Händel Violinsonaten

  • Sagitt meint:


    Händel hat diverse Violinsonaten komponiert, die 1730 publiziert wurden und mit einem op. 1 versehen wurden ( warum weiss ich nicht, op. 1 waren sie sicher nicht). Es sind darunter schöne Stücke, wie immer sofort als Händel erkennbar, eigenständiger als andere Werke, die Händel ja oft mehrfach verarbeitet hat, Orgel-und Flötenwerke sind dafür ein Beispiel.
    Ich schreibe diesen thread, um mich öffentlich einmal richtig über Andrew Manze zu ärgern. Dieser Geiger wird immer wieder hochgelobt und, ich will nur für diese Aufnahme eine Aussage machen, hochgejubelt. Was er mit dem Cembalisten Richard Egarr vorlegt, ist schlicht langweilig und kein Zeugnis besonderer Geigenkunst. Ich könnte diese Werke von Händel in der Aufnahme von Manze glatt ignorieren und bin dankbar, dass ich eine Version von Suk habe, der mit großartigen Geigenton dieser Werke spielt und nicht blässlich-langweilig zumutet. Die mit Suk konzertierende Ruzikova ist ebenfalls deutlich profilierter.
    Manze-Fans sind zum Widerspruch aufgefordert....

  • Salut,


    ich kenne zwar Manze nicht :stumm: aber ich habe eine ganz andere Frage an Dich als Händelexperten (?):


    Ich mag nämlich die Violinsonaten auch sehr gerne, finde abe die Druckausgaben, in denen der ursprünglich nur bezifferte Bass (?) ausgesetzt ist, teilweise grauenhaft... welche Ausgaben sind wirklich empfehlenswert und einigermassen originalgetreu? Oder muss ich wirklich selbst den bezifferten Bass aussetzen?


    Viele Grüße
    Ulli

    Die Oper muss Tränen entlocken, die Menschen schaudern machen und durch Gesang sterben lassen.
    (Vincenzo Geilomato Hundini)

  • Hallo Ulli,


    in diesem Forum gibt es sicher Experten- ich bin es nicht. Mein Interesse war immer schon sehr breit gestreut. Es geht also mehr in die Vielfalt als in die Tiefe.


    Aber im Forum finden sich ja einige Mitglieder, die sehr kundig sind.


    Viel Glück bei denen


    Schöne Grüsse


    Sagitt

  • Zitat

    Original von sagitt
    Manze-Fans sind zum Widerspruch aufgefordert....


    Widerspruch – nein, nicht unbedingt. Allerdings kenne ich Manze / Egarr auch nur von ihrer Corelli-Aufnahme „Violin Sonatas, Op. 5“. Es ist nicht so, dass ich mich darüber ärgere, allerdings reißt sie mich auch nicht zu Begeisterungsstürmen hin. Sagen wir so: Sie gefällt mir schon, aber ich habe das deutliche Gefühl von „das-geht-noch-besser“.


    Gruß, Cosima

  • Die Violinsonate mit Manze kenne ich auch nur von einem Auszug, aber genau wie bei den Violinkonzerten von Bach fehlt der Pepp, den er bei Biber und Schmelzer doch so grandios hinbekommen hat.
    Warum ist er hier so brav?

  • Zitat

    Original von sagitt
    Sagitt meint:


    Manze-Fans sind zum Widerspruch aufgefordert....


    Nun würde ich mich nicht gerade als Manze-Fan bezeichnen, aber widersprechen muß ich in dem Fall trotzdem. Ich kannte ihn vorher gar nicht. Ging einfach nichts böses ahnend zu meinem Klassik-Händler. Da lief diese Aufnahme. Ich fragte den Verkäufer- und es war Manze mit den Händelsonaten. Gehört - gekauft. Mir hat die Aufnahme beim ersten Hören sehr gut gefallen. Ein Eindruck der auch über die Jahre geblieben ist. Natürlich hat Manze nicht den großen leuchtenden Ton- den brauchts hier aber auch gar nicht wie finde. Er spielt farbenreich und mit großem Ausdruck, mit unwahrscheinlich viel Verve. Ich höre sie immer wieder gerne. Allerdings würde ich mich auch nicht gerade als Spezialist in Sachen barocker Violinsonaten bezeichnen. Sehr gut gefallen hat mir allerdings auch Manzes Tartini-Einspielung. Seinen Bach kenne ich nicht.


