Louis-Nicolas Clérambault - Meister der Kantate

  • Wie es scheint war Luidwig XIV von Frankreich geradezu musikbesessen: Ganze Familien von Musikern stellte er sin seinen Dienst.
    Louis -Nicolas Clerambault war Sohn eine Musikers in des Königs Diensten (Dominique Clerambault 1644-1704) aber auch er bekam von Ludwig ein Musikalisches Amt, er ernannte ihn zum Surintendant der Musik der Madame de Maintenon, anschließend folgten zahlreiche Ämter, die der Lullist sicher besser aufzählen und erläutern kann als ich.
    Luis-Niclas Clerambault (die andauerne Aufzählung der Vornamen ist notwendig, weil auch seine beiden Söhne César-Francois-Nicolas (1705-1760) und Evrard-Dominique (1710-1790) Musiker waren.


    Obgleich Clérambolts Oeuvre recht groß war , war seine Spezialität die Kantate.



    Eine davon stach mir heute ins Auge, als ich heute bei Naxos nach Campra suchte, aber nicht fündig wurde.



    Es handelt sich um die Kantate
    "Le Triumphe d´Iris"


    aus dem Jahre 1706. In meinem Musiklexikon von 1996 stehl lakonisch:
    hdsl erhlaten, was soviel bedeutet wie: Handschriftlich erhalten, also nicht gedruckt, damit sehr schwer aufführbar.
    Wie Naxos diese Problem gelöstet hat weiß ich nicht, auf jeden Fall gibt es diese Aufnahme von "Le Concert Spirituel" unter Hervé Niquet.


    Mir scheint , daß die Aufnahmen des "Concert Spiriituel", von denen ich bereits einige besitze, etwas weicher sind als die vergleichbarer Spezialisten-Ensembles, aber ich weiß nicht was historisch richtiger ist.



    Zur Musik: Ich vermeine eine gewisse Ähnlichkeit mit Rameau feststellen zu können, allerdings weicher und verbindlicher, weniger rhythmisch.


    Aber bei Naxos kostet das Abenteuer der Neuentdeckung ja nicht die Welt...



    Freundliche Grüße


    aus Wien


    Alfred

    Wenn ich schon als Vorbild nicht tauge - lasst mich wenigstens ein schlechtes Beispiel sein !



  • Clérambault war damals als Musiklehrer der Nachfolger des berühmten Guillaume Nivers der zuerst die Mädchen von St. Cyr unterrichtete.
    Das Kloster von St. Cyr liegt am am anderen Ende des Parks von Versailles, es wurde von Louis XIV in Auftrag gegeben und von Mansart errichtet. (Das Kloster hat natürlich entsprechende Ausmaße und übertrifft so manches deutsche Barockschloss in Größe und Pracht - Heute ist es leider eine Militärschule) Hier wollte er Madame de Maintenon, seiner 2. (geheimen) Ehefrau, ein Geschenk machen. Sie nahm großen Anteil an dem Leid verlassener Kinder (der König selbst hatte ja eine ähnliche Kindheit) und so wurden hier Mädchen aus verarmten Adel aufgenommen und in den ersten Jahren mit revolutionären Lehrmethoden erzogen.
    Madame de Maintenon wollte in die Männerdomänen vordringen: Politik und Juristerei, doch nahm man ihre Bemühungen nicht wirklich ernst. Die Musikerziehung war aber die gesamte Zeit eine wichtige Konstante. Der König wollte hier den "alten Gesang" d.h. Gesänge nach gregorianischer Tradition gepflegt wissen. Deshalb besteht das Repetoire fast zur Gänze aus Orgelmessen.
    Aber es gab auch andere musikalische Aktivitäten: Jean Baptiste Moreau 1656-1733 wurde von Louis XIV beauftragt in Zusammenarbeit mit Jean Racine dem größten Dichter der Zeit Werke für die Damen von St.Cyr zu verfassen.
    Athalie und Esther sind die berühmten Stücke von denen Athalie von Hugo Reyne und La Simphonie du Marais eingespielt wurde und bei Calliope erschienen ist.


