Russische Komponisten des 20.Jahrhunderts

  • Hallo Freunde russischer Sinfonik,


    ich hatte lange einen Therad gesucht in dem ich Andrei Eshpai unterbringen kann.
    ;) Einen separaten Thread wollte ich wegen mangelnder erwarteter Resonanz nicht einstellen.
    Dieser Thread kann dann für weitere Russische Komponisten des 20.Jahrhunderts verwendet werden.
    Der Thread müßte sich im Laufe der Zeit interessant gestalten, weil die hier aufgeführten Komponisten in der Nachfolge Schostakowitsch´s zu sehen sind.
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    In diesem Jahr hatte ich durch Empfehlung von Johannes das erste mal "Hörkontakt" mit dem Komponisten Andrei Eshpai (geb.1925).
    Seine moderne und trotzdem mehr tonale Tonspache hatte mich schon bei der Sinfonie Nr.5 sehr angesprochen und mehr als begeistert.
    Hier verwendet Eshpai ein fetziges Zitat aus Blachers Paganini-Variationen, wie seinerzeit im Thread "Ohrwurmthemen in Kompositionen ab 1950" von Holger Sambale aufgedeckt wurde.


    Meine neuste CD ist diese:
    Dazu kann man nur sagen: :] So macht russische Musik aus dem 20.Jahrhundert richtig Spaß.


    516LCuTIaGL._SX300_.jpg
    Konzert für Orchester
    mit Solo Trompete, Klavier, Vibraphon und Kontrabass (1992)
    Klavierkonzert Nr.2
    Sinfonie Nr.7

    USSR Large Sinf.Orchestra
    Jewgenij Swetlanow

    ALBANY, 1992, ADD/DDD, Aufnahmen 1972/74/94


    Bei Swetlanow ist Andrei Eshpai in besten Händen. Die sehr rhytmischen Kompositionen lasssen einen kaum ruhig auf dem Hörplatz sitzen und sind absolut fern jeder Langeweile, die Eshpai erst gar nicht aufkommen läßt.
    Mit einem Europäischen Orchester würden sich die Werke wie blanker Hohn anhören, da auch hier die russischen Bläser und der Gesamtsound unabdingbar sind.


    Das "kleine" Label ALBANY scheint allerdings nicht so proffessioel zu arbeiten, wie andere große CD-Firmen. Der Klang ist gut, aber die räumliche Abbildung ist nicht so gut. So ist beim Konzert für Orchester ein sehr lingslastiger Raumeindruck vorhanden - erst wenn der Solo-Kontrabass einsetzt steht diesen ganz rechts. Auch mit dem Pegel haben sich die ALBANer verrechnet: So dreht Swetlanow am Schluß nochmal auf und entfacht ein Schlagzeugfeuerwerk, das in den Spitzen besonders über KH auffallend übersteuert ist. Das KK Nr.2 mit Eshpai selbst am Klavier ist LIVE in MONO aufgenommen (und das 1972).
    Die Sinfonie Nr.7 ist Studiomäßig gut aufgenommen.
    :love: Aber das tut der fantastischen Musik im Endeffekt keinen Abbruch und die CD macht vom ersten Takt bis zum letzten Tusch großen Hörspaß.



    :!: Ich bin gespannt auf weitere Eshpai-Werke, die in der Mehrzahl auf ALBANY zu bekommen sind.
    Leider sind die großen Melodiya-Aufnahmen mit Fedossejew u.a. leider gestrichen und auch bei Anbietern verschollen. Eine CD davon habe ich bereits.

    Es stehen nur zwei ältere Melodiya-CD´s in meinem alten Bielefelder Katalog, die derzeit nicht greifbar sind. Die hätte ich gerne.


    :hello: Wer kann weitere INFO´s zu Eshpai geben und wietere russische Komponisten nennen, die ähnlich interessante Musik komponieren ?

    Gruß aus Bonn, Wolfgang

    Einmal editiert, zuletzt von teleton ()

  • Hallo Wolfgang,


    erst mal recht kurz: schön, dass du dieses Thema neu eröffnet hast, ich kenne selbst eine ganze Menge Musik von russischen Komponisten der Schostakowitschnachfolge und bin gerne bereit, hier einige davon vorzustellen. Das wären neben Eschpai Komponisten wie Mieczyslaw Weinberg oder Boris Tschaikowski, um nur zwei der markantesten zu nennen. Ich muss allerdings gleich sagen, dass ich derzeit ein wenig unter Zeitmangel leide, daher kann ich eine umfangreichere Stellungsnahme zur mir wohlbekannten Musik Eschpais auch frühestens am Wochenende abgeben. Nicht nur Albany hat Kompositionen Eschpais auf CD veröffentlicht - es gibt auch russische CDs mit einigen seiner Werke, etwa der Dritten, Sechsten und Achten Sinfonie. Diese sind im hiesigen Handel aber nicht so einfach zu bekommen, bei Ebay (bzw. Ebay Shops) wird man immer mal fündig (derzeit übrigens auch).


    Schöne Grüße
    Holger

  • Hallo,
    um nochmal auf die 5. Sym zurück zu kommen,
    hab ich da auf der Heide blüht ein Blümelein rausgehört,
    so ein Marschthema?...noch vor dem Blacher Zitat.
    Soll das die einmarschierenden Wehrmachtler darstellen?
    Holger hilf mir mal bitte.


    :hello:
    embe


  • Hallo Michael,


    bin deinem Hinweis mal nachgegangen, du hast natürlich Recht: Eschpai zitiert das Lied "Auf der Heide blüht ein kleines Blümelein, und das heißt Erika". Ich hatte mir schon gedacht, dass es sich bei diesem Thema auch um ein Zitat handeln müsste, konnte es aber nicht zuordnen. Habe gerade mal via Internet in das Lied hereingehört, in der Tat, das ist es.


    Nun ist es so, dass ich bezüglich Eschpais Fünfter Sinfonie über so gut wie gar keine Hintergrundinformationen verfüge. Ich kenne sie (und höre sie gerne), aber ob wirklich ein programmatischer Hintergrund vorliegt, kann ich nicht mit totaler Sicherheit beantworten. Es erscheint mir aber nicht ganz unwahrscheinlich, nicht zuletzt wegen der Zitate. Wie ich feststellen konnte, handelt es sich bei "Erika" nämlich um ein deutsches Marschlied, das ein gewisser Herms Niel, der in der Zeit des Nationalsozialismus in der Militärmusik eine sehr große Rolle spielte, offenbar 1939 komponierte bzw. veröffentlichte. Seine Lieder sollen bei der Wehrmacht sehr beliebt gewesen sein.


    Ein weiteres Indiz könnte sein, dass die Sinfonie im Jahre 1985 entstand, also 40 Jahre nach Ende des 2. Weltkrieges. Derart anlassgebundene Kompositionen waren in der Sowjetunion bekanntlich alles andere als eine Seltenheit, auch wenn die Frequenz in der 1980er Jahre doch erheblich gesunken war. Außerdem herrscht nach der langsamen Einleitung in Eschpais Sinfonie über eine weite Strecke ein ganz eindeutig marschierender Duktus vor (auch unabhängig vom Erika-Thema), wiederum ein Hinweis auf eine eventuelle Kriegsthematik. Bedenkt man dann noch, dass das Marschthema immer wieder mit heftigsten Dissonanzen zugedeckt wird, welche etwa den Kampf gegen die Deutschen symbolisieren könnten, spricht tatsächlich einiges dafür, dass Eschpai hier den Einmarsch der Wehrmacht darstellen könnte.


    Viele Grüße
    Holger

  • Danke Holger,
    ich dachte schon ich hätte mich verhört :D


    Klingt jedenfalls...ähm...interessant :yes:


    Sind noch mehr Zitate versteckt?


    :hello:
    embe

  • Hallo Michael,


    ob die Sinfonie noch mehr Zitate enthält, weiß ich nicht - ich halte es für nicht ausgeschlossen, zwei haben wir ja schon identifizieren können. Ich kenne allerdings keine weiteren Melodien oder Themenfragmente aus anderen Zusammenhängen. Gut möglich ist aber zum Beispiel, dass Eschpai auch hier Volksmelodien der Mari verwendet, das macht er nämlich des öfteren (darauf werde ich später noch eingehen). Etwa nach 17 Minuten kommt mir die Melodik und Harmonik jedenfalls irgendwie danach vor. Unabhängig davon halte ich die Fünfte aber wirklich für ein sehr gelungenes Werk, nicht zuletzt wegen ihrer Binnenspannung und kraftvollen Dramatik, die sich in der gewaltigen Schlusssteigerung eindrucksvoll entlädt. Auch die poesievollen Ruhepunkte (etwa am Anfang oder in der Mitte) finde ich sehr schön. Es hat ein wenig gedauert, bis ich mich mit Eschpais Tonsprache zur Gänze anfreunden konnte, heute höre ich seine Musik jedoch wirklich gerne.


    Viele Grüße
    Holger

  • Hallo Holger und Michael,


    an die Hintergrundinformationen zu Eshpai´s Werken heran zu kommen ist nicht immer einfach, da sehr rar.


    Aus dem ALBANY-Textheft mit Swetlanow´s Beschreibungen (in Englisch) zu den Eshpai-Werken ist folgendes zu entnehmen:
    Die Sinfonien Nr.5, 6 und 7 aus den 80/90er-Jahren sind als eine Triologie zu sehen, die thematisch zusammengehören.
    Die Sinfonie Nr.5 (1985) thematisiert tatsächlich den 2.Weltkrieg. Es wurde Eshpai vorgeworfen ob es nötig wäre heute wieder an den 2.Weltkrieg zu erinnern. Die Sinfonie Nr.5 hat ihn dennoch als einen der bedeutensten russischen Sinfoniker des 20.Jhd. aufsteigen lassen.


    Eshpai´s Werke leben von Zitaten, die Eshpai in seiner Umgebung hört. So stecken die Werke voller Zitatfetzten von Volksliedern, Karnevalstönen, tänzerischen Rhythmen und Umwelteindrücken.
    In der Sinfonie Nr.5 ist bei 6:30 ein weiteres Volkmusikzitat zu hören.



    Gestern habe ich die Sinf.Dichtung Songs of the Mountain and Meadow Mari (1983) gehört.
    Ein sehr gefühlvolles Werk mit Volksmelodien der Marie. In einem anderen Forum hatte ein Teilnehmer dieses Werk sogar unter den 10Lieblingswerken genannt, was ich beachtlich fand.

    Gruß aus Bonn, Wolfgang

  • Hallo ihr zwei,
    scheint sich ja sonst niemand zu äussern :(


    Heute abend werde ich mir die Stelle 6:30 anhören, mal gespannt ob ich was raushöre.


    Wolfgang hat mir jetzt noch die Ohren wässrig gemacht mit Songs of the Mountain and Meadow Mari. Wird wohl auch heute fällig. :yes:


    :hello:
    embe

  • Zitat

    Original von teleton
    an die Hintergrundinformationen zu Eshpai´s Werken heran zu kommen ist nicht immer einfach, da sehr rar.


    In einer holländischen Website zu sowjetischen Komponisten fand ich folgendes zu Eshpai :


    "Andrei Eshpai
    Internet Edition compiled by Onno van Rijen
    Last update: 17 May 2007


    Born
    15 May 1925 in Kosmodemhansk.


