Bruckner 9 im Allgemeinen und Bernsteins Aufnahme im Besonderen

  • Hallo


    Ich würde Euch gerne ein paar Aussagen zu Bruckners Neunter entlocken und zwar in Bezug auf Bernsteins Aufnahme (Wien, DGG, 1990). Lennies Aufnahme könnt Ihr dann mit Eueren Lieblingsaufnahmen vergleichen. (Oder mit Bernsteins New Yorker Aufnahme, die mir unbekannt ist)
    Bei amazon.de gibt es für diese Aufnahme 2 mal 5 Sterne, während in der "Kritik" die Aufnehme als "gescheitert auf hohem Nieveau" gillt (oder die Kritiken noch viel schlechter ausfallen). Was ist es, das die Aufnahme hat scheitern lassen? Oder ist sie am ende doch eine hervorragende Annäherung an Bruckner? Ich persönlich finde diese Aufnahme sehr intensiv und schön musiziert, der erste Satz geht in Richtung Mahlers Neunter (wo er durchaus hingehört) das Scherzo tut nicht viel zur Sache und im Schlusssatz kann ich auch kein "Scheitern" heraushören. Noch eine Bemerkung: Diese Aufnahme entstand im letzten Lebensjahr Bernsteins, in dem er seine Phase, alles hyper-extrem langsam zu dirigieren schon wieder überwunden hatte. (Beispiele für die extrem langsame Phase: sein Sibelius, Tschaikowski Nr. 6 und der ein oder andere Mahler)
    Also, ich bin gespannt auf Euere Statements zu Bernsteins Bruckner.
    Gruß aus Frankfurt


  • Ich war damals, am 1.3.1990, im Großen Musikvereinssaal (am Stehplatz). Es sollte Leonard Bernsteins letztes Konzert mit den Wiener Philharmonikern sein (was natürlich niemand ahnen konnte). Ich empfand die Wiedergabe - großer Verehrer von Bernstein und dem Orchester - als sehr anstrengend zum Zuhören. Diese Interpretation erschien mir hart erkämpft. Es war irgendwie wie "Bernstein und die Philharmoniker auf der Suche", eine allerdings ungemein spannende Suche voller herrlicher, auch niederschmetternder Entdeckungen, speziell im letzten Satz. Nie werde ich vergessen, wie gebannt wir alle an dieser Suche teilnahmen.Die CD dokumentiert dieses Konzerterlebnis und hebt den Orchesterklang wunderschön heraus.
    Herbert von Karajan hat Bruckners "Neunte" mit dem "Te deum" (auf Do-LP) gekoppelt und somit die Wirkung von Beethovens "Neunter" oder Mahlers "Zweiter" provoziert. Wer´s effektvoll liebt, kommt da sicher auf seine Kosten.
    Nikolaus Harnoncourt konfrontierte das Publikum - zuerst mit den Wiener Symphonikern, dann mit den Philharmonikern - mit auch disharmonischen Entwürfen zum geplanten Finalsatz. So wie er das brachte, war es auch ungemein spannend für mich.
    Akribische Interpretationsvergleiche auch des technischen Standards möchte ich keine anstellen.

    Freundlicher Gruß
    Alexander

  • Hallo Alexander,


    ich bin bekennender Bernstein-Fan und schätze seine Interpretationen, aber Bernstein war nie ein Bruckner-Dirigent.
    Mein erstes Bernstein-Bruckner-Erlebnis war um 1980. Zu dieser zeit kaufte ich gerne die CBS-LP´s aus der 61....tausender Serie für 10,-DM; da waren Dirigenten wie Szell, Ormandy, Walter und auch Bernstein dabei, die immer voll zufriedenstellend waren. Mit einer Ausnahme:
    Bruckner: Sinfonie Nr.9 L.Bernstein/NewYorker PH.
    Zu der Zeit hatte ich die Jochum-Gesamtaufnahme der Bruckner - Sinfonien, aber was Bernstein da brachte war kein Bruckner und zudem mit einem Schuß langeweile behaftet - eigendlich ungewöhnlich für Vernstein.
    ?( Diese Bruckner - Bernstein - LP habe ich dann später nochmal versucht und später eliminiert.


    Die neuere Aufnahme aus Wien kenne ich jedoch nicht und hatte auch nie das Bedüftnis diese kennen zu lernen (wegen des Schocks von damals).
    Ich bin jetzt mal auf weitere Beiträge gespannt, was andere Forumsmirglieder zu der DG-Bruckner-Bernstein-Aufnahme sagen, wenn
    sie diese kennen !?!

    Gruß aus Bonn, Wolfgang

  • Zitat

    Original von ThomasBernhard
    Noch eine Bemerkung: Diese Aufnahme entstand im letzten Lebensjahr Bernsteins, in dem er seine Phase, alles hyper-extrem langsam zu dirigieren schon wieder überwunden hatte. (Beispiele für die extrem langsame Phase: sein Sibelius, Tschaikowski Nr. 6 und der ein oder andere Mahler)


    Da ich Bernsteins Aufnahme nicht kenne, wäre ich für Zeitangaben dankbar.


    Schnelle oder langsame Tempi müssen grundsätzlich kein "Qualitätsmerkmal" sein. Carl Schuricht spielte die Sinfonie in 25'30, 10'25 und 20'15 (also in 56'10), Carlo Maria Giulini benötigte 28'02, 10'39 und 29'30 (also 68'11), und beide lieferten hoch spannende Interpretationen mit den Wiener Philharmonikern ab.

    Grüße aus der Nähe von Hamburg


    Norbert


    Das Beste in der Musik steht nicht in den Noten.

    Gustav Mahler


  • Hallo Norbert


    Auch für mich sind Zeitangaben nicht im geringsten ein Qualitätsmerkmal. Man muß bei Zeitangaben freilich auch aufpassen, ob der eine Interpret wiederholen lässt und der andere nicht (was bei Bruckner 9 allerdings kein thema ist)


    Also: Bruckner 9, Bernstein, Wiener Philharmoniker, DGG


    erster Satz: 26:58
    zweiter Satz: 12:14
    dritter Satz: 26:56


    Um Lennies Langsamkeitsorgie der späten jahre zu dokumentieren werde ich jetzt die Zeiten von Tschaikowskis fünfter und sechster aufführen. Erste Zahl: die Zeit der späten DGG-Aufnahme, zweite Zahl: die zeit der Sony-Aufnahme, als Lennie noch jünger war.