    Allerdings muß ich Dich verbessern Alfred, "Le Triomphe d'Iris" ist keine Kantate, sondern gehört einem Sondergenre an der "Petit Opera".
    Solche Miniaturopern wurden für die sogenannten Appartements des Königs geschrieben.
    3 mal die Woche wurde Appartement in Versailles gegeben, d.h. die großen Gemächer des Königs wurden für den Hof geöffnet und ein jeder Raum wurde mit einer speziellen Zerstreuung belegt.
    Venussaal = Buffet / Dianasaal = Billardtisch / Marssaal = Ballsaal bzw. Konzertsaal / Merkursaal = Spielzimmer / Apollosaal = Konzerte


    Es gibt noch weitere solcher Werke auf CD die speziell für diese Gelegenheiten komponiert worden sind, genannt seien z.B. die kleinen Opern von Charpentier "Actéon / Les Arts Florissants / Les Plaisirs de Versailles....
    Und aus dem 18. Jahrhundert: (dann aber für die Zerstreuungen der Duchesse du Main in Sceaux)


    Boismortier: Don Qichotte chez la Duchesse
    Concert Spirituel / Niquet
    Naxos (war mal Stern des Monats bei Fono Forum)


    Mouret: Les Amours de Ragonde
    Les Musiciens du Louvre / Minkowski
    Erato


    Diese "Petit Operas" sind vom Stil her eigentlich mit der großen "Tragèdie Lyrique" verwandt, doch gibt es deutlich weniger Rezitative, es ist eher ein gewaltiges "Divertissement" (Ballett / Airs / Chöre)


    Aber es gibt zum Glück auch die Kantaten, für die er berühmt war auf CD:
    Clérambault: La Mort d'Hercule / Polyphème + Simphonies
    Concert Spirituel / Niquet
    Naxos


    Clérambault: Orphée / Léandre et Héro + Sonata & Suite
    Concert Spirituel / Niquet
    Naxos


    Clérambault: Cantatas (Hercule / Orphée / Pyrame et Tisbé / La Muse de l'Ópera)
    Les Arts Florissants / Christie
    HMF Musique d'Abord


    Alle Aufnahme sind großartig interpretiert.


    Zur Musikbesessenheit des Königs:
    In der Tat das war er, es gab nur wenige Momente des Tages an denen es keine Musik gab. Wenn der König sein Morgengebet sprach und wenn er schlief...
    Ihn verfolgte ständig seine Streichergruppe und selbst zu den Schlachten mussten die 24 Violinen mit. Selbst auf dem Totenbett besprach er sich noch mit seinen Musikern. Er selbst komponierte auch, wie sein Vater, er spielte Meisterhaft Cembalo, Laute bzw. Gitarre und Violine.
    Ich denke das Etikett "Musenkönig" wurde falsch vergeben....

  • Hallo!!


    Bin beim Stöbern auf folgende CD aufmerksam geworden:

    Geistliche Chorwerke
    Motet pour le Roy, la Reine et le Dauphin;
    Suiten im 1.& 2.Ton;Pour un Salut du Saint
    Sacrement
    Les Demoiselles de Saint-Cyr, Mandrin


    Kennt die jemand und kann genaueres dazu sagen, denn dieser Maestro interessiert mich schon länger, und ich bin ja immer neugierig auf was neues!


    LG joschi

  • Hallo Joschi,



    diese CD ist (ich meine bei Virgin sind beide erschienen) eine der beiden CD's die von dem "Centre Musique Baroque de Versailles" herausgebracht wurden (1994)



    (so sah sie damals aus)



    Allerdings bei FNAC, da erschien eine ganze Reihe mit Musik aus der königlichen Bibliothek.
    u.a. auch die bei Naxos erschienen "Grands Motets" von Lully unter Niquet.


    FNAC machte aber den Klassik Sektor irgendwann dicht und verkaufte die Aufnahmen, die Serie "Musique 'a Versailles" wanderte zu Virgin.



    Ich habe noch die alte Edition (wesentlich eleganter) und eben als Doppel CD mit dickem Booklet und Schuber.



    Diese Musik die dort aufgenommen wurde (ich beziehe jetzt mal beide CD's mit ein) sind ein wunderbares Zeugnis für die Musik in St. Cyr.



    Dieses Kloster ließ Louis XIV am anderen Ende von Versailles für Madame de Maintenon errichten.
    Dort sollte sie ihren Traum verwirklichen, jungen Mädchen aus verarmten Adel eine fundierte Bildung zukommen zulassen.
    Sie wurden sogar in Politik unterwiesen, Justiz und natürlich auch in Musik.


    Louis XIV beschränkte bald die Ausbildung nur noch auf die Musik....