    Education
    At Moscow Conservatory from 1948-1953 (piano under Sofronitsky; composition under Rakov, Miaskovsky and Golubev). Postgraduate study under Aram Khachaturian from 1953-1956.


    Principal Works
    Nine symphonies, two piano concertos, four violin concertos, viola concerto, cello concerto, oboe concerto, symphonic dances, concerto for orchestra, two violin sonatas, piano compositions, ballets, songs and operettas.


    Style
    His musical expressive means are very unusual due to his usage of the folklore of his native Mari people. Typically his colourful orchestral sound seems to distill the essence of the natural world of the far north. He uses syncopated rhythms; his rhythms seem to be related to the music of Bartok. He uses often alternations of ostinato-tuttis and rhythmic shifts from folklore music.


    Compositions by Andrei Eshpai
    Suite for clarinet and piano (1946)


    Three Mari Melodies, suite for clarinet and piano (1947)


    Six Preludes for piano (1947)


    Easy Pieces on Folk Themes of the Peoples of the Volga District for piano (1948)


    Three Mari Songs, folk songs arranged for voice and piano (1948)


    Suite for piano (1948)


    Preludium, Adagio and Fugue for flute and clarinet (1949)


    Sonatina No. 1 in D minor for piano (1948-1950)


    Four Pieces for piano (1949-1950)


    Melody and Dance for violin and piano (1950)


    Passacaglia "In Memory of N. Miaskovsky" for organ (1950)


    Piano Sonata No. 1 in D-minor (1950)


    1. Allegro moderato.
    2. Andante
    3. Allegro (Toccata)


    Etude in E minor for piano (1951)


    "The Nightingale", Mari folk song, arrangement for piano (1951)


    Symphonic Dances on Mari Themes (1951)


    Duration: 13 min.
    Andante sostenuto – Allegro vivo con fuoco.
    Orchestra: 3(pic).3(Eh).4.2. – 4.3.3.1. – perc, xyl – cel, harp – strings.
    LP Melodiya C20 17171-2: Accordion Orchestra, V. Somorov (cond)
    CD Albany Troy 286: All-Union Radio Orchestra, L. Nikolayev (cond)


    Three Pieces for Children for piano (1952)


    Lullabay and Dance for two pianos (1952)


    LP Melodiya M10 36575-6: G. and Y. Turkina (piano)


    "Hungarian Tunes", rhapsody for violin and orchestra (1952)


    Duration: 14 min.
    1. Lento sostenuto
    2. Allegro non troppo
    3. Andante
    4. Allegro vivace
    5. Allegro moderato con grazia
    6. Final. Vivo
    Orchestra: 3.3(Eh).2.2. – 4.3.3.1. – perc, xyl – cel, harp, pf – strings.
    LP Melodiya C10 13773-4: Central Television and Radio SO, F. Mansurov (cond), E. Grach (violin)


    Hungarian Tunes for violin and piano (1953)


    LP Melodiya C10 25671: E. Grach (violin), A. Maloletkova (piano)
    CD Moscow Musical Publishers - Harmony: L. Dmiterko (violin), Andrei Eshpai (piano)


    "The Forest", Mari folk song, arranged for piano (1953)


    Piano Concerto No. 1 in F sharp minor (1954)


    Dedicated to the memory of Maurice Ravel.
    In three movements: 1. Allegro; 2. Andante; 3. Final. Allegro vivace.
    Duration: 28 min.
    Orchestra: 3(picc.).3(EH).3(B cl).2. – 4.3.3.1. – perc – cel, harp – strings.


    Two Dance Pieces (Foxtrots) for piano (1955)


    "Lost Motive", foxtrot for variety orchestra


    Violin Concerto no. 1 in G minor (1956)


    Dedicated to Eduard Grach.
    In three movements: 1. Allegro vivace; 2. Andante sostenuto. Andante; 3. Allegro vivace.
    Duration: 26 min.
    Orchestra: 3(picc.).3(EH).2.2. – 4.3.3.1. – chime-bells, xyl – harp – strings.
    LP Melodiya C10 13773-4: Central Television and Radio SO, F. Mansurov (cond), E. Grach (violin)


    Variations on a Theme by Glinka for piano (1956)


    Symphony no. 1 in E flat minor (1959)


    Epigraph: “We snatch joy from the coming days” by V. Mayakovsky.
    Duration: 18 min.
    Lento – Allegro vivace festivo.
    Orchestra: 3(II=pic).3(Eh).3(B cl).3(dbn). – 4.3.3.1. – perc, chime-bells, xyl – cel, harp – strings.
    LP Melodiya C10 05401-2: USSR State SO, K. Ivanov (cond)
    CD Albany Troy 367: USSR Radio & TV Large SO, K. Ivanov (cond)


    Four Children's Songs for piano (1961)


    Simple Waltz for piano (1961)


    Simple Waltz for variety orchestra (1961)


    Symphony no. 2 in A major "Praise the Light" (1962)


    Duration: 27 min.
    1. Allegro molto agitato
    2. Andante dolente. Semplice
    3. Finale. Allegro molto vivace
    Orchestra: 3(pic).3(Eh).3(B cl).3(dbn). – 4.3.3.1. – perc, chime-bells, xyl – guitar, 2 harps, pf – strings.
    LP Melodiya C10 05649-50: USSR Academic SO, K. Ivanov (cond)
    CD Albany Troy 286: USSR Radio & TV Large SO, K. Ivanov (cond)


    Epitaph for piano (1963)


    Symphony no. 3 "To the Memory of My Father" (1964)


    Duration: 22 min.
    1. Andante
    2. Vivo
    3. Largo
    4. Allegro moderato
    5. Molto tranquillo
    LP Melodiya C10 05401-2: USSR State SO, K. Ivanov (cond)
    CD Moscow Musical Publishers - Harmony: USSR TV Radio SO, V. Fedoseyev (cond)


    Rhapsody on themes of songs for variety orchestra (1965)


    Sonata No. 1 for violin and piano (1965-1966)


    Duration: 14 min.
    LP Melodiya C10 05649-50: E. Grach (violin), A. Maloletkova (piano)
    CD MCA: Leonora Dmiterko (violin)
    CD Russian Disc RDCD 10001: Levon Ambartsumian (violin), Anatoly Sheludyakov (piano)


    Variations on a Theme of Symphony No. 16 by Nikolai Miaskovsky for large symphony orchestra (1966)


    Variations on a Theme of Symphony No. 16 by Nikolai Miaskovsky for piano (1966)


    "Alexandria", lyrical piece for piano (1966)


    Bossa-Nova, Foxtrot.


    "Concerto Grosso", concerto for trumpet, piano, vibraphone, double-bass and orchestra (1966-1967)


    In one movement.
    Duration: 14 min.
    Orchestra: 3(picc.).2.3(B cl).3(dbn). – 4.3.3.1. – xyl – harp – soloists – strings.
    LP Melodiya C10 05659: USSR State SO, Y. Svetlanov (cond), A. Maksimenko (trumpet), R. Azarkhin (double-bass), P. Meshchanikov (piano), B. Stepanov (vibraphone)
    CD Russian Disc RD CD 11 054: USSR State SO, Y. Svetlanov (cond), A. Maksimenko (trumpet), R. Azarkhin (double-bass), P. Meshchanikov (piano), B. Stepanov (vibraphone)
    CD Albany Troy 341: USSR State SO, Y. Svetlanov (cond), A. Maksimenko (trumpet), R. Azarkhin (double-bass), P. Meshchanikov (piano), B. Stepanov (vibraphone)
    CD Moscow Musical Publishers - Harmony: USSR State SO, Y. Svetlanov (cond), A. Maksimenko (trumpet), R. Azarkhin (double-bass), P. Meshchanikov (piano), B. Stepanov (vibraphone)


    "Lenin is With Us", cantata for mixed chorus and symphony orchestra (1968)


    In three movements.
    On words by Vladimir Mayakovsky
    Duration: 14 min.
    1. “The last page of the Civil War”
    2. “Few facts about St. Petersburg”
    3. “Lenin is with us”
    Orchestra: 3(picc.).2.3(B cl).3(dbsn). – 4.3.3.1. – chime-bells, vibr – harp, 2 pianos – strings.
    CD Olympia OCD 201: USSR Radio Chorus and Orchestra, I. Gusman (cond)


    "Play" for piano (1968)


    Rondo-Etude for piano (1968)


    "Nobody is happier than me", operetta (1968-1969)


    Staged under the titles “Attention, Shooting! The Girl was only Twenty” and “Movie Star”.
    In two acts.
    Libretto by V. Konstantinov and B. Ratser.


    Etude in A minor for piano (1969)


    Three Jazz Melodies for piano (1969)


    Three Preludes for piano (1969)


    Fifteen Mari Melodies for piano (1969)


    Children's Album, piano pieces from different years (1948-1970)


    Metrum and Rhythm for piano (1970)


    Eight French Songs, transcriptions for piano (1970)


    Sonata No. 2 for violin and piano (1970)


    Duration: 14 min.
    LP Melodiya C10 05649-50: E. Grach (violin), A. Eshpai (piano)
    LP Melodiya C10 13773-4: E. Grach (violin), A. Eshpai (piano)
    CD MCA: Leonora Dmiterko (violin)


    The Bells of the Kremlin, festive overture for chorus and orchestra (1970)


    LP Melodiya M60 42635-6: All-Union Radio SO, S. Skripka (cond)


    Festive Overture “The Kremlin Chimes” for orchestra (1970)


    Duration: 10 min.
    For six harps, four pianos, vocal group, 2 violins, eight cellos and symphony orchestra.
    Orchestra: 3(picc.).2.2.2. – 4.3.3.1 – chime-bells, vibr, bells – soloist.


    Sonatina No. 2 in G major for piano (1971)


    Mari folk tunes and songs, 29 pieces for piano (1948-1971)


    Piano Concerto No. 2 (1972)


    Duration: 18 min.
    In one movement.
    Orchestra: 4(picc.).3(EH).2.3(dbsn). – 4.3.3.1. – perc – harp, pf – strings.
    LP Melodiya C10 13284: Moscow PO, D. Kitaenko (cond), V. Krainev (piano)
    LP Melodiya C10 21273: Moscow PO, D. Kitaenko (cond), V. Krainev (piano)
    CD Russian Disc RD CD 11 054: Moscow PO, D. Kitaenko (cond), V. Krainev (piano)
    CD Albany Troy 341: USSR State SO, Y. Svetlanov (cond), A. Eshpai (piano)


    "Love is Forbidden" (“Marriage by the Drawing of Lost”), musical (1973)


    In two acts.
    Libretto by V. Kostantinov and B. Ratser.


    Prelude for organ (1973)


    Arrangements of Mari folk songs for piano (1970-1973)


    “Mari Bagpipe” for piano (1973)


    Angara, ballet (1974-1975)


    In three acts with a prologue and an epilogue.
    Libretto by Yu. Grigorovich and V. Sokolov based on the A. Arbuzov’s play “This happened in Irkutsk”.
    Orchestra: 3(pic).3(Eh).3(B cl).tenor sax.3(dbn). - 4.3.3.1. – perc, xyl, vibr, marimba – 2 guitars, cel, 2 harps, pf – 2 domras, balalaika – strings. There is an ensemble on the stage (2 guitars, 3 trumpets and jazz-battery).
    LP Melodiya C10 11949-50 (Excerpts): Bolshoi Theatre Orchestra, A. Ziuraitis (cond)


    Dance from the ballet “Angara” for piano duet (1975)


    Two Sad Melodies for piano (1975)


    "Hungarian Notebook", Hungarian songs and tunes for piano (1975)


    "DSCH", musical offering to Dmitry Shostakovich for piano (1976)


    Duration: 10 min.


