Wieviel muß man kennen, um urteilen zu dürfen?

  • Servus,


    Der aktuelle Anlaß für mich, dieses Thema zu eröffnen, ist - der eine oder andere wird's schon ahnen - die Locatelli-Diskussion. Hier geht es aber nicht um dieses speziellen Fall, sondern dieser Thread soll der Titelfrage ganz allgemein auf den Grund gehen.


    Es kommt immer mal wieder in fast regelmäßigen Abständen vor, dass einer, der seine Abneigung gegen einen Komponisten oder gegen eine Genre oder gegen eine Gattung etc. zum Ausdruck bringt, von denen, die anderer Meinung sind, beschuldigt wird, sich nicht genügend mit dem Ungeliebten beschäftigt zu haben.


    Meist werden dann auch ausführliche Begründungen gefordert, warum das Beschimpfte denn so schlecht ankommt. Freilich wäre eine Antwort darauf interessant und auch wünschenswert, jedoch hat diese Aufforderung nach meinem Eindruck meistens mehr die Funktion eines Totschlagarguments als einer ehrlichen Bitte nach Begründung.


    Das wirft für mich folgende Fragen auf:


    Muß man sich erst jahrelang immer wieder Gewalt antun und etwas hören, was man nicht mag, um negative Urteile abgeben zu dürfen?


    Darf man negative Urteile nur in Verbindung mit einer seitenlangen Begründung fällen?


    Und warum wird nicht gleichermaßen bei positiver Einschätzung nachgefragt, ob man sich denn mit dem Metier auskenne?




    fragende Grüße,
    Thomas

    Da freute sich der Hase:
    "Wie schön ist meine Nase
    und auch mein blaues Ohr!
    Das kommt so selten vor."
    - H. Heine -

  • Das ist ja witzig: ganz aktuell ist es mir heute früh genauso gegangen. Ich habe diesen Titel gelesen, wo die Frage aufgeworfen wird, ob Bruckner aggressiv macht.


    Bruckner gehört zu den Komponisten, zu denen ich keinen Zugang finde und die ich deshalb auch kaum höre.


    Jetzt macht mich diese Musik allerdings nicht aggressiv, sondern ich langweile mich, namentlich bei seinen geistlichen Werken, enorm.


    Aber auch die sinfonischen Werke, das finde ich langatmig. Wie das bei "Tamino" manchmal so ist: angeregt durch die Beiträge hier überlege ich, ob ichs mit dem Bruckner nicht doch nochmal probieren soll.


    Diese Überlegungen wollte ich ursprünglich im o. a. Thread posten - hab mir dann aber gesagt: da kann ich gar nicht richtig mitreden, da fehlt mir die Erfahrung, die intensive Beschäftigung mit dem Thema.


    Also, auch bei einem negativen Urteil sollte wenigstens versucht werden, dazu ein paar Stichworte zu liefern, warum das so ist, damit man das Einordnen kann, warums denn nicht gefällt.


    Das gilt dann auch für eine positive Bewertung. Das vielfach geübte Vorstellen eines CD-Covers ohne jegliche Begründung, warum diese CD hörenswert ist, erscheint mir - bitte nicht schlagen - letztendlich überflüssig.


    Ob Kenner oder Liebhaber, ich denke, das Urteil ist gleichermassen achtbar, solange es nachvollziehbar ist.

  • Zitat

    Original von salisburgensis
    Und warum wird nicht gleichermaßen bei positiver Einschätzung nachgefragt, ob man sich denn mit dem Metier auskenne?



    Hallo Thomas,


    diese Frage lässt sich - glaube ich - am leichtesten beantworten: Positive Einschätzungen tun niemandem weh, negative sehr wohl. Um es an meiner eigenen Person zu demonstrieren: Wenn jemand ein Werk von z.B. Donizetti, den ich nicht übermäßig schätze, über die Maßen lobpreist, dann stört mich das nicht und ich kann das ohne weiteres akzeptieren. Wenn aber jemand Mahler-Symphonien als minderwertig bezeichnet, dann beginne ich zu revoltieren und frage nach einer genauen Begründung. Dabei kommt es natürlich immer auf die jeweilige Formulierung an (die Äußerung "Mahler sagt mir einfach nichts" kann ich ohne Probleme akzeptieren).


    Mit abwertenden Urteilen sollte man m.E. vorsichtig sein. Um die sattsam bekannte Lichtenberg-Äußerung zu paraphrasieren: Wenn ein Paar Ohren und ein Musikwerk zusammenstoßen und es klingt hohl, dann muss nicht immer die Komposition schuld sein. Das versuche ich mir zu Herzen zu nehmen, auch wenn es nicht immer gelingt.


    Dabei geht es natürlich wieder um die altbekannte Diskussion um subjektiven Geschmack, der bekanntlich fast alles bzw. sehr viel darf, und objektives Urteil, das es in ästhetischen Dingen bekanntlich nur sehr eingeschränkt gibt. Letztlich ist ein Rückzug auf den eigenen Geschmack legitim, auch wenn man sich klarmachen sollte, dass ein Blick durch die Gitterstäbe des eigenen Ichs immer sehr sinnvoll ist.


    Trotzdem wird hier im Forum doch ständig die Spannweite zwischen subjektiven und halbwegs objektivierbaren Urteilen ausgemessen (Komponist x ist besser/wichtiger für die Musikgeschichte/sportlicher als Komponist y bzw. y ist überschätzt usw. usw.) - für meinen Geschmack passiert das etwas zu häufig. Dass man über Epochen/Komponisten/Werke/ Interpreten auch in anderen Kategorien als schlecht/geht so/gut/besser reden kann, wiederhole ich an dieser Stelle gerne.


    Viele Grüße


    Bernd

  • Zitat

    Original von salisburgensis
    Es kommt immer mal wieder in fast regelmäßigen Abständen vor, dass einer, der seine Abneigung gegen einen Komponisten oder gegen eine Genre oder gegen eine Gattung etc. zum Ausdruck bringt, von denen, die anderer Meinung sind, beschuldigt wird, sich nicht genügend mit dem Ungeliebten beschäftigt zu haben.


    ich musste grad dran denken, dass ich in der aktuellen monopol-ausgabe ("magazin für kunst und leben") einen text über die aktuelle documenta gelesen habe und eine der überschriften dort lautete:
    "wer seine ausstellung nicht gut findet, der hat sie nicht verstanden, sagt roger m. buergel. natürlich drückt er sich dabei viel komplizierter aus"
    :D


    wahr ist aber auch, dass ein gewisses maß an beschäftigung, an reflektion und auch an hintergrundwissen nötig ist, um halbwegs fundierte urteile bilden und artikulieren zu können.
    -natürlich kann man etwas einfach "gut" oder "schlecht" oder "langweilig" finden, nur: um dies eben halbwegs begründen zu können sind oben genannte züge sicherlich vorteilhaft, wenn nicht gar notwendig, denn:


    Zitat

    Darf man negative Urteile nur in Verbindung mit einer seitenlangen Begründung fällen?


    natürlich darf man das tun, es ist aber fraglich, welchen nutzen es hat, wenn in einem forum jeder nur sein urteil in zwei, drei adjektiven ausdrückt, ohne sein urteil zu begründen, es zu erklären und auszuführen, WARUM man denn zu diesem urteil gekommen ist, weil ein forum ansonsten schnell zu einer pinnewand wird, auf der verschiedene pseudonyme kurze sätze veröffentlichen, die kaum einen bezug aufeinander nehmen können und eher gemeinschaftlichen monologen als einer netten diskussion gleichen.

    Wenn ich mir vorstelle, was es für Deutschland bedeuten würde, wenn die heilige Kuh zu uns käme, welches Glück und welcher Segen ginge von allgegenwärtigen heiligen Kühen aus!

