The English Concert - Pinnock vs. Manze

  • Vorweg:


    "The English Conzert" unter Trevor Pinnock war eines meiner liebsten Ensembles, das in den achziger jahren auf "Oriiginalinstrumenten " spielte -
    trotz "HIP" fern aller Harschheit und "falschen Töne"


    Von 2003-2007 (wie ich einem Beitrag Gentilhombres entnehme ist die Ära Manz schon Geschichte) übernahm jedoch Andrew Manze das Orchester


    Zitat

    Allerdings war die Ehe Pinnock - English Concert künstlerisch in ihren letzten Jahren ziemlich am Ende. Eine Weiterentwicklung fand kaum noch statt und entsprechend still wurde es auch auf dem Plattenmarkt.


    Ich kann mir darunter nur wenig vorstellen - Denn ich meine ein perfektes Orchester braucht sich nicht "weiter zu entwickeln" - es ist einfach perfekt und makellos.


    Meine ursprünglich geplante Frage, inwieweit Andrew Manze das Orchester denn nun "weitergebracht" habe erhält zusätzlich Brisanz duirch die Tatsache, daß diese Zusammenarbeit schon nach 5 Jahren endete.


    Und so stelle ich sie denn: Inwieweit hat Manze den Klang des Orchesters verändert (wenn viwelleicht auch nicht weitergebracht) Inwieweit unterscheiden sich Neuaufnahmen von jenen mit Pinnock ?


    Was wurde überhaupt in dieser (realtiv kurzen) Zeit aufgenommen


    Lohnt es sich "Doubletten" zu kaufen ? - für den Kunden - meine ich :baeh01:


    mfg
    aus wien


    Alfred

    Wenn ich schon als Vorbild nicht tauge - lasst mich wenigstens ein schlechtes Beispiel sein !



  • Guten Tagen



    Eine neuere (und womöglich letze ?) Aufnahme ist diese



    CD mit Händelarien für Tenor.


    Gruß :hello:


    aus der Kurpfalz


    Bernhard

  • Unter Manze spielte das Orchester etwas schärfer, nicht ganz so glatt.
    Aber ich mag sowohl Pinnock als auch Manze sehr gerne, als Dirigentn dieses Orchesters.


    Eines der bekanntesten Stücke der Musik überhaupt wurde von Manze auf CD eingespielt - und ich kann nur sagen, er hat mich das Werk völlig neu erleben lassen:




    Mozart: Eine kleine Nachtmusik etc.
    The English Concert ( Manze



    ich bin nach wie vor von dieser Einspielung begeistert und kann sie jedem ans Herz legen. Die CD gibt es auch noch in der billigeren HMF Mozart Edition - ist sogar noch schöner, wegen dem umfangreichen, bebilderten Buch.
    Es ist eine wundervolle Möglichkeit ein Werk, das einem vielleicht schon zu den Ohren rauskommt wieder neu zu entdecken, auch Fono Forum hat diese Einspielung als Referenz gepriesen.

  • Zitat

    Was wurde überhaupt in dieser (realtiv kurzen) Zeit aufgenommen?


    Neben der vom Lullisten schon erwähnten Nachtmusik auch Mozarts Violinkonzerte, eine groß besetzte Messe von Biber (Missa Christi resurgentis), Violinkonzerte von Vivaldi, Sinfonien und ein Cellokonzert von CPE Bach und die Händelarien mit dem Tenor Mark Padmore (siehe Beitrag von Bernhard).


    .


    .



    Dazu wurde eine DVD mit Händels Wassermusik am Originalschauplatz, also die Musiker in Booten auf der Themse sitzend, produziert.





    Zitat

    Lohnt es sich "Doubletten" zu kaufen ? - für den Kunden - meine ich :baeh01:


    Doubletten in der Diskographie von Manze bzw. Pinnock am Pult des English Concerts gibt es meines Wissens fast keine. Lediglich ein Violinkonzert von Vivaldi (RV 271) haben beide aufgenommen. Insofern gibt es damit keine Probleme.
    Händels Wassermusik ist zwar auch doppelt, läßt sich aufgrund der arg unterschiedlichen Aufführungsbedingungen nicht miteinander vergleichen. :D



    Zitat

    Und so stelle ich sie denn: Inwieweit hat Manze den Klang des Orchesters verändert (wenn vielleicht auch nicht weitergebracht) Inwieweit unterscheiden sich Neuaufnahmen von jenen mit Pinnock ?


