Jussi Björling - Eine Jahrhundertstimme

  • Liebe Taminoianer



    Im Rahmen meiner Recherchen für den Schellackbereich kaufte ich einige CDs aus der Serie Naxos-Historical, Teilweise fand ich die Vorurteile, die gegen alte Schellackplatten bestehen, bestätigt, teile widerlegt. Persönlich bin ich ja der Ansicht, daß die meisten Original Schellackplatten wesentlich besser klingen würden, wenn man sie
    abgesehen von der Entfernung von argen Knackern weitgehend unverändert lassen würde. Sie würden dann zwar mehr Rauschen, jedoch die Klangcharakteristik von Stimmen und instrumenten bliebe weitgehend gewahrt.


    Eine der gekauften CD-Überspielungen, die Tonaufnahmen des schwedischen Tenors Jussi Björling aus den Jahren 1936-1944 beinhaltet erwies sich als Glücksfall.


    Der Restauratur Stephan Lindström erklärt schon im Booklet, daß er nur sehr wenige Eingriffe macht (weit weniger Filterung als beri Ward Marston) und das kommt der Stimmwiedergabe 100% zugute.
    Kaum erlebt man jenen "Samtton" der restaurierte Schellackplatten-Transfers für mich so schwer genießbar macht, weil sie trotz gegenteiliger Behauptungen immer wichtige Klangfarben der Stimme unterdrücken.


    Björlings Stimme war ein Jahrhundertereignis, und ich meine das hört man auf dieser Veröffentlichung sehr gut. Strahlend und sicher, ich finde diese CD bietet echten Musikgenuß und nicht nur (wie manch anderere Aufnahme) historische Information.


    Die CD enthält Arien von Verdi, Puccini, Leoncavallo, Ponchielli , Gounod, Mascagni , Meyerbeer und anderen. Die Tonqulität schwankt zwischen den Einzelnen Aufnahmen geringfügig , ist aber in jedem Fall guter Standard der dreißiger Jahre. Verglichen mit jenem Sampler von
    alten Aufnahmen, die ich neulich von Hänssler in die Hand bekan (viel zu viel gefiltert für meinen Geschmack) ein wahres Klangwunder....


    Aber natürlich bleibt eis eine Schellackproduktion, die sei allen "Audiophilen" als Warnung gesagt.


    Dennoch eine lohnenswert Aufnahme in jeder Hinsicht: Hervorragender Sänger, bester Schellackstandard, zudem noch zum Budget-Preis.




    Die Veröffentlichung ist Teil 3, einer derzeit 4 teiligen Serie mit Aufnahmen von 1929 bis in die frühen fünfziger Jahre.
    Ich kenne jedoch derzeit lediglich diese eine CD.


    Björling hat insgesamt etwa 300 Arien für Schallplatte eingespielt



    Vielleicht kennt jemand andere Aufnahmen aus dieser Serie oder von
    Preiser oder Prima Voce ?


    Beste Grüße aus Wien


    Alfred

    Wenn ich schon als Vorbild nicht tauge - lasst mich wenigstens ein schlechtes Beispiel sein !



  • Liebe Taminos in Nah' und Fern':
    Es ist nicht zu glauben, daß sich auf diesen Beitrag keiner meldet.


    Jussi Björling, für mich einer der strahlendsten Tenöre des vergangenen Jahrhunderts. Mangelnde Ausdrucksstärke und Leidenschaft wurden ihm meiner Meinung nach deshalb unterstellt, da er halt sehr mühelos klang, ob er beim Manrico das cis erklomm oder sich der Calaf sehr leicht anhörte.


    Einen hervorragenden Querschnitt durch sein Schaffen bietet die EMI-4-CD-Box Studio Recordings 1930 - 1959.
    Die frühen Aufnahmen sind schwedisch gesungen und haben eine noch hellere Färbung seiner Stimme.
    Jag minns stjärnorna lyste (e lucevan le stelle) hat natürlich auch einen sprachlichen Reiz.
    Es sind nicht nur Opernarien, sondern auch Lieder wie "Adelaide" von LvBeethoven, "Morgen" von Richard Strauss etc. drauf.