    Grüße,


    Christian :yes: :yes:

    Beherrsche die Sache, die Worte werden folgen! (Cato der Ältere)

  • Morgen,
    ich glaube die Anzahl der Einspielungen hält sich wirklich in Grenzen. Neben der Manze/Egarr-CD, die ich auch schön finde, aber nicht zu Manzes Bestem rechne, gibt es noch eine (vielleicht noch schönere) Aufnahme mit Hiro Kurosaki und William Christie (Virgin veritas) - sie ist frisch und sprudelnd und hat in Bezug auf die Agogik etwas mehr "Geradeauslauf", als Manze/Egarr. Des weiteren kenne ich keine Aufnahmen.
    Gruß
    Daniel


  • Manze mit Suk zu vergleichen, bedeutet vielleicht Unrecht Tun gegenüber beiden.
    Außerdem ist das HIP (ich hasse das Kürzel) gegen nicht-HIP (das auch) und entzieht sich damit schon der vergleichenden Beurteilung.


    Manze spielt die Sonaten souverän, sogar manchmal mit Witz. Aber Händel war nicht Vivaldi und schon gar nicht Tartini.


    Händel saß am Cembalo. Und das ärgert mich an dieser Aufnahme. Es klingt "en off", dabei ist es der gleichberechtigte Partner, der aus seinen wenigen bezifferten Noten zaubern muss. Egarr macht das, aber man hört es kaum. Das entspricht nun wirklich nicht der Realität. Wenn ein Geiger neben einem richtigen (!) Cembalo steht – und eigentlich tut er das hier, – dann klingen Barockvioline und Cembalo in etwa gleich laut. Also Schande über die Aufnahmetechnik. Übrigens ist das ein Manko vieler, allzu vieler Aufnahmen barocker (Kammer-)Musik.


    Nein, gegen Manze kann ich nichts einwenden. Nur hätte ich gerne auch noch eine Einspielung von Carmignola. :D

  • Zitat

    Original von Hildebrandt

    Es klingt "en off", dabei ist es der gleichberechtigte Partner, der aus seinen wenigen bezifferten Noten zaubern muss. Egarr macht das, aber man hört es kaum. Das entspricht nun wirklich nicht der Realität. Wenn ein Geiger neben einem richtigen (!) Cembalo steht – und eigentlich tut er das hier, – dann klingen Barockvioline und Cembalo in etwa gleich laut.


    Salü,


    genau das geht mir bei dieser Aufnahme auf total auf die Nerven - ich vermisse den sonoren Klang des Dumont-Nachbaus. Hier erklingt tatsächlich Nähmaschinenbegleitung - ich dachte eigentlich, man sei davon abgekommen. Vielleicht war es Anliegen der Herausgeber, dem Aufnahmetitel "Complete Violin Sonatas" gerecht zu werden, die Violine also zu exponieren. Indizien dazu findet man auf der letzten Seite des umfangreichen Booklets. Als König fühle ich mich aber leider nicht, wenn ich dies höre. Vielleicht hätte man besser die Variante Violine plus akkordierendes Violoncello gewählt - das wäre auch in Anbetracht vieler bereits existenter Einspielungen mal eine Abwechslung gewesen.


    Als repräsentative Katalog-CD halte ich diese für ungeeignet - der Preis allerdings ist in Ordnung. :D


    Viele Grüße
    Ulli

    Die Oper muss Tränen entlocken, die Menschen schaudern machen und durch Gesang sterben lassen.
    (Vincenzo Geilomato Hundini)

  • Christies ist zwar auch ohne Cello (dafür mit Kopierschutz :kotz: , spielt sich bei mir aber ohne Probleme), hat ein paar Stücke weniger, aber verwendet abwechselnd Orgelpositiv und Cembalo und die Violine dominiert nicht derart wie bei Manze. Holloways auf Brilliant ist auch gar nicht schlecht, hat normalerweise ein Cello dabei, IIRC bei einigen Stücken sogar nur Violine/Cello!, was etwas sehr karg ist. Die Brilliant-Box lohnt sich als solide Grundlage auf jeden Fall, auch wenn es vermutlich für fast alle Stücke bessere Aufnahmen gibt (Für die Bläsersonaten z.B. Brüggen & Co aus den 70ern :jubel: )


    :hello:


    JR

    Struck by the sounds before the sun,
    I knew the night had gone.
    The morning breeze like a bugle blew
    Against the drums of dawn.
    (Bob Dylan)

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  • Zitat

    Original von Johannes Roehl
    Holloways auf Brilliant ist auch gar nicht schlecht, hat normalerweise ein Cello dabei, IIRC bei einigen Stücken sogar nur Violine/Cello!, was etwas sehr karg ist.


