Thielemanns Ring

  • Thielemanns Ring (nicht Dorsts Ring ;)) wird in diesem Jahr noch enthusiastischer gefeiert. Gibt es dazu hier bei Tamino keinen Thread? Ich finde nichts ?(


    :hello:

  • Vermutlich gibts noch keine Erfahrung zu diesem Thema.
    Ich kenne bis jetzt auch nur die Zeitungsrezensionen, die bescheinigen Thielemann ein hervorragendes Dirigat.
    :hello:

    Freundliche Grüße Siegfried

  • Ich war bei diesem Ring dabei und kann Thielemann ein Dirigat bescheinigen, das schlichtweg umwerfend ist (dies im Gegensatz zur Regie und den meisten Sängerleistungen). In ein paar Jahren wird man in Bayreuth von ihm schwärmen, wie heute von einem Kna, Keilberth, Böhm und Carlos Kleiber.

  • vielleicht die Müdigkeit - ich habe über Kopfhörer von einem billigen Weltempfänger den 3. Aufzug gehört und war - ergriffen. Brauchte ja dabei den viel gescholtenen Teil des Gesamtkunstwerks namens Regie nicht anzusehen.


    Mein Favorit war bislang Suitners Bayreuther Ring von 1966/67. Was immer über Thielemann spekuliert wird, was ich da vom Orchester gehört habe oder mir einbilde gehört zu haben, ich kann nur m.joho bestätigen: schlicht umwerfend.


    Leider hat mein Digi-Receiver schon zum Ende des 1. Aufzugs seinen Dienst aus unbekannten Gründen eingestellt (die anderen Teile des Rings hat er brav aufgezeichnet). Weiß jemand, ob noch weitere Aussendungen der diesjährigen Götterdämmerung über Satellit kommen?


    Oder kann jemand helfen...

  • Hallo zusammen,


    ich hatte am 05.08. die Gelegenheit "Die Walküre" mit Thielemann in Bayreuth zu hören. Er ist für mich der herausragendste Wagner-Dirigent unserer Tage. Das hat mir die Aufführung wieder bestätigt
    Vor Jahren hatte ich schon das Glück ihn in Berlin mit "Lohengrin" und "Parsifal" zu hören, darüber hinaus mit Pfitzners "Palestrina".


    Gruß


    Merlin

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  • Hallo allerseits,


    der Rundfunk Berlin-Brandenburg und einige weitere deutsche und europäische Rundfunkstationen sendeten an den vergangenen beiden Wochenenden den diesjährigen Thielemann-Ring in ganzer Länge und voller Pracht.


    Für mich war dieser Ring einer der kurzweiligsten, welche mir bislang unterkamen. Thielemann hat es tatsächlich geschafft mich regelrecht im Sessel zu fesseln. Ein Opernerlebnis wo irgendwie fast alles stimmte. Habe ich sonst in Gedanken meist irgendwelche Kritikpunkte; höre Stellen, die man aus meiner Sicht anders hätte ausdeuten sollen, so kristallisierte sich bei dieser Aufnahme als Fazit nur heraus:
    „Jaaa, SO muß man das machen!!!“ :angel:


    Nachdem ich die detaillierte Beschreibung der Inszenierung gelesen hatte, war ich zudem auch noch glücklich, daß ich diesen Ring explizit am Radio erleben durfte.


    Es bleibt nur zu hoffen, daß diese grandiosen Aufnahmen über kurz oder lang auch auf CD gepreßt, und auf diese Art dann auch in mein CD-Regal Einzug halten werden.



    Mit allerbesten Grüßen!


    Laurenz :hello:

    `
    (...) Eine meiner frühesten Erinnerungen im Zusammenhang mit der Musik betrifft einen Abend, an dem das Rothschild-Quartett bei uns ein hochmodernes Werk von Egon Wellesz spielen sollte. Die Stühle waren den Musikern zu niedrig, so nahmen sie unsere Bände mit Schubertscher Kammermusik, um damit ihre Sitze zu erhöhen. Ich dachte, wieviel schöner es wäre, wenn sie auf Wellesz sitzend Schubert spielen würden (...)


    — aus „5000 Abende in der Oper“ von Sir Rudolf Bing —
    .