    Violin Concerto No. 2 (1977)


    In memory of Nikolai Miaskovsky.
    In one movement.
    Duration: 24 min.
    Orchestra: 3(picc.).2.3(B cl).2. – 4.3.3.1. – chime-bells, vibr – cel, harp – strings.
    LP Melodiya C10 28541: USSR SO, Y. Svetlanov (cond), E. Grach (violin)
    LP Melodiya C10 16731: Moscow PO, D. Kitaenko (cond), E. Grach (violin)
    CD Russian Disc RD CD 11 054: Moscow PO, D. Kitaenko (cond), E. Grach (violin)
    CD Moscow Musical Publishers - Harmony: The Symphony Orchestra, D. Kitaenko (cond), E. Grach (violin)


    “Hating Melody” for piano (1979)


    Two Spanish Songs for piano (1979)


    A Circle, ballet (1979-1980)


    In two acts.
    Libretto by I. Chernyshov.
    LP Melodiya C10 16189-92: Central Television and All-Union Radio SO, E. Khachaturian (cond)
    CD Albany Troy 367: Central Television and All-Union Radio SO, E. Khachaturian (cond)


    Two Preludes for piano (1980)


    Russian Playing Songs for two pianos (1980)


    Symphony no. 4 "Symphony-Ballet" (1980-1981)


    In one movement.
    Duration: 35 min.
    Orchestra: 4(pic).2.3.3(dbn). – 4.3.3.1. – jazz band (six saxophones, four trumpets, four trombones, drum kit, bongos, 2 guitars) – perc, antique cymbals, chime-bells, vibr.
    CD Russian Disc RD CD 11 051: USSR Large Television and Radio SO, V. Fedoseyev (cond)
    LP Melodiya C10 19279: USSR Large Television and Radio SO, V. Fedoseyev (cond)


    Two Pieces for piano (1981)


    Three Mari Melodies for piano (1981)


    Dance on a Mari Melody for piano (1981)


    Introduction for variety orchestra (1981)


    "Simon Bolivar", symphonic poem for full orchestra (1982)


    Duration: 30 min.


    Concerto for oboe and orchestra (1982)


    Dedicated to Anatoli Lubimov.
    In one movement.
    Duration: 17 min.
    Orchestra: 4(picc.).2.2.2. – 4.3.3.1. – timp, trgl, wood-block, side drum, cymb, bass drum – chime-bells, xyl, vibr, cel, harpsichord, harp, pf – strings.
    LP Melodiya C10 24145: USSR SO, V. Sinaisky (cond), Anatoly Lubimov (oboe)
    CD Moscow Musical Publishers - Harmony: The Symphony Orchestra, D. Kitaenko (cond), Anatoly Liubimov (oboe)
    CD MCA: USSR SO, TChivzhel (cond), Anatoly Liubimov (oboe)


    “Song of a Oak-Tree”, Mari melody for piano (1983)


    Songs of the Mountain and Meadow Mari for flute, four French horns, harp, celesta, timpani, and string orchestra (1983)


    In father’s memory.
    Duration: 16 min.
    LP Melodiya C10 24145: USSR SO, V. Sinaisky (cond)
    CD Albany Troy 367: USSR SO, V. Sinaisky (cond)


    Andante and Allegro for brass quintet (1984)


    For two trumpets, French hortn, trombone and tuba.
    LP Melodiya C10 26083: B. Kutuzov, J. Vlasenko, A. Parshenkov, J. Kolosov, A. Filimonov
    CD Moscow Musical Publishers - Harmony: Students of the Moscow Conservatory, L. Chumov (director)


    Three Pieces for flute solo (1976-1985)


    Dedicated to V. Shapkin.
    1. Andante tranquillo
    2. Allegro vivace leggiero
    3. Andante quieto
    LP Melodiya C10 26083: V. Shapkin (flute)
    CD Moscow Musical Publishers - Harmony: V. Shapkin (flute)


    Symphony No. 5 (1985)


    Dedicated to Yevgeny Svetlanov.
    In one movement.
    Duration: 26 min.
    Orchestra: 4(picc., alto fl).2.3(B cl).3(dbsn). – 4.4(in B).4.1. – timp, trgl, sleigh bells, side drum, cymb, big drum, tam-tam, crotales, chime-bells, xyl, vibr, bell – flute a culisse – harp, pf – strings.
    LP Melodiya C10 28541: USSR SO, V. Fedoseyev (cond)
    CD Russian Disc RD CD 11 051: USSR SO, V. Fedoseyev (cond)


    “Mari Melody” for two cellos (1985)


    Concerto for soprano saxophone and orchestra (1985-1986)


    Dedicated to Sergey Gurbeloshvili.
    In one movement.
    Duration: 18 min 15 sec.
    Orchestra: 3(picc.).2.3(B cl).3(dbsn). – 4.3.3.1. – timp, trgl, side drum, military drum, bass drum, cymb – chime-bells, vibr, guitar, cel, harp – sax soprano in B – strings.
    CD Moscow Musical Publishers - Harmony: Moscow State Conservatoire Musical College Students' Orchestra, L. Nikolaev (conductor), Sergei Gurbeloshvili (saxophone)
    CD MCA: USSR SO, Tchivzhel (cond), Sergei Gurbeloshvili (saxophone)


    Viola Concerto in one movement (1987)


    Duration: 21 min.
    Orchestra: 3(picc.).2.2.2. – 4.3.3.1 – timp, cymb, tamb, bass drum, chime-bells, vibr – 2 harps – strings.
    LP Melodiya A10 00559: Lithuanian State Philharmonic SO, F. Glushenko (cond), Y. Bashmet (viola)
    CD Col legno 0647 285: USSR SO, F. Glushenko (cond), Y. Bashmet (viola)
    CD Russian Disc RD CD 11 054: USSR SO, F. Glushenko (cond), Y. Bashmet (viola)
    CD Moscow Musical Publishers - Harmony: USSR SO, F. Glushenko (cond), Y. Bashmet (viola)


    “Four Pieces in difficult keys” for piano (1987)


    . Symphony No. 6 "Liturgic" for mixed chorus, baritone (or bass) and symphony orchestra (1988)


    In one movement.
    Duration: 30 min.
    Orchestra: 3(picc.).2.2.3(dbsn). – perc, vibr, bells – harp, pf – strings.
    CD Moscow Musical Publishers - Harmony: USSR TV and Radio Symphony Orchestra, Valery Fedoseyev (conductor), Magnitogorsk Choir, Yu. Ivanov (conductor), Volgograd Choir, M. Kaplansky (conductor), V. Grashchenko (bass)


    Four Romances for voice and piano (1988)


    1. “I don’t choose her unintentionally” (verse by A.Kritsky).
    2. “You will never know…” (verses by the author)
    3. “I loved you” (verse by A.Pushkin)
    4. “If you’re born beautiful” (verse by A.Kritsky)


    From the First Letter of the Apostel Paulus to the Corinths for mixed chorus a capella (1988-1989)


    LP Melodiya C10 30563: Belarussian State Academic Chorus, L. Efimova (cond)


    Concerto for cello and orchestra (1989)


    Dedicated to M. Rostropovich.
    Duration: 20 min.
    Orchestra: strings – harp, piano, cymbals, vibraphone, celesta.


    Sonata for cello and piano (1990)


    Arranged for violin by L. Dmiterko
    Duration: 25 min.
    CD Moscow Musical Publishers - Harmony: L. Dmiterko (violin), Andrei Eshpai (piano)


    “Accord – Discord” for string quartet (1991)


    In the memory of Dmitry Shostakovich.
    Duration: 20 min.


    Symphony No. 7 for large orchestra (1991)


    In one movement.
    Duration: 27 min.
    Orchestra: 3.2.2.3(dbsn). – 4.3.0.1. – timp, cymb, bass drum, xyl – cel – strings.
    CD Albany Troy 341: USSR State SO, Y. Svetlanov (cond)


    Violin Concerto No. 3 "Bartok Concerto" (1990-1992)


    Dedicated to E. Grach.
    In one movement.
    Duration: 20 min.
    Orchestra: 3(picc.).2.2.2. – 4.3.3.1. – cymb, bass drum – harp – strings.
    CD Moscow Musical Publishers - Harmony: Radio & TV SO, S. Kondrashev (cond), N. Tokareva (violin)


    Concerto for flute and orchestra (1992)


    In one movement.
    Duration: 20 min.
    Orchestra: 3(picc.).2.2.2. – 4.3.3.1. – cymb, bass drum, vibr – cel, harp – strings.
    CD Albany Troy 367: Tchaikovsky Large SO, A. Vedernikov (cond), V. Shapkin (flute)


    Violin Concerto No. 4 (1994)


    Dedicated to Jennifer Koh.
    In one movement.
    Duration: 20 min.
    Orchestra: 3(picc.).2.3.2. – 4.3.3.1. – trgl, tamb, whip, cymb, bass drum, chime-bells – harp – strings.
    CD Albany Troy 286: St. Petersburg Capella, V. Chernushenko (cond), J. Koh (violin)


    Concerto for clarinet and string orchestra with harp and timpani (1994)


    Duration: 23 min.


    "Evening Shadows", pieces for clarinet and piano (1994)


    CD Moscow Musical Publishers - Harmony: L. Dmiterko (violin), Andrei Eshpai (piano)


    String Quartet (1992-1995)


    CD Moscow Musical Publishers - Harmony: M.I. Glinka State String Quartet


    Concerto for trumpet, trombone and orchestra (1994-1995)


    Duration: 20 min.
    Orchestra: 3(picc.).3(EH).3(B cl).3. – 4.3.3.1. – timp, side drum, cymb, Chinese cymb, sus cymb, sleight bells, temple-block, wood-block, bass drum, tam-tam, vibr – guitar, harp, pf – strings.


    Concerto for double bass, bassoon and string orchestra (1994-1995)


    In the memory of S. Kusevitsky.
    Duration: 20 min.
    Orchestra: 3(picc.).3(HE).2.3(C fg). – 4.3(in B).3.1. – timp, side drum, trgl, tamb, cymb, Chinese cymb, sleigh bells, temple-block, wood-block, rullante, vibr. – guitar, harp, pf. – strings.
    CD Albany Troy 367: Moscow Conservatory Chamber Orchestra, G. Cherkassov (cond), R. Komachkov (double bass)


    Concerto for french horn, string orchestra and four french horns in F major (1995)


    In one movement.
    Duration: 20 min.
    CD Moscow Musical Publishers - Harmony: Radio & TV SO, S. Kondrashev (cond), A. Serov (French horn)


    Rondo-Etude for four saxophones (1995)


    "The Crossing of the Alps by Sivorov", fantasy-overture for large orchestra (1996)


    Duration: 23 min.
    Orchestra: 3(picc.).2.2.2(dbsn). – 4.3.3.1. – timp, trgl, tamb, tom-toms, whip, cymb, tam-tam, bass drum, chime-bells, bell – flute a culisse – harp, pf – strings.