    Tschaikowski Nr. 5:


    1: 16:24 - 14:36
    2: 16:29 - 14:14
    3: 6:20 - 6:09
    4: 13:27 - 12:31


    Tschaikowski Nr. 6


    1: 22:35 - 18:44
    2: 8:32 - 7:05
    3: 9:54 - 8:51
    4: 17:14 - 11:38


    Das sind schon teilweise bemerkenswerte Unterschiede. Ich habe zwar nicht im Einzelfall geprüft, ob die Verwendung der Wiederholungen übereinstimmen, bin mir da aber ziemlich sicher, daß dem so ist. Und das war jetzt nur Bernstein (alt) mit Bernstein (jung) verglichen, macht mal den Vergleich mit Toscanini oder Mravinski....


    Gruß, Markus aus FfM

  • Die Bruckner-Aufnahmen mit Bernstein kenne ich nicht. Ich würde erstmals vorschlagen, seine langsameren Tempi mit den späteren Aufnahmen der anderen Dirigenten zu vergleichen, z.B. bei Toscanini und Celibidache gibt es den vergleichbaren Trend.


    Gruß

  • Ich konnte mich nie des Eindrucks erwehren, daß Bernsteins später Brahms und Bruckner, damit meine ich die Wiener Aufnahmen, die größtenteils (wenn nicht gar alle) Konzertmitschnitte sind, dem "Wiener Geschmack" angepasst war, denn soweit ich mich erinnern konnte, waren sie hier viel bejubelt. Auch Jochum zelebrierte ja Bruckner geradezu, was aber zu seinen Lebzeiten offenbar niemanden gestört hat, im Gegenteil, ich erinnere mich an ein Konzert, wo man ihn anschließend mit Standing Ovations gefeiert hat.
    Ich glaube auch, daß etliche von den späten Bernstein Aufnahmen enttäuscht sind, die den "jungen" Bernstein in Erinnerung haben, jung war er aber zu jenem Zeitpunkt nicht mehr, auch vom Interpretationsansatz nicht.


    Zur den Kritiken: Man wird immer einen Kritiker finden der etwas als besonders gut oder als besonders schlecht rezensiert, man muß nur lange genug suchen.


    Richard Osborn schrieb eine lange Kritik für "Gramophone" über die 9. Bruckner unter Bernstein mir den Wiener Philharmonikern. Hier ein kleiner auszug in freier Übersetzung:


    Zitat

    "Es ist, alles in allem, ein Triumph für die Wiener Philharmoniker: Ihre zweite bemerkenswerte Liveaufnahme von Bruckners Neunter in so vielen Monaten. Die erste, Teil der 12 CD umfassenden Wiener Philharmoniker Jubiläums-Edition war ein Livmitschnitt von den Salzburger Festspielen 1976 unter Herbert von Karajan (veröffentlicht 2/92)


    Unter Beachtung meiner Einwände, zu Bernsteins Zugang zum ersten Satz, es es offensichtlich keine Empfehlung als "Vorderste Front-Einspielung". Aber Bernstein wäre nicht Bernstein, könnte er nicht Teile des ersten Satzes fehldeuten und trotzdem mit einer äusserst bemerkenswerten Interpretation fortfahren.
    Wie schon Schumann über Chopin in einem anderen Zusammenhang sagte:
    Hut ab, meine Herrn, hier ist ein Genie !"


    Beste Grüße aus Wien


    Alfred

    Wenn ich schon als Vorbild nicht tauge - lasst mich wenigstens ein schlechtes Beispiel sein !



  • Hallo Peet


    Langsame Tempi sind hier eigentlich kein Thema, denn ich schrieb ja, daß Bernstein seine langsame Phase bereits beendet hatte, als er Bruckners neunte für DGG in Wien dirigierte. Auch sein letztes Konzert in Tanglewood mit Beethovens siebter hat "normale" Tempi.


    Ansonsten besagen Zeitangaben nicht viel, hören schafft den wahren Eindruck. Hör dir mal den zweiten Satz von Tschaikowskis fünfter an (DGG; New York Phil, 1990): Diese herrliche Musik schreitet so langsam wie bei keinem anderen dahin. und es ist umwerfend schön. Wenn Mravinski oder jemand anders es viel schneller dirigiert, kann natürlich eine ebenso wunderschöne Aufnahme dabei herauskommen, sie ist dann halt schneller und hat einen etwas anderen Charakter.


    Zurück zum eigentlichen Thema: Die Interpretation Bernsteins wurde ja nicht wegen des Tempos gerügt. Schaut mal in die Kritik auf http://www.gramophone.co.uk (suchbegriff composer: bruckner, conductor: bernstein im reviews, search gramofile (oder so)) (schnelle und kostenlose anmeldung erforderlich

  • EuroArts hat das ganze jetzt auch auf DVD geb(r)annt:



  • Banner Trailer 2 Gelbe Rose
  • hallo,


    ich finde bernsteins dg-aufnahme eine grandiose, zutiefst bekenntnishafte, erschütternde, n-bann-schlagende interpretation, die evtl. nur durch EINE aufnahme getoppt werden KÖNNTE: die von giulini (hier sind die ausbrüche im 3. satz noch verzweifelter, treffen noch mehr ins mark) ... zwei großartige interpretationen ..


    jedoch beider (kleiner) 'nachteil': das scherzo, das ich niemals so brutal, pauken-und blechbläserbrutal, stampfend, zermalmend gehört habe wie in einer live-aufnahme von barenboim ... seitdem habe ich es nie vergessen: SO MUSS es gespielt werden. das war wohl auch absicht bruckners: die brutalität des neuen heraufziehenden maschinenzeitalters zu schildern, das alles menschliche zu vernichten droht ...


    für mich gehört die 9. zu den allergrößten werken der menschheit :jubel: :jubel: :jubel:

    --- alles ein traum? ---


    klingsor

  • Vergleicht man die frühe New Yorker Aufnahme mit der späteren Wiener, zeigt sich allerdings, daß Bernstein von seiner "Mahlerisierenden" Bruckner-Sicht (die sich auch noch in dem New Yorker Live-Mitschnitt der Sechsten unter seiner Leitung hören läßt), hier ziemlich abgekommen ist. Andrerseits denke ich, die Wiener Philharmoniker haben eine derart eigenständige Auffassung des Werkes, daß Bernstein sie über weite Strecken einfach hat spielen lassen. Vergleicht man Aufführungen verschiedener Dirigenten mit dem gleichen Orchester, kristallisiert sich viel Gemeinsames heraus, sodaß man den "interpretatorischen Eigenanteil" der jeweiligen Maestri ganz gut einschätzen kann. Schade finde ich nur, daß etliche der eingeschliffenen Bräuche auf die Veränderungen des Erstdrucks von Ferdinand Löwe zurückgehen, z. B. der zögerliche Adagio-Anfang und die Tempowechsel beim zweiten Thema im Trio ... Harnoncourt hatte bei seinen Proben zur Fünften größte Mühe, solche alten Gewohnheiten mit dem Besen auszukehren. In der Neunten war es ihm nur partiell gelungen...

  • Hallo Klinsor und Ben,


    Eure Beiträge zeigen, das Bernstein´s neue Aufnahme der Sinfonie Nr.9 mit den Wiener PH auf DG grundlegend anders sein muß, als seine alte mahlerisierende mit den NewYorker PH bei CBS, die bei mir damals zu einem höchst verwunderten "Bruckner-Schock" geführt hat (wie ich bereits 02/2005 schrieb).
    Ich hatte mich daher später nicht mehr für die DG-Aufnahme interessiert.


    Ein Fehler ?
    Laut Klingsor muß dies eine große Bruckner-Aufnahme sein !


    Dies kann ich andererseits nachvollziehen, denn ich schätze viele der späten Bernstein-DG-Aufnahmen wegen ihrer ausufernden Größe (Tschaikowsky, Bernsteins Komponistenkollegen im DG-Album The Americans, Sibelius (Nr.2), Beethoven-Sinfonien, Brahms-Sinfonien, Schumann-Sinfonien).

    Gruß aus Bonn, Wolfgang


  • Anton Bruckner (1824–1896)
    Symphonie Nr. 9
    Wiener Philharmoniker
    Leonard Bernstein
    1990


    Bruckner und Bernstein? Geht nicht? Von wegen!


    I. 26'58 (Jochum 1964: 23'12; Karajan 1975: 24'42)
    II. 12'14 (Jochum 1964: 9'44; Karajan 1975: 10'34)
    III. 26'56 (Jochum 1964: 27'40; Karajan 1975: 25'46)
    Gesamt 66'08 (Jochum 1964: 60'47; Karajan 1975: 61'02)


    Eine sehr emotionale, ja erschütternde Live-Aufnahme aus dem Wiener Musikverein. Das im Tempo zurückgenommene Scherzo ist besonders markergreifend und brutal. Besser habe ich es noch nie gehört. Tolle Pauken! :jubel:


    Wie man sieht, ist Bernstein um einiges langsamer als Jochum (außer im 3. Satz) und Karajan. Aber die Tempi wirken nie überzogen gedehnt. Es ist eben später Bernstein.


    Insgesamt betrachtet eine TOP-Aufnahme. Mit mein Favorit ab heute.

    »Und besser ist's: verdienen und nicht haben,

    Als zu besitzen unverdiente Gaben.«

    – Luís de Camões

  • Hallo, liebe Bernstein-Freunde,


    bevor ich mich genauer zu Bernsteins 9. Bruckner äußere, werde ich sie heute nacht noch einmal hören und dann morgen etwas dazu schreiben.
    Um nur generell etwas zu Bernsteins Tempo in dieser Sinfonie zu sagen, muss man auch berücksichtigen, dass er gegen Ende seines Lebens an einem Lungenemphysem litt, das er sich wohl durch seine Nikotinsucht zugezogen hat und das die Kondition, die man für das Dirigieren von Bruckner- und Mahlersinfonien braucht, doch mächtig einschränkt. Diese Lungenerkrankung steht ja auch in dem Ruf, auf das Herz überzugreifen, weshalb letztendlich verständlich ist, dass Bernstein an den Folgen eines Herzinfarkts verstarb.
    Als ich das erste Mal diese Aufnahme Bernsteins der 9. Sinfonie hörte, dachte ich nur: warum um alles in der Welt hat er nicht alle Bruckner-Sinfonien aufgenommen? Nun er hat sich nunmal stärker zur symphonischen Welt Mahlers hingezogen gefühlt, was ja auch nicht gerade unser Schaden war.
    Bei Wand war es umgekehrt, er hat noch nicht einmal eine Mahler-Aufnahme hinterlassen, er sagte mal, er finde zur Musik Mahlers keinen Zugang.
    Aber ich will nicht abeschweifen. Später mehr.


    Liebe Grüße


    Willi

    1. "Das Notwendigste, das Härteste und die Hauptsache in der Musik ist das Tempo". (Wolfgang Amadeus Mozart).
    2. "Es gibt nur ein Tempo, und das ist das richtige". (Wilhelm Furtwängler).

  • Liebe Bruckner-Freunde und Swjatoslaw,


    dieser Thread und meine Beiträge zeigt mir heute, wie skeptisch ich bisher zu Bernsteins DG-Aufnahme der Sinfonie Nr.9 gewesen bin. Trotz mehrerer Empfehlungen habe ich wegen der alten CBS-Platte nie mehr daran geglaubt.


    :angel: Durch Swjatoslaw erneuten dankenswerten Zuspruch (er bezeichnet sie berechtigt als Hammeraufnahme) im Bruckner-GA-Thread, habe ich mir nun diesen DG-Live-Mitschnitt aus Wien vom Febuar 1990 gegönnt.


    Als DG-CD ist sie bei amazon sehr teuer; wie jetzt auch wieder, sodass ich die DVD kaufen wollte … man muss öfter bei amazon nachsehen, dann sind manchmal für ein paar Tage von Anbietern auch schon mal preiswert dabei. So hatte ich das Glück die CD für 8Euro mit Versand zu bekommen (die Lieferung aus England dauerte fast 14 Tage).


    Vorab möchte ich Swjatoslaw, Joseph zustimmen, das Bernstein nun zu Bruckner gefunden hat und eine phänomenale Aufnahme hingelegt hat, die ich nunmehr nicht mehr missen möchte. Man ist bereits von den ersten Takten an gefangen – fantastisch !


