Martinu: Doppelkonzert für 2 Streichorchester, Klavier und Pauken

  • Hallo Taminoaner,


    ich habe gerade mal im Werkeverzeichnis nachgesehen und feststellen müssen, das der Komponist Martinu hier im Forum noch gar nicht vorhanden ist - das muß sich ändern !


    :] Eines seiner meistgespielten Werke ist sein Doppelkonzert, das auch
    mein Martinu-Lieblingswerk ist:
    Doppelkonzert für 2Streichorchester, Klavier und Pauken.
    Meine beste CD-Aufnahme ist MADE in Chechoslowakia, gespielt von der Tschechischen PH / Stanislav Macura (von 1979 ADD).
    Die CD enthält noch die Werke:
    Les Parables (Drei freie Kompositionen für Orchester) mit der Prager PH / Zdenek Kosler und
    Rhapsody für Viola und Orchester mit dem Prager SO / Vaclav Smetacek. Das Label heißt PANTON und war bei jpc mal im jpc-Courier - günstig.
    :) Es ist unglaublich mich welcher Spielfreude die Musiker an das Doppelkonzert herangehen, diese überträgt sich direkt auf den Hörer. So etwas habe ich selten empfunden.


    :) Eine weitere ERATO-Doppel-CD mit dem Orchestre National de Paris/James Conlon (von 1992 DDD) enthält das Doppelkonzert auch in guter Qualität, die Pauken sehr schön present; die Streicherorchester gut getrennt hörbar.
    Die weiteren Werke auf der Erato-Doppel-CD sind:
    Tre Ricercari, Les Fresques, Sinfonia da Jolla, Toccata e due canzoni.
    Da gibt es bei Martinu noch viel zu endecken, es müssen nicht immer die Sinfonien sein (habe ich 2x mit B.Thomson und N.Järvi)


    ;) Als nächstes werde ich mich mit den Klavierkonzerten beschäftigen. Bisher kenne ich nur das Konzert für 2Klaviere und Orchester.


    :hello: Ich hoffe über Martinu kommt hier noch einiges an den Tag !


    Gruß aus Bonn
    Wolfgang

    Gruß aus Bonn, Wolfgang

  • Hallo Martinu-Freunde,


    ich habe heute mal alle Themen bei Klassische Instrumentalaufnahmen durchgeblättert und gesehen, das dieser Thread zu einem der zahlreichen großen Werke des 20.Jahrhunderts zwar über 1000 HIT´s hat, aber bisher NULL-Resonanz ?( .


    ?( Woran kann das liegen ?


    :] Inzwischen hat der Martinu-Thread ja ganz gut zugelegt und berechtigtes Interesse geweckt. Auch ich habe seit diesem Therad meine Martinu-CD-Sammlung vergrößert.


    Aber eines der interessantessten und wichtigsten Werke Martinus, das Doppelkonzert für Klavier, Pauken und 2 Streichorchester, wie es richtig heißt, scheint vielen unbekannt zu sein ?


    Es gibt die 01/2005 von mit genannte ERATO-Doppel-CD jetzt mit dem Doppelkonzert und anderen Werken unter James Conlon als APEX-Einzel-CD (5,99€):



    Bohuslav Martinu (1890-1959)
    Doppelkonzert für Klavier, Pauken & Orchester
    Konzert für Streichquartett & Orchester;
    3 Ricercare

    Heisser, Camosi, Quatuor Brandis, Orchestre National de France,
    Conlon

    Label: Apex , DDD, 1990


    :angel: Ich fühle mich einfach genötigt diesen Thread von Januar 2005 nochmal in Erinnerung zu rufen.
    :jubel: Es lohnt sich wirklich dieses frische und spannende Orchesterwerk zu hören !
    Es gehört zu seinen besten Werken und ich gehe soweit zu schreiben, dass es interessanter (oder zumindest genauso wichtig) als sein gesamtes sinfonisches Schaffen ist. Die Colon-Aufnahme ist spannend, bietet mit Heisser am Klavier und den Solo-Pauken einen sehr guten SOLO-Part und ist klanglich famos aufgenommen.


    In Erwartung einer größeren Anzahl von Rückmeldungen (nun im Jahre 2007) werde ich mir dieses Meisterstück heute wiedermal anhören.
    Schon die ersten geheimnissvollen Takte des Konzertes nehmen den Hörer bis zum Ende hin gefangen. Das spannende Brio der Pauken (nie übermäßig aber effektvoll eiongesetzt) begeistert ebenfalls.


    :hello:Wer kennt ggf. noch weitere Aufnahmen ?
    Meine 2005 genannte tschechische TOP-Aufnahme ist ja leider vergriffen.

    Gruß aus Bonn, Wolfgang

  • Hallo Wolfgang,


    heute ist bei mir Martinu - Tag: nach der zweiten Sinfonie höre ich nun das Doppelkonzert in der folgenden Aufnahme mit dem Czech Philharmonic Orchestra unter Sir Charles Mackerras und ich bin mal wieder begeistert:





    Ich habe das Doppelkonzert zuletzt 2003 live hier in Weimar gehört.