    Die wichtigste und umfangreichste Frage zum Schluß.


    Manze ist ein völlig anderer Typ als Pinnock. Er ist ein Medienmensch, der publikumswirksame Auftritte nicht scheut, sondern im Gegenteil das mediale Interesse geschickt für seine Sache zu nutzen weiß. So liefert er beispielsweise regelmäßig Beiträge für die BBC-Sendung The Early Music Show. Weiteres Beispiel ist die oben angesprochene Produktion mit der Wassermusik auf der Themse. Und er ist sich auch nicht zu schade, sich nach Konzerten seinem Publikum für Fragen, Diskussionen oder Autogrammwünschen zur Verfügung zu stellen. Seine Offenheit hat ihm in der Presse den Ruf als "erster Superstar der Barockvioline" oder "Grappelli des Barock" eingebracht, letzteres wegen seiner phänomenalen Fähigkeiten im Improvisieren, die wohl einen Journalisten an den legendären Jazzgeiger erinnert haben.


    Andrew Manze ist jemand, der etwas zu sagen hat. So erklärt er üblicherweise im Konzert seine Sicht auf die Stücke und auf das Umfeld, in denen sie geschrieben wurden. Manchmal tut er das sogar auf Aufnahmen; so gibt es auf der CD mit den Biberschen Rosenkranzsonaten einen track, auf dem er die Prinzipien der Skordatur vorführt und erklärt. Er tut das aber nicht belehrend, sondern auf eine mitreißende Art und Weise - schlicht: er weiß die Leute zu begeistern.


    Pinnock kann ich nicht so genau beurteilen, aber durch seine Aufnahmen hat sich in mir das Bild eines zurückhaltenden Gentleman herausgebildet, der zwar einerseits Noblesse aber auch ein wenig biedere Langeweile verströmt. Ich bitte um Korrektur, falls es jemand besser weiß.


    Was hat das nun für Auswirkungen auf den Klang des Orchesters? Unter Pinnock hört man einen sehr noblen, perfektionistischen Klang. Die Interpretationen sind lebendig, aber dramatische Spitzen sind meist recht stark abgeschliffen. Der Lullist hat das Wort schon benutzt: die Gefahr besteht, dass das Ganze glatt wird und damit Langeweile droht. Was jedoch nicht heißt, dass Pinnocks Aufnahmen durchwegs langweilig wären.


    Manze hat nun den noblen Klang ein wenig in die dramatische Richtung verschoben, jedoch ohne rauh, kratzig oder gar ruppig zu werden. Damit steigert er die Lebendigkeit der Interpretationen um einiges, ohne den Schönklang aufzugeben. Meines Erachtens der absolut richtige Weg. Die Aufnahme der Kleinen Nachtmusik beweist das auf´s Vorzüglichste. Das zu Tode gespielte Stück, das kaum noch jemand freiwillig hören will, bekommt plötzlich ein neues unverbrauchtes Gesicht.


    Nachdem The English Concert unter Pinnock Mitte der 1990er Jahre von der DGG fallen gelassen wurde - ein Schicksal, das sie mit anderen namhaften Ensembles teilen - gab es etliche Jahre keine Plattenaufnahmen mehr. Es fand sich bezeichnenderweise kein anderes Label, welches The English Concert unter Vertrag nehmen wollte. Das änderte sich erst, als 2003 der mit einem Harmonia mundi - Exklusivvertrag ausgestattete Manze das Runder übertragen bekam. Seither erschienen die Neuaufnahmen logischerweise dort.



    herzliche Grüße,
    Thomas

    Da freute sich der Hase:
    "Wie schön ist meine Nase
    und auch mein blaues Ohr!
    Das kommt so selten vor."
    - H. Heine -

  • salisburgensis: "manze...steigert die lebendigkeit...ohne den schönklang aufzugeben"


    bzgl. einer einspielung von 2002 kann ich das unterschreiben !!


    falls wir demnächst noch 2 alte-musik-veröffentlichungen pro nase für die arche auswählen dürfen: HEISSER kandidat :yes::yes: wäre manze`s einspielung der cembalokonzerte bwv 1052-58 (m.d. "academy of ancient music")


    schönen tag noch !!!!!!!
    piet

  • Zitat

    Original von salisburgensis


    Pinnock kann ich nicht so genau beurteilen, aber durch seine Aufnahmen hat sich in mir das Bild eines zurückhaltenden Gentleman herausgebildet, der zwar einerseits Noblesse aber auch ein wenig biedere Langeweile verströmt. Ich bitte um Korrektur, falls es jemand besser weiß.