    Laut Booklet der Manze-Produktion gab es die Kombination als "Triosonate" [Vl, Vc, Cemb] zu Händels Zeiten nicht bzw. war sie unüblich. Man schreibt dort, es wurde entweder durch Cembalo oder durch akkordierendes Violoncello begleitet.


    Was ist dran?


    :hello:


    Ulli

    Die Oper muss Tränen entlocken, die Menschen schaudern machen und durch Gesang sterben lassen.
    (Vincenzo Geilomato Hundini)

  • Zitat

    Original von Johannes Roehl
    Christies ist zwar auch ohne Cello (dafür mit Koperschutz :kotz: , spielt sich bei mir aber ohne Probleme), hat ein paar Stücke weniger, aber verwendet abwechselnd Orgelpositiv und Cembalo und die Violine dominiert nicht derart wie bei Manze. Holloways auf Brilliant ist auch gar nicht schlecht, hat normalerweise ein Cello dabei, IIRC bei einigen Stücken sogar nur Violine/Cello!, was etwas sehr karg ist. Die Brilliant-Box lohnt sich als solide Grundlage auf jeden Fall, auch wenn es vermutlich für fast alle Stücke bessere Aufnahmen gibt (Für die Bläsersonaten z.B. Brüggen & Co aus den 70ern


    Da hätte ich mir wohl besser die Aufnahme mit Christie angeschafft. Allerdings muss ich die Violinsonaten nicht mehrmals haben, da stehen andere Sachen weiter oben auf der Liste. Aber vielleicht läuft sie mir ja mal als Angebot über den Weg.


    Die Holloway- bzw- L'Ecole d'Orphée-Aufnahmen sind bei mir leider nur ohne op. 1. vorhanden. Was da ist, kommt auch noch dran. :D


    Brüggen ist sicher eine Bank, aber der zelebrierte "Bauch" bei fast jedem Ton kann das Vergnügen schon manchmal trüben.


    Schöne Grüße
    Hildebrandt


  • Bei Corellis op. 5 steht z.B. ausdrücklich "violino con violoncello ò cembalo" - also Violoncello oder Cembalo.
    Die Forschung über die Generalbasspraxis hat das inzwischen bewiesen, dass es zumindest in bestimmten Regionen nicht üblich war, automatisch beides zu benutzen - auch hier mögen finselige Cembali die Wahrnehmung getrübt haben. Reinhard Goebel war einer der ersten, der es bei seiner Einspielung von Telemanns Tafelmusik praktiziert hat, indem er die Triosonaten zu zweit spielen ließ. Der Cembalist kann ja beide Unterstimmten spielen - es sei denn, es gibt eine ausgeschriebene Stimme für ein tiefes Streichinstrument, was ja nicht immer der Fall ist. Von Bach gibt es ja auch beides. Der Cembalist muß natürlich mehr tun als nur die geschriebenen Noten abdrücken. Näheres steht z.B. in den Generalbass-Lehrbüchern von Jesper Christensen. Der ging z.B. auch so weit, bei seiner Aufnahme der Sonaten mit obligatem Cembalo von Telemann ein zweites Cembalo in die Continuogruppe zu stellen - da kommt dann z.B. eine Sonate mit 2 Gamben und 2 Cembali heraus - klingt fantastisch!
    Da haben sich so manche Gewohnheiten in der HIP eingeschlichen, die sich nach und nach als vorschnelle Verallgemeinerungen entpuppt haben, da könnte man einen eigenen Thread daraus machen!

  • Zitat

    Original von miguel54
    Da haben sich so manche Gewohnheiten in der HIP eingeschlichen, die sich nach und nach als vorschnelle Verallgemeinerungen entpuppt haben, da könnte man einen eigenen Thread daraus machen!


    Ja doch, hetz misch net! :D
    Aber seitdem ich mich freiwillig dafür verpflichtet habe (ich Depp :wacky: ), türmen sich hier Noten und Bücher und führen von Hölzchen auf Stöckchen – ein Ende rückt in immer weitere Ferne.
    Schon deshalb wäre ich froh, einen eifrigen Mitstreiter dafür zu gewinnen. Vielleicht können wir bei/nach Telemann drüber reden.