    Schon die jpc-Höeschnipsel liefern ein ganz gutes Bild in welch packende Richtung das Unternehmen geht (allerdings finde ich den auf mich unmoderrn wirkenden Wiener Sophiensaal optisch nicht so prickelnd, weshalb ich nun nicht bedauere doch die CD und nicht die DVD gekauft zu haben).


    :!: Allerdings habe ich persönliche Einschränkungen zu machen, die ganz einfach aus den gewohnten und geschätzten Aufnahmen unter Solti und Karajan her rühren. Aber Vorsicht - Worte sagen wieder mehr als nötig:


    Swjatoslaw hebt die seht gute Klangtechnik der DG-Aufnahme hervor. Sie ist gewiss sehr gut und bestens durchhörbar. Die Klangbalance ist aber sehr neutral und natürlich.
    Es ist ja bekannt, dass ich bei langsamen Tempi sehr empfindlich bin. Im 1.Satz 26:58 und besonders 2.Satz wirken daher die ausgewalzten Zeiten nicht immer so angemessen, wie ich es mir wünsche. Bernsteins Emphase, an der Hans (s.bummer) immer gerne Anstoss nimmt, gleicht dieses Manko aber gut aus. Ich gehöre zu denen, die gerade das bei Bernstein sehr schätzen.


    Joseph unterstreicht den tollen Paukenklang. Gut, er ist gut hörbar da, aber im 2.Satz 12:14 sind mir auch die ruhigeren mf-Paukenstellen zu leise in den Orchesterklang integriert und die Blechbläser haben nicht die Härte und Power. Man vergleiche Solti (Decca) wie rhythmisch packend er die Pauken klingen lässt und wie beeindruckend die Blechbläser einem dort den Schauer den Rücken runter jagen - in 10 statt 12Min, dann wirkt dort auch der Trio-Mittelteil eingebunden und nicht wie dazwischen geschoben.
    Mrawinsky im gleichen Zeitrahmen genauso umwerfend wie Solti, aber leider verwischt der Paukenklang bei ihm sehr. Ja, auch Karajan (DG) geht in die Gleiche von mir favorisierte Richtung.


    Der 3.Satz mit Bernstein ist ohne jede Kritik für mich einfach das Beste was für diese Bruckner 9 in seiner Größe möglich ist. Es ist vielleicht auch bezeichnend, dass ich hier alles stimmig finde, weil Solti den Satz exakt in der gleichen Zeit mit genau 26:56 beschliesst.



    DG, 1990, DDD


    :angel: Ein wunderbarer Abschluss für Leonard Bernstein in einem seiner letzten Konzerte.




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    Ich mache jetzt einen Trennstrich, da ich eine Aufnahme für die ersten 3 Sätze benennen möchte die das Werk mit 29:00-13:21-27:56 derart zerdehnt, dass es für mich im Gegensatz zu allen o.g. beinahe unerträglich wird:
    Die bei Tamino vielbesprochene mit Marthe (Preiser Records), die noch einen von Marthe komponierten den 4.Satz Reloaded anhängt. Diese Bruckner-Fantasie 30:14 ist allerdings ein tolles Stück Musik, das ich separat und weniger im Zusammenhang mit der Sinfonie Nr.9 sehen möchte …

    Gruß aus Bonn, Wolfgang

  • Durch Swjatoslaw erneuten dankenswerten Zuspruch (er bezeichnet sie berechtigt als Hammeraufnahme) im Bruckner-GA-Thread, habe ich mir nun diesen DG-Live-Mitschnitt aus Wien vom Febuar 1990 gegönnt. (...) Vorab möchte ich Swjatoslaw, Joseph zustimmen, das Bernstein nun zu Bruckner gefunden hat und eine phänomenale Aufnahme hingelegt hat, die ich nunmehr nicht mehr missen möchte. Man ist bereits von den ersten Takten an gefangen – fantastisch !


    Das freut mich sehr, lieber Wolfgang, dass Dir diese Aufnahme gefällt! Es hat irgendwie immer etwas von "Eulen nach Athen tragen", wenn ich einem ausgewiesenen Bernstein-Kenner wie Dir eine Bernstein-CD empfehle. Aber in diesem Fall habe ich es gewagt und freue mich, dass Du meine Begeisterung für Bernsteins Bruckner (wenn auch mit ganz kleinen Einschränkungen) teilst.

  • (allerdings finde ich den auf mich unmoderrn wirkenden Wiener Sophiensaal optisch nicht so prickelnd, weshalb ich nun nicht bedauere doch die CD und nicht die DVD gekauft zu haben).


    Das ist der goldene Saal im Wiener Musikverein (oder auch einfach nur "der Musikverein"). Die Sophiensäle wurden ausschließlich für Schallplattenaufnahmen verwendet.


    (Und der Musikverein ist auch schon etwas zu alt, um noch "modern" wirken zu können. ;) )


    :hello:

    Ciao


    Von Herzen - Möge es wieder - Zu Herzen gehn!


  • Ich habe noch mal mein Posting vom 18. März gelesen und darin ein weiteres Posting für den 19. März angekündigt, welches ich leider vergessen habe. Aber alles, was ich nach neuerlichem Anhören der Bernstein-Aufnahme hätte sagen wollen. haben meine Herren Nachredner schon gesagt, und so bleibt mir noch mal festzustellen:
    Meine drei Favoriten der 9. Bruckner sind
    -Günter Wand,
    -Jewgeny Mrawinski und
    -Leonard Bernstein.


    Liebe Grüße


    Willi ^^

    1. "Das Notwendigste, das Härteste und die Hauptsache in der Musik ist das Tempo". (Wolfgang Amadeus Mozart).
    2. "Es gibt nur ein Tempo, und das ist das richtige". (Wilhelm Furtwängler).

  • Auch ich war einer derjenigen, der, abgeschreckt durch die frühere Aufnahme mit den New Yorker Philharmonikern, lange einen großen Bogen um Bernsteins späte Einspielung mit den Wiener Philharmonikern machte.


    Spät wurde der Fehler behoben, aber immerhin, er wurde behoben ;) .