    Sextet for clarinet, guitars and string quartet (1996)


    "Games" for large symphony orchestra (1997)


    Duration: 25 min.
    Orchestra: 3(picc.).2.2.3(dbsn). – 4.3(in B).3.1. – timp, trgl, sleigh bells, maracas, claves, guiro, 2 legno, tamb, 3 tom-toms, cymb, bass drum, tam-tam, crotales, chime-bells, xyl, vibr, marimbafono – guitar, cel, harp, harpsichord, pf – strings.


    Meditation for flute and piano (1998)


    Romance after the poems of A. Pushkin (1998)


    Symphony No. 9 "Four Verses" for symphony orchestra, mixed chorus and narrators (1998-1999)


    To the verses by M. Tsvetaeva, S. Esenin, M. Lermontov and F. Glinka.
    Duration: 35 min.


    Pieces for string orchestra (1999-2000)


    1. “Lamento”
    3. “Prelude”
    4. “Rondo-Etude”


    Symphony No. 8 for full symphony orchestra (2000-2001)


    Duration: 23 min.
    CD Moscow Musical Publishers - Harmony: Moscow State Conservatoire Symphony Orchestra, L. Nikolaev (conductor)


    Concerto for tuba, string orchestra and brass (2001)


    Duration: 23 min.
    Orchestra: 4 French horns, 3 trumpets, 3 trombones, tube – strings.
    CD Moscow Musical Publishers - Harmony: The Symphony Orchestra, A. Vedernikov (cond), D. Anakovsky (tuba)


    Concerto “Opus Singularis” for bassoon and string orchestra (2001)


    Duration: 23 min.


    Divertimento for french horn solo (2001)


    Espressivo molto for violin solo (2002)


    Transcription of "Divertimento" by L. Dmiterko.
    Duration: 10 min.
    CD Moscow Musical Publishers - Harmony: L. Dmiterko (violin)


    Thanks to the composer and to Onno van Asten from the Netherlands for additional information


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    Gruesse aus Helsinki


    Mikko

  • Hallo zusammen!


    Erst mal, das von Mikko eingefügte Werkverzeichnis ist mir natürlich bekannt - ich habe mit dem Autor jener Seite, Onno van Rijen, immer mal wieder über E-Mail Kontakt. Einen Großteil der dort erwähnten CD-Einspielungen besitze ich übrigens selbst. Mich wundern allerdings gewisse Details - etwa, dass die Neunte Sinfonie (die einzige Eschpai-Sinfonie, die ich nicht kenne) angeblich vor der Achten entstanden sein soll. Andererseits beruft sich Onno bei seinen Angaben ja direkt auf den Komponisten...


    Dass die 5., 6. und 7. Sinfonie tatsächlich eine Trilogie bilden sollen, war mir bisher nicht bewusst. Ich meine auch, dass man das nur schwer heraushören könnte - die Sechste Sinfonie ist zum Beispiel ganz anders als die Fünfte: sie heißt Sinfonia liturgica, ist für Bass, Chor und Orchester komponiert und vertont geistliche Texte. Einer längeren Orchestereinleitung steht eine Chorpassage offenbar in Anlehnung an die orthodoxe Liturgie (so kommt es mir jedenfalls vor) gegenüber. Das Werk ist nicht so ganz mein Fall, bin ohnehin kein großer Befürworter von Vokalmusik, zudem habe ich zu religiös geprägter Musik als Atheist ein doch etwas kompliziertes Verhältnis. Die Sechste ist insofern charakteristisch für ihre Zeit, als dass sich in der Ära Gorbatschow einige russische Komponisten verstärkt der vorher unerwünschten geistlichen Musik zuwandten. Die Siebte ist im Vergleich zur Fünften viel introvertierter (man beachte etwa den still verklingenden, tief melancholischen Schluss) und somit charakteristisch für Eschpais Spätschaffen etwa seit Beginn der 1990er Jahre, einem Kompositionsstil, dem man auch in der sehr lohnenswerten Achten Sinfonie, erst vor wenigen Jahren entstanden, begegnet.


    Zitate spielen in Eschpais Schaffen in der Tat eine große Rolle, und es sind vor allem die Weisen der Mari, denen man immer wieder begegnet. Die Mari sind ein russisches Volk, dem Eschpai angehört - sein Vater war Folkloresammler und hat viele ihrer Melodien notiert. Auch im Zweiten Klavierkonzert und im Concerto grosso, von Wolfgang oben erwähnt, findet man solche Volksweisen. In der bereits erwähnten Achten Sinfonie (die Eschpai seinem Vater in Andenken an die gemeinsam verbrachten Jahre widmete) zitiert er daneben auch sich selbst (seine Zweite Sinfonie mit dem Untertitel "Lob an das Licht"). Übrigens sind die erwähnten Albany-CDs grundsätzlich sehr zu begrüßen, haben aber ihre Schönheitsfehler - nicht nur in der Klangtechnik: unerklärlicherweise ist die Zweite Sinfonie, als deren Grundtonart a-moll angegeben wird, einen Halbton höher zu hören.


    Dass jemand die Lieder der Berg- und Wiesenmari als eines seiner Lieblingswerke angibt, verwundert mich nicht. Eine unglaublich poetische, wundervolle Hommage an seine Heimat hat Eschpai mit diesem Werk verfasst. Ich mag es sehr, bereits die Anfangstakte sind einfach zauberhaft. Es muss sich um das Lied "Für den Weizen" handelt, das sich da allmählich aus den leisen, sanft dissonierenden gis-moll-Akkorden und pendelnden Harfenfiguren herauslöst. Bei dem (meiner Ansicht nach auch stark mit Assoziationen an Naturbilder arbeitetenden) Werk handelt sich um eine Aneinanderreihung von mehreren Volksliedern der Mari, instrumentiert für Streichorchester, eine Flöte, Harfe, vier oder acht Hörner, Celesta und Pauken. Die meisten verwendeten Lieder sind eher langsam und versonnen, erst gegen Ende des viertelstündigen Stückes entfacht Eschpai einen großen "Wirbel" im Sinne einer dynamischen Kulmination. Wegen solcher Schätze bin ich dann doch sehr froh über die Veröffentlichungen von Albany, ihrer Makel zum Trotz.


    Schade, dass diese Musik so wenig Beachtung findet - obwohl ich schon erstaunt bin, dass immerhin eine gewisse Resonanz hier im Forum stattfindet!


    Viele Grüße
    Holger

  • Banner Interviebanner 1 Gelbe Rose
  • Aus Kostengrümdem habe ich mich was Andrei Eshpai angeht erstmal zurückgehalten. Die ALBANY-CD´s sind verdammt teuer.


    ;) Aber siehe da --- wenn man warten kann wird es doch mal billiger.


    Meine "neuste Eshpai" ist die Albany-CD Folge 1:
    Auch diese CD enthält mit den
    Symphonischen Dances über Mari Themen (1952)
    Violinkonzert Nr.4 (1993)
    Sinfonie Nr.2 "Praise To Light" (1962)


    41Bf0J8dfpL._AA300_.jpg
    USSR Large Symphony Orchestra, Konstantin Ivanov
    Jennifer Koh, violin/ Symphony Orchestra of St. Petersburg Cappella, Vladislav Chernushenko

    ALBANY, Aufnahmen 1963, 1980, 1994, ADD/DDD


    :angel: Wieder 3 äußerst hörenswerte Werke von Eshpai, die es in sich haben.
    Trotz der relativ neuen Kompositionen von 1962 und 1993 kann man wieder gestrost feststellen, dass auch moderne Orchesterwerke nicht aus geräuschhaften ungenießbaren Klangmassen bestehen müssen, sondern schon durch die Verwendung von Volksthemen der Mari fassliche ("anständige") Musik sein können - einfach Klasse !


    8) Der rhytmische Drive, den Eshpai drauf hat, macht erneut Riesenhörspaß.

    Gruß aus Bonn, Wolfgang

    Einmal editiert, zuletzt von teleton ()

  • Neben den 4 großen Namen der russischen Musik des 20. Jahrhunderts:
    Skrjabin, Strawinsky, Prokofieff und Schostakowitsch


    ist besonders eine Gruppe von modernen Komponisten interessant, die in der Zeit 1910-1930 eine Art Pendant zu Malewitsch und seinen heute recht bekannten Malerkollegen wie Larionow, Gontscharowa, Lissitzky oder Rodschenko bilden. Wie in der Malerei hat auch in der Musik diese Blütezeit nur kurz angedauert und erst mit Schnittkes Generation (*um 1930) treten wieder Komponisten in Erscheinung, die heute internationales Interesse finden.


    Die bekanntesten Vertreter der russischen Moderne der Jahre 1910-1930 sind


    1881 – 1944 Nikolai Rosslawetz
    1892 - 1966 Arthur Lourié
    1892 – 1954 Nicolas Obuchov
    1893 - 1979 Ivan Wyschnegradsky
    1897 – 1970 Jeff Golyscheff
    1900 - 1973 Alexander Mossolow


    wobei mir Obuchow bis heute leider immer noch akustisch unbekannt ist, die anderen aber zum Kernbestand meiner Sammlung zählen, zu den Unverzichtbaren. Zu Golyscheff ist anzumerken, dass sein geniales Streichtrio (Zwölftondauermusik, das erste Werk mit Zwölftonkonzeption überhaupt) nicht in Rußland entstanden ist. Die anderen gehören hier sicher ausführlicher besprochen, oder ich mache einmal einen eigenen Thread dazu.


    Nicht ganz dazu gehört mE der nach Frankreich ausgewanderte


    1899 – 1977 Alexander Tscherepnin


    der nach Kompositionen in einer eigenen Tonleiter aus den 1920ern wieder zu einem diatonisch orientierten Stil großer Suggestionskraft und z.T. Einfachheit gefunden hat, der Freunden "leichterer Kost" sicher problemlos zugänglich ist.


    Die erst nach dem 2. Weltkrieg hervorgetretenen Komponisten werden wohl aus heutiger Sicht von


    1919 - 2006 Galina Ustvolskaya
    1931 - Sofia Gubaidulina
    1934 - 1998 Alfred Schnittke


    angeführt, Denisov scheint mir schon merklich verblasst zu sein.
    :hello:

  • Unter den von mir großzügig unterschlagenen Komponisten zwischen den "Revolutionären" und den Post-Schostakowitschs im Schnittke-Umfeld würde mich vor allem Schebalin interessieren - kennt den jemand?


    gefunden habe ich:

    :beatnik:

  • Zitat

    Original von Kurzstueckmeister
    Unter den von mir großzügig unterschlagenen Komponisten zwischen den "Revolutionären" und den Post-Schostakowitschs im Schnittke-Umfeld würde mich vor allem Schebalin interessieren - kennt den jemand?


    gefunden habe ich:

    :beatnik:


    Hallo Kurzstückmeister,


    ich kenne eine ganze Menge Musik von Schebalin, unter anderem fünf Sinfonien, neun Streichquartette und noch so einiges mehr. Ich werde in den nächsten Tagen mal eine etwas umfassendere Würdigung Schebalins hier einstellen (so viel Zeit habe ich gerade nicht, vielleicht am Wochenende), aber nur so viel vorweg: mit den von dir oben genannten "Modernen" hat Schebalin nicht viel zu tun, kommt eher von Mjaskowski her mit gewissen harmonischen Schärfungen, mehr oder weniger stark ausgeprägt - 1948 wurde auch er kritisiert, die nachfolgenden Werke sind dann erst mal konservativer. Sehr schön finde ich die Fünfte Sinfonie, eines seiner letzen Werke. Später mehr...