  • Man darf, was man will - und erst Recht: sich ein Urteil bilden :beatnik:


    Ob man gleich Bücher drüber schreiben sollte ist dann wieder was anderes... :rolleyes: :D


    :hello:
    Stefan

    Viva la libertà!

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  • Servus, Thomas!


    Marcel Reich-Ranicki hat in seinem "Literarischen Quartett" gelegentlich behauptet, viele Kritiker würden über Gebühr alles loben, weil das viel einfacher sei.


    Das könnte schon stimmen, obwohl man aus naiver Sicht doch eher sagen würde, es sei leicht, an allem ein Haar zu finden. Denn was ist schon perfekt?


    Aber als jemand, der für ein Lokalblatt rund zehn, zwölf Male im Jahr Konzertbesprechungen über Veranstaltungen einer fränkischen Kleinstadt mit Schloss schreibt, die meist von Laien oder Halb-, gelegentlich auch von Vollprofis gestaltet werden (Emma Kirkby war schon dabei - gefallen hat sie mir gar nicht so sehr, der Pianist Franz Vorraber, verschiedene ordentliche Kammermusikformationen aus dem süddeutschen Raum, aber halt nicht die allererste Liga :) ;)), würde ich Reich-Ranicki Recht geben. Ich versuche Kritik, dezent anzudeuten, aber schon zu begründen; vor allem bei Halbprofis muss man da denkbar vorsichtig sein - aus verschiedenen Gründen!


    Natürlich kann ich sagen: Mir gefällt etwas nicht! Solange ich nicht sage: Das ist schlecht, gehe ich auch kein Risiko ein, denn ich habe meine Meinung als subjektiv gekennzeichnet. (In dieser Hinsicht gibt es hier im Forum auch des Öfteren kleine Reibereien.)


    Aber interessant wird die Auseinandersetzung doch erst mit einem kausalen Hintergrund. Beruht dieser auf Wissen und Vergleichen, wird er meines Erachtens auch bei Weitem interessanter sein für eine sich ergebende Diskussion. Beruht er nicht auf einem solchen Hintergrund, verhilft er aber immer noch zur Meinungsbildung im Sinne einer Ersteinfahrung, schlimmstenfalls eines nicht gerechtfertigten Vorurteils. Auch Vorurteile können aber nützlich sein für Vorentscheidungen angesichts des unübersehbaren Materials.


    Dies gilt insbesondere für Kaufanreize bei Erstkäufen oder Dopplungen. Weniger anfangen kann ich mit apodiktischen Feststellungen der Art: Die Hammerklaviersonate ist langweilig. Punkt. Da müsste dann wirklich noch ein Komma kommen und ein "weil"!


    Resümee: Ja, man sollte sich mit einem Werk etwas beschäftigt haben, um ein negatives Urteil abzugeben, bei der Interpretation erscheint das dann weniger wichtig. Dies gilt analog, wenn man das Werk und/ oder die Interpretation als positiv empfindet.


    Besten Gruß, Wolfgang


    PS: Alle vorausgehenden Antworten habe ich jetzt erst, also nachträglich, gelesen.

    Lieber Fahrrad verpfänden denn als Landrat enden!

  • Lieber Thomas,
    ich habe die Loactelli-Diskussion nicht mit verfolgt, weil ich dazu nichts sagen kann.
    Allgemein denke ich, dass man negative Urteile nicht seitenlang begründen muss. In der Kürze liegt die Würze. Meistens ist es so, dass ellenlange Begründungen nur zu Missverständnissen führen.
    Ich persönlich führe prägnant die Fakten an, die mich zu meinem Urteil leiten. Wenn ich meinen Diskustanten nicht überzeugen kann, ziehe ich mich aus der Diskussion zurück.
    Viele Grüße
    Padre
    ( PS. nicht muß ,sondern muss)

  • Zitat

    Original von salisburgensis
    Das wirft für mich folgende Fragen auf:


    Muß man sich erst jahrelang immer wieder Gewalt antun und etwas hören, was man nicht mag, um negative Urteile abgeben zu dürfen?


    Darf man negative Urteile nur in Verbindung mit einer seitenlangen Begründung fällen?


    Nein und nein. Aber der entscheidende Punkt ist, ob man sagt "X gefällt mir nicht" oder "X ist schlecht/schlechter als Y". Das erste ist jedem unbenommen, egal mit wie wenig Hintergrund, ob als Spontanreaktion. Das drückt eben nur den persönlichen Geschmack aus und den hat man eben oder nicht :D
    Selbst dann kann man jedoch nachfragen, ob derjenige das im Rahmen seines Geschmacks erläutern kann.
    ABER wenn jemand mehr oder minder vernichtende Urteile fällt oder entsprechende Vergleiche anstellt, beansprucht er Objektivität.
    Ich will jetzt keine Meta-Debatte darüber anzetteln, sondern gehe einfach mal davon aus, dass man mit den beiden Sätzen oben nicht dasselbe meint.


    Es gibt, das sollte man nicht außer Acht lassen, durchaus Teilnehmer, die versuchen, derartige Meinungen zu begründen. Das muß nicht seitenlang sein, aber drei Zeilen sagen schon mehr als nichts. Man sieht dann vielleicht ansatzweise, von welchen Voraussetzungen das Urteil verstehbar ist.


    Häufig habe ich allerdings den Eindruck, dass jemand über einen Komponisten oder gar eine Epoche urteilt, mit der er wirklich nur oberflächlichst oder überhaupt nicht vertraut ist. Sozusagen die pavlovsche Reflexreaktion rausposaunt, nicht ein reflektiertes, abgewogenes Urteil. Oder, fast noch schlimmer, offensichtlich unzureichende Begründungen vorgeschützt werden. Wie "Bruckner ist zu katholisch", was soll man dazu sagen? "Bruckner ist unerträglicher Blechlärm ohne Melodien" ist nicht sehr subtil, aber man kann es diskutieren, das knüpft an Hörbares an, man kann es nachvollziehen bzw. auf Stellen hinweisen, die der Behauptung widersprechen usw. ...


    Als Anfänger (absoluter oder auf ein Stück/einen Stil bezogen) muß man tatsächlich manchmal hören und wahrnehmen erst lernen. Ich wiederhole gerne, dass Debussy, sogar Wagner für mich mit 16, als ich etlichen Sinfonien von Haydn, Mozart, Beethoven, Tschaikowsky u.ä. vertraut war auf mich wie konturlose Klangwolken (im Falle Wagners mit ab und zu herausschmetterndem Blech) wirkten. Noch nach fast 10 Jahren des Hörens klassischer Musik empfand ich viele Bachsche Klavierstücke als undifferenzierte Ketten von schnellen Noten ohne erkennbare Struktur oder einprägsame Melodie. Ich kann heute nur noch sehr schwer nachvollziehen, wie man solche "Wahrnehmungsschwächen" auf einer ganz fundamentalen Ebene haben kann. Wenn man auf dieser Stufe naßforsche Urteile herausposaunt (und es ist müßig zu betonen, dass das z.B. im Falle Lullist und Locatelli ganz gewiß NICHT zutrifft), bekleckert man sich selten mit Ruhm...


    Vielleicht ist es etwas zu viel verlangt, aber im Idealfall sollte man versuchen zu verstehen, warum so viele Leute Musikstück X grandios finden.
    Denn es hat ja normalerweise gute Gründe, wenn ein Stück von vielen Musikern für aufführenswert gehalten und von Historikern und Publikum entsprechend beurteilt wird, man sollte erstmal immer davon ausgehen, dass da was dran ist.
    Dabei kann man selbstverständlich immer noch selbst der Ansicht sein, dass es bestenfalls mittelmäßig ist. Das gelingt natürlich nicht immer, erfordert aber keineswegs notwendig Masochismus und jahrelanges Hören von Musik, die man verabscheut.
    Ich bilde mir z.B. ein, dass ich ungefähr verstehe, was jemand an Rachmaninoffs 2. Klavierkonzert toll findet, obwohl ich es mir normalerweise nicht freiwillig anhöre.