    Ob ich es besser weiß, muss ich dahingestellt bleiben lassen. Empfinden tue ich jedenfalls ganz anders. Vielleicht ist das spezifisch für jemanden, den ein bestimmter Interpret durch einen großen Teil seines erwachsenen Lebens begleitet hat. Für mich war Pinnock jedenfalls in Vielem das Maß der Dinge, und wenn es um eine schwierige Wahl bei Alternativen ging, habe ich mich seinen Einspielungen immer und ausnahmslos ohne Reue anvertraut.


    Hier nur eine kleine Auswahl der Interpretationen, die ich auch heute noch maßstäblich finde, selbst wenn sie in dem einen oder anderen Fall gleichwertige, womöglich gar bessere "Rivalen" haben mögen, die ich nicht kenne. Entsprechend meinem Lebenslauf decken sie überwiegend das sogenannte "Standardrepertoire" ab, mit dem ich mich nach vielen Versuchen mit Dirigenten zwischen Jochum und Harnoncourt bei ihm am besten aufgehoben fühlte. Die meisten davon sind zum Glück noch (und oft auch noch preiswert) zu haben:


    Bach: Orchestersuiten und Brandenburgische Konzerte


    Händel: Concerti grossi, Wasser- und Feuerwerksmusik


    Haydn: Symphonien (Sturm und Drang), Trompetenkonzert


    Mozart: sämtliche Symphonien. Als Gesamtaufnahme für mich nach wie vor unübertroffen, was nichts daran ändert, dass es natürlich eine Vielzahl noch überzeugenderer Einzelaufnahmen gibt.


    Vivaldi: Violinkonzerte incl. 4 Jahreszeiten, mit denen ich ihn und Simon Standage einmal in Venedig erleben durfte. Gentleman ja. Langweilig oder konservativ zu keiner Sekunde. Auch meine Töchter (damals Frühteenager ohne besondere Affinität zur Klassik) waren begeistert. So zopfig kann's also nicht gewesen sein.


    Nicht schlecht für einen einzelnen Dirigenten in diesem heiß umkämpften Repertoire.


    Nicht jeder kann ein PR-Genie sein wie Stokowski, Karajan u. ä. Jedenfalls ist es weder Pinnock selbst noch der Qualität seiner Arbeit anzulasten, wenn die DG keine Lust oder Ideen mehr hatte, ihn ständig als Superstar im Gespräch zu halten und seine Aufnahmen sich gegenüber den jeweils gepushten Kometen in diesem Repertoire schlechter verkauften.


    Die Liste der derart verkümmernden bzw. vergessenen Großen ist leider schon sehr lang. Pinnock gehört m. E. definitiv zu ihren besonders schmerzlich vermissten Mitgliedern. :yes:


    Rideamus

  • Guten Aend



    Ich habe sehr wenige Aufnahmen mit "The English Concert" unter T. Pinnok -er erscheint mir zu bieder-; aber zwei Vivaldieinspielungen schätze ich:



    und




    Gruß aus der Kurpfalz


    Bernhard

  • Guten Abend,


    ich möchte noch Aufnahmen mit The English Concert unter Trevor Pinnock anfügen, die mir auch sehr gut gefallen:


    Die erste wäre die Feuerwerksmusik mit dem oiginalen Instrumentarium, also ohne Streicher. Wenn ich richtig informiert bin, die letzte Aufnahme für die DGG. Mit enthalten das Konzert in D-Dur, das bereits viele Elemente der späteren Feuerwerksmusik enthält. Wundervolle Musik und wundervoll musiziert. :jubel:


    Dann wäre da noch die Krönungsmesse von Mozart, nebst Exsultate Jubilate und den Vesperae de Confessore. Meiner bescheidenen Meinung nach ebenfalls eine sehr gute Aufnahme.


    ciao


    Andreas

    Johann Sebastian Bach ist Anfang und Ende aller Musik (Max Reger)

  • Hallo, miteinander!



