Was ist eigentlich Musik?

  • Hallo zusammen,


    ich denke, eine Frage, die im Umfrage-Thread "Eigenes Forum für die Moderne" aufgekommen ist, verdient durchaus der näheren Betrachtung eines eigenen Threads - nämlich die Frage, was Musik sei.


    Gerne wurde und wird in Geschichte und Gegenwart ja schlichtweg alles das, was einem selbst nicht gefällt, zusagt, oder erschliesst aberkannt, dass es sich um Musik (oder wahlweise, in anderen Bereichen: Kunst) handelt. Aber ist das so einfach? Was setzt etwas voraus, um "Musik" zu sein?


    Ein Versuch, zu erklären, was Musik sen, von dem man vielleicht ausgehen kann, gibt Michael Heinemann in seinem hier auch schon von mir erwähnten Buch "Kleine Geschichte der Musik" gleich zu Beginn (Seite 11):


    "Alles Hören von Musik andererseits ist nur denkbar als Bewusstwerden von Raum und Zeit: Dass Laute als Musik wahrgenommen werden können, setzt Verstand voraus, der Klänge innerhalb eines (auch unwillkürlich) bestimmten zeitlichen Abschnitts strukturiert und in ihrer Ordnung ein sinnvolles Prinzip erkennt. Losgelöst vom ursprünglichen Zweck der Lautäußerung - als Signal, als Mittel nonverbaler Kommunikation -, entwickelt sich in spielerischer Erweiterung und intellektueller Reflektion Musik zur Tonkunst."


    Was mir persönlich daran gefällt, ist, dass Heinemann deutlich macht, dass etwas, um "Musik" zu sein, einen Hörer voraussetzt, der sich auf die Spielregeln einlässt und sich nicht nur seiner Gefühle, sondern auch seines Verstandes bedient, um zu hören. Zweifel hätte ich, ob man voraussetzen kann, dass der Hörer ein "in ihrer Ordnung sinnvolles Prinzip" erkennt, damit man von Musik sprechen kann. Man wird das wohl so lesen müssen: Wenn es jemanden gibt, der ein sinnvolles Prinzip erkennen kann, ist es zumindest sehr wahrscheinlich, dass es sich um Musik handeln könnte.


    Wenn Wolfgang/teleton im oben genannten Thread schreibt:


    Zitat

    Zur Musik gehört auch Gefühl !


    will ich ihm gar nicht unbedingt widersprechen, aber einschränkend sagen: Ja, aber doch nicht unbedingt und nicht nur. Die Gewichtung der rationellen Erfassung und der emotionalen Erfassung eines Musikstückes variiert doch von Stück zu Stück, und dieses setzt die Regeln, nach denen man es beurteilen muss, was vorrangig ist. "Kopfmusik" gibt es ja nicht erst im 20.Jahrhundert, sondern öfter auch bei Bach (ich persönlich kann die "Kunst der Fuge" nicht sonderlich "emotional" hören, bin aber jedesmal zutiefst befriedigt davon, wie "verständig" diese Musik ist, will sagen: Auch das intellektuelle Vergnügen beim Musikhören kann Befriedigung bringen) und sicher bei vielen anderen. Umgekehrt stelle ich immer wieder fest, dass es Stücke gibt, deren emotionale Seite sich mir erst nach und nach erschliesst, während ich sie bei der ersten Begegnung für "kalt" oder "unemotional" hielt (ohne dass das eine Wertung gewesen wäre hinsichtlich ihrer Qualität). Zum Beispiel kann ich mich Weberns oft auf ganz wenige, kleine Gesten verknappte, aber umso intensivere Emotionalität nicht verweigern.


    Kurzum: Ich glaube nicht, dass es für eine Erklärung, was Musik sei, fordert, sie müsse emotional sein ("Gefühl gehört dazu"), ich meine aber auch nicht, dass das umgekehrte - vorrangig eine rationelle, intellektuelle Sache - zutrifft. Man wird das von Stück zu Stück neu entdecken müssen, und das macht es ja letztlich auch spannend.


    Yarpel schrieb im benachbarten Thread:


    Zitat

    Das ist ein ebenso interessantes wie gefährliches Terrain. Einerseits ist es interessant, sich und andere zu fragen, was macht Musik aus, wo hört Musik auf. Kann man sich vorstellen, daß etwas zu Musik, d.h. zu Kunst, wird, wenn man es seines gewohnten Rahmens enthebt und in einen neuen hineinstellt. Das kann ich mir auch umgekehrt denken: Hört etwas auf, Musik, d.h. Kunst zu sein, wenn man es seines Rahmens enthebt und es in einen neuen stellt?