    Man darf natürlich keine "objektive Auseinandersetzung" des späten Bernstein mit Bruckners unvollendetem Werk erwarten; Temporelationen werden immer wieder verschoben, das Tempo wird gerne einmal verbreitert; man kann nur mit viel Optimismus behaupten wollen, das Scherzo sei "lebhaft" vorgetragen, aber es spielt letztendlich keine Rolle, denn anders als bei vielen Werken Mahlers, Sibelius', anders als beim Largo aus Dvoraks 9. Sinfonie und beim Final-Adagio lamentoso von Tschaikowskys 6. Sinfonie gleitet Bernstein nicht ins sentimental-larmoyante ab, sondern bündelt die Energien seiner Gefühlswelt, seines "Glaubenbekenntnis'", in eine spannende, packende, stellenweise erschütternde Deutung dieser wunderbaren Sinfonie. Eine Deutung, die "nichts für alle Tage" ist, sondern die bemerkenswert verdeutlicht, wie vielschichtig Bruckners 9. Sinfonie gedeutet werden kann - betont sachlich, "harsch" wie z.B. Carl Schuricht mit den Wiener Philharmonikern oder emotional-ergreifend wie Leonard Bernstein mit dem gleichen Orchester.

    Grüße aus der Nähe von Hamburg


    Norbert


    Das Beste in der Musik steht nicht in den Noten.

    Gustav Mahler


  • Tamino Beethoven_Moedling Banner
  • Zitat

    Norbert: Man darf natürlich keine "objektive Auseinandersetzung" des späten Bernstein mit Bruckners unvollendetem Werk erwarten;

    In der Tat, lieber Norbert, in der Tat. Aber bei welchem Dirigenten darf man überhaupt eine objektive Auseinandersetzung mit einem Werk erwarten?
    Ich behaupte, dass jeder Dirigent, jeder Musiker überhaupt, "subjektiv" an die Interpretation herangeht. Sonst würden alle Interpretationen mehr oder weniger gleich klingen. Natürlich hat jeder Interpret bei Tempo- und Dynamik-Vorschriften einen geringen Spielraum, manche dehnen diesen Spielraum auch etwas aus, aber wenn sie die Relationen einhalten, was man ja auch ausrechnen kann, und wenn sie in gleicher Weise die Wiederholungsvorschriften beachten, dann liefern auch die, die weit über oder unter dem Durchschnitt liegen, eine schlüssige Interpretation ab.
    Was nun aber die Interpretation Leonard Bernsteins, übrigens seiner einzigen mit den Berliner Philharmonikern, betrifft, so fällt in der Tat auf, dass sein Scherzo gegenüber dem Kopfsatz und dem Finale langsamer ausfällt als die Interpretationen von zwei anderen "Großen" der Neunten.
    Als Vergleich habe ich hier mal die Einspielungen von zwei maßstäblichen Dirigenten von Bruckners Neunter, Günter Wand (Berliner PH. 1998 ) und Carlo Maria Giulini (Wienr PH 1988 ), herangezogen, und es fällt in der Tat auf, dass sich Bernstein für das Scherzo wesentlich mehr Zeit lässt als die anderen beiden. Was jedoch die Gesamtspielzeit betrifft, so ist Wand mit 61:59 Minuten eindeutig der Schnellste, Bernstein folgt mit 66:08 vor Giulini, der 68:30 braucht.
    Viel interessanter ist jedoch der Vergleich der Temporelationen, die ich mal in Prozent von der Gesamtspieldauer ausgerechnet habe:


    Bernstein:
    1. Satz: 40,9 %;
    2. Satz: 18,5 %;
    3. Satz: 40,6 %;


    Giulini:
    1. Satz: 41,9 %;
    2. Satz: 15,6 %;
    3. Satz: 43,5 %;


    Wand:
    1. Satz: 42,3 %;
    2. Satz: 17,1 %;
    3. Satz: 40,6 %;


    Hier fällt auf, dass Bernstein den ersten Satz am schnellsten musiziert und Wand am langsamsten, Giulini ist da nahe bei Wand. Den zweiten Satz musiziert Giulini am schnellsten, Wand liegt in der Mitte, und Bernstein sit, wie gesagt, am langsamsten.
    Im Finale sind Wand un d Bernstein auf die Sekunde genau gleich, und Giulini ist weit dahinter.


    "Was lernt uns dies"?


    Wand hat offenbar die stimmigsten Temporelationen, ist aber im Scherzo näher an Bernstein als an Giulini, Bernstein betont in seiner Tempogestaltung am stärksten das Scherzo, Wand den Kopfsatz und Giulini das Finale.


    Also, was ist hier objektiv?


    Eins ist sicher:


    alle drei sind großartige Aufnahmen.


    Liebe Grüße


    Willi :thumbsup:

    1. "Das Notwendigste, das Härteste und die Hauptsache in der Musik ist das Tempo". (Wolfgang Amadeus Mozart).
    2. "Es gibt nur ein Tempo, und das ist das richtige". (Wilhelm Furtwängler).

  • Lieber Willi,


    kurze Korrektur: Bernsteins einzige Aufnahme mit den Berliner Philharmonikern ist auch eine 9., aber die von Mahler.


    Natürlich ist jede Interpretation eine subjektive Auseinandersetzung mit der Materie, sonst bräuchte man in der Tat keine ausführenden Menschen mehr, sondern könnte "Sinfonieroboter" bauen, die dann Werke aufführen ;) .


    Bei Bernstein war zu erwarten, daß er, wie ich schon schrieb, sein "Glaubensbekenntnis zu Bruckner" abliefern würde. Bernsteins späte Dirigate waren alles "Glaubensbekenntnisse". In meinen Ohren dirigierte er nicht Mahler, Dvorak, Tschaikowsky, Sibelius etc. er dirigierte stets Bernstein (und passte den jeweiligen Komponisten an seine Gefühlswelt an). Das meinte ich mit "keine objektive Auseinandersetzung".


    Es müssen noch nicht einmal die Temporelationen zwingend "stimmen", um eine schlüssige Interpretation abzuliefern. Beispiel: Der immer wieder gerne von mir erwähnte Carl Schuricht. Seine Tempi: 25'30'', 10'25'', 20'15'', also relativ breiter erster Satz, aber im Adagio sich der "langsamen Feierlichkeit" so sehr verweigernd wie kaum ein anderer Dirigent. Oder Stanislaw Skrowaczewski (Saarbrücken): 23'25'', 10'09'' und 27'46''. Erster Satz relativ zügig, rasches Scherzo, aber ausgesprochen "weihevolles" Adagio.