    Zum besseren Verständnis des Werkes hier mal einige Zitate aus dem damaligen Programmheft:


    Das im Spätsommer 1938 gechriebene Doppelkonzert hielt Martinu selbst für die eindrucksvollste all seiner bis dahin geschaffenen Kompositionen. Die Partitur hatte er am 29.09. beendet, als mit dem "Münchner Abkommen" Teile Böhmens und Mährens an Deutschland ausgeliefert wurden. Die dramatische Spannung jener Zeit, die bald darauf Europa und schließlich die ganze Welt erschüttern sollte, hatte sicher großen Einfluß auf den Charakter des Werkes, das der Komponist mehr als andere Arbeiten ausführlich kommentierte: "Ich glaube, ich habe das Kommen dieser Ereignisse geahnt, der Gefahr, die meinem Land drohte, und wollte mich gegen diese Druck stellen, wollte mit meiner Arbeit gegen diese Drohung kämpfen, die jeden Künstler und jeden Menschen in seiner innersten Überzeugung erschüttern musste", schrieb Martinu 1940 zur Uraufführung in Basel. "Mit Bangen hörten wir die Rundfunknachrichten und versuchten, uns Mut zu machen und Hoffnung einzuflößen, doch gelang uns das nicht", erinnerte er sich wenig später in Amerika. "Die Wolken verdichteten sich rasch und wurden immer bedrohender. In diesen Tagen arbeitete ich am Doppelkonzert, aber alle meine Gedanken weilten stets bei meiner bedrohten Heimat ... Un nun erklang in meiner Bergeinsamkeit mein Klavier und erfüllte mich mit Kummer und Schmerz, aber auch mit Hoffnung. Seine Töne sangen von den Gefühlen und Seufzern aller Angehörigen unseres Volkes, die fern der Heimat schreckensstarr die Katstrophe nahen sahen. Es ist eine unter erschütternden Ereignissen zustande gekommene Komposition, aber die Empfindungen, die sie hervorruft, sind nicht verzweifelt, eher geben sie Empörung, Mut und unerschütterlichen Glauben an die Zukunft kund. Ihr Ausdruck ist scharf, dramatisch erregend; eine Fülle von Tönen strömt herab, die keinen Augenblick innehält, und die reichen Melodien fordern leidenschaftlich das Recht auf Freiheit."


    Der außergewöhnliche Charakter des Paul Sacher gewidmetem Doppelkonzerts beruht in seiner vollendeten Einheit von Inhalt und Form. Das von Martinu gewählte klassische Vorbild erklärt sich aus der erkannten Notwendigkeit einer Beschränkung der emotionalen Elemente und ihrer Einbindung in drei symmetrisch angelegt und motivisch verbundene Sätze, um sie erfassbar zu machen. Der Einsatz von zwei gleichbesetzten Streichorchestern bietet dazu vielfältige Möglichkeiten polyphoner Prozesse. Scheinen Paukendonner in den Ecksätzen den bald ausbrechenden sturm anzukündigen und die solistischen Abschnitte des Klaviers im Largo Verzweiflung, Bangigkeit, aber auch Hoffnung auszudrücken, erinnern zarte Sechzehntel an die idyllische Umgebung des Landhauses der Sachers in Schöneberg, wo Martinu die Komposition vollendete. Die von dem Konzert ausgehende Wirkung hat einer der Kritiker nach der Uraufführung beschrieben: "Wir finden hier bezaubernde Phantasie, unwiderstehliche Dynamik sowie außerordentlich feinen Sinn für die Struktur ... Seine Musik, wahrhaft und befruchtend, sprudelt mit solcher Gewalt und in solcher Fülle hervor, dass wir überwältigt dastehen: eine Musik, die niemandem etwas schuldig bleibt und die ihren eigenen weg geht, eine Musik, die für einen Augenblick auf derselben Stelle verweilt und sich unablässig von selbst erneuert, dank der außergewöhnlichen Regenerationskräfte, die ihr innewohnen."

  • Hallo Wolfgang,
    dieses Werk liebe ich schon seit 1977 über die Maßen, habe es glücklicherweise selber schon spielen dürfen- was für mich ein großes Erlebnis war- und teile Deine Begeisterung aus vollem Herzen.


    Aus welchen Gründen auch immer, es mag der besondere Klang zweier Streichorchester in Kombination mit Klavier, Schlagwerk o.ä. sein, gibt es für mich drei Werke, welche, obwohl unterschiedlich in der Kompositionstechnik und in ihrer Herkunft, durchaus Parallelen vorweisen,
    vor allem, was einen ergreifenden, sehr dunklen Klangcharakter, ich nenne das jetzt einfach mal "Nachtmusik" - jedenfalls zum größten Teil-angeht.


    Diese drei Werke sind das Martinu-Doppelkonzert für zwei Streichorchester, Klavier und Pauken,
    die "Musik für Saiteninstrumente, Schlagzeug und Celesta" von Bartok, welche ja soeben ausführlich in einem anderen Thread vorgestellt wird,
    sowie von
    Frank Martin die "Petite Symphonie Concertante" für Harfe, Cembalo, Klavier und zwei Streichorchester von 1944-45.