    An Operngesamtaufnahmen wird unbedingt empfohlen:
    Verdi: Il trovatore 1952
    Verdi: Der Maskenball - Metropolitan Opera 1940
    Verdi: Requiem 1959
    Verdi: Aida 1955
    Puccini: La Boheme (1956), Tosca (1959), Turandot (1959), Manon Lescaut
    Natürlich der Gounod-"Faust" aus der Met 1950, Bajazzo und Cavalleria.

    Otto Rehhagel: "Mal verliert man und mal gewinnen die anderen".
    (aus "Sprechen Sie Fußball?")

  • tja, die antwort kommt aus wien!
    ich nenne eine aufnahme der manon lescaut aus dem jahre 1969 (2 schallplatten) mein eigen. die sänger: licia albanese, jussi björling, robert
    merrill, der dirigent: jonel perlea - erschienen bei rca.
    meine meinung dazu: UNBEDINGT anhören! um die stimme kennen zu lernen ist das duett aus bizet`s perlenfischer (björling - merrill) empfehlenswert.
    wünsche eine gute nacht,
    Sonja

  • Hallo Rienzi


    Zitat

    Mangelnde Ausdrucksstärke und Leidenschaft wurden ihm meiner Meinung nach deshalb unterstellt, da er halt sehr mühelos klang, ob er beim Manrico das cis erklomm oder sich der Calaf sehr leicht anhörte.


    Ich bin mir nicht sicher, ob die Vorwürfe überhaupt nennenswert seinem Gesang galten. Er war bekannt dafür, auf der Bühne äußerst ökonomisch zu agieren (um es einmal so auszudrücken). Das färbt dann sehr leicht auch auf die Beurteilung der gesanglichen Leistung ab.


    Ciao

    Ciao


    Von Herzen - Möge es wieder - Zu Herzen gehn!


  • Hallo Sonja,


    Diese Platte solltest Du als Rarität sehen, denn Jussi Björling ist schon am 9.9. 1960 in Stockholm verstorben.


    Es muß sich also um eine posthume Aufname handeln ---, wahrscheinlich ist eher daß die angegebenen Daten nicht stimmen, Die Tonträgerindustrie hat nicht immer den Hang zur absoluten Wahrheit.


    Meine (allerdings recht schludrig durchführte) Recherche deutet auf das Jahr 1954 hin.


    Freundliche Grüße


    Alfred

    Wenn ich schon als Vorbild nicht tauge - lasst mich wenigstens ein schlechtes Beispiel sein !



  • Schludrig gezielt und dennoch getroffen (nennt man das dann Glückstreffer? ;) )

    Ciao


    Von Herzen - Möge es wieder - Zu Herzen gehn!


  • Lieber Alfred,
    danke für den Hinweis. Es steht aber wirklich neunzehnhunderneunundsechzig drauf. Was wieder einmal beweist, daß man kein Vertrauen auf Hinweise haben darf, auch wenn diese schwarz auf weiß vorliegen.
    Gute Nacht,
    Sonja

  • Lieber Theophilus,


    Mit Deiner diplomatischen Bemerkung über die Bühnen-Ökonomie Björlings dürftest Du vollkommen Recht haben, wenn man beispielsweise den Memoiren von Sir Rudolf Bing glaubt.


    Die Sir Rudolf Bing Memoiren - 5000 Abende in der Oper 3. Aufl. 1972
    Seite 140:
    "Er war leider ein sehr verantwortungsloser Künstler. Einer der erstaunlichsten Vorfälle, den ich je auf einer Opernbühne sah, ereignete sich während meines Beobachter-Jahres im letzten Akt von Puccinis "Manon Lescaut"; an jenem Abend hatte Björling, der den Des Grieux sang, Rückenschmerzen, und verspürte keine Lust aufzustehen und für die sterbende Manon Wasser zu holen. Die stets hilfsbereite Licia Albanese stand auf seinen Vorschlag hin auf und holte sich das Wasser selbst."