    Grüße aus der Nähe von Hamburg


    Norbert


    Das Beste in der Musik steht nicht in den Noten.

    Gustav Mahler


  • "Was lernt uns dies"?


    Wand hat offenbar die stimmigsten Temporelationen, ist aber im Scherzo näher an Bernstein als an Giulini, Bernstein betont in seiner Tempogestaltung am stärksten das Scherzo, Wand den Kopfsatz und Giulini das Finale.

    Lieber Willi,


    ich habe alle drei. Wenn ich nun Bernstein Scherzo, Wand Kopfsatz und Giulini Finale zusammenschneiden würde, hätte es Dir aber vorher nicht gesagt, glaubst Du,
    Du hättest es herausgefunden? Interessiert mich mal.


    LG, Bernward


    "Nicht weinen, dass es vorüber ist
    sondern lächeln, dass es gewesen ist"


    Waldemar Kmentt (1929-2015)


  • Zitat

    Norbert: kurze Korrektur: Bernsteins einzige Aufnahme mit den Berliner Philharmonikern ist auch eine 9., aber die von Mahler.

    Völlig richtig, lieber Norbert, auch diese Aufnahmen habe ich seit etlichen Jahren in meiner Sammlung. Ich meinte natürlich, dass es die einzige Aufnahme Bernsteins mit den Wiener Philharmonikern sei.

    Er hat die 9. nämlich auch Jahre vorher mit seinem New York Philharmonic aufgenommen, aber ich weiß nicht genau, wann, und ich habe sie auch leider (noch) nicht in meiner Sammlung, und ich kann deswegen auch nicht sagen, wie er damals das Tempo gestaltete. Wenn man ihn mit anderen vergleichen könnte, z.B. mit Wand, aällt auf, dass er den Kopfsatz wenig breiter nimmt als das Adagio, aber das Scherzo wesentlich breiter als Wand.


    Wands Temporalationen bleiben über die Jahrzehnte ähnlich, ob nun seine Kölner Aufnahme aus den 70er Jahren, seine Lübecker von 1988, seine Hamburger von 1993, seine Berliner Aufnahme von 1998 oder die nebenstehende, für mich die absolute Krönung, sein letzter Auftritt in Lübeck 2001, bei dem ich live dabeisein durfte.


    Bei einem anderen großen Brucknerianer, Sergiu Celibidache, verhält es sich etwas anders. In seiner früheren Live-Aufnahme mit dem RSO Stuttgart (62:34) nimmt er noch das Adagio geringfügig breiter als den Kopfsatz und das Scherzo recht rasch (41,6-16,6-41,8 ), in seiner späten Münchener Aufnahme (76:36) hebt er stärker den Kopfsatz heraus und nimmt das Scherzo zurück, während das Adagio im Vergleich zum Kopfsatz "schneller" genommen wird (42,3-17,9-39,8 ). Klammerangaben in Prozent der Gesamtspielzeit, wie unten). Man hat auch schon gemutmaßt, dass die langsamen Tempi in seiner Münchener Ära seiner Hinwendung zum Zen-Buddhismus zu verdanken seien. Sei's drum.

    Ein letzter Vergleich mit einem weiteren Brucknerianer, Eugen Jochum (38,3-16,1-45,6) , zeigt, dass es auch ganz anders herum trotzdem schlüssig klingen kann: In seiner 1966er Aufnahme mit den Berliner Philharmonikern legt er das kürzeste Scherzo vor: (9:44 Minuten), betont aber das Adagio ähnlich breit wie Skrowaczewski.
    Dennoch zeigt ein Vergleich aller fünf von mir bisher genannten Dirigenten, dass in der Relation Giulini das "schnellste" Scherzo gespielt hat, der "späte" Celi ebenso wie der "Berliner " Wand exakt das längste Misterioso und Jochum das längste Adagio. Der von dir genannte Scrowaczewski (38,2-16,5-45,3), dessen Gesamtaufnahme ich auch in meiner Sammlung habe, deckt sich fast mit Jochum. Er legt das prozentual kürzeste Misterioso vor.


    Der Vergleich zeigt, dass absolute Tempounterschiede (in vertretbarem Rahmen) hinnehmbar sind, wenn die Temporealation der einzelnen Sätze untereinander stimmt und die Binnenspannung gegeben ist.


    Zitat

    Bernward: Lieber Willi, ich habe alle drei. Wenn ich nun Bernstein Scherzo, Wand Kopfsatz und Giulini Finale zusammenschneiden würde, hätte es dir aber vorher nicht gesagt, glaubst Du, Du hättest es herausgefunden?

    Ich glaube schon, lieber Bernward, denn die Temporelationen hätten nicht gestimmt, die Gewichtung der einzelnen Sätze auch nicht. Außerdem war die von mir vorgenommene Zuordnung der einzelnen Sätze zu den drei Dirigent eine prozentuale. Absolut gesehen hat bei den drei von mir verglichenen Dirigenten Giulini das längste Misterioso und das längste Adagio gespielt, und dann hätte man Bernsteins Scherzo schon mit Giulinis Kopfsatz und Adagio mixen müssen, aber ich glaube, das wäre nichts geworden. Außerdem gibt es nur einen hier vorgestellten Dirigenten, der ein um 4:28 Minuten längeres Adagio als Misterioso vorgelegt hat, Eugen Jochum in seiner Aufnahme von 1966 mit den BPh. Ansonsten sind Misterioso und Adagio fas t gleich oder mal das eine, mal das andere geringfügig länger. Nur in Celis Münchener Aufnahme ist das Misterioso deutlich länger, wenn auch längst nicht um so viele Prozente wie bei dem von Norbert vorgestellten Carl Schuricht.


    Liebe Grüße


    Willi :)


    P.S. Der sonnenbebrillte Smiley bedeutet natürlich eine "8". Ich habe aber vergessen, lieber Norbert, wie man den wieder wegbekommt. Wenn du mir das freundlicherweise noch einmal erklären könntest, werde ich es mir notieren.

    1. "Das Notwendigste, das Härteste und die Hauptsache in der Musik ist das Tempo". (Wolfgang Amadeus Mozart).
    2. "Es gibt nur ein Tempo, und das ist das richtige". (Wilhelm Furtwängler).