    Viele Grüße
    Holger

  • Hallo,


    also besonders empfehlen kann ich von Boris Tschaikowsky(1925-1996) die erste Symphonie



    für die er auch bei seinem Lehrer Schostakowitsch Lob erntete.
    Besonders der rythmusgeprägte zweite Satz mit hektischen, vorwärtstreibenden Streichern gefällt mir ausgesprochen gut!


    Bei der Suite "After the Ball" zeigt er sich dann eher von seiner gemäßigten, "friedlicheren" Seite, wobei ich vor allem den Walzer sehr schön finde.


    Wie breit Tschaikowskys Schaffen ist, merkt man auch an seinem recht gewöhnungsbedürftigen, stellenweise sehr minimalistischen
    Klavierkonzert, das wenn man ihm eine Chance gibt doch einige recht starke Stellen vorzuweisen hat. Vor allem der Kontrast vom ersten minimalistischen Satz zu dem beruhigenden von einer tollen kontrabaßlinie getragenen zweiten Satz finde ich gelungen!


    Welche anderen Werke von Tschaikowsky könnt ihr noch empfehlen?


    LG Chris

  • Hallo!


    Noch ein Komponist, zu dem ich eine Menge sagen könnte, um ehrlich zu sein, hatte ich ohnehin schon seit längerer Zeit vor, hier was über Boris Tschaikowski zu schreiben, mit Sicherheit einer meiner fünf besonders geschätzten Komponisten. Ich kenne sehr viel vom ihm. Nun, in den nächsten Tage wollte ich mich allerdings erst noch mal intensiv mit Schebalin auseinandersetzen, um hier einen qualifizierten Kommmentar abzugeben, dann widme ich mich Tschaikowski. Aber zu deinen Bemerkungen:


    Zitat

    die erste Symphonie [...] für die er auch bei seinem Lehrer Schostakowitsch Lob erntete.
    Besonders der rythmusgeprägte zweite Satz mit hektischen, vorwärtstreibenden Streichern gefällt mir ausgesprochen gut!


    Auf jeden Fall ein sehr starkes Debüt als Sinfoniker, Tschaikowski war da erst 22 Jahre alt, komponiert aber eine sehr souveräne, reife Sinfonie. Überhaupt hatte Tschaikowski schon sehr früh einen enorm gefestigten Stil, wie man auch seinen Klaviersonaten (die erste komponierte er mit 19 Jahren!) anmerkt. Oder auch das Klaviertrio von 1953, naja, da werde ich mich in Bälde etwas umfassender zu äußern.


    Zitat

    Bei der Suite "After the Ball" zeigt er sich dann eher von seiner gemäßigten, "friedlicheren" Seite, wobei ich vor allem den Walzer sehr schön finde.


    Man sollte nicht vergessen, dass es sich bei diesen Suiten (ist ja noch eine auf der CD) um Filmmusik handelt.


    Zitat

    Wie breit Tschaikowskys Schaffen ist, merkt man auch an seinem recht gewöhnungsbedürftigen, stellenweise sehr minimalistischen
    Klavierkonzert, das wenn man ihm eine Chance gibt doch einige recht starke Stellen vorzuweisen hat. Vor allem der Kontrast vom ersten minimalistischen Satz zu dem beruhigenden von einer tollen kontrabaßlinie getragenen zweiten Satz finde ich gelungen!


    Das Klavierkonzert wirkt zunächst vielleicht etwas spröde, zeigt aber Grundzüge von Tschaikowskis reifem Kompositionsstil sehr pointiert. Daher, dass Tschaikowski häufig kleine, fast elementare bis banale Motive zur Grundlage nimmt und diese diversen Metamorphosen unterwirft bis zur Verzerrung, kommt gelegentlich eine Assoziation zur Minimal Music auf, am stärksten vielleicht wirklich im Klavierkonzert, das ich für meisterhaft halte. Aber Tschaikowskis Musik kommt gleichzeitig eindeutig aus der russischen Tradition, zunächst besonders Schostakowitsch, von dem er sich in seinem Spätwerk aber zunehmend löste. Seine Musik ist sehr ausdrucksstark und eigenwillig, mit der Zeit hat er einen eigenen, typischen Klang gefunden, der seine Werke in meinen Augen einzigartig macht. In Tschaikowski einen russischen Vertreter der Minimal Music zu suchen, halte ich jedenfalls für unzutreffend, aber so hast du das vermutlich auch gar nicht gemeint - wollte bloß nicht, dass hier eventuell ein falsches Bild von seiner Musik entsteht.


    Zitat

    Welche anderen Werke von Tschaikowsky könnt ihr noch empfehlen?


    Eigentlich alle, aber dazu wie gesagt in ein paar Tagen mehr. Es gibt noch drei weitere Sinfonien, Konzerte für Violine, Violoncello und Klarinette, Kammermusik, Sinfonische Dichtungen etc. Jedes dieser Werke ist eine Anschaffung unbedingt wert. Warte vielleicht ein Woche oder so, dann werde ich mich dazu ausführlich äußern.


    Viele Grüße
    Holger

  • Zitat

    Original von Holger Sambale
    Warte vielleicht ein Woche oder so, dann werde ich mich dazu ausführlich äußern.


    Wunderbar,würde mich freuen, denn ich habe bisher halt nur zwei Cds von B. Tschaikowsky und würde gerne mehr von ihm erfahren und hören...
    Hab gestern erst wieder das Klarinettenkonzert und Signs of the Zodiac gehört und war von beidem erneut begeistert...


    Und T. als russischen Vertreter der Minimal Music darzustellen, war wirklich nicht meine Absicht ;-)

  • Hallo!


    Nun also (wie versprochen) zunächst ein paar Zeilen über Schebalin, Boris Tschaikowski folgt in ein paar Tagen. Ich habe in den letzten Tagen vieles von Schebalin mal wieder hervorgekramt und habe derart mein Bild von Schebalins Musik noch ein wenig geschärft. An erster Stelle aber ein paar Informationen zum Lebensweg Schebalins.



    Wissarion Jakowlewitsch Schebalin
    Omsk, 11. Juni 1902 - Moskau, 28. Mai 1963


    Schebalin wurde im sibirischen Omsk geboren; sein Vater war Lehrer an einer landwirtschaftlichen Schule, seine Mutter gab an einer Pfarrschule Unterricht. Schebalin wuchs in einem durchaus musischen Umfeld auf; er interessierte sich für Poesie und kam mit Musik (insbesondere Kammermusik) in Berührung. Nach Beendigung seiner Schullaufbahn begann er ein Studium an der Landwirtschaftlichen Akademie in Omsk, das er allerdings bald in Zusammenhang mit einer schweren Erkrankung abbrach. Stattdessen fand er kurzzeitig eine Stelle als Bilbiothekar der Staatlichen Oper Sibiriens an. In diesen Jahren, verhältnismäßig spät also, schrieb er seine ersten Kompositionen und besuchte ab 1921 das Musikkolleg von Omsk. Sein dortiger Lehrer machte ihn unter anderem mit neuester sowjetischer Musik bekannt, und insbesondere die Werke Nikolai Mjaskowski hinterließen bei Schebalin einen tiefen Eindruck.


    Im Herbst 1922 begegnete Schebalin Mjaskowski zum ersten Mal. Bei dieser Gelegenheit stellte er ihm einige seiner Kompositionen vor, die Mjaskowskis Anerkennung fanden. Ab 1923 studierte Schebalin am Moskauer Konservatorium bei Mjaskowski, dessen Unterricht ihn nach eigener Aussagen nicht nur in musikalischer Hinsicht stark prägte. 1928 erhielt er sein Diplom mit höchsten Auszeichnungen; sein Prüfungswerk war seine Erste Sinfonie, die bereits 1926 mit großem Erfolg uraufgeführt worden war. Anschließend promovierte Schebalin und nahm selbst eine Lehrtätigkeit am Moskauer Konservatorium auf.


    Aus dieser Zeit stammen viele wichtige Bekanntschaften in Schebalins Leben: sein Lehrer Mjaskowski wurde mit der Zeit zu einem Freund, der ihn in seinen Bekanntenkreis einführte. Weiterhin machte er mit dem jungen Schostakowitsch Bekanntschaft, mit dem er sein Leben lang befreundet blieb. Die beiden Komponisten unterhielten einen regen Briefwechsel, der nur zum Teil überliefert ist: Schostakowitsch pflegte seine Korrespendenz stets zu vernichten; nur Schebalins letzter Brief ist erhalten. Schostakowitschs Briefe an Schebalin hat jener dagegen sorgfältig aufbewahrt. Krzysztof Meyer überliefert, dass Schostakowitsch in seinem Arbeitszimmer die Bilder dreier Komponisten hängen hatte, nämlich Mahler, Mussorgski und Schebalin. Auch den Musikwissenschaftler Iwan Sollertinski lernte Schebalin in dieser Zeit kennen. In den 1930ern begann er außerdem, verstärkt Bühnen- und Filmmusik zu komponieren, insbesondere arbeitete er intensiv mit Wsewolod Meyerhold zusammen, der ihn sehr schätzte. Schebalin war zeitweilig Mitglied der Assoziation zeitgenössischer Musik, später des sowjetischen Komponistenverbandes.


    In den 1930er Jahren wurde Schebalin Professor für Komposition am Moskauer Konservatorium, und seit 1942 war er Direktor des Konservatoriums. Seine Arbeit (nicht zuletzt in den schwierigen Kriegsjahren, in denen sich Schebalin nach Kräften um eine Aufrechterhaltung des Lehrbetriebs kümmerte) wird allgemein hoch geschätzt ("goldene Zeit des Moskauer Konservatoriums"). Überhaupt hat Schebalin eine bedeutende Rolle in der sowjetischen Musikhistorie gespielt, und das vor allem als Lehrer. Er unterrichtete unter anderem Edisson Denissow, Sofia Gubaidulina, Sergei Slonimski, Roman Ledenjow, Nikolai Karetnikow, Karen Chatschaturjan, Arno Babadschanjan, Tichon Chrennikow und nicht zuletzt den oben erwähnten Boris Tschaikowski. Es ist sogar so, dass seine kompositorischen Leistungen ein wenig in den Schatten seiner Tätigkeit als Pädagoge gerückt sind.