    Diese meine Lieblingseinspielung der "Jahreszeiten" - wobei ich ncht gerade Dutzende besitze - entstand bereits 1993. Auch zwei Oboenkonzerte sind enthalten. Es ist ein auch intellektuell ansprechender, ausgewogener Zugriff eines Originalklangspezialisten, wo die "falschen Töne" (Alfred eingangs) keine Rolle spielen und weder Schönklang noch Effekthascherei dominieren. Es wird transparent und im Sinne des jeweiligen Programms maßvoll affektbetont musiziert. Nur bisweilen wirkt der Violionsolist Manze ein wenig exzentrisch.


    Auf Kassette habe ich vor langer Zeit auch eine Einspielung dieses Renners mit The English Concert und Trevor Pinnock aufgenommen, allerdings lange nicht mehr gehört. Aus der Erinnerung vermute ich, dass diese HIP-Deutung eher noch spritziger ist als Manze oben.


    Besten Gruß, Wolfgang

    Lieber Fahrrad verpfänden denn als Landrat enden!

  • Banner Trailer 2 Gelbe Rose
  • ...mein obiges kleines plädoyer FÜR manze war (...hat auch niemand behauptet, schon klar) keines GEGEN pinnock !!


    dazu fehlt´s mir nun wirklich an hörerfahrung............


    ...so langsam werd`ich ja neugierig ;)


    LG
    piet

  • Am besten gefallen mir Pinnocks Haydn-Sturm-und-Drang-Symphonien, die Vivaldi-Jahreszeiten halte ich für ein wenig verfehlt, für etwas glatt und gleichmäßig rasch - nicht ganz dem Stil jener Zeit entsprechend.


    Manze kenne ich (noch) nicht.
    :hello:

  • Meine erste (und prägende) Begegnung mit "The English Concert" (unter Trevor Pinnock) waren Vivaldis "Le Quattro Stagioni"


    Das war 1983. Es war eine der ersten Digitalaufnahmen und sie war (neben Verdis "Nabucco" unter Sinopoli) mit schuld an meiner positiven Entscheidung für die CD.


    Der kristallklare Klang der Violinen hatte mich überzeugt.
    Die Interpretation war für damalige Verhältnisse sehr schlank, elegant und ausgewogen - und "hoffähig - nicht "brav" aber "dizipliniert" - sehr "kalkuliert.


    Das Orchester war ein Beweis, daß "Originalklang" nicht notwendigerweise (Wie etwa damals bei Harnoncourt) unangenehm klingen musste.


    Und die Aufnahme war eine der ersten Einspielungen, die Vivaldis Jahreszeiten als "meiterwerk" erstrahlen ließen



    Man kann ja mittels Klick aufs Cover die Hörproben aufrufen...


    mfg
    aus Wien


    Alfred

    Wenn ich schon als Vorbild nicht tauge - lasst mich wenigstens ein schlechtes Beispiel sein !



  • Zitat

    Original von Alfred_Schmidt
    Das war 1983.


    Genau. Pinnock sagt selbst dazu, dass er das heute anders machen würde, dass er damals viele Dinge einfach noch nicht wusste (z.B. Tempofragen).
    :hello:

  • Zitat

    Pinnock sagt selbst dazu, dass er das heute anders machen würde, dass er damals viele Dinge einfach noch nicht wusste (z.B. Tempofragen)


    Das spricht generell NICHT GEGEN seine Aufnahmen von damals.


    Fast jeder Interpret hat im Laufe seines Lebens seinen Stil (nicht immer zum Vorteil) geändert.


    Aus meiner Sicht war Pinnock damals noch frei vom "Diktat der Schnelligkeit und Ruppigkeit" welches heute fast alle Bereiche der Hip-Aufnahmen beherrscht. Noch beherrscht möcht man sagen - denn eine "neue Romantik ist in Sicht.


    Ruppiger Vivaldi - Ich halte ihn für historisch inkorrekt - aber gleichzeitig musikalsch interessant - etwa im Gegensatz zu ruppiger Klassik.


    Pinnock geht einen anderen Weg - ist aber meielnmweit vom "Einheitsbrei-Vivaldi" der PRÄ-HIP-Epoche entfernt.
    Bei Ihm klingt Vivaldi überzeugend - aber nicht überzogen-


    Man soll nun nicht denken-, ich würde andere Interpretationen ablehnen - das stimmt nicht - ich möchte nur nicht, daß Pinnocks (und Thr English Concerts) Aufnahme "abqualifiziert werden - weil sie nämlich zu meinen Lieblingsaufnahme des Werkes zälhl. Kurzum auf den Punkt gebracht : Weniger radikal - aber nicht weniger Interessant.