    Zitat


    Und warum wird nicht gleichermaßen bei positiver Einschätzung nachgefragt, ob man sich denn mit dem Metier auskenne?


    Tja. Das ist eine interessante Asymmetrie... in der Tat sollte/könnte man da genauso nachfragen!
    Diese Begründungen kommen aber mitunter als Verteidigung eines entsprechend attackierten Stücks heraus.


    Es mag hier individuelle Unterschiede geben, aber mein Eindruck ist, dass viele erfahrene Hörer mit der Zeit ihren Geschmack ausweiten (es gibt prominente Gegenbeispiele, klar, hier im Forum tatsächlich mehr als ich erwartet hätte) und nach einigen Jahren Musik hören, der sie anfangs abweisend oder indifferent gegenüber standen. Eine gewisse Offenheit ist freilich Voraussetzung. Man kann auch seine Scheuklappen kultivieren und sich in seiner Nische gemütlich einrichten.


    :hello:


    JR

    Struck by the sounds before the sun,
    I knew the night had gone.
    The morning breeze like a bugle blew
    Against the drums of dawn.
    (Bob Dylan)

  • Zitat

    Original von Padre
    Allgemein denke ich, dass man negative Urteile nicht seitenlang begründen muss. In der Kürze liegt die Würze. Meistens ist es so, dass ellenlange Begründungen nur zu Missverständnissen führen.


    "Find isch rischtisch Kacke" sollte also reichen? :stumm: :D


    :hello:
    Stefan,
    der weniger Wert auf Umsetzung der modifizierten Schlechtschreibreform im Privatbereich legt als M. Padre

    Viva la libertà!

  • Als "Betroffener" melde ich mich auch mal kurz zu Wort.


    Ich halte es erst einmal für fatal alles toll und schön finden zu müssen. Wenn einem etwas nicht gefällt, dann soll man auch das Recht haben das zu äußern.
    Wir sind hier ja keine Werbeplattform, auf der alle CD's in den Himmel gehoben werden müssen.


    Ich denke wir haben auch eine besondere Freiheit, im Gegensatz zu echten Kritikern, können wir unsere subjektiven Gefühlen mitteilen - und das ist viel aussagekräftiger als seitenlange Essais über eine tolle musikalische Gestaltungen.



    Wenn etwas als schlecht empfunden wird - dann soll man das einfach auch sagen dürfen - aber auch ich bin der Meinung, wenn dann mit Begründung.


    Ich lehne nichts leichtfertig ab - das ich ein Konzert verlassen hätte gab es noch nie. Und ich habe auch noch keine CD nach 5 Minuten aus dem Player rausgeschmissen...obwohl doch das kann sein :D ... bei Locatelli - nee war ein Scherz.


    Ich sehe das so, eine CD dauert meist über eine Stunde, in der Zeit hat man genügend Möglichkeiten mich zu begeistern - denn ich bin der Kunde und will was geboten haben.
    Man kann es auch so sehen, ich bin der Fürst und lasse mir vorspielen, wer mir nicht gefällt bekommt auch keine "Vacatur" - so einfach ist das :D


    Ich sehe das alles nicht so wild, denn ich denke man kann sich auch normal unterhalten wenn einem etwas nicht zusagt - man muss nur eben vom dem Missionarstrip runter kommen und meinen man müsste dem anderen aber auf Biegen und Brechen beweisen das er unrecht hat.

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  • Lieber Barezzi,
    ich habe mich nur ganz allgemein geäußert, und nicht zu Locatelli!Vielleicht hätte ich mich raushalten sollen?
    Padre

  • Ich persönlich überlege immer sehr lange, ob ich eine Meinung ins Forum stelle. Auch möchte ich immer durchklingen lassen, dass mir vielleicht etwas nicht gefällt, ich aber trotzdem hohen Respekt vor der künstlerischen Leistung habe. Gegenüber den Musikwissenschaftlern und Kennern besonders vieler Aufnahmen habe ich schon Komplexe, einfach so meine Meinung kundzutun.
    Als ich neulich über die Mozart-Quartette schrieb, bekam ich (so empfand ich es spontan) von Ulli „ziemlich eine auf den Deckel“. Habe mich dann sehr genau mit seinen Kritikpunkten an meinem Text befasst und mein Urteil revidiert. Bin seither noch vorsichtiger mit dem, was ich schreibe.
    Ein Geschmacksurteil bedarf meiner Meinung nach keiner Begründung. Ein Wertungsurteil sehr wohl. Es kommt auf die Formulierung an.
    Habe gestern Norringtons Wagner-CD aus der ZEIT Klassikedition gehört. Die hat mir überhaupt nicht gefallen. (Werde versuchen, noch heute darüber im Thread zur Edition zu schreiben.) Lese aber mit Gewinn etwa Zwielichts Meinung zu dieser Aufnahme, die völlig anders ist als meine.
    Urteile sind vielfach von Vor-Urteilen geprägt, vom Gewohnten, von dem, womit man aufgewachsen ist. Ich selbst komme, was die E-Musik betrifft, nur schwer von diesen „lieb gewonnenen“ Erfahrungen los. Wenn ich dann Meinungen darüber lese, die diese Aufnahmen in Grund und Boden verdammen, tut mir das schon weh. Dann sage ich mir aber (nach dem ersten Schock): Dieser für meinen Geschmack etwas scharf urteilende (womöglich die Meinung auch nicht begründende und begründen wollende) Schreiber hat aus welchen Gründen auch immer diese Extremmeinung, und ich möchte sie auch respektieren.
    Eine absolute Wahrheit gibt es in der Musik (wie überall) ja nicht. Für mich zählt eine Neuentdeckung genauso wie der Erfahrungswert von dreißig verglichenen Aufnahmen von Rachmaninows „Elefantenkonzert“ (habe ich in den 90ern mal durchgezogen).
    Ich persönlich finde es gut, E-Musik zu hören und sich davor oder danach zumindest den Begleittext der CD oder einen Konzertführertext durchzulesen, falls Computer zur Hand auch alles was dazu im Tamino Klassikforum steht (mittlerweile zuerst das, dann das andere). Das hilft mir viel zum besseren Verständnis vieler Werke.


    Herzlicher Gruß
    Alexander


    Nachsatz: Ich halte es auch für ganz entscheidend, in welcher Verfassung sich der Musikfreund/Rezipient befindet, wenn er Musik hört und danach urteilt. Auch das sollte man vielleicht berücksichtigen, bevor man ein "endgültiges" Urteil fällt.

    Freundlicher Gruß
    Alexander

  • Vorab: Das Statement des Kurzstückmeisters findet meine volle Zustimmung !
    :jubel: :jubel: :jubel:


    Ich halt es da ganz einfach: Man wird von mir NIEMALS einen Kommentar zu Themen finden, an denen ich nicht interessiert bin und das sind im "Bereich" Klassik gar erstaunlich viele !


    Ich gehe davon aus, daß mein "persönlicher Geschmack" kaum jemand interessiert und äussere mich wirklich nur dann, wenn ich von der zu behandelnden Materie hinreichend Kenntnis habe. Darüber hinaus ist "Maulhalten" definitiv die bessere Methode !


    Damit bin ich bislang ganz gut gefahren und so gedenke ich es auch in der Zukunft zu halten.