    Im Jahre 1948 wurde Schebalin jedoch (im Rahmen der "Formalismus-Kampagne") öffentlich kritisiert und seiner Ämter enthoben. Über Schebalins Reaktionen habe ich unterschiedlich Angaben gelesen; das Spektrum reicht hier von leichtem Wiederspruch (was ja angesichts der Situation fast schon kühn zu nennen ist; gemäß Per Skans) bis hin zu Opportunismus und Denunziationen (Marina Lobanowa). Jedenfalls fand Schebalin am Institut für Militärmusik zeitweilige Möglichkeit, weiterhin Unterricht zu geben. An 1951 nahm er wieder seine Professur am Moskauer Konservatorium wahr. Im Jahre 1953 erlitt Schebalin einen Schlaganfall, infolgedessen er rechtsseitig gelähmt war und offenbar auch zumindest Sprachstörungen aufwies (nach Michail Segelman konnte er sogar überhaupt nicht mehr sprechen). Jedoch brachte er es sich bei, mit der linken Hand zu schreiben und war so nicht nur fähig, weiterhin zu komponieren (und zwar mit bewunderswerter Produktivität), sondern sogar schriftlich junge Komponisten zu unterrichten. Offensichtlich folgte im Jahre 1959 ein weiterer Schlaganfall, aber auch dieser brachte seine Kreativität nicht zum Erlahmen. Jedoch führte seine Krankheit dazu, dass er im Mai 1963 erst knapp 61-jährig starb.


    Schebalins Musiksprache ist als Ganzes betrachtet eigentlich recht homogen. Ich erkenne keine substantiellen Unterschiede zwischen Früh- und Spätwerk, lediglich vielleicht eine etwas ruhigere, abgeklärte Ausdrucksweise in den Kompositionen aus seinen letzten Jahren. Ansonsten muss man Schebalin als recht konservativen, in der russischen Musiktradition fest verwurzelten Komponisten ansehen. Nicht umsonst hat Schebalin sich auch mit der Vervollständigung unvollendet hinterlassener Kompositionen etwa von Glinka und Mussorgski beschäftigt. Russische Folklore - zum Teil explizit zitiert, zum Teil in der melodischen Gestaltung eingeschmolzen - ist in seinem Schaffen immer wieder zu finden, sein Fünftes Streichquartett, das sogenannte "Slawische" aus dem Jahre 1942, für das Schebalin den Stalinpreis erhielt, baut zum Beispiel auf russischer, slowakischer, ukrainischer, polnischer und serbischer Folklore auf. Auch in der Sinfonietta, einem fröhlichen, vitalen Werk, finden sich russische Volksthemen unmittelbar wieder.


    Wenn man ein großes Vorbild für Schebalin benennen sollte, müsste eindeutig der Name Mjaskowski fallen. Oft genug erinnert die Melodik, Harmonik und Rhythmik (man denke an Mjaskowskis oftmals charakteristisch sykopierte, sprunghaft gespannte Rhythmik) ganz klar an die Musik seines Lehrers, ohne freilich eine Stilkopie darzustellen. Schebalins Musik ist (neben einer etwas avancierteren Harmonik, allerdings auch wiederum nicht in allen Werken) vielleicht eine Spur extroviertierter als die seines Lehrers, wohl auch etwas farbiger (zum Beispiel hinsichtlich der Orchestration, die bei Mjaskowski ja insgesamt eher klassisch ist). Aber der grundsätzlich akademische Musikzugang, die Betonung des Handwerklichen und ein eher sachlicher Tonfall ist beiden Komponisten gemein. Zum Beispiel legte Schebalin großen Wert auf polyphone Gestaltung seiner Kompositionen.


    Weitere, unterschiedlich stark ausgeprägte Einflüsse (dies differiert zum Teil auch von Werk zu Werk) sind der Neoklassizismus (die beiden Concertini op.14, oder neobarocke Einflüsse im Violinkonzert op.21) oder die Musik des Impressionismus - Schebalin bewunderte besonders in den 1920er Jahren die französische Musik, und etwa in den leicht elegisch-nebligen Anfangstakten der Zweiten Sinfonie meine ich eine impressionistische Farbgebung deutlich zu erkennen. Interessanterweise spielt die Musik seines Freundes Schostakowitschs im Schaffen Schebalins keine nennenswerte Rolle. Die bohrenden Rhythmen und den Sarkasmus Schostakowitschs finde ich in keinem der mir bekannten Werke Schebalins wieder, ein wenig eventuell in der Dritten Sinfonie, die aber auch stark auf Prokofjew verweist, übrigens zusammen mit dem Violinkonzert eines der modernsten Werke Schebalins. Im Violinkonzert finden sich (vor allem im ersten Satz) passagenweise sogar vorsichtige zwölftönige Elemente, wie Segelman bemerkt - allerdings ohne die Tonalität zu verlassen. In den wenig später entstandenen Streichquartetten ist davon aber wieder nichts mehr zu hören.


    Schebalin hat auch propagandistische Werke komponiert, zu nennen wäre vor allem seine monumentale "Lenin"-Sinfonie nach Majakowski op.16 für Sprecher, Soli, Chor und Orchester. Ich habe dieses Werk erst kürzlich kennengelernt, den Impetus des ersten Satzes (rein orchestral) finde ich prachtvoll. Weiterhin ist seine Vierte Sinfonie, Mitte der 1930er Jahre entstanden, den "Helden von Perekop" gewidmet - Perekop ist eine Stadt auf der Krim, bei der die Rote Armee einen wichtigen Sieg im russischen Bürgerkrieg erringen konnte. In dieser Sinfonie zitiert Schebalin revolutionäre Lieder, unter anderem höre ich den Arbeitertrauermarsch "Unsterbliche Opfer" heraus. Allerdings ist eine große Anzahl von Schebalins Kompositionen nicht sujetgebunden.


    Sein Oeuvre umfasst fünf nummerierte Sinfonien, deren 1925 komponierte Erste Mjaskowski, die 1962 entstandene Fünfte dessen Andenken gewidmet ist. Daneben gibt es vier Orchestersuiten, eine Sinfonietta, die erwähnte Lenin-Sinfonie, Ouvertüren, ein Violinkonzert, Concertini für Violine sowie Horn, Kantaten ("Moskau", 1946), Lieder und Chöre, zwei Opern ("Die Sonne über der Steppe" und "Der Wiederspenstigen Zähmung") sowie ein umfangreiches kammermusikalisches Oeuvre, in dessen Zentrum neun Streichquartette stehen, die sein gesamtes Schaffen umspannen (das erste von 1923, das letzte aus dem Todesjahr 1963), weiterhin Sonaten für diverse Instrumente, ein Streichtrio, ein Klaviertrio und so fort. Wenig davon ist auf CD erhältlich, Kurzstückmeister hat die CD mit dem Fünften und Neunten Quartett bereits genannt, außerdem hat Marie-Luise Neunecker das Hornconcertino eingespielt. Früher hatte Olympia alle Sinfonien und Streichquartette im Sortiment, die Quartette in sehr schönen neuen Aufnahmen mit dem damals noch blutjungen Krasni-Quartett (Studenten des Petersburger Konservatoriums der Jahrgänge 1977 bis 1980). Leider alles vergriffen, ich habe die entsprechenden CDs aber alle in meiner Sammlung.


    Hinweisen möchte hier zum Schluss noch besonders auf mein persönliches Lieblingswerk, die Sinfonie Nr.5 C-Dur op.56, komponiert 1962. Wie bereits erwähnt ist dieses Stück dem Andenken Mjaskowskis gewidmet. Die Sinfonie steht in der Tradition russischer epischer Sinfonik, traditionell viersätzig und rund 30 Minuten lang. Die mir vorliegende Aufnahme stammt aus dem Jahre 1963, ein Live-Mitschnitt mit einem blendend aufgelegten Jewgeni Swetlanow am Pult. Die Sinfonie selbst ist in einem heiter-melancholischen Tonfall komponiert, strahl Gelassenheit und Souveränität ebenso wie höchst elegische, subtile Momente aus. Das chromatische Soloklarinettenthema vom Beginn ist recht charakteristisch und wird kurz vor Ende des vierten Satzes apotheotisch wiederholt, während das Ende des ersten Satzes bereits dasjenige des Schlusssatzes antizipiert. Zwischen den Ecksätzen steht eine Art "Nachtstück", an Mjaskowski gemahnend und unendlich traurig, sowie ein lebendiges, tänzerisches Scherzo. Das Finale lebt zunächst von einer ruhigen Heiterkeit, kecke, fröhliche Gesten scheinen auf. Im Verlauf mischen sich aber immer stärker melancholische (Moll-) Elemente in die Musik, und nach der erwähnten Wiederholung des Hauptthemas des ersten Satzes kommt es zu einer zauberhaften Coda voller Reminiszenzen, eine wundervolle Abend- (und Abschieds-) Stimmung, die zwischen C-Dur und c-moll pendelt und schließlich in friedlicher Stille entschwindet. Schon allein wegen dieser Mischung aus Bitterkeit und herbstlicher Schönheit eine meiner absoluten Lieblingssinfonien.


    Viele Grüße
    Holger


    P.S. Ob Schebalin allerdings speziell für dich, Kurzstückmeister, ein geeigneter Komponist ist, wage ich doch leicht zu bezweifeln. Ich empfehle ihn gerne, aber dein Musikgeschmack scheint mir doch eher in eine andere Richtung zu gehen.

  • Lieber Holger


    Einmal mehr eine tolle Präsentation! Vielen Dank für die akribisch geleistete und grosszügig gewährte Arbeit.
    Da ich ein grosser Liebhaber von Mjaskowskis Klangkosmos bin (und sehnsüchtig auf die von Edwin Baumgartner hoch gepriesene Swetlanov-Box mit den 27 Sinfonien warte) und ich zudem zum Idiom von Schostakowitsch keinen Zugang finde, könnte das Werk Schabalins für mich eine interessante Entdeckung sein.
    Allerdings finde ich bei JPC keine einzige Einspielung ... Vielleicht erbarmt sich cpo unser, oder Olympia wird reanimiert.


    Lieber Gruss aus Bern von

    Walter

  • Hallo Walter!


    Zitat

    Original von Walter Heggendorn
    Einmal mehr eine tolle Präsentation! Vielen Dank für die akribisch geleistete und grosszügig gewährte Arbeit.


    Danke schön, freue mich, dass meine Arbeit auf Interesse stößt!


    Zitat

    Da ich ein grosser Liebhaber von Mjaskowskis Klangkosmos bin (und sehnsüchtig auf die von Edwin Baumgartner hoch gepriesene Swetlanov-Box mit den 27 Sinfonien warte) und ich zudem zum Idiom von Schostakowitsch keinen Zugang finde, könnte das Werk Schabalins für mich eine interessante Entdeckung sein.


    Wenn dir Mjaskowski gefällt, dürfte Schebalin für dich ebenfalls von Interesse sein. Es gibt eigentlich nur wenige russische Komponisten, die direkt an Mjaskowski anknüpfen, Schebalin, auch der noch unbekanntere Jewgeni Golubew, und der frühe Kabalewski (in seinen ersten beiden Sinfonien!). Die ehedem begonnene Olympia-Edition mit Mjaskowski-Sinfonien wird vom Label alto weitergeführt, eine CD ist bereits erschienen und bei jpc erhältlich (Sinfonien Nr.15&27), die nächste erscheint in Bälde (laut Homepage im März, bis sie in Deutschland erhältlich ist, dauert es wahrscheinlich noch ein bisschen länger). Auf dieser CD werden dann die Sinfonien Nr.16 und 19 zu finden sein - insbesondere auf die großartige Sechzehnte, auch als "Sowjetische Eroica" bezeichnet, möchte ich hier schon mal nachdrücklich hinweisen.