    Freunde fürs Leben dürften die beiden nicht geworden sein.

    Otto Rehhagel: "Mal verliert man und mal gewinnen die anderen".
    (aus "Sprechen Sie Fußball?")

  • Hallo Sonja,


    Es ist natürlich schlicht und einfach möglich, dass es sich um einen Fehler handelt. Es könnte aber auch eine Copyright-Angabe sein ( ©1969 ), was dann darauf hinwiese, dass diese Aufnahme von der betreffenden Firma erstmals 1969 veröffentlicht wurde.


    Ciao

    Ciao


    Von Herzen - Möge es wieder - Zu Herzen gehn!


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  • Eine Aufnahme, die ich allen Björling-Fans ans Herz lege:
    "La Traviata"/Hjördis Schymberg/Björling/Conny Molin in den Hauptpartien unter Leitung von Herbert Sandberg(Stockholm 1939):
    Trotz der schwedischen Sprache und dank der Interpreten m e i n e
    "Traviata" für die einsame Insel.


    Gruss Heldenbariton

    Wie aus der Ferne längst vergang´ner Zeiten
    GB

  • Angeregt durch enthusiastische Empfehlungen für den mir bis vor einigen Monaten noch gänzlich unbekannten Björling kaufte ich diese CD:



    Sie umfasst Arien in Studioaufnahmen von 1936-48 (Angeblich ist seine Gesangskunst in den Liveaufnahmen zwar akustisch schlechter, aber künstlerisch noch besser dokumentiert.)
    Es handelt sich um eine Art Sampler, in der gleichen Serie sind noch 3 weitere CDs mit Arien & Duetten sowie eine CD mit Aufnahmen in seiner Muttersprache erschienen.


    Das sehr eigene Timbre in Kombination mit der absoluten Natürlichkeit seins Singens nahm mich sofort für diese Stimme ein. Da die absolute Ausnahmestellung des Sängers in der Fachwelt weitgehend unbestritten zu sein scheint, kann ich mich ja auch aufs Schwärmen beschränken. :D
    Es ist einfach ein Genuß, dem Mann zuzuhören, aller akustischen Aufnahmemängel zum trotz.
    Man höre sich nur mal das "Nessun Dorma" von 1944 an, sicher keine ihm auf den Leib geschneiderte Rolle.: Da kann man sicher stundenlang darüber streiten, ob das für den "Calaf" zu leicht und unbeschwert klingt und ob das Tempo generell zu langsam genommen wird, das ganze etwas "geschleppt" ist: Ich kann es aktuell von keinem anderen mehr hören, wie eben von Björling. Wie da jede Phrase ausgesungen wird, wie mühelos er in die Höhe "schwebt", wie er das "Ma il mio mistero è chiuso in me,
    il nome mio nessun saprà!"
    phrasiert, da kann ich echt nur offenen Mundes zuhören. :)


    Gruß
    Anti

  • Ja es gibt schon ein Vol. 5 bei NAXOS :hello: mit vor allem Liedern. Für mich persönlich ist Jussis Stimme :yes: , trotz des leider sehr eingeengten Repertoires, der absolute Superlativ.Wer hier mehr von Jussi wissen will, wendet sich an Harald Henrysson in Schweden. In Borlänge gibt es ein Museum, dessen Chef er ist.
    Leider sind aus Jussis Debutjahren in Stockholm keine Klangzeugnisse ( etwa des Arnold aus Wilhem Tell(Rossini) bekannt ! Wer etwas "Neues" von Jussi vermelden kann, bitte mir ein Mail schicken.
    Obwohl es schon 1000 fach besprochen wurde und auch verneint, es gab eine Aufführung des TROVATORE (wohl 1955 oder 56) an der Chicagoe Lyric Opera mit Maria Callas und Jussi. Azucena( ich müsste nachschauen in meinen Unterlagen) wohl die Giulietta Simionato und" Bastl "/Bastianini), der in Wien damals heissgeliebte. Wer eine Kopie dieser Aufnahme, die einfach jeder haben will, hat, meldet es bitte im Forum. :angel:
    Didi