    Jedenfalls sind es leider nicht nur Verallgermeinerungen, sondern viel zu oft falsche Ansätze. Der B. c. wird, nachdem ich mich jetzt mit Generalbassohren durch alles mögliche durchgehört habe, dermaßen häufig schlampig und einfach auch falsch wiedergegeben, dass es eine Sau graust.
    Da sind selbst prominente Ensembles (fast alle) auf dem Stand der vorschriftlichen Überlieferung und spielen den letzten Murks zusammen.

  • Das ist wie im Jazz - eine schlechte oder nur Abgedroschenes spielende Rhythmusgruppe ruiniert die Musik im Handundrehen!


    p.s. Immer die Ruh, gell?!

    Einmal editiert, zuletzt von miguel54 ()

  • Zitat

    Original von Hildebrandt
    Händel saß am Cembalo. Und das ärgert mich an dieser Aufnahme. Es klingt "en off", dabei ist es der gleichberechtigte Partner, der aus seinen wenigen bezifferten Noten zaubern muss. Egarr macht das, aber man hört es kaum. Das entspricht nun wirklich nicht der Realität. Wenn ein Geiger neben einem richtigen (!) Cembalo steht – und eigentlich tut er das hier, – dann klingen Barockvioline und Cembalo in etwa gleich laut. Also Schande über die Aufnahmetechnik. Übrigens ist das ein Manko vieler, allzu vieler Aufnahmen barocker (Kammer-)Musik.


    Ist das hier evt. besser?


  • Ich kann meine eigene Frage nach Erhalt der CD mit "JA" beantworten. Christie spielt einen französischen Cembalotypus, aber von der Balance zweier gleichberechtigt dialogisierender Partner kann man hier musikalisch-interpretatorisch wie aufnahmetechnisch einen weit besseren Eindruck bekommen. Wenn ich die Wahl zwischen Manze und Kurosaki treffen müsste, würde ich ohne Zögern Kurosaki nehmen - er spielt mit vollem, variablem Ton, mit Esprit genauso wie mit Charme und Sensibilität. Manze klingt im Vergleich etwas dünner und flacher und nicht so involviert wie Kurosaki.

  • Guten Tag


    Auf dieser Einspielung von Händels Op. 1



    wurden von Pavlo Beznosiuk und ( Violine )
    und Richard Egarr ( Cembalo ) auch die


    Violinsonaten op. 1 Nr. 10 & 12 (Druck: Roger ~ 1722)


    Violinsonaten op. 1 Nr. 3, 10, 12 (Druck: Walsh: 1732)


    eingespielt.
    Hier hält man sich an die (meist) von Händel gewünschte
    Begleitung nur durch ein Cembalo.


    Gruß :hello:


    aus der Kurpfalz


    Bernhard

  • Guten Tag


    Zitat

    Original von sagitt
    Sagitt meint:


    Händel hat diverse Violinsonaten komponiert, die 1730 publiziert wurden und mit einem op. 1 versehen wurden ( warum weiss ich nicht, op. 1 waren sie sicher nicht).


    Händels Kollegen, hier seien nur mal Corelli, Bonocini, Torelli, Albinoni, Vivaldi Geminiani und Telemann genannt,
    haben als Op. 1 entweder Sonaten für zwei Violinen und Bc. oder Violine und Bc. herausgegeben,
    so dass es nahel ag auch von Händel ein "sogenannte Opus 1" mit ähnlicher Musik heraus zu geben.
    Die Vorschichte zu Händels Op. 1 ist sehr verworrren und in paar Sätzen nicht beschreibbar.
    Hier waren hauptsächlich verlegerische und geschäftliche Interessen maßgebend.
    Nachzulesen u.a. mit vielen Quellenhinweisen im Handbuch



    "Händels Instrumentalmusik"



    Zitat

    Es sind darunter schöne Stücke, wie immer sofort als Händel erkennbar, eigenständiger als andere Werke, die Händel ja oft mehrfach verarbeitet hat, Orgel-und Flötenwerke sind dafür ein Beispiel.


    Das sogenannte Op. 1 enthält Stücke für Blockflöte, Traversflöte, Oboe oder Violine und Cembalo, viele bekannte Melodien darunter :D


    Gruß :hello:


    aus der Kurpfalz


    Bernhard