    Da ich derzeit "beinahe unfreiwillig" Patient in einer Kurklinik bin, hatte ich Gelegenheit, auch mal anderes zu hören als immer nur Renaissance-und Barockmusik. JETZT weiss ich z.b., wer Anna Netrebko und R. Villazon sind aber kommentierten werde ich sie erst dann, wenn sie als Solisten in der "Matthäus-Passion" auftreten !

    Das geht über das Sagbare hinaus. Das läßt sich nicht deuten und bedarf keiner Deutung. Es kann nur gehört werden. Es ist Musik. (H.H.Jahnn)

  • Zitat

    Original von salisburgensis
    1.Muß man sich erst jahrelang immer wieder Gewalt antun und etwas hören, was man nicht mag, um negative Urteile abgeben zu dürfen?
    Darf man negative Urteile nur in Verbindung mit einer seitenlangen Begründung fällen?


    Diese Diskussion kenne ich zB auch aus Filmforen, wo ich früher diskutiert habe.


    Der Ausgangspunkt ist doch eigentlich ganz banal: Das Leben ist zu kurz, um alle Musik hören, alle Filme/Gemälde usw. sehen, und alle Bücher lesen zu können. Zwangsläufig muß es da zu einer persönlichen Auswahl kommen. Und dazu gehört eben auch es abzulehnen, sich weiter mit einem bestimmten Komponisten zu beschäftigen.


    Ein gewisses musikalisches und historisches Hintergrundwissen, Kenntnis von anderen Werken aus der gleichen Zeit, von anderen oder demselben Komponisten, eigene Hörerfahrung, und ein zumindest in Grundzügen ausgebildeter eigener Musik- oder Kunstgeschmack sollten vorhanden sein.


    Um auf das Beispiel Locatelli zurückzukommen: Der Lullist kann das Wort "Barock" und die meisten Komponistennamen richtig schreiben, kennt den Unterschied zwischen dem ital. und dem franz. Stil, hat die eine oder andere CD mit Barockmusik im Schrank und ist auch sonst musikalisch nicht bei Barry Manilow und Richard Kleiderschrank stehengeblieben.


    Unter diesen Umständen braucht er sich nicht jahrelang mit Locatelli zu quälen und kostbare Lebenszeit zu verplempern, nur um ein negatives Urteil über seine Musik abgeben zu dürfen. Er braucht dies auch nicht über Seiten hinweg zu begründen.


    Ich nehme für mich unter diesen Voraussetzungen zB das Recht in Anspruch, keine Lebenszeit mit dem Anhören spätromantischer Klavierkonzerte oder großorchestraler Symphonien nach 1850 zu verschwenden. Ich mag den ganzen Stil nicht, warum sollte ich mir also Glasunow oder Rachmaninoff anhören, wenn ich schon Tschaikowsky nicht mag?


    Das negative Urteil sollte freilich in diesen Fällen auf den eigenen Geschmack bezogen sein. Pauschalurteile wie "alle Barockmusik ist Nähmaschinenmusik", "moderne Musik ist nur Krach", "Klaviersonaten von Beethoven sind langweilig" charakterisieren nur den Kritiker selbst. Sie kommen im Forum dankenswerterweise nur recht selten vor.


    In jeder anderen Hinsicht ist eine gut begründete Kritik vorziehen. Wenn man die Instrumentierung der Schumannschen Symphonien bemängelt, sollte man sich mit dem Thema auskennen und seine Meinung entsprechend begründen können, wenn man ernstgenommen werden will.

  • Zitat

    Original von salisburgensis
    Meist werden dann auch ausführliche Begründungen gefordert, warum das Beschimpfte denn so schlecht ankommt. Freilich wäre eine Antwort darauf interessant und auch wünschenswert, jedoch hat diese Aufforderung nach meinem Eindruck meistens mehr die Funktion eines Totschlagarguments als einer ehrlichen Bitte nach Begründung.


    Rideamus hatte darauf im Cellini Thread mal gesgt, daß es auch Spaß machen soll, etwas zu schreiben, und es fiel ihm sichtlich schwer, das dann auch konkreter zu begründen, er hat sich aber immerhin die Mühe gemacht.


    Es kommen also noch weitere Aspekte hinzu: Wenn man etwas nicht mag, befaßt man sich auch nicht so gerne damit. Das Nicht-Mögen dann auch noch begründen zu müssen, ist dann sehr viel anstrengender, als eine Hymne zu schreiben über etwas, was einem gefallen hat. Dennoch, und ich bitte alle hier auch zum Wohle der übrigen Leser, ist es absolut sinnvoll, genauer zu begründen, WARUM man etwas für schlecht hält, und zwar so, daß es nachvollziehbar werden kann.


    Hier sollten wir alle uns Mühe geben...


    Zitat

    Original von salisburgensis
    Das wirft für mich folgende Fragen auf:


    Muß man sich erst jahrelang immer wieder Gewalt antun und etwas hören, was man nicht mag, um negative Urteile abgeben zu dürfen?


    Darf man negative Urteile nur in Verbindung mit einer seitenlangen Begründung fällen?


    Nein, es hat nichts damit zu tun, daß man sich Gewalt antun soll. Ich denke, und das wurde ja auch schon mehrfach gesagt, es kommt auf den Ton an: Ausdruck einer Meinung ist etwas anderes als Feststellung einer Tatsache. Dennoch hilft eine, wenn auch kurze Begründung in jedem Falle weiter, sowohl bei Zustimmung als auch Ablehnung...


    Matthias


    P.S.: Schreibfehler beseitigt, nachdem ich sie so prominent weiter unten zitiert sah... ;-)

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  • Der „Locatelli-Streit“ – als solcher wird er dereinst in den Geschichtsbüchern bezeichnet werden :D – hat sich doch entzündet, weil mir die Beleidigungen gegenüber Herrn Locatelli ohne nachvollziehbare Begründung ein bisschen zu weit gingen.
    Der Grund zum Nachfragen lag für mich nicht darin, ein Totschlagargument ins Feld zu führen (ich bin kein Rächer aller Locatellis und anderweitig Entrechteter), sondern die Neugierde: Wie kommt der da drauf? Zum Teil lesen sich die Kommentare über den armen Mann, als gäbe es da etwas zwischen den Locatellis und den Lullisten, das wir besser nicht wissen sollten.
    Das war das eine.
    Das zweite: Meiner Einschätzung nach hat dieser Mensch – der Lullist, nicht Locatelli – in seinem Leben schon so viel Barockmusik (und natürlich auch andere, aber um die ging es ja nicht) gehört, dass es für zwei reichen dürfte. Dabei hat er seine Ohren geschult, schulen müssen, es sei denn, er hätte fortwährend Erbsen drin. Das nehme ich aber nicht an.
    Für mich liegt nun auch ein Sinn und Nutzen dieses Forums darin, dass ich nach einer Weile einschätzen kann, worauf es jemandem ankommt, worauf er seine Urteile bezieht, ob seine Vorlieben die meinen sind oder wo sie abweichen. Denn ich (und wahrscheinlich ein ganzer Heerhaufen von Mitgliedern und –lesern auch) betrachte diese Plattform auch als Empfehlungsliste und Einkaufshilfe.
    Die Biber-Aufnahme mit Pierot hätte ich mir z. B. nie angeschafft, ja ich hätte nicht einmal von ihr gewusst, wenn sie nicht hier Gegenstand der Debatte gewesen wäre. Und mir wäre eine grandiose Einspielung verborgen geblieben.
    Nun erfreuen sich des Lullisten Einschätzungen – entschuldige, dass Du wieder herhalten musst, aber das war nun mal der Stolperstein – oftmals solch apodiktischer Kürze, dass dem Leser nicht viel mehr als ein verdutztes „ach was“ bleibt. Das ist aber arg wenig, als Leitfaden auch ein bisschen zu kurz. Und obendrein war Locatelli ja nicht irgendein dahergelaufener Mafioso, sondern wird als ernst zu nehmender Komponist gehandelt.
    Ganz egoistisch gesprochen: Soll der Lullist doch mal seine Kombination aus Spontaneität und Schreibfaulheit zugunsten einer etwas ausführlicheren Würdigung hintanstellen, damit ich wenigstens eine Ahnung davon bekomme, was ihm denn da gegen den Strich geht, damit ich nicht auch noch darauf hereinfalle.
    Der Locatelli-Streit hatte also auch einen praktischen Hintergrund.