    :hello:
    Michael

  • Hallo Michael,


    es freut mich, gerade von Dir, nun nach mehr als 3Jahren hier erstmals eine Rückmeldung für dieses großartige Doppelkonzert zu bekommen.


    Das Mackeras auch hier eine TOP-Aufgnahme vorlkegt kann ich mir gut vorstellen.


    Deine Begeisterung für Bartoks Musik für Saiteninstrumente, Schlagzeug und Celesta in diesem Zusammenhang teile ich ebenfalls voll (auch eines meiner Lieblingswerke des 20.Jhd.).
    Allerdings kenne ich Frank Martin noch nicht, was ich nach Deiner INFO nun bald ändern werde.


    Ansonsten fällt mir kein weiteres Werk ein, bei dem Parallelen zu finden sind --- das Doppelkonzert ist einmalig in jeder Hinsicht.

    Gruß aus Bonn, Wolfgang

  • teletons Begeisterung für das Martinú-Doppelkonzert aus dem Jahr 1938 teile ich - es war das erste Werk, das ich von Martinú gehört habe, und weil es mir so gut gefiel, habe ich mir im Laufe der Jahre einige weitere CDs mit Martinú-Werken angeschafft (nämlich die Sinfonien Nr. 1 und Nr. 3-6, die Sinfonietta Giocosa, die Klavierkonzerte Nr. 2-4, das Divertimento für Klavier - linke Hand - und Orchester, die drei Cellosonaten, das Duo für Violine und Violoncello Nr. 1 sowie zwei von Maria Yudina gespielte Klavierwerke). Nach wie vor bin ich der Meinung, dass das Doppelkonzert das Spitzenwerk im Ouevre Martinús ist (während ich mit manch anderen Werken z.T. nicht soviel anfangen kann).


    Meine Aufnahme des Doppelkonzerts ist diejenige von Jiri Belohlávek mit der Tschechischen Philharmonie

    Gut, wenn auch vielleicht kein "must have". Da auch Kubelik und Hickox Aufnahmen des Werks vorgelegt haben - ebenso wie der bereits erwähnte Sir Charles Mackerras -, werde ich mich mal auf die Suche nach Hörschnipseln machen.


    Übrigens staune ich mal wieder über Richard Hickox: gibt es eigentlich irgendein Repertoire, das dieser Tausendsassa nicht beackert hat?

  • Heute finde ich den alten Thread speziell zu diesem grossen Meisterwerk, der parallel zu den Martinu-Konzerten läuft.


    Das Doppelkonzert (1938) lässt mich nicht los und nach dem jüngsten Neuzugang Mackerras / Prager SO (Supraphon), der eine gute-sehr gute detailreiche Aufnahme vorlegt, dem Soloinstrument Pauke aber leider zu wenig Nachdruck und Achtung gönnt (ich berichtete im Konzert-Thread).


    :thumbup: Nun kommt eine Weitere mit Hickox / City of London Sinfonia (Virgin) dazu, die direkt mehr überzeugt, aber auch nicht ganz perfekt ist:
    - der Klang wartet mit Details auf, ist aber seltsam gestaffelt und (gegenüber den anderen Werken) recht schwach ausgesteuert (man muss 4-5dB lauter aufdrehen).
    - Hickox legt es sehr auf Details an - sehr gut, denn auch den Soloinstrumenten Pauke und Klavier lässt er seinen freien Lauf und die richtige Betonung, legt aber orchestral besonders im 2.Satz viele Details frei, die die den Spannungsablauf stören und den ohnehin nicht für jeden einfachen Zugang eher erschweren, da es unübersichtlich wird. Ansonsten wirklich gute-sehr gute Int mit Genuss und Hörspass.
    Den Final-Satz gestaltet Hickox mit grossem Zugriff und absolut fetzigen Pauken


    :!: In beiden Punkten ist die alte TOP-Aufnahme unter Stanislav Macura / Tschechische PH (PANTON, 1979, AAD) nach wie vor unerreicht; Wahnsinn, wie dort die Spannungsbögen gezogen werden und bleibt auf CD mein Favorit !



    Svjatoslav hatte 2010 über Hickox kurz geschrieben:

    Zitat

    Übrigens staune ich mal wieder über Richard Hickox: gibt es eigentlich irgendein Repertoire, das dieser Tausendsassa nicht beackert hat?


    Weil ich mit Hickox bei Poulenc mit diesem Londoner Orchester erst kürzlich ausgezeichnete Erfahrungen gemacht habe, musste diese CD als logische Konsequenz folgen ...



    VIRGIN, 1989, DDD


    Die CD bietet weiterhin herausragende Aufnahmen des Concerto für Streichquartett und Orchester (1931) und die durch Haydn inspirierte Sinfonia Concertante Nr.2 (1950) bereit. Das es zwei Sinfonia Concertante gibt habe ich erst durch diese CD entdeckt, weil auf allen CD´s nie die Nummer angegeben ist und nur "Sinfonia Concertante" da steht ... dazu an anderer Stelle mehr ...

    Gruß aus Bonn, Wolfgang