auch nicht, aber eben zum genauen Gegenteil, Strauss.


    Des Weiteren verbinde ich Kempff mit Beethoven, Pollini mit Schumann, Solti mit Mahler :jubel:

    "Das Große an der Musik von Richard Strauss ist, daß sie ein Argument darstellt und untermauert, das über alle Dogmen der Kunst - alle Fragen von Stil und Geschmack und Idiom -, über alle nichtigen, unfruchtbaren Voreingenommenheiten des Chronisten hinausgeht.Sie bietet uns das Beispiel eines Menschen, der seine eigene Zeit bereichert, indem er keiner angehört." - Glenn Gould

  • Mit Bruckner und Wagner verbinde ich, ob ich es will oder nicht, Solti. Dies gilt besonders für die vollen und langsamen Stellen, denen der Komponist gleichzeitig Würde, Ernsthaftigkeit und Lebendigkeit mitgibt.


    Für mich eine treffende Kombination...



    Uwe

    Ich bin ein Konservativer, ich erhalte den Fortschritt. (Arnold Schönberg)


  • Solti und Bruckner?? Nee, oder? Die schnellen Sätze ok, aber die langsamen ... :no:


    Gibt es schnelle Sätze bei Bruckner...? :D

    Struck by the sounds before the sun,
    I knew the night had gone.
    The morning breeze like a bugle blew
    Against the drums of dawn.
    (Bob Dylan)

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  • Mit Bruckner und Wagner verbinde ich, ob ich es will oder nicht, Solti


    Janacek und Mackerras!


    Ich möchte sowohl Uwe, wie auch Pringel zustimmen.


    Die Bruckner-Sinfonien mit Solti liegen ganz auf meiner Wellenlänge (auch die langsamen Sätze liegen mir und sind alles andere als überhastet)
    und
    die Janacek-Orchesterwerke unter Mackerras
    gehören zu den herausragensten Janacek - Aufnahmen bei den Orchesterwerken. Das gilt sowohl für die Supraphon-Aufnahmen mit der Tschechischen PH, wie auch den Decca-Aufnahmen mit den Wiener PH. Letztere gefallen mir bei der Sinfonietta und Taras Bulba wegen der feurig emotionalen Ausagekraft noch besser. Das Gerede von "böhmischer klingend" bei den Tschechen hate ich für unwesentlich.

    Gruß aus Bonn, Wolfgang