    Wahrscheinlich ist es aber ganz gut, ab und zu über die Unterschiedlichkeit der Maßstäbe und die Gründe für manches, auch rabiate Urteil nachzudenken.
    Jemanden mit massivem Einsatz zum Locatelli-Fan machen zu wollen, liegt mir fern. Das wäre wohl auch ein falscher Ansatz gewesen. :D
    Trotzdem läse ich’s manchmal gern ausführlicher.


    Grundsätzlich aber lässt sich doch bei einem so heterogenen Haufen wie den Taminoianern keine gleichmäßig gültige Linie für nur irgendetwas verlangen, schon gar nicht etwaige Mindestanforderungen an Gehörtes, Gelerntes, Gelesenes, Studiertes. Das würde auch einen großen Reiz dieser Gesellschaft bedrohen.
    Meine Meinung: Man muss nichts kennen, um über etwas urteilen zu können. Wenn man aber sein Urteil begründet, gibt es bestimmt einige hier, die das dankbar zur Kenntnis nehmen.

  • Wer Musik nur zum Hobby hört, so wie ich, und keine wissenschaftlichen Zwecke verfolgt, braucht doch nur Musik zu hören, die dem Hörer gefällt, etwas zu sagen hat oder bewegt. Es gibt doch so unendlich viel Musik, da muss man das einem persönlich unsympathische doch nicht unbedingt auf Teufel komm raus hören. Mir persönlich geht es so mit einigen Sinfonien Schostakowitsch': Ich besitze seit fast einem Jahr die Box mit J. Mansons und habe erst wenige der Sinfonien gehört. Besonders die Sinfonie Nr. 3 hat mich z.B. so abgestoßen, dass ich die CDs einmal eine Weile zur Seite gelegt habe. Das heißt allerdings nicht, dass ich wieder mal reinhören werde.


    So etwas ist für mich aber kein Grund über z.B. Schostakowitsch' Musik zu urteilen. Ich denke einfach: "(Zur Zeit) gefällt mir diese Musik nicht. Ich leg' sie jetzt weg und höre etwas anderes." Von einem Urteil sehe jdoch meist ab.
    Vom Urteil ist es zur Verurteilung nämlich nicht mehr allzu weit.


    Liebe Grüße,
    Gerald

    "Das Höchste in der Kunst - vor Gott besagt's nicht viel.
    Hat doch die Welt zuletzt nur ein moralisch Ziel."
    (Hans Pfitzner)

  • Servus,


    die Frage selbst beschäftigt mich schon seit geraumer Zeit. Der Locatelli-Streit war nur der Aufhänger für mich, dieses Thema zu starten. Und es war nicht meine Absicht, dass die daran Beteiligten sich hier zu Stellungnahmen genötigt sehen. Aber gut, sei's drum... :D


    Außer Frage steht natürlich, dass eine begründete Aussage sehr viel mehr Erkenntnisgewinn bringt, als einfach nur zur schreiben :jubel: oder :kotz: .


    Wenn ich die letzten Beiträge zusammenfassen darf, dann wird einem anerkannten Auskenner ein Verriss ohne Begründung in dem Gebiet, in dem er sich auskennt, am eher zugestanden als jemandem, der irgendetwas ablehnt und gleichzeitig zugibt, dass seine Interessen ganz woanders liegen. Also überspitzt formuliert: wenn ich schriebe Purcells Musik sei doof, dann gäbe es vielleicht ein paar Nachfragen. Würde ich aber das gleiche über Wagner schreiben, müßte ich mir wahrscheinlich ein neues Forum suchen. ;)


    Das würde aber auch bedeuten, dass Meinungen von Leuten, die sich mal über ihren Horizont hinaus trauen und ihre Eindrücke wiedergeben, nicht das gleiche Gewicht haben wie Äußerungen der allgemein anerkannten Auskenner.


    Andererseits betonen die Alten Hasen immer wieder, wie interessiert sie an des Neulings Meinungen zu Werken sind, die sie selbst schon rückwärts auf einem Kamm pfeifen können - und das mit 4,8 Promille Blut im Alkohol. :D



    Ganz wesentlich scheint mir auch folgender Satz von Matthias zu sein:

    Zitat

    ...es kommt auf den Ton an: Ausdruck einer Meinung ist etwas anderes als Festellung einer Tatsache.


    Sich nicht abfällig über etwas zu äußern, hat letztendlich auch etwas mit dem Respekt gegenüber Anderen und deren musikalischen Geschmack zu tun.



    herzliche Grüße,
    Thomas

    Da freute sich der Hase:
    "Wie schön ist meine Nase
    und auch mein blaues Ohr!
    Das kommt so selten vor."
    - H. Heine -

  • Zitat

    Original von Alviano
    Also, auch bei einem negativen Urteil sollte wenigstens versucht werden, dazu ein paar Stichworte zu liefern, warum das so ist, damit man das Einordnen kann, warums denn nicht gefällt.


    Lieber Alviano,


    Ich dachte, daß dieser Satz


    Zitat

    Der größte Fehler, der ein Regisseur machen kann, ist m.E versuchen die politischen/wirtschaftlichen/sozialen/usw Umstände von heute in einem bereits Jahrhunderte/Jahrzenhnte existierenden Werk hinein zu interpretieren.


    im Thread "modern versus altmodisch" reichte, um klar zu machen, worüber ich mich beschwere. Falsch gedacht.


    Ich will darüber weiter nichts mehr sagen, sondern nur bemerken, daß offensichtlich sogar ein Satz nicht reicht.


    LG, Paul

  • Zitat


    der entscheidende Punkt ist, ob man sagt "X gefällt mir nicht" oder "X ist schlecht/schlechter als Y".


    Hallo,


    ich bin auch der Meinung, das hier der wesentliche Punkt liegt. "Das gefällt mir nicht", oder "Das spricht mich (derzeit) nicht an", das kann man schon nach 1x hören sagen - die Frage ist, ob es hier gepostet werden muss - warum aber auch nicht, wir sind ja hier ein offenes Forum. Ich bin aber auch überzeugt, dass man sich selbst (mehr noch als den Lesern des Beitrags) ein Geschenk macht, wenn man sich das "Warum" überlegt; ich habe die Erfahrung gemacht, dass man so über seine eigenen Vor-Urteile eine Menge erfährt (was nicht bedeutet, dass man sie gleich ändern muss :rolleyes:).


    Zum Urteil hat ein größerer Geist als der Meine geschrieben:



    Es sind gerade die fundierten Urteile, die begründeten, auch pointierten, persönlich gefärbten, denn was sonst soll ein Urteil sein, die das Lesen in diesem Forum so spannend machen. Nähere ich mich doch gerade selbst auf unsicheren Beinen dem Streichquartett, das ich die letzten 15 Jahre für mich abgelehnt habe, "Das gefiel mir nicht", siehe oben. Da bin ich sehr froh, hier im Forum Hinweise zu bekommen, wo anfangen, wie zuhören, was vergleichen. Und da sind so ausführliche Begründungen, auch negative, wie die des Lullisten in seiner heutigen Stellungnahme zu Locatelli sehr viel aussagekräftiger als so manches Pauschalurteil anderer in anderen Threads.