    Zitat

    Allerdings finde ich bei JPC keine einzige Einspielung ... Vielleicht erbarmt sich cpo unser, oder Olympia wird reanimiert.


    Du hast Recht, bei jpc ist derzeit kaum etwas (und von den Orchesterwerken gar nichts) zu finden, wie leider auch bei Dutzenden anderer russischer bzw. sowjetischer Meister. Auf CPO würde ich nicht setzen, da ist bisher kaum russisches Repertoire erschienen. Und Olympia ist meines Wissens nicht mehr existent, seit der Gründer vor ein paar Jahren verstorben ist. Könnte höchstens sein, dass Melodija (dankenswerterweise ja mittlerweile wieder auf dem Markt präsent) eventuell mal was herausbringt oder andere Labels wie Northern Flowers bzw. Regis (dort erscheinen hin und wieder alte Olympias neu) sich darum kümmern. Ansonsten muss man eben suchen...


    Viele Grüße
    Holger

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  • Hallo,


    danke dir Holger für deinen interessanten "Vortrag" über Schebalin. Hast mein Interesse geweckt und so werde ich mir wohl jetzt mal das Concertino für Horn anhören, was ich auf einer russischen Hornkonzerte-CD habe...
    Da ich Mjaskowski durchaus schätze(habe aber nur 3 Symphonien & sein Violinkonzert) werde ich wohl auch mal nach Schebalin Ausschau halten.


    LG Chris

  • Hallo Christoph,


    schön, dass ich dein Interesse wecken konnte. Das Hornconcertino ist wohl eher kein zentrales Werk in Schebalins Schaffen, aber natürlich trotzdem ein schönes, leichteres Stück. Was Mjaskowski betrifft, möchte ich hier mal einen Link setzen:


    Nikolai Mjaskowski - Russlands vergessener Komponist


    Dort habe ich mich vor zwei Monaten schon mal recht ausführlich über Mjaskowski ausgelassen, vielleicht interessiert's dich, und zum Thema Russische Komponisten des 20. Jahrhunderts passt es ja ohnehin.


    Viele Grüße
    Holger

  • Das Bittere zuerst: Von Schebalin (Betonung übrigens auf dem "i") ist im Moment kaum etwas zu bekommen. Was schade ist, denn dieser Komponist hat eine ganz eigene tonale Sprache entwickelt. Holger leitet sie richtig von Mjaskowskij ab.


    Charakteristisch für Schebalin ist eine bis an die Grenze der Atonalität geführte Chromatik der Melodie (die dadurch relativ schwer fasslich wird) und eine konsequente polyphone Durcharbeitung des Stimmgefüges. Nach dem Konflikt mit der Parteilinie wird Schebalins Musik einfacher, und er läßt auch Volksliedmelodien bzw. Volksliedern nachempfundene Melodien häufiger einfließen, ohne seine künstlerischen Positionen wesentlich zu verändern. Wirklich simplifiziert schreibt Schebalin nur in eindeutig parteigebundenen Nebenwerken, als wolle er sie in Distanz zu seinem eigentlichen Schaffen setzen.


    Wie die meisten Sowjet-Komponisten stand freilich auch Schebalin in den größer besetzten Werken unter dem Zwang des optimistischen oder heroischen Finales, und diese Teile sind sicher nicht die besten seiner Werke, obwohl sie mit wesentlich mehr Verantwortung komponiert sind als bei vielen anderen Sowjet-Komponisten. Mitunter ist die Haltung (nicht der Stil) der Schostakowitschs verwandt.


    Eine der wichtigsten Taten Schebalins war die Fertigstellung und Instrumentierung von Mussorgskijs "Jahrmarkt von Sorotschinzy", in der er glänzend den Stil Mussorgskijs trifft. Nur in der Teufelsszene geht Schebalin vielleicht zu weit im Auftragen der dämonischen Farben - obwohl ein Blick in den Klavierauszug zeigt, daß er dem harmonischen Vokabular Mussorgskijs treu bleibt.


    Auf jeden Fall ist Schebalin einer der Sowjet-Komponisten, deren Werken man, wenn sich die Chance ergibt, begegnen sollte.


    Was Holgers beispielhafte Ausführungen betrifft, möchte ich nur ergänzend etwas zur "Lenin-Symphonie" sagen: Das Werk stammt aus dem Jahr 1931 (1959 revidiert). Wir neigen dazu, alle Werke sowjetischer Komponisten, die den Kommunismus oder einen seiner Vertreter feiern, automatisch als "Propaganda" abzutun. Wir müssen uns aber klar sein, daß zahlreiche Künstler überzeugte Kommunisten waren und von den Verbrechen, die es bereits unter Lenin gab, nichts wußten oder sie sogar akzeptierten als Opfer für eine neue Ordnung. Bitte nicht vergessen: Auch die französische Revolution ist nicht unblutig verlaufen...
    Wenn nun einige Komponisten Werke schrieben, die den Kommunismus oder seine Vertreter feiern, so ist das in dem Sinn Propagandamusik, wie Bruckner und Messiaen Probagandamusik für den Katholizismus komponierten, Copland für die USA ("Lincoln Portrait" - aber nicht nur), Grieg für Norwegen und Elgar für das British Empire. Auch Johann Strauß Vater feierte einen Feldmarschall Radetzky dafür, dass er ein Blutbad gegen Aufständische anrichtete...


    Wenn Schebalin also eine "Lenin-Sinfonie" komponiert, ist das nicht zwangsläufig eine üble Polit-Propaganda, ich halte es sogar für wahrscheinlich, daß dieses Werk einer inneren Überzeugung entspringt, denn es ist eine Musik, die keineswegs nur in hohlen Jubelposen verharrt. Ich glaube, in dieser Musik durchaus ein höheres künstlerisches Ethos ausmachen zu können und sogar echte Begeisterung für das Sujet.


    Die Ernüchterung folgte auch für Schebalin früh genug.


    :hello:


    P.S.: Für alle, die nicht auf die sukzessive erscheinenden Mjaskowskij-Sinfonien warten können: Bei amazon.fr sind die empfehlenswerten Swetlanow-Einspielungen in einem Koffer komplett erhältlich.

    ...

  • Hallo Holger,


    mit Deinen fundierten Beiträgen zu Boris Tschaikowsky und W.J.Scherbalin hast Du mein Interesse an diesen beiden Russen geweckt --- ich kenne n i c h t s von Beiden.


    Ich frage mich nur warum diese beiden so relativ unbekannt sind und man in Konzertprogrammen so gut wie nichts von Beiden hört ???


    Mehr als Scherbalin interessiert mich zunächst Boris Tschaikowsky, der als Schüler Schostakowitsch´s natürlich von diesem geprägt sein muß.

    Da gehen meine Gedanken genau in die gegensätzliche Richtung als bei Walter H. der zu einem meiner Lieblingskomponisten Schosty keinen Zugang findet:
    Die Myaskjowsky-Werke (auch selten gespielte Musik) haben mich (genau wie Glasunow) in allen Punkten nicht so voll begeistern können. Und da Scherbalin von Myaskowsky geprägt ist stelle ich diesen nur deshalb zurück, weil man ohnehin kaum Tonträger bekommen kann. Es muß doch einen Grund geben, warum von Scherbalin weitestgehend keine CD´s vorliegen. Es ist keine Nachfrage danach ! Warum wohl ?


    :hello: Vielleicht kannst Du oder ein Anderer diese Frage beantworten.



    Ich habe gleich mal nachgesehen welche Einspielungen von Boris Tschaikowsky vorliegen.
    Da sind mir gleich zwei NAXOS-CDs ausgefallen:

    ....

    NAXOS, 2006, DDD ........................................... NAXOS, 2005, DDD
    :hello: Reichen diese auf NAXOS zum erfolgreichen Kennenlernen, oder sollte man lieber gleich zu den Fedossejew-Aufbahmen der Sinfonien greifen ?


    Was ist hiervon zu halten ?
    41XBT9KMTEL._AA240_.jpg
    Sebastopol Symphony für großes Orchester (1980)
    The wind of Siberia (Sinfonische Dichtung) (gewidmet Vladimir Ivanovich Fedoseyev) (1984)
    Chandos, 2005, DDD


    8) Hört sich jedenfalls mächtig interessant an !
    :D Daher bin ich gespannt auf die Empfehlungen, damit ich meine Bestellungen lostreten kann.

    Gruß aus Bonn, Wolfgang

    Einmal editiert, zuletzt von teleton ()

  • Zitat

    Zitat teleton,
    Es muß doch einen Grund geben, warum von Scherbalin weitestgehend keine CD´s vorliegen. Es ist keine Nachfrage danach ! Warum wohl ?


    Die Mechanismen sind gerade bei den Komponisten des ehemaligen Ostblocks nicht leicht zu durchschauen. Bei Boris Tschaikowskij ist jedenfalls eine sehr aktive Gesellschaft dahinter - sicher nicht nur zu meiner Freude, denn Tschaikowskij sollte im Normalrepertoire auch dann stärker präsent sein, wenn er nicht Pjotr heißt.


    Schebalin ist ein schwierigerer Fall: Es ist relativ viel eingespielt, aber vielleicht gibt es Probleme mit den Lizenzen bzw. sind die diesbezüglich unproblematischen Aufnahmen nicht prominent genug besetzt. Man darf nicht übersehen, daß Schebalin nicht immer ein geachteter Komponist war...


    Das zwischen den Zeilen durchklingende Argument eventuell mangelnder Qualität scheint mir insoferne nicht stichhaltig, als einige hervorragende Komponisten des ehemaligen Ostblocks in Bezug auf CD-Aufnahmen völlig unterrepräsentiert sind.
    Dafür ein paar Beispiele.
    So sind derzeit einige der wichtigsten Werke der Russen Rodion Schtschedrin und Sergej Slonimskij nicht oder nur über kostenintensive Umwege zu bekommen; vom Russen Jurij Schaporin bekommt man wenigstens die (hervorragende) Oper "Die Dekabristen", aber nichts sonst; der Russe Alemdar Karamanow fehlt ebenso wie sein Landsmann Michail Nosyrew und sein Landsmann Nikolai Karetnikow, dessen "Till Eulenspiegel" eine kühne, in Richtung Polystilistik weisende Oper darstellt, die zum besten gehört, was die zweite Hälfte des 20. Jahrhunderts an Musikdramatik hat.
    Außerhalb Russlands: Die hochbedeutenden Slowaken Jan Cikker und Eugen Suchon fehlen völlig; der Ungar Emil Petrovics fehlt ebenfalls völlig, von seinem Landsmann Sandor Szokolay sind wenigstens ein paar Klavierwerke und seine Oper "Bluthochzeit" zu bekommen (aber keine einzige andere seiner Opern, die alle aufgenommen wurden, und auch keines seiner zahlreichen Orchesterwerke); nach dem Kroaten Miro Belamaric, der immerhin einen Wettbewerb der Wiener Staatsoper gewonnen hat und dessen "Don Perlimplin" ein Meisterwerk der neueren Oper darstellt, sucht man in den Katalogen vergebens.
    Es gibt also ziemlich viel aufzuarbeiten an Musik des ehemaligen Ostblocks - aufgenommen sind sehr viele Werke, und das oft in beispielhafter künstlerischer Qualität. Nur scheinen die Labels an der Archivkramerei nicht so wirklich interessiert.