  • ?( worauf bezieht sich das freudige jaaaaaaaaaaaaaaaaaaaaa?
    Wenn Du eine Kopie dieser Chicagoer Aufnahme hast, so verkündige nochmals- mit fetten Lettern- jaaaaaaaaaa
    Didi

  • Schlecht gelesen, ich habe keine, tätate eine haben wolln'

    Otto Rehhagel: "Mal verliert man und mal gewinnen die anderen".
    (aus "Sprechen Sie Fußball?")

  • Es gibt im Troubadour kein hohes Cis zu erklimmen.
    Ein hohes C wird in der "Stretta"eigelegt.
    Oft stimmt allerdings die Geschwindigkeit einer
    Einspielung nicht.

    Tutto nel mondo è burla.

    Einmal editiert, zuletzt von Herbert Henn ()

  • Oben wunderte sich Rienzi darüber, dass dieser Thread so wenig Beachtung findet. Ja, noch immer ist es so. Mich wundert das auch.


    Vielleicht liegt das daran, dass die Opernliebhaber Björling sowieso schon als einen der unbestritten Allergrößten ansehen und ihn deshalb nicht mehr als besonders erwähnenswert, gar diskussionswürdig empfinden.


    Weil ich mich aber noch genau daran erinnere, was für ein unbeschreibliches Hochgefühl das Entdecken dieses Sängers für mich bedeutete, möchte ich zwei meiner Lieblingsaufnahmen mit Björling empfehlen, die zugleich einen wunderbaren Einstieg ermöglichen:



    Eine gelungene Ariensammlung, die das unschlagbar schöne Perlenfischer-Duett enthält.



    Für mich unerreicht. Dafür lass ich jede andere Aufnahme liegen (was nicht nur an Björling liegt).


    Gruß, Thomas

  • Zitat

    Original von ThomasNorderstedt
    das unschlagbar schöne Perlenfischer-Duett


    Vor fast 50 Jahre hörte ich fast wöchentlich dieses Duett von ihm mit Robert Merril. Für mich ist es die Meßlatte aller anderen Aufnahmen.
    Bisher kommt noch keine Aufnahme dieses Duett gleich. Sogar nicht Domingo/Milnes.


    LG, Paul

  • Jussi Björling zählt zu den Sängern, über dere Qualitäten ch mir absolut bewusst bin, die mich aber meist irgendwie kalt lassen. Dabeui kann ich nicht einmal sagen dass er langweilig sang, er hatte eine außergewöhnlich wohlklingende Stimme, war technisch über jeden Zweifel erhaben, hochmusikalisch, aber trotzdem ...


    Das Perlenfischerduett gefällt mir mit Gedda und Blanc wesentlich besser.


    Gruß, Dieter

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  • Da sieht man wieder "Über Geschmack....".


    Obwohl ich sehr viel LPs (weniger CDs) von Gedda besitze, habe ich zufällig dieses Perlenfischersduett von ihm auch auf CD.
    Er singt gut, sogar sehr gut. Und sein Postiljon finde ich grandios. Aber nicht dieses Duett. Da fehlt die Fülle, die Björling hat(te). Und die teilweise auch Domingo zeigt.


    Ich habe die komplette Perlenfischers mit Alain Vanzo. Er beantwortet eher an der von mir gestellten Meßlatte.


    LG, Paul

  • Man könnte natürlich hier sehr hübsch wieder über die Frage streiten, ob sich stimmliche Charaktere an ihrer Herkunft begründen lassen. Singt der Schwede Björling kühler als der Italiener Gigli oder der Spanier/Mexikaner Domingo? Daß es sich um eine Stimme von anderem Charakter handelt, ist sicher unbestreitbar. Aber wenn man Liveaufnahmen mit ihm hört, sind Passion und Dramatik ebenso unüberhörbar. Ich kenne da eine "Cavalleria" aus dem Jahr 1959, wo er und Simionato die MET zum Toben bringen...