    St. Cyr hatte eine Sonderstellung - und zwar wollte der König hier den alten gregorianischen Choral weiter pflegen.
    Denn Louis XIV tat etwas was sonst kein Monarch in Europa machte:
    Er pflegte die Alte Musik - nicht nur in St. Cyr, er veranlasste ja auch André Danican Philidor alles zu archivieren was aus früheren Zeiten erhalten war - und diese Musik wurde auch bei Hofe gespielt !!



    Louis Nicolas Clérambault war allerdings nicht der Begründer der Tradition von St. Cyr, sondern der direkte Nachfolger von Guillaume Gabriel Nivers.


    Erst nach 1700 wurde er vom König zum Surintendanten der Musik von Madame de Maintenon und St. Cyr gemacht, genauer gesagt nach Nivers Tod.


    Die Musik ist also eher schlicht, nur Orgel und Chor.


    Auf den CD’s befinden sich unterschiedliche Kompositionen – 2 große Orgelmessen, also gregorianische Choräle im Wechselspiel mit der Orgel. Dann das große Miserere und diverse kleine Motetten (Motetten für das heilige Sakrament und Motetten für das Kirchenjahr).


    Die Interpretation ist toll, die Damen von St. Cyr singen mindestens genauso wunderbar wie ich mir die „Originale“ vorstelle.




    Aber es gab auch weltliche Musik am Kloster von St. Cyr, so z.B. die Musiken und Chöre die Jean Baptiste Moreau für die Tragödien von Jean Racine schrieb.


    Diese Tragödien (Esther und Athalie) war überaus erfolgreich, wohl auch weil der Hof, d.h. die männlichen Höflingen beim Anblick der jungen Mädchen nicht genug bekamen – es wurde von unschicklichen Übergriffen gesprochen, was Madame de Maintenon dazu veranlasste alles dafür zu tun, dass ihre Mädchen nicht in Versailles sangen.

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  • Die in unserer Zeit meistaufgeführten Werke Clérambaults dürften wohl die beiden Suiten sein, die das 1. Orgelbuch ausmachen (ein 2. gibt es allerdings nicht).


    Typische frz. Orgelmusik dieser Zeit: Stark standardisierte Satzmodelle in stark standardisierten Registrierungen an stark standardisierten Orgeln. :D
    Immerhin durch die kräftigen Farben der Instrumente und die oft ansprechende Kürze der Sätze recht effektvoll.


    Eine gute Aufnahme ist die von Lionel Rogg an der Dreifaltigkeitsorgel von Riepp in Ottobeuren. Zwar kein genuin frz. Instrument, aber Riepp war teils in Frankreich ansässig und sehr vertraut mit der dort üblichen Bauweise, die er dann mit südwestdeutschen Elementen zu einem eigenen Stil verband.

  • Zitat

    In meinem Musiklexikon von 1996 stehl lakonisch:
    hdsl erhlaten, was soviel bedeutet wie: Handschriftlich erhalten, also nicht gedruckt, damit sehr schwer aufführbar.
    Wie Naxos diese Problem gelöstet hat weiß ich nicht, auf jeden Fall gibt es diese Aufnahme von "Le Concert Spirituel" unter Hervé Niquet.



    jetzt hatte ich ja auch mal Gelegenheit Handschriften aus der Zeit zu sehen und durchzublättern. Und ich kann eigentlich nur das bestätigen was ich mir sowieso dachte: die Handschriften aus Frankreich sind meist sehr sauber verfasst, in eleganter Handschrift.
    Ganz im Gegensatz zu dem gekritzel der Italiener und Deutschen.


    Die Partituren aus dieser Zeit, die in Frankreich gedruckt wurden sind da nicht unbedingt besser.
    Instrumentierung gibt es nur sehr selten.


    Diese Probleme die Du ansprichst müssen somit bei JEDEM Werk aus dieser Epoche gelöst werden.
    Einzig Charpentiers Manuskripte sind mit den nötigen Details versehen worden.


    Ohne die Partitur der Médée wäre es warscheinlich gar nicht möglich die Opern Lullys und der anderen aufzuführen.

  • Zitat

    Original von der Lullist


    jetzt hatte ich ja auch mal Gelegenheit Handschriften aus der Zeit zu sehen und durchzublättern. Und ich kann eigentlich nur das bestätigen was ich mir sowieso dachte: die Handschriften aus Frankreich sind meist sehr sauber verfasst, in eleganter Handschrift.
    Ganz im Gegensatz zu dem gekritzel der Italiener und Deutschen.
    Die Partituren aus dieser Zeit, die in Frankreich gedruckt wurden sind da nicht unbedingt besser.
    Instrumentierung gibt es nur sehr selten.