    :hello:

    ...

  • Zitat

    Original von Edwin Baumgartner
    von seinem Landsmann Sandor Szokolay sind wenigstens ein paar Klavierwerke und seine Oper "Bluthochzeit" zu bekommen (aber keine einzige andere seiner Opern, die alle aufgenommen wurden, und auch keines seiner zahlreichen Orchesterwerke)



    Von den Violinkonzerten gibt es aber eine Aufnahme auf Hungaroton:



    erhältlich bei amazon.co.uk

  • Hallo van Rossum,
    danke für den Hinweis, ich habe die Sache bei http://www.hungaroton.hu/ überprüft, von Szokolay ist doch ein bißchen was zu bekommen (im Archiv liegen müßten Einspielungen von drei Opern, dazu von ein paar Orchester- und Vokalwerken), von Petrovics gibt es drei Kantaten, eine Oper und ein Trompetenkonzert - auch relativ wenig gemassen an dem, was seinerzeit auf Schallplatte verfügbar war.
    :hello:

    ...

  • Hallo,


    erst mal danke ich dir, Edwin, für deine interessanten Ergänzungen! Ich gehe mit deiner Wertschätzung für Schebalins Musik natürlich konform und bin ebenfalls der Ansicht, dass seine Werke ein hohes Maß an künstlerischer Integrität verraten. Selbst ein Werk wie die Sinfonietta - 1949-51, also direkt nach dem berühmt-berüchtigten Beschluss komponiert - ist trotz der (in dieser Form wohl erzwungenen) Traditionalität frisch und beweist Geschmack. Und was die "propagandistisch" angehauchten Werke betrifft: ich teile deine Haltung zu diesen Kompositionen absolut und bin selbstredend immer bereit, mir ein Werk wie Schebalins "Lenin"-Sinfonie vorurteilsfrei zu Gemüte zu führen. Wie gesagt, ich habe das Stück gerade neu kennengelernt, aber es hat auf mich einen sehr guten Eindruck gemacht, weit entfernt von all zu plakativen Jubelposen und Simplifizierung (wie sie ja doch in manchen sowjetischen Kompositionen kleinerer Meister mitunter zu beobachten ist). Übrigens halte ich auch Swiridows Pathetisches Oratorium nach Majakowski ehrlich gesagt für ein ziemlich großartiges Werk. Man sollte sich davor hüten, Musik mit "sozialistischen Inhalten" undifferenziert als nicht hörenswert zu betrachten, es gibt auch auf diesem Felde großartige kompositorische Leistungen. Und dass es zahlreiche Komponisten gab, deren ehrliche Überzeugung hinter solchen Kompositionen stand, bleibt ebenfalls unbenommen (gerade in der Sowjetunion der 1920er und frühen 1930er Jahre).


    Nun zur Frage, warum Schebalin (ohne r!) nicht auf Tonträger präsent ist. Edwin hat die Hintergründe eigentlich schon ziemlich gut beleuchtet. Ich würde mich davor hüten, aus der Tonträgerpräsenz von einzelnen Komponisten Rückschlüsse auf deren kompositorische Qualität zu ziehen. Vor einiger Zeit hatte ich hier mal Ernst Hermann Meyer vorgestellt - ein exzellenter Komponist, dessen Hauptwerke meines Erachtens nicht hinter denen wesentlich prominenterer Tonsetzer zurückstehen, aber heute völlig unbekannt. Überhaupt ist, wie Edwin ja auch sagte, die Musik des Ostblocks (vor allem nach dem Ende des real existierenden Sozialismus) bis auf ein paar große Namen in der Versenkung verschwunden. Schaue mal in Auflistungen alter Melodija-Kataloge, dann kannst du sehen, was für eine Musikkultur derzeit in den Archiven schlummert! Leider versprechen sich die CD-Labels von der Wiederauflage solcher Musik offenbar wenig Profit, vielleicht sogar nicht ganz zu Unrecht, denn ich stelle immer wieder fest, dass man allgemein mit sowjetischer Musik oder auch solcher aus der DDR auf eher geringes Interesse stößt. Vielleicht sind da auch gewisse Vorurteile im Spiel, ich weiß es nicht. (Bezieht sich jetzt nicht auf dich, Wolfgang, nur eine allgemeine Vermutung.)


    Speziell im Falle Schebalin muss ich allerdings sagen, dass ich diese Musik so einschätze, dass sie speziell für dich, Wolfgang, nicht unbedingt von allergrößtem Interesse ist. Ohne deine Meinung über Mjaskowski vorher gekannt zu haben hätte ich intuitiv gemutmaßt, dass er eher nicht so dein Fall ist, womit ich ja auch richtig liege. Die Grundhaltung dieser Musik ist eher introviertiert und nachdenklich, sinnierend, man muss sich mit diesen Werken zum Teil auch erst ein wenig näher auseinandersetzen, um sie richtig wertschätzen zu können. Eben Musik, die erst mal weniger die Emotionalität als gedankliche Tiefe in den Vordergrund stellt, hinzu kommt das, was ich oben als akademischen Zugang bezeichnet habe, also eine Betonung des Handwerklichen in der Musik. Schebalin hat etwa immer viel Wert auf eine ausgefeilte Polyphonie gelegt.


    Zu Boris Tschaikowski werde ich mich in ein paar Tagen ausführlich äußern, so ein umfassender Artikel benötigt Zeit - jeden Tag bekomme ich Derartiges auch nicht hin. Nur so viel: ich halte die von dir genannte Chandos-CD für einen idealen Einstieg in den Klangkosmos Tschaikowskis, und diesen Komponisten wiederum für einen der herausragenden Köpfe der sowjetischer Musik seiner Generation (insbesondere was die eher konservativ verankerten Komponisten betrifft). Er ist weniger von Schostakowitsch geprägt als man vielleicht vermuten könnte, sondern hat eine ganz eigene, unverwechselbare Tonsprache entwickelt. Ich werde hier in Zukunft noch mehr sowjetische Komponisten vorstellen, die ich für eine lohnenswerte Entdeckung halte, ich denke da unter anderem an Boris Tischtschenko und Mieczyslaw Weinberg. Später mehr!


    Viele Grüße
    Holger

  • Zitat

    Original von Holger Sambale
    Ich werde hier in Zukunft noch mehr sowjetische Komponisten vorstellen, die ich für eine lohnenswerte Entdeckung halte, ich denke da unter anderem an Boris Tischtschenko und Mieczyslaw Weinberg.


    Ah stimmt ja, die beiden wollte ich auch noch ins Spiel bringen, aber das überlasse ich gerne dir, denn bin leider recht dürftig ausgestattet bei Weinberg und Tischtschenko.


    Was ich unter anderem allerdings besitze ist diese echt wundervolle CD



    Vainbergs Violinkonzert gehört zu einen meiner Lieblingswerke dieser Gattung überhaupt. Schon allein der in meinen Ohren sehr dramatische und dazu virtouse erste Satz zieht jedes Mal noch (positiv!) an meinen Nerven ;-) Unglaublich ergreifend!


    LG Christoph


    P.S.: Holger, ist doch klar, dass du nicht jeden Tag so einen umfassenden Artikel verfassen kannst...ist doch schon toll, dass du dir überhaupt die Mühe machst. Kann mir vorstellen, wie zeitintensiv das ist...

  • Liebe Klassikfreunde-Freunde russischer Sinfonik,


    ich habe jetzt die hier am 27.02.08 abgebildeten 3CD´s als Boris Tschaikowsky-Grundstock vorliegen und gehört.


    Boris Tschaikowsky hat mich sehr beeidruckt.
    Was ihn so sympatisch macht ist das er auch Ende des 20.Jahrhunderts Werke präsentiert, die voll fasslich sind, weitgehend auf tonaler Basis ablaufen und trotzdem zeitgemäß rüberkommen (die Werke auf den CD´s liegen zwischen 1947 (Sinfonie Nr.1) und 1987 (Musik for Orchestra).
    Er verzichtet auf diesen ungenießbaren Bullschitt mancher Geräuschemacher unserer Zeit und präsentiert stattdessen tiefempfundene Musik.
    Sein Lehrer Schostakowitsch fällt in den Werken eigendlich nur gelegentlich auf. Boris Tschaikowsky ist dabei höchst Eigenständig und ist keiner der abkupfert.



    Kurz zu einigen Werken:
    Klavierkonzert (1971)
    Das Klavierkonzert enthält neben absolut minimalistischen rhytmischen monolythischen Klavierakkorden (erster Satz) hochvirtuose Abschnitte (3. und 4.Satz) bereit. Seltsamerweise stehen keine Satzbezeichnungen bei den 5 Sätzen. Diese könnten so lauten:
    I. Allegro (Toccata) II. Andantino III. Allegretto (in Sonatensatzform) IV.Rondo: Allegro vivace V.Moderato


    :love: Auf jeden Fall bin ich gespannt auf die weiteren Konzerte, die ich noch nicht kenne: Violinkonzert (1969) und Cellokonzert (1964), das Rostropowitsch auf seiner Liste seiner wichtigsten Cellokonzerte hatte.


    Die Sinfonie Nr.1 (1947) hat einige interessante Momente zu bieten, besonders der rhythmusgeprägte 2.Satz.
    Ich würde Boris hier und da noch mehr Emotion gewünscht haben, wie der Erstling von Schostakowitsch, an den diese Sinfonie und vieles von ihm einfach nicht heranreicht.
    Wäre er nicht sonst auch bekannter ?


    Die Sebastopol Sinfonie (1980) in einem großen Satz ist seine Dritte Sinfonie (von 4 Sinfonien). Interessant ist hier, dass er Themen aufstellt und diese im Verlauf unverarbeitet unter den Tisch kehrt. Sie kehren nicht wieder. Damit enthält er sich allem Formalissmus und gestaltet den Satz quasi in Episoden. Sie schildert eine Füle optischer Eindrücke der Krim-Hafenstadt Sebastopol am scharzen Meer......
    Am Ende steht eine hochinteressante Komposition.


    Toll auch auf gleicher Chandos - CD die Sinfonische Dichtung "Der Wind Sibiriens" (1984) in eisiger Kälte. Er erzielt durch die orchestrale Zusammensetzung vollig neue Klangfarben.


    Die Musik für Orchester (1987) ist Boris T.´s letzte Werk, das aus 7 ineinander übergehenden Sätzen besteht, die in ihren Satzbezeichnungen (Motive, Far Road, The Wires Sing, Four Notes, Thods and Quarts, Shadows, Epilog) gekennzeichnet werden.


    Boris Tschaikowsky hatte Glück den von ihm hochgeschätzten Dirigenten Vladimir Fedossejew zur Seite zu haben, dem er sehr viele Werke widmete und der sie auch autentisch aufführte,
    wie auf der TOP-Chandos CD mit


    Sebastopol Symphony für großes Orchester (1980)
    Music for Orchestra (1987)
    The wind of Siberia (Sinfonische Dichtung) (gewidmet Vladimir Ivanovich Fedoseyev) (1984)


    Chandos, 2005, DDD

    Gruß aus Bonn, Wolfgang

    Einmal editiert, zuletzt von teleton ()

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