  • Ich habe ebenfalls am 5.8. Thielemanns "Walküre" live gehört. Ich habe mit Thielemann lange Zeit meine Probleme gehabt - nach dieser Auffürhung habe ich zumindest einen Waffenstillstand geschlossen :D
    Rein sängerisch war die Aufführung durchschnittlich - die Wälsungen waren toll, die Götter eher weniger.
    Eine interessante Alternative (Runicles) ist übrigens unter http://www.bbc.co.uk/proms/2007/promsbroadcast/radio/ anzuhören - es singen u.a. Brewer, Andersen und Tomlinson.

  • Ich weiß ja nicht, vielleicht wirkt es live in Bayreuth einfach ganz anders, vielleicht ist man gebannt von der Akustik und der Atmosphäre, aber auf Tonträger relativiert sich dies doch alles einigermaßen. Ich habe die Tage in etliche Bayreuth-Mitschnitte des "Thielemann-Rings" gehört, 2006, 2007 und 2010. Fazit: Teilweise gruselige Sängerleistungen, die so nichts in Bayreuth verloren haben. Und das wird sogar groß offiziell auf CD herausgebracht, für 100 EUR. Na ja. Wer's braucht. Und auch das Dirigat kommt mir irgendwie planlos vor. Ständige Tempowechsel, selten sinnig. Hie und da deckt Thielemann die Sänger schlichtweg zu. Mir wichtige Momente überspielt er gnadenlos in einem viel zu rasanten Tempo (Abstieg nach Nibelheim, Fafners Auftritt beim Drachenkampf, Überleitung zur Rheinfahrt usw.), alles zu Lasten der Details. Natürlich hat das Festspielorchester sein gewohntes Niveau, aber das reicht nicht, um einen Spitzenplatz einzunehmen unter den vielen Bayreuther "Ring"-Aufnahmen. Nein, das ist weit entfernt von den ganz großen "Ring"-Dirigenten, und nicht nur wegen der schwachen Sängerleistungen.


    Gute Alternativen aus Bayreuth nach wie vor:


    An der Spitze:


    - Keilberth 1955 (sängerisch 1A, glutvolles Dirigat, tontechnisch sehr gut [Stereo])
    - Knappertsbusch 1956-58 (sängerisch 1A, einzigartige Tempi, gutes Mono)


    Gefolgt von:


    - Kempe 1960-63
    - Böhm 1965-67
    - Maazel 1968/69
    - Stein 1970-75
    - Boulez 1976-80
    - vom Dirigat her auch Solti 1983


    :hello:

    »Und besser ist's: verdienen und nicht haben,

    Als zu besitzen unverdiente Gaben.«

    – Luís de Camões

  • Obgleich ich mir nicht anmaße, besonders kundig in Sachen Wagner zu sein, glaube ich ehrlich gesagt kaum, dass Thielemanns Interpretationen wirklich 'weit entfernt von den ganz großen Ring-Dirigenten' sind.
    Gesunde Skepsis gegenüber dem Urteil der Masse (im Falle von Wagners Musik freilich ohnehin ein gewählterer Kreis) ist mir durchaus zu eigen, aber die Einhelligkeit, mit der ihn mitunter selbst jene, die etwa seine Deutungen der Wiener Klassik arg kritisieren, als DEN Wagnerdirigenten unserer Zeit bezeichnen, ist wohl kaum wegzuleugnen und sicher nicht nur ein Ausbund kollektiver Unkenntnis.


    Ob man Thielemanns Tempi bzw. deren oft enorme Varianz schätzt, ist mitunter durchaus Geschmackssache, ich persönlich mag dieses kraftvolle, intuitive Akzentuieren, diesen euphorisierenden Impetus sehr gerne. Dass Thielemann allerdings auffallend oft Details überspielt, kann ich mir beim besten Willen nicht vorstellen, mein Eindruck - ich weiß nicht mehr genau, welcher der Ringe es war - war genau gegenteilig, dies deckt sich auch mit meinen zahlreichen Liveerlebnissen in München.


    Angesichts einer fast achtzigjährigen Tradition von Tondokumenten ist es nahezu unvermeidbar, dass sich Thielemann einer mächtigen, wenn nicht übermächtigen Konkurrenz gegenübersteht. Vor diesem Hintergrund, das sehe ich auch so, relativiert sich die Qualität seiner Dirigate natürlich.
    Allein - es geht ja um Wagnerinterpretation im Jetzt, alljährlich in Bayreuth. Und hier sehe ich persönlich, subjektiv ebenso wie zahlreiche, wesentlich versiertere Wagnerianer Thielemann als weitgehend konkurrenzlos an.