    Aber auch da sag ich mir "Das gefällt mir / gefällt mir nicht" und nicht "das ist schlecht oder gut".


    Zu guter Letzt: Polemik macht manchmal einfach auch Spaß, und diesen Spaß sollten wir uns nicht verderben!


    Lg,


    :hello:

    leporellina


    Musik machen ist ein erotischer Akt, weil es mit Wollen, mit Leidenschaft zu tun hat. Daniel Barenboim

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  • Zitat

    Original von pfuetz


    Rideamus hatte darauf im Cellini Thread mal gesgt, daß es auch Spaß machen soll, etwas zu schreiben, und es fiel ihm sichtlich schwer, das dann auch konkreter zu begründen, er hat sich aber immerhin die Mühe gemacht.


    Darf man negative Urteile nur in Verbindung mit einer seitenlangen Begründung fällen?


    Ich bin mit meiner Rolle als unfreiwilliger Kronzeuge in dieser m. E. ziemlich anders gelagerten Auseinandersetzung nicht unbedingt glücklich, möchte sie aber wenigstens mit meinen eigenen Worten darstellen. In meiner Erinnerung fiel es mir auch nicht schwer, meinen Standpunkt zu begründen, sondern die Lust aufzubringen, das mit der gleichen und im doppelten Wortsinne erschöpfenden Detailbesessenheit zu tun, mit der ich dazu herausgefordert wurde. Das sagt jemand ganz bewusst, der in der Regel, euphemistisch gesagt, ohnehin viel zu ausführlich formuliert.


    Es ist in der Tat richtig, dass es überhaupt keinen Spaß macht, ein negatives Urteil ausführlich zu begründen. Eher überwiegt die Fassungslosigkeit darüber, dass es überhaupt nötig ist, über eine (subjektiv empfunden) offenbare Fehlleistung mehr festzustellen, als dass sie eine ist. Wenn ich eine Leistung als eindeutig katastrophal empfinde, kann ich nur schwer fassen, dass jemand das anders sehen könnte, nicht Augen hat zu sehen und Ohren zu hören, wie einfallslos/billig/katastrophal/inkompetent/langweiig/oderwasauchimmer eine Leistung sich darbietet. Kritiker, deren Aufgabe es ist, das auch noch detailliert zu belegen, müssen ein gewisses Talent zum Masochisten haben, und da sie sich dabei peinigen, hört man ihnen den in Zorn verkehrten Schmerz nicht selten an.


    Allerdings, und hier haben alle Recht, die darauf hinweisen, dass es sehr wohl auf Formulierungen ankommt: wer nicht einfach sagt "find ich furchtbar" oder "gefällt mir nicht", sondern ein vorgeblich objektives Urteil abgibt, geht für meihn Empfinden eine Verpflichtung ein, dieses auch zu begründen, denn er/sie hätte ja auch ohne Weiteres gar nichts zu sagen brauchen. Da sie nicht geschwiegen haben, haben sie das Recht verwirkt, ihrem Urteil weiter nichts hinzu zu fügen. Natürlich muss ich nicht unbedingt das Wissen eines Chemikers haben um zu begründen, warum etwas stinkt, das einem anderen duftet. Ein faules Ei kann sehr wohl am Frühstückstisch erkannt werden ohne dass der Urteilende selbst ein Huhn sein muss, das bessere Eier legen kann. Man sollte aber schon sagen können, worauf sich die Empfiundung stützt, dass das Ei faul ist.


    Ob das allerdings in seitenlange Rechtfertigungen und Widerlegungen detailliert zusammengeklaubter Indizien für eine Gegenthese ausarten muss, wie in dem zitierten Fall, steht auf einem anderen Blatt. Wer sich vor den Kopf gestoßen fühlt, erwirbt damit noch kein Recht auf unbegrenzten Zeitraub. Man muss auch eine kritische Meinung äußern dürfen ohne damit einen permanenten Rechtfertigungszwang auszulösen. Andernfalls wäre das ein sehr effektiver Weg, Meinungsäußerungen von allen, die nicht ausgeprägte Exhibitionisten oder Masochisten sind, zu verhindern.


    :hello: Rideamus

  • Hallo Paul,


    das ist aber genau das was ich meine, ich kann Dein Statement gut nachvollziehen und lasse Dir Deine Meinung, ich habe damit kein Problem.


    Aber das ist eben ein generelles Problem, anscheinend ist es zu viel Verlangt die Meinung seines nächsten zu respektieren.
    Sicher kann man über alles diskutieren, aber in 90 % aller Fälle sind das dann keine Diskussionen sondern eine Auflistung von Totschlagargumenten, die nur dazu dienen den anderen vorzuführen, bzw. die Meinung des anderen ins leicht Lächerliche zu rücken, wenn sie der eigenen nicht entspricht.
    Das beobachte ich sehr häufig hier im Forum - und ich hoffe mich niemals selbst in der Art geäußert zu haben.


    Wie auch immer.
    Gerade in dem Thread über die Inszenierungsmethoden beteilige ich mich nicht, weil es für mich keinen Sinn macht. Denn ich finde es sollte in gleichem Maße alle Möglichkeiten der Inszenierung angeboten werden und nichts im Vorfeld als Mist abgestempelt werden.
    Für mich ist es genauso Fatal ständig historisierende Aufführungen zu sehen, wie wenn es nur noch minimalistisches Regietheater gibt.


    Vielleicht sollte man da auch mal eine Art "Goûts reunis" anstreben...


    Ich gebe niemals ein Urteil über Dinge ab, die ich nicht kenne, vielleicht hätte ich daher mein Urteil über Locatelli nur auf seine Concerti Grossi beziehen sollen, vielleicht sind ja die Sonaten die Offenbahrung schlechthin - ich weiß es nicht, ich kenne sie nicht.
    Ich werde mich aber in Zukunft wesentlich gewissenhafter äußern, damit sowas nicht wieder ins Pauschale abtrifftet.


    Ich war und bin mir nicht bewusst das meine Statements hier so ein Gewicht haben, das ist mir, gelinde gesagt ziemlich unangenehm - und da ich mich weder als Spezialisten, noch als Wissenschaftler sehe, ist mir das geradezu peinlich. Und ich werde mich auf Grund dessen erstmal etwas zurück ziehen.


    Über die Jahre habe ich eine ganz nette Sammlung angehäuft - ich höre mitlerweile Dinge heraus, die mir so gar nicht bewusst sind - gerade eben habe ich Händels Samson eingelegt (Harnoncourt) und bin immer noch total vor den Kopf gestoßen, dass die Sängerin Angela Maria Blasi, bei ihrer ersten Arie "Ye men of Gaza" bei den Koloraturen einen Bruch hat (3'13) - haben die Tontechniker das nicht gehört ?! Es ist nichtmal eine Sekunde zu hören, aber lange genug um mich vollkommen aus dem Genuss zu reißen.


    Aber macht mich soetwas zum Spezialisten - granatiert nicht.


    Wie dem auch sei,
    ich versuche zwar auch zu missionieren, aber einfach aus dem Grund, das ich hoffe das andere Menschen genauso viel Freude an dieser vergessenen Musik finden mögen wie ich. Ich selbst entdecke so gerne und hoffe diese Begeisterung einfach übertragen zu können.
    Deshalb sind von mir eigentlich auch nur positive Meinungen zu lesen, weil ich ja begeistern möchte, ich habe kein Interesse daran, etwas schlecht zu machen.
    Aber in extremen Fällen, kann das eben auch mal passieren.