    Aber darüber könnten wir in den Vivaldi-Spezialthreads diskutieren, beispielsweise Hier:


    Ohrwurm aus Italien - Antonio Vivaldi: "Le quattro stagioni"


    mfg aus Wien


    Alfred

    Wenn ich schon als Vorbild nicht tauge - lasst mich wenigstens ein schlechtes Beispiel sein !



  • Zitat

    Original von salisburgensis
    Manze ist ein völlig anderer Typ als Pinnock. Er ist ein Medienmensch, der publikumswirksame Auftritte nicht scheut, sondern im Gegenteil das mediale Interesse geschickt für seine Sache zu nutzen weiß.


    Andrew Manze ist jemand, der etwas zu sagen hat. So erklärt er üblicherweise im Konzert seine Sicht auf die Stücke und auf das Umfeld, in denen sie geschrieben wurden. Manchmal tut er das sogar auf Aufnahmen; so gibt es auf der CD mit den Biberschen Rosenkranzsonaten einen track, auf dem er die Prinzipien der Skordatur vorführt und erklärt. Er tut das aber nicht belehrend, sondern auf eine mitreißende Art und Weise - schlicht: er weiß die Leute zu begeistern.


    Dem kann ich nur zustimmen. Er hat etwas von einem Showman. Das war der gesamten älteren HIP-Generation völlig fremd, besonders den Engländern. Insgesamt ist es aber noch mehr eine Generationenfrage: Minkowski und all die anderen jüngeren französischen und italienischen Ensembles und ihre Leiter laufen nicht mehr Gefahr mit trockenen Musikforschern (eines der üblichen, wenn auch fast immer ungerechten Klischees gegen HIPisten) verwechselt zu werden.(Ebenso Jacobs, der zwar älter ist, aber erst spät mit dem Dirigieren anfing.) Sie gehen Risiken ein, auch auf die Gefahr, es zu übertreiben, sie machen wenigstens ansatzweise deutlich, dass die Barockzeit auch eine Ära exaltierter Virtuosen gewesen ist.
    Das kann natürlich auch zu der anderswo bemängelten musikalisch problematischen Dominanz von Manze gegenüber einen Partner oder Begleiter führen...


    Zitat


    Pinnock kann ich nicht so genau beurteilen, aber durch seine Aufnahmen hat sich in mir das Bild eines zurückhaltenden Gentleman herausgebildet, der zwar einerseits Noblesse aber auch ein wenig biedere Langeweile verströmt. Ich bitte um Korrektur, falls es jemand besser weiß.


    Was hat das nun für Auswirkungen auf den Klang des Orchesters? Unter Pinnock hört man einen sehr noblen, perfektionistischen Klang. Die Interpretationen sind lebendig, aber dramatische Spitzen sind meist recht stark abgeschliffen. Der Lullist hat das Wort schon benutzt: die Gefahr besteht, dass das Ganze glatt wird und damit Langeweile droht. Was jedoch nicht heißt, dass Pinnocks Aufnahmen durchwegs langweilig wären.


    Das sehe ich ebenfalls ähnlich. Das schmälert ja nicht den Rang der meistens grundsoliden und oft sehr guten Einspielungen Pinnocks aus den 80ern. Man hat aber mitunter den Eindruck, dass der Unterschied zu Leppard und Neville Marriner nicht sehr groß ist. Von der Grundhaltung eh nicht und selbst der charakteristische Klang der alten Instrumente ist eher schwach ausgeprägt. Harnoncourt mit modernen Instrumenten klingt i.d.R. ungewohnter als Pinnock auf alten ;)


    Es ist aber eben auch eine Temperamentsfrage. Die bei vieler Barockmusik durchaus angemessene Dramatik und Exaltation paßt bei fast allen Briten und Niederländern einfach nicht zum Naturell. Das gilt ebenso für Hogwood oder Gardiner oder King oder Herreweghe.


    viele Grüße


    JR

    Struck by the sounds before the sun,
    I knew the night had gone.
    The morning breeze like a bugle blew
    Against the drums of dawn.
    (Bob Dylan)

  • Zitat

    Original von Alfred_Schmidt
    Kurzum auf den Punkt gebracht : Weniger radikal - aber nicht weniger Interessant.