  • Paul,


    wie gesagt, der Geschmack ... Was du sagst, ist richtig, trotzdem gefällt mir Gedda ím besagten Duett ausgezeichnet, ich finde, er singt da genau richtig mit genau der richtigen Stimme. Domingo kann ich mir da nicht wirklich vorstellen (obwohl ein großes Freund dieses Tenors), Vanzo dürfe auch hervorragend sein.


    Gruß, Dieter

  • :kotz: diese Reaktion von Theophilus ist so eine typische Reaktion, wie ich sie überhaupt nicht mag. Da steckt irgendwo der Dorflehrer drin, wenn da -natürlich richtig- vermeldet wird, dass das "C" in der Trovatore Stretta ein interpoliertes ist. Mit Verlaub: Das ist doch bekannt und überflüssig. Trotzdem darf man sich doch freuen, wenn es hinreissend gesungen(!) und nicht gebrüllt wird. :no:
    Auch im Bruckner-Forum mag man gerne mal den Kopf schütteln.

  • Zitat

    Original von Didi
    :kotz: diese Reaktion von Theophilus ist so eine typische Reaktion, wie ich sie überhaupt nicht mag. Da steckt irgendwo der Dorflehrer drin, wenn da -natürlich richtig- vermeldet wird, dass das "C" in der Trovatore Stretta ein interpoliertes ist. Mit Verlaub: Das ist doch bekannt und überflüssig. Trotzdem darf man sich doch freuen, wenn es hinreissend gesungen(!) und nicht gebrüllt wird. :no:
    Auch im Bruckner-Forum mag man gerne mal den Kopf schütteln.


    Wie bitte? Was soll diese Ansage? Ich habe mich mit keinem Wort über irgendein "C" in welcher Stretta auch immer geäußert!

    Ciao


    Von Herzen - Möge es wieder - Zu Herzen gehn!


  • Dass Bjoerling auf der Buehne "oekonomisch" sang ist vollkommen verkehrt. Die Aufnahme, in denen man Bjoerlings Italianita hoeren kann, sind eben die live-Aufnahmen von Manon Lescaut (1956), Tosca (1956 und 1959) und Cavalleria Rusticana (1959). Man hoert, wie Bjoerling das Publikum der MET zum Rasen bringt. Donnernder Applaus nach der eher unspektakulaeren Arie "Recondita armonia", in der Cavalleria tosender Auftrittsapplaus vor dem Duett (Auffuehrung wird unterbrochen) usw. Am Ende singt Bjoerling so leidenschaftlich, dass ihm in "un bacio, mamma, addio!" glatt zweimal die Stimme wegbricht. Er gab auf der Buehne alles. Und der letzte Akt der ML von 1956 ist fuer mich wirklich das personifizierte Drama. Albanese und Bjoerling, ein Paar, das in dieser Live-Einspielung unuebertroffen ist. Ehre, wem Ehre gebuehrt!
    Im Studio - ich bin einverstanden - war Bjoerling kuehl. Aber nur wenige Saenger waren wirkliche Studio-Saenger.

    Einmal editiert, zuletzt von Mengelberg ()

  • Das mit der "Ökonomie" bezog sich, vermute ich, auf Bjoerlings Bühnentemperament als Darsteller. Seine schauspielerischen Leistungen sind mit "phlegmatisch" noch milde umschrieben (das Alkoholproblem und die damit verbundenen Depressionen mögen auch eine Rolle gespielt haben), er scheint alle seine Energie in die gesanglich-musikalische Seite gesteckt zu haben. Aber da ist er - zumindest live - fast unübertroffen. Weitere Beispiele das "Ah, lève-toi, soleil" aus der MET (1950), wo man fast glauben kann, dass er die Sonne durch die Intensität seines Gesanges zum Aufgehen zwingt und der Mitschnitt von "Roméo et Juliette" (1947), in dem sein gleißender Schwedenstahl derartig mühelos Chor und Orchester überstrahlt, als würde er mit einem heißen Messer durch Butter fahren.