    "Das Gekritzel..." Er kanns nicht lassen. :D :D :D


    Aus Bachs Manuskripten kann man jedenfalls vom Blatt spielen.
    Und viele andere Handschriften sind auch mühelos entzifferbar.
    Lautenisten und manch andere Spezialisten für Alte Musik spielen Dir sogar prima vista aus jeder beliebigen Tabulatur vor, die ein normaler Mensch gar nicht mit Musik in Verbindung bringen würde.
    Und die Handschriften sind der Normalfall, Drucke die Ausnahmen – die waren ja auch viel zu teuer.
    Man gewöhnt sich sehr schnell ans Schriftbild der jeweiligen Schreiber.
    Angaben zur Instrumentierung sind deshalb meistens überflüssig, weil ganz klar ist, wie die Besetzung auszusehen hat.



    Zitat

    Diese Probleme die Du ansprichst müssen somit bei JEDEM Werk aus dieser Epoche gelöst werden.


    Welche Probleme? :D


    Zitat

    Einzig Charpentiers Manuskripte sind mit den nötigen Details versehen worden.


    Ohne die Partitur der Médée wäre es warscheinlich gar nicht möglich die Opern Lullys und der anderen aufzuführen.


    Ist das wirklich die einzige Quelle? Glaub ich nicht.

  • Zitat

    Original von der Lullist
    Die Partituren aus dieser Zeit, die in Frankreich gedruckt wurden sind da nicht unbedingt besser. Instrumentierung gibt es nur sehr selten.
    Einzig Charpentiers Manuskripte sind mit den nötigen Details versehen worden.
    Ohne die Partitur der Médée wäre es warscheinlich gar nicht möglich die Opern Lullys und der anderen aufzuführen.


    Was erneut meine These untermauert, daß Charpentier der bessere Komponist gewesen ist. Lully, phh, nicht mal richtig notieren konnte der Kerl seine Kompositionen :D

  • laut William Christie ist die Partitur der Medee die einzige brauchbare Quelle.


    Ansonsten bleiben ja nur die Anweisungen von Muffat, die sich aber eher auf die musikalische Gestaltung beziehen.
    Und er spricht ja auch nur die Besetzung der Petit Bande an, und die kam bei den Opernaufführungen ja gar nicht zum Einsatz.


    Charpentier musste wohl auch alles ausschreiben, da er ja nicht die Spitzenmusiker zur Verfügung hatte wie Lully oder Delalande.
    Vielleicht dachte er auch an die Nachwelt... wer weiß.



    Und es war mit den Handschriften wirklich so - das meine ich aber ganz ohne Seitenhiebe.
    Die frz. Handschriften sind elegant und sauber, die deutschen und italienischen so gut wie unleserlich.
    Um da eine der Sonaten von Schmelzer zu entziffern bedarf es ein gutes Stück Phantasie :D

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  • Zitat

    Original von der Lullist
    laut William Christie ist die Partitur der Medee die einzige brauchbare Quelle.


    Ansonsten bleiben ja nur die Anweisungen von Muffat, die sich aber eher auf die musikalische Gestaltung beziehen.
    Und er spricht ja auch nur die Besetzung der Petit Bande an, und die kam bei den Opernaufführungen ja gar nicht zum Einsatz.


    Charpentier musste wohl auch alles ausschreiben, da er ja nicht die Spitzenmusiker zur Verfügung hatte wie Lully oder Delalande.
    Vielleicht dachte er auch an die Nachwelt... wer weiß.


    Es gibt einen ganzen Sack voller Quelle, aber warum soll ich mir die Abeit machen? :D


    Zitat

    Und es war mit den Handschriften wirklich so - das meine ich aber ganz ohne Seitenhiebe.
    Die frz. Handschriften sind elegant und sauber, die deutschen und italienischen so gut wie unleserlich.


    Oben hab ich doch schon geschrieben, dass es da große Unterschiede gibt. Die Nichtfranzosen zeigen eben auch in der Handschrift, was den Franzosen abgeht: stilistische Vielfalt. :D


    Zitat

    Um da eine der Sonaten von Schmelzer zu entziffern bedarf es ein gutes Stück Phantasie :D


    Nein. Aber ein bisschen Übung und Gewöhnung dürfen's schon sein.