  • Ein letztes hierzu, und dann lassen wir den Cellini tot sein, denn, (und das habe ich nie bestritten, kann ich auch gar nicht, denn dazu kenne ich ihn noch viel zu wenig) die Inszenierung war effekthascherisch, das zumindest ist offensichtlich, und wohl nciht durch den Text belegbar:


    Es ging mir nicht darum, die Inszenierung gut zu reden, ich wollte darstellen, warum es mir Spaß gemacht hatte, ihn anzusehen. Und es hat bei mir immerhin dazu geführt, daß ich mich weiter damit auseinandersetzen werden. Diesen positiven Aspekt, den die Aufführung bei mir hatte, wollte ich nicht mit den "da muß man doch abschalten" oder "da war Fußball auf Kanal xy viel besser" Pauschalargumenten totreden lassen...


    Ich fühlte mich auf keinen Fal vor den Kopf gestossen! Und Deine Zeit will und wollte ich Dir nicht rauben, ich fand es klasse, daß Du auf meine Anmerkungen eingegangen bist!


    Liebe Grüße,


    Matthias

  • Es wurde ja schon richtig gesagt: Es ist ein Unterschied ob jemand schreibt, er finde einen Komponisten uninteressant, langweiltig uninspiriert etc. oder ober er ein absolutes Werturteil abgibt.


    Locatalli-Vivalidi sind hier ein gutes Beispiel.
    Locatelli wird IMO nicht herabgewürdigt, wenn man ihm "Genialität" abspricht, sie Vivaldi hingegen zugesteht.
    Gerade Vivaldi war doch Generationen hindurch gradezu das Synonym für "Vielschreiber" seichter gefälliger Werke. Stravinsky hat sich sogar dazu hinreissen lassen, zu behaupten, Vivaldi habe im Grunde nur ein einziges Werk geschrieben - das aber 400 mal.....


    Diese Urteill ist aus heutiger Sicht nicht nur nicht haltbar sondern ein blühender Unsinn..


    Und damit sind wir schon beim nächsten Punkt von Urteilen:


    Aus welchem Gesichtspunkt - und von wem werden sie abgegeben.


    Im speziellen Fall würde ich den Lullisten nicht als "Barockspezialisten bezeichnen (obwohl er das natürlich ist) sondern als einen Barockspezialisten mit Focus auf FRANZÖSISCHEN Barock. Das ist IMO ein gewaltiger Unterschied, denn die Anhänger der beiden Richtungen konnten einander selten riechen....


    Aber natürlich hat jeder das Recht hier im Forum seine Ablehnungen und Zuneigungen zu artikulieren.


    Ablehnende Urteile sind genauso zulässig wie positive - wenngleich der Urteilende im ersteren Fall mit mehr Gegenwind rechnen muß.


    Selten wird ein Lobender ins Kreuzfeuer der Kritik geraten, in Einzelfällen mag es natürlich vorkommen.


    Alles in allem sollte man jedoch nie aus den Augen (Ohren) verlieren, daß Urteile - auch von Experten (anerkannte oder selbaternannte- das spielt hier keine Rolle) immer nur ein Spiegel der eigenen Persönlichkeit, des Umfeldas und der Zeit sind.,


    Schon Goethe wusste das


    „Was ihr den Geist der Zeiten heißt, das ist im Grund der Herren eigner Geist, in dem die Zeiten sich bespiegeln"


    mfg aus Wien


    Alfred

    Wenn ich schon als Vorbild nicht tauge - lasst mich wenigstens ein schlechtes Beispiel sein !



  • Zitat

    Original von salisburgensis
    Wenn ich die letzten Beiträge zusammenfassen darf, dann wird einem anerkannten Auskenner ein Verriss ohne Begründung in dem Gebiet, in dem er sich auskennt, am eher zugestanden als jemandem, der irgendetwas ablehnt und gleichzeitig zugibt, dass seine Interessen ganz woanders liegen. Also überspitzt formuliert: wenn ich schriebe Purcells Musik sei doof, dann gäbe es vielleicht ein paar Nachfragen. Würde ich aber das gleiche über Wagner schreiben, müßte ich mir wahrscheinlich ein neues Forum suchen. ;)


    Vielleicht kein neues Forum. Aber es ist total nachvollziehbar, dass jemand, der jahrelang hauptsächlich Musik vor 1750 oder auch 1800 hört, mit Wagner erstmal nicht so viel anfangen kann. Andererseits würde man von jemandem mit Deiner Hörerfahrung eigentlich erwarten, dass er das selbst weiß und daher keine Schnellschüsse liefert.
    Deswegen war KSM zu Recht vom Lullisten genervt, weil der sich eigtl. im Barock auskennen sollte. Und "Corelli-Epigone" ist bzgl. der supervirtuosen Soloviolinkonzerte, für die Locatelli hauptsächlich berühmt war, einfach falsch, die sind ganz anders als Corellis klassisch-dezente Concerti grossi, das hör sogar ich als Nicht-Barockspezialist


    Zitat


    Das würde aber auch bedeuten, dass Meinungen von Leuten, die sich mal über ihren Horizont hinaus trauen und ihre Eindrücke wiedergeben, nicht das gleiche Gewicht haben wie Äußerungen der allgemein anerkannten Auskenner.


    Selbstverständlich nicht! Wo wäre das anders? Wenn ich mich zu Elektrotechnik äußerte oder zu Aristoteles, dann tut man sehr gut daran, diesen Äußerungen NICHT gleiches Gewicht beizumessen...
    (ich hatte tatsächlich mal eine Diskussion in einem Musikforum mit jemandem, der darauf bestand, komplexe Zahlen seien keine Zahlen, sondern nur eine Kurzschreibweise für Vektoren... er blieb uneinsichtig, obwohl drei oder mehr Leute auf ihn einredeten :wacky: :hahahaha: )


    Das ist ja gerade ein heute so aktuelles Problem. Die Rezeptionshaltung der Popmusik, wo innerhalb von wenigen Sekunden von jedem, egal wie musikalisch entschieden werden soll, ob es gefällt, wird als "natürliche" genommen. Und weil diesbezüglich angeblich alle Hörer gleichberechtigt sind, kann jeder überall mitreden.


    Wenn es wirklich so ist, wie ich oben aus eigener Erfahrung berichtet, dass man erst gewisse Mustererkennungen auf einer sehr fundamentalen Ebene "lernen" muß, um Klänge als sinnvoll organisiert und ausdrucksvoll wahrzunehmen, dann ist doch klar, dass derjenige, der irgendwo nur Klangwolken hört, fast so urteilt, wie ein der chines. Sprache unkundiger über ein chinesisches Gedicht. Wer zum ersten Mal eine Seite von Hegel liest und das bestenfalls für unverständlich, schlimmstenfalls für Unsinn hält (eine ziemlich naheliegende Reaktion - im Ernst!), muß zugleich wissen, dass das nicht das abschließende Urteil sein kann. Bevor man einen Text zerreißt, muß man ihm die Chance geben, irgendwie sinnvoll verstanden zu werden. Ebenso mit der Musik, die als chaotischer Klangmatsch (oder was immer) erscheint.


    Zitat


    Ganz wesentlich scheint mir auch folgender Satz von Matthias zu sein:


    Sich nicht abfällig über etwas zu äußern, hat letztendlich auch etwas mit dem Respekt gegenüber Anderen und deren musikalischen Geschmack zu tun.


    d'accord!
    Das ist allerdings eher eine Frage des Stils und der Höflichkeit, weniger des Inhalts (und: Vorsicht Kampfmimosen! :D)


    :hello:


    JR

    Struck by the sounds before the sun,
    I knew the night had gone.
    The morning breeze like a bugle blew
    Against the drums of dawn.
    (Bob Dylan)

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  • Zitat

    Original von der Lullist
    Ich werde mich aber in Zukunft wesentlich gewissenhafter äußern, damit sowas nicht wieder ins Pauschale abtrifftet.