    Ein Blick auf obenstehende Liste überzeugender Ringe offenbart, dass es vor dem Hintergrund der HEUTIGEN Riege hervorragender Wagnerdirigenten mangels Altenrnativen nicht besonders zweckdienlich, Thielemann abzukanzeln. Denn abgesehen vom Maazel weilt keiner der Genannten mehr unter den Lebenden.

    'Architektur ist gefrorene Musik'
    (Arthur Schopenhauer)

  • Denn abgesehen vom Maazel weilt keiner der Genannten mehr unter den Lebenden.


    Dann hat aber jemand vergessen, es auch P.Boulez zu sagen ... :hahahaha:

    mfG Michael


    Eine Meinungsäußerung ist noch kein Diskurs, eine Behauptung noch kein Argument und ein Argument noch kein Beweis.

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  • Pardon, Pierre Boulez hatte ich unachtsamerweise der falschen Kategorie zugeschanzt. :whistling:


    Diese Verfehlung schmälert aber den Kern meiner Aussage nur marginal, das müßige Aufrechnen einer unwiederholbaren Vergangenheit gegen das Hier und Heute.

    'Architektur ist gefrorene Musik'
    (Arthur Schopenhauer)

  • Ich will gar nicht leugnen, daß auch Thielemann in seinem "Ring" einige gute Momente gelingen. Nach meinem Eindruck scheint die "Götterdämmerung" (2007) doch hervorzustechen, besonders im 3. Akt (im Vorjahr gab es einige Unsauberkeiten im Orchester). Allerdings sind das einzelne Momente. Das Gesamte überzeugt mich einfach nicht in dem Maße wie bei den genannten anderen Dirigenten (auch wenn sie größtenteils leider nicht mehr leben). Daß es total mißlungen sei, habe ich nicht behauptet; das wäre auch überzogen.


    Ob Thielemann "der" Wagner-Dirigent unserer Tage ist, sei allerdings dahingestellt. Gerade heute konnte ich auch in seinen 2003er "Tristan" aus Wien (offiziell bei DG erschienen) reinhören. Das ist mit Abstand der schlechteste "Tristan", den ich je gehört habe: Ungenauigkeiten im Orchester, verpaßte Einsätze, Auseinanderfallen der Spannungsbögen, katastrophale Sängerleistungen (die Isolde von Deborah Voigt klingt wie eine schrille Trompete, oft keifend, eher noch als Brünnhilde vorstellbar; Thomas Moser ist in der Titelrolle gnadenlos überfordert). Wahrlich kein Lorbeerblatt für Thielemann und eigentlich unverständlich, wieso er das überhaupt zur Veröffentlichung freigegeben hat.


    Anderes Beispiel: Sein "Parsifal" aus Wien von 2005. Ein ziemlich mittelmäßiges Unterfangen (wir hatten das ja bereits andernorts ausführlich), ergänzt um einen ältlichen Domingo als stimmlich und darstellerisch völlig unpassenden Jüngling (und ich bin eigentlich Domingo-Fan). Das hat man alles schon bezwingender gehört, auch in jüngerer Zeit von noch lebenden Dirigenten (ich verweise in dem Zusammenhang gerne auf den atmosphärisch dichten Mitschnitt unter Eschenbach aus Bayreuth 2000; und Boulez' neuere Deutungen von 2004 und 2005 sind ebenfalls m. E. vorzuziehen). Thielemann ist weder analytisch noch weihevoll. Es scheint fast so, als wisse er selber nicht, was er genau will.


    Auch wenn uns die Presse seit Jahren weismacht, daß er der Erlöser sei, auf den wir seit Jahrzehnten (angeblich) warteten, kann man das ja noch kritisch hinterfragen. Die Lobhudelei ist die reinste PR-Masche. Oben genannter "Tristan" wurde damals als Riesenspektakel angekündigt und dann entsprechend hochgejubelt. Einer kritischen Überprüfung hält dies aber nicht stand. Das merkt man gerade auch im Abstand der Jahre, wo man alles nüchterner sieht.


    :hello:

    »Und besser ist's: verdienen und nicht haben,

    Als zu besitzen unverdiente Gaben.«

    – Luís de Camões