    Mir ging es nicht um "radikal", "ruppig" oder "brav" - eher um "Zeitgeist" - diese gleichförmige Raschheit der 80er-Jahre-Aufnahme war wohl dem Zeitgeist, eben dem "Diktat der Schnelligkeit" der 80er-Jahre unterworfen. Ich finde es eben nicht überzeugend sondern ein wenig enttäuschend weil der Musik nicht besonders adäquat - wenn man Corelli z.B. mit dem Ensemble 415 kennt, wird das recht deutlich. Was da "radikal" sein soll, weiß ich nicht.
    :hello:

  • Zehn Jahre ruhte der Thread nun. Der Titel ist eigentlich obsolet, denn auch Manze (ich habe keine einzige Aufnahme mehr gekauft, seit Pinnock das Orchester verlassen hat) leitet das Orchester schon seit Jahren nicht mehr. Im WIKIPEDIA-Eintrag wird dann Harry Bicket als weiterer Nachfolger genannt, allerdings gibt es über ihn keinen Eintrag in der deutschen Wikipedia. Ich hab dann ein wenig gegoogelt und fand zumindestenes einen Eintrag in der englischen Version. Demnach ist wurde er 1961 geboren, ist Dirigent, Organist und Cembalist, vorzugsweise für die Bereiche Barock und Klassik. Er übernahm "The English Concert" 2007 auf unbestimmte Zeit, sein Vetrag wurde indes bis ins Jahr 2020 verlängert. Daneben ist er seit 2013 Chefdirigent der Santa Fee Opera.
    Interessant wäre die heutige Bedeutung des Orchesters - mir wären keine Aufnahmen aufgefallen - aber das will ja nicht viel besagen.....


    mfg aus Wien
    Alfred

    Wenn ich schon als Vorbild nicht tauge - lasst mich wenigstens ein schlechtes Beispiel sein !



  • Bevor ich mich der Gegenwart zuwende, einige Statements aus der Vergangenheit

    Pinnock kann ich nicht so genau beurteilen, aber durch seine Aufnahmen hat sich in mir das Bild eines zurückhaltenden Gentleman herausgebildet, der zwar einerseits Noblesse aber auch ein wenig biedere Langeweile verströmt. Ich bitte um Korrektur, falls es jemand besser weiß.

    Es wird mir nie einleuchte, warum edle Noblesse mit Langeweile gleichgesetzt wird.

    Aber das ist eine schrechliche Zeiterscheinung, nichts kann ruhig und gelassen gespielt, gehärt oder aber auch gefilmt werden. Immer muss alles in Bewegung sein man hopst herum wie die Kinder. etc etc

    Pimmock Lesart vo vivladis 4 Jahreszeiten war eie jener Aufnahmen, die mich überzeugten, das die Digitltechnik eine Zukungt hat.


    Was hat das nun für Auswirkungen auf den Klang des Orchesters? Unter Pinnock hört man einen sehr noblen, perfektionistischen Klang. Die Interpretationen sind lebendig, aber dramatische Spitzen sind meist recht stark abgeschliffen.

    Absolut richtig. Hier stimme ich voll überein: nobel.perfektionistisch, elegant, feingeschliffen..

    Besser gehts nicht.


    Die Ära Manze habe ich übersprungen, was nicht heissen soll daß nicht die eine oder andere CD in meinem Besitz ist, aber es war nicht mehr "mein" The English Concert.


    Ich habe inzwische zahlreiche CDs gefunden die aus der Manze - Ära stammen und die ich noch nicht besitze

    Die müssen ja im Eilzugtempo aufgenommen haben

    Vor etwa einem Jahr hat man eine neue Aufnahme veröffentlicht - für das Label Signum

    Der erste Eindruck ist IMO hervorragend. Man hat sich offenbar für Harry Bicket als Leiter entschieden.

    Das Orchester - Videoclips belegen es hat in den vergangenen Jahren zwar wenig aufgenommen aber auf der ganzen Welt konzertiert. Eimne weiter Aufnahme. Händels "Rodelinda" ist in Planung, im Entstehen oder bereits fertig. Ich konnte das in der Eile nicht herausfinden....


    mfg aus Wien

    Alfred

    Wenn ich schon als Vorbild nicht tauge - lasst mich wenigstens ein schlechtes Beispiel sein !



  • Banner Trailer 2 Gelbe Rose