    [...]


    Ich war und bin mir nicht bewusst das meine Statements hier so ein Gewicht haben, das ist mir, gelinde gesagt ziemlich unangenehm - und da ich mich weder als Spezialisten, noch als Wissenschaftler sehe, ist mir das geradezu peinlich. Und ich werde mich auf Grund dessen erstmal etwas zurück ziehen.


    Bitte nicht (das Zurückziehen!)!


    Gruß,


    Matthias

  • Gehen wir mal vom "aktuellen Anlass" weg - der übrigens IMO gar kein Anlass ifür irgend jemand sein sollte "sich zurückzuziehen" - Und es braucht einem auch nicht peinlich zu sein, wenn man in gewissen Fällen mit seiner Meinung ziemlich einsam ist.


    Und es gehr hier um MEINUNGEN


    Schon allein die Frage ob Bach auf einem modernen Flügel gespielt werden dar oder nicht wird gewisse Gemüter erhitzen.
    Oder ob Karl Böhm der Mozartpapst schlechthin ist
    Ob Karajan - wie noch vor 30 Jahren (fast) widerspruchslos behauptet wurde, der "Grösste Dirigent des 20. Jahrhunderts " war
    Ob Bruckners 9 unvollendet oder mit Schlußsatz gespielt werden soll..
    Ob Rattle ein würdiger Chef der Berliner Philharmoniker ist
    über Operninszenierungen rede ich erst gar nicht....


    Alle zu diesen Themen vertretenen Meinungen finden sich in den verschiedensten Lagern des Forums - wobei es extreme Standpunkte gibt - oft völlig unabhäng vom "fachlichen Wissensstand" des einzelnen bilden sich oft eigenartige Allianzen.


    Die Urteile sagen in der Regel mehr über den Geschmack des Kritikers aus, als über das Werk oder die Interpretation......bzw inwieweit sein Geschmack mit dem des Interpreten bzw Komponisten kompatibel ist.


    mfg aus Wien


    Alfred

    Wenn ich schon als Vorbild nicht tauge - lasst mich wenigstens ein schlechtes Beispiel sein !



  • Interessant für mich: Locatelli ist für mich eine terra incognita, den Namen des Komponisten habe ich in der Vergangenheit nie gehört, ich habe keine Ahnung, wer das ist. Aber: ich bin aufgrund der Beiträge hier zu der Überzeugung gelangt, dass ich das ändern sollte!


    Zitat Lullist


    Zitat

    gerade eben habe ich Händels Samson eingelegt (Harnoncourt) und bin immer noch total vor den Kopf gestoßen, dass die Sängerin Angela Maria Blasi, bei ihrer ersten Arie "Ye men of Gaza" bei den Koloraturen einen Bruch hat (3'13) - haben die Tontechniker das nicht gehört ?! Es ist nichtmal eine Sekunde zu hören, aber lange genug um mich vollkommen aus dem Genuss zu reißen.


    Es ist eine Live-Aufnahme und es ist offensichtlich nicht nachgearbeitet worden...


    Zitat

    Gerade in dem Thread über die Inszenierungsmethoden beteilige ich mich nicht, weil es für mich keinen Sinn macht. Denn ich finde es sollte in gleichem Maße alle Möglichkeiten der Inszenierung angeboten werden und nichts im Vorfeld als Mist abgestempelt werden.


    Auch kein Jupiter, der "als Penner über die Bühne taumelt" oder eine Schar Punker in "Indes galantes"?


    Das ist überhaupt nicht böse gemeint, aber ich bin etwas verwundert, weil ich glaube, Gegenbeispiele von Dir gelesen zu haben.


    Wo ich mich gerne anschliesse (nehmen wir das Beispiel zeitgenössische Musik): wenn jemand mit einer bestimmten Form von Musik nix anfangen kann, dann sollte er lieber gar nix sagen, als ein diffarmierendes Wort ohne Begründung einzuwerfen oder unseren kleinen Speierling zu posten.

  • Zitat

    Original von Alviano


    Wo ich mich gerne anschliesse (nehmen wir das Beispiel zeitgenössische Musik): wenn jemand mit einer bestimmten Form von Musik nix anfangen kann, dann sollte er lieber gar nix sagen, als ein diffarmierendes Wort ohne Begründung einzuwerfen oder unseren kleinen Speierling zu posten.


    Absolut Deiner Meinung, lieber Alviano. Auch Alfreds Darstellung schließe ich mich vorbehaltlos an.


    Ich mag mich meiner musikalischen Vorlieben wegen ungern examinieren lassen. Sie sind nun einmal so. Ich stelle sie aber auch stets zur Diskussion. Das ist der Sinn eines Forums wie diesem.


    Wenn man nun diskutieren will über Locatelli oder Quantz, nun, das kennt man auch in anderen Zusammenhängen: Bist Du BVB oder Schalke? Oder: bist Du Beatles oder Rolling Stones? Was nun die heute Jugendlichen umtreibt weiß ich nicht.


    Wenn ich durch die Diskussionen hier meine eigene Auffassung zu einzelnen Werken oder Komponisten überprüfe und entweder bestätige oder verwerfe, dann ist eine ganze Menge erreicht.


    Übrigens, auch für mich gilt: den Locatelli werde ich mal wieder auf den Plattenteller legen. Soviel zur Wirkung von Tamino!


    Liebe Grüße vom Thomas :hello:

    Früher ist gottseidank lange vorbei. (TP)
    Wenn ihr werden wollt wie eure Väter waren werdet ihr so wie eure Väter niemals waren.

  • Zitat

    Auch kein Jupiter, der "als Penner über die Bühne taumelt" oder eine Schar Punker in "Indes galantes"?


    Ja ich bin auch kein Freund des Regietheaters, aber ich bin mitlerweile zu der Erkenntnis gelangt, dass es wohl sehr viele Menschen gibt, die das gerne sehen möchten - und deshalb muss es das auch geben.
    Ich lasse jedem seine Freude.
    Ich suche mir Inszenierungen aus, die eben mehr meinen Erwartungen entsprechen.
    Aber ich könnte aus beiden Lagern genügend aufzählen was einfach Mist war - im Grunde fährt man am Besten mit konzertanten Aufführungen :D
    Wirklich historisierende Aufführungen gibt es ja noch nicht, und dieser Kostümklamauk ist genau so furchtbar.



    Zitat

    Deswegen war KSM zu Recht vom Lullisten genervt, weil der sich eigtl. im Barock auskennen sollte. Und "Corelli-Epigone" ist bzgl. der supervirtuosen Soloviolinkonzerte, für die Locatelli hauptsächlich berühmt war, einfach falsch, die sind ganz anders als Corellis klassisch-dezente Concerti grossi, das hör sogar ich als Nicht-Barockspezialist


    Siehst Du, das ist, glaube ich, der Grund, an dem wir aneinander vorbeigeredet haben. Opus 3 - die SOLO Violinkonzerte sollen ja eine Erruption der Virtuosität sein - so waren sie gedacht, nur habe ich mich auf die Concerti Grossi Op.1 / Op. 4 / Op. 7 bezogen - und die sind vom Stil Corellis kaum zu unterscheiden.
    Im Normalfall müsste das auch jeder hören.
    Das habe ich im Eifer des Gefechts ganz unterschlagen, dass ich mich nur auf diese Concerti beziehe. Weiter oben habe ich das ja schon angesprochen.


    Ob Corellis Concerti "Klassisch dezent" sind liegt wohl immer an der Aufführung, er war ebenfalls Violinvirtuose. Klassisch sind sie in jedem Fall, aber als dezent habe ich sie nie empfunden.


    :hello:

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