    :hello:


    GiselherHH

    "Mache es besser! (...) soll ein bloßes Stichblatt sein, die Stöße des Kunstrichters abglitschen zu lassen."


    (Gotthold Ephraim Lessing: Der Rezensent braucht nicht besser machen zu können, was er tadelt)

  • Live war er in meinen Ohren besser als im Studio, wo er manchmal wirklich etwas "kühl" klang.
    Meine Liebling-Live-Mitschnitte sind (in dieser Reihenfolge):


    1. Traviata 1939, Stockholm (Vocal Archives VA 1201.02)
    - keiner bringt den Alfredo so schüchtern-trotzig herüber, die meisten Tenöre singen diese Rolle leider als schmachtender "latin-lover", leider hat JB diese Rolle Ende der 30er aufgegeben


    2. Un ballo in Maschera (Met-Opener 1940, The Radio Years 49/50)
    - Gustav III zwischen Übermut, Leidenschaft und Melancholie-

    3. Trovatore 1939 Covent Garden (Urania)
    -für mich der beste Manrico, nicht nur der martialische Stretta-Kämpfer, sondern vor allem auch die empfindsame Seite der Rolle-


    4. Roméo 1940 aus Stockholm (lyrischer gesungen als der 47er Met-Roméo, auf Schwedisch) BluebellABCD 088
    aber auch der 47er ist eine Klasse für sich


    5. Rigoletto 1957 Stockholm( Bluebell ABCD 044)
    - stimmlich vielleicht etwas gröber als erwartet, aber mitreißend gesungen, die 45er Live-Aufnahme aus der Met klingt dagegen wirklich kühl-


    6. Don Carlo 1950 Met (Myto Historical Line)


    7. Faust 1950 oder 1959 Met
    -stimmlich 1950 sicherlich frischer, aber für mich anrührender 1959-


    8. Manon Lescaut 1949 Met (MYto Historical Line)

  • Zitat

    Zitat von Thomas Norderstedt: Oben wunderte sich Rienzi darüber, dass dieser Thread so wenig Beachtung findet. Ja, noch immer ist es so. Mich wundert das auch.


    Ich sei, gewährt mir die Bitte ...


    Dass in meinem Bekanntenkreis einige mit seiner Stimme nichts anfangen können, und sie als "zu kühl" empfinden, daran habe ich mich gewöhnt - die Geschmäcker sind halt verschieden!.


    Und auch bei Leuten, die sich von Berufs wegen oder privat häufig mit Operngesang beschäftigen, habe ich manchmal den Eindruck, dass Björling bei ihnen der "Musterknabe" des Gesangs ist, dessen Perfektion man lobt, dessen Aufnahmen man aber nicht wirklich ins Herz schließen kann.


    Dass er aber hier im Forum als zweiter Lieblingssänger rangiert, und sich doch so wenige an diesem thread beteiligen - woran mag es liegen?

  • Hallo,


    das liegt wohl daran, dass Björling wegen seiner fast unbestrittenen sängerischen Qualität wenig Diskussions-(oder: Streit-)potential bietet und die Beteiligung daher mäßig ist - eine alte Erfahrung, die auch auf andere Sänger-Threads zutrifft. Andere Tenöre wie del Monaco, Corelli oder Bonisolli bieten aufgrund ihres sehr unterschiedlich eingeschätzten Ranges weit mehr "Zündstoff". Immer nur über einen Sänger zu schwärmen wird auf die Dauer eben doch langweilig...


    :hello:


    GiselherHH

    "Mache es besser! (...) soll ein bloßes Stichblatt sein, die Stöße des Kunstrichters abglitschen zu lassen."


    (Gotthold Ephraim Lessing: Der Rezensent braucht nicht besser machen zu können, was er tadelt)

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