  • Er hat die 9. nämlich auch Jahre vorher mit seinem New York Philharmonic aufgenommen, aber ich weiß nicht genau, wann, und ich habe sie auch leider (noch) nicht in meiner Sammlung, und ich kann deswegen auch nicht sagen, wie er damals das Tempo gestaltete.


    Lieber Willi,


    dem Manne kann geholfen werden ;) : Die Aufnahme stammt vom 4. Februar 1969; die Tempi sind 25'02'', 11'35'' und 24'36''.



    Zitat

    P.S. Der sonnenbebrillte Smiley bedeutet natürlich eine "8". Ich habe aber vergessen, lieber Norbert, wie man den wieder wegbekommt. Wenn du mir das freundlicherweise noch einmal erklären könntest, werde ich es mir notieren.


    Ganz einfach, indem Du zwischen der 8 und der Klammer ) ein Leerzeichen einfügst. Ich habe es in Deinem Beitrag bereits korrigiert.

    Grüße aus der Nähe von Hamburg


    Norbert


    Das Beste in der Musik steht nicht in den Noten.

    Gustav Mahler


  • Ich meinte natürlich, dass es die einzige Aufnahme Bernsteins mit den Wiener Philharmonikern sei.

    Kurze Korrektur: Bernstein hat mit den Wiener Philharmonikern richtig viel aufgenommen, Beethoven gesamt, Mahler , Haydn, Mozart, Brahms, und und und ...


    Lieber Willi,


    ich versichere, ich will nicht irgendwie blöd werden - aber ich verstehe es nicht, wo die Aussage hinführen soll.


    Du untersuchst nach irgendeinem Algorithmus die Prozentanteile der Spielzeiten der Einzelsätze im Verhältnis zur Gesamtspielzeit aller drei Sätze. Deine zentrale Aussage, die Du damit belegen willst lautet: Es kann jeder so schnell spielen, wie er will, am Ende müssen nur die Relationen der Spielzeiten der Einzelsätze im Verhältnis zur Gesamtspielzeit aller drei Sätze passen, sofern zugleich die Binnenspannung gegeben ist.

    Zitat

    Außerdem gibt es nur einen hier vorgestellten Dirigenten, der ein um 4:28 Minuten längeres Adagio als Misterioso vorgelegt hat, Eugen Jochum in seiner Aufnahme von 1966 mit den BPh. Ansonsten sind Misterioso und Adagio fast gleich oder mal das eine, mal das andere geringfügig länger.

    Zitat

    in der Relation Giulini das "schnellste" Scherzo gespielt hat, der "späte" Celi ebenso wie der "Berliner " Wand exakt das längste Misterioso und Jochum das längste Adagio. Der von dir genannte Scrowaczewski (38,2-16,5-45,3), dessen Gesamtaufnahme ich auch in meiner Sammlung habe, deckt sich fast mit Jochum. Er legt das prozentual kürzeste Misterioso vor.

    Ich bin verwirrt. Ich fühle mich unbehaglich. Ist Skrowaczewskis Auffassung wertlos, weil bei ihm der letzte Satz 6,5 Prozentpunkte länger als der erste ist? Da doch sonst beide Sätze "fast gleich" seien? Celi spät in München wertlos, weil die Relation zwischen 1. und 3. Satz sich sogar umkehrt?


    Aha, gerade rechne ich und merke: die Zahlenreihen, die Du schreibst, sind gar nicht die Minuten, sondern die Prozentsätze. Das macht es aber auch nicht verständlicher: Worin liegt denn nun die Qualitätsaussage? Denn abgesehen von Jochum und Skrowaczewski machen es alle doch jeder für sich anders, der späte Münchener Celi sogar ganz anders.


    Ich wäre Dir wirklich dankbar, wenn Du mir hier hülfest.


    Liebe Grüße


    Ulrich

  • Zitat

    Norbert. Dem Manne kann geholfen werden. Die Tempi sind 25'02, 11'35 und 24'36.

    Danke, lieber Norbert. Damit ist klar, dass auch Bernsteins innere Uhr (an anderer Stelle hatte ich das auch schon mal über Wand geschrieben) in über 20 Jahren sich nicht geändert hat, obwohl er die Symphonie nur zweimal in seinem Leben aufgenommen hat und sonst, wenn ich mich entsinne, nur einmal noch in seiner New Yorker Zeit die Erste. Ist das richtig?

    Zitat

    Ullrich:Kurze Korrektur: Bernstein hat mit den Wiener Philharmonikern richtig viel aufgenommen, Beethoven gesamt, Mahler, Haydn, Mozart, Brahms, und, und, und

    .
    Lieber Ullrich, da hast du Recht, aber das meinte ich nicht und glaube, dies auch in meinem vorigen Beitrag verdeutlicht zu haben, es ging um die einzige Bruckneraufnahme mit den Wienern.
    Mit Beethoven Gesamt meinst du sicher die Sinfonien, die ich natürlich seit vielen Jahren habe, außerdem Fidelio und Missa Solemnis (beide mit einem ausgezeichneten René Kollo), sowie die Klavierkonzerte Nr. 3 bis 5 mit Krystian Zimerman. Darüber hinaus habe ich natürlich seinen Mahler, seinen Brahms, von Haydn leider nur die Sinfonien Nr. 92 und 94 und von Mozart nur die großartige c-moll-Messe. Außerdem habe ich noch seinen großartigen Rosenkavalier von 1971 mit Christa Ludwig, Walter Berry, Gwyneth Jones, Ernst Gutstein, Lucia Popp, Karl Terkal, Placido Domingo u.a.
    Was nun meine Prozentangabe der einzelnen Sätze an der Gesamtdauer der 9. Sinfonie betraf, so sollte dies die genauen Temporelationen verdeutlichen, was die einzelnen Interpretationen besser vergleichbar macht, als die absoluten Spielzeiten zu vergleichen. Das hilft zu erkennen, wo der einzelne Dirigent Schwerpunkte setzt, wo er der Meinung ist, hier die Tempoangaben an der oberen Grenze oder dort an der unteren Grenze (des Vertretbaren) oder gar mittig zu wählen, weil ihm dies aus seiner ganz subjektiven Sicht wichtig ist.
    Damit habe ich weder Scrowazewsky noch Celi harabgesetzt, beide sind seit vielen Jahren in meiner Sammlung, Celi sogar zweifach (mit dem RSO Stuttgart und mit den Münchener Philharmonikern), und ich schätze ihn seit Jahrzehnten sehr hoch ein, auch seine Einspielung der Neunten aus München (s.o.).
    Mein Vergleich Scrowaczewskis mit Jochum belegt dies m.E. sogar:
    [quote]William B.A.: Ein letzter Vergleich mit einem weiteren Brucknerianer, Eugen Jochum (38,3-16,1-45,6) zeigt, dass es auch ganz anders herum trotzdem schlüssig klingen kann: In seiner 1966er Aufnahme mit den Berliner Philharmonikern legt er das kürzeste Scherzo vor, (9:44 Minuten), betont aber das Adagio ähnlich breit wie Scrowaczewski./quote]


    Auch Norbert traf diese Feststellung für Scrowaczewski. er nannte dies ein "äußerst weihevolles Adagio".
    Das ist ja beileibe nichts Schlimmes.
    Auch was Celi betrifft: Da bemerkte ich, dass er exakt wie Günter Wand, natürlich nur in den hier von mir besprochenen Aufnahmen, in der Relation zur Gesamtdauer der jeweiligen Aufnahme, das längste Misterioso vorlegt.
    Was übrigens das Verhältnis der Spiellängen vom 1. zum 3. Satz betrifft, so wird Celi noch locker von dem von Norbert genannten Carl Schuricht übertroffen (45,6-18,5-35,9), dessen Misterioso um 9,7 Prozentpunkte länger ist als das Adagio. Nun kenne ich die Aufnahme nicht. Norbert kann sicher mehr darüber sagen. Aber im Vergleich zur Gesamtlänge der Aufnahme ist Schurichts Mistrioso schon sehr breit.


    Konnte ich dir helfen, lieber Ullrich?


    Liebe Grüße


    Willi ?(:jubel:


    P.S. Dank noch einmal lieber Ullrich für den Tipp. Ich werde es mir jetzt merken (hoffentlich).
    P.S. Ab er Textstelle: Auch Norbert traf diese Feststellung .... kein Zitat mehr.

    1. "Das Notwendigste, das Härteste und die Hauptsache in der Musik ist das Tempo". (Wolfgang Amadeus Mozart).
    2. "Es gibt nur ein Tempo, und das ist das richtige". (Wilhelm Furtwängler).

  • Lieber Willi, danke zunächst für Deine Erläuterungen. Nein, ich hatte es nicht so verstanden, dass Du Skrowaczewski oder Celibidache hättest abwerten wollen - da habe ich mich wohl missverständlich ausgedrückt.


    Ich hatte - zugegeben etwas überspitzt - darauf hinweisen wollen, dass z. B. Celibidache in seiner späten Münchener Auffassung den ersten Satz sogar deutlich länger spielt als den dritten. Darin unterscheidet er sich ganz eindeutig von den anderen Dirigaten. Dass damit die Zeitdauerrelationen im Vergleich zu den anderen quasi auf den Kopf gestellt werden, erhellt unmittelbar.


    Ich unterstelle mal ganz einfach - bitte berichtige mich gegebenenfalls -, dass Du nicht wegen dieser auf den Kopf gestellten Zeitdauerrelation diese Celi-Auffassung verwerfen oder sie als unzulässig ansehen willst. Falls dies nicht so ist - und dieser Gedanke lässt sich auf die übrigen Beispiele im wesentlichen übertragen - falls es also nicht so ist, dass Du aufgrund der bei Celi auf den Kopf gestellten Temporelation die dort dokumentierte Auffassung für schlecht oder auch nur für weniger gut hältst, frage ich mich eben: an welchem Punkt bringt uns die Untersuchung der Zeitdauerrelationen weiter. Denn dass ich diese Differenzen beim Anhören der einzelnen Interpretation wahrnehmen kann, kann ich für mich nicht in Anspruch nehmen.


    Interessant finde ich das Ergebnis allerdings bei dem Vergleich der Interpretationen eines einzelnen Dirigenten über den Verlauf der Jahre. Dass also etwa Wand es geschafft hat, über Jahrzehnte eine so klare Zeitvorstellung durchzuziehen, löst bei mir nur Hochachtung und Ehrerbietung aus!


    Als rein beschreibendes Werkzeug ohne Wertungskompetenz hat die Betrachtung der Zeitdauerrelationen also in meinen Augen durchaus ihren Sinn.


    Einen schönen Abend und liebe Grüße


    Ulrich

  • Zitat

    Ullrich: Als rein beschreibendes Werkzeug ohne Wertungskompetenz hat die Bedeutung der Zeitdauerrelationen also in meinen Augen durchaus ihren Sinn.

    Genauso war es gedacht, lieber Ullrich, auch, um zu sehen, wo der einzelne Dirigent seine Schwerpunkte setzt und wo der andere Dirigent das vielleicht genauso oder ähnlich oder anders macht.
    Und wie gesagt, am konträrsten stehen sich ja hierbei die Aufnahmen von Skrowaczewski/Jochum einerseits und Schuricht andererseits gegenüber.


    Liebe Grüße


    Willi :)

    1. "Das Notwendigste, das Härteste und die Hauptsache in der Musik ist das Tempo". (Wolfgang Amadeus Mozart).
    2. "Es gibt nur ein Tempo, und das ist das richtige". (Wilhelm Furtwängler).

  • Danke, lieber Norbert. Damit ist klar, dass auch Bernsteins innere Uhr (an anderer Stelle hatte ich das auch schon mal über Wand geschrieben) in über 20 Jahren sich nicht geändert hat, obwohl er die Symphonie nur zweimal in seinem Leben aufgenommen hat und sonst, wenn ich mich entsinne, nur einmal noch in seiner New Yorker Zeit die Erste. Ist das richtig?


    Lieber Willi,


    nein, es war die 6. Sinfonie, die er, wie auf der offiziellen Homepage von Bernstein zu entdecken ist, am 27.03.1976 aufnahm (mit den New Yorkern).

    Grüße aus der Nähe von Hamburg


    Norbert


    Das Beste in der Musik steht nicht in den Noten.

    Gustav Mahler


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