    Damit ist für mich etwas ganz entscheidendes in der Begenung mit Musik (und in weiterem Rahmen wieder Kunst) gesagt: Letztlich kann uns die Auseinandersetzung mit Musik eben auch etwas über uns selbst sagen, mehr sogar, als es auf den ersten Blick aussieht. Das setzt allerdings wohl vorraus, dass man mit eigenen Einstellungen, Erwartungen und Urteilen von Zeit zu Zeit selbst kritisch ins Gericht geht und sie, auch unter Berücksichtigung anderer Standpunkte neu überprüft. Das geht über die Frage "gefällt mir oder nicht" raus, führt aber vielleicht auch zu einer besseren Begründbarkeit mancher Urteile über Musik und Interpretationen. Im übrigen ist es das, was für mich die Diskussion in diesem und anderen Foren immer wieder interessant macht.


    Yarpel weiter:


    Zitat

    Das Ergebnis der musikalischen Bemühungen der Komponisten bzw. der Interpreten muß uns noch nicht einmal gefallen. Wir brauchen nur zuzugeben, daß uns hier eine andere, vielleicht ungewohnte, Sichtweise auf altbekanntes angeboten wurde. Das Werurteil "Das ist keine Musik" macht es unmöglich, etwas Neues zu lernen, neue Erfahrungen, ja letztlich überhaupt Erfahrungen zu machen.


    Da kann ich nur zustimmen. Das vorschnell ausgesprochene Werturteil "Das ist keine Musik!" ist nur insofern "praktisch", als dass es ermöglicht, eine Schublade ein für alle mal zuzumachen. Diese Praktikabilität ist aber doch eine eher zweifelhafte. Ich persönlich halte mir den Weg lieber offen.


    Beste Grüsse,


    C.

    Die wirkliche Basis eines schöpferischen Werks ist Experimentieren - kühnes Experimentieren! (Edgar Varèse)

  • Zu diesem Thema könnte vielleicht auch ein Zitat von Benjamin Britten passen:


    Zitat

    Ich bin bestürzt darüber, daß viele Leute Musik nur um der Gedanken willen lieben, die sie in ihnen beim Zuhören erweckt. Sie stellen sich wundervolle Szenen vor, Wälder mit rauschenden Bäumen, oder sie sehen sich selbst in irgendwelchen romantischen Situationen. Das macht ihnen Vergnügen, aber es ist dann nicht die Musik, die sie erfreut, sondern es sind die von der Musik angeregten Assoziationen.


    Ich bin zwar nicht mit Britten darin einig, daß so eine Art des Musikhörens grundsätzlich unangebracht ist - schließlich gibt es genügend Belege dafür, daß Komponisten ihre Naturerlebnisse in Kompositionen verarbeitet haben. Es gab aber zu allen Zeiten auch Musik, die nicht Gefühlsmusik ist, sondern klanggewordene Form. Und wenn die Form das Entscheidende ist, dann kann alles, was hörbar ist, zu Musik werden.

  • Lieber Claus :D


    Ich nehme an Daß Du genau weißt (und alle die dem Thema bisher wohlweislich aus dem Weg gegenagen sind :D ) worauf Du Dich da einlässt (und natürlich auch wir, die wir hierr Stellung beziehen).


    Immerhin lehnt Metzlers eine Deutung des Begriffes ab (!) und bieten einen Deutungsvorschlag (!!) an, der jedoch so verworren und umfassen ist, daß ich mich entschlossen habe den Begriff (soweit möglich) selbst zu definieren. :stumm:


    Zunächst hier drei Aussagen die sicher zutreffend sind.


    Musik sind pervertierte Geräusche.
    (Das soll heißen die Urfunktion des Geräusches, einen Vorgang zu erkennen und daraus Begrohung oder Nicht-Bedrohung zu Erkennen, wird zugunsten einer künstlichen Geräuscherzeugung aufgegeben, ohne Notwendigkeit und ohne eigentliche Funktion. Viele Geräusche sagen uns etwas über unsere Umwelt und sind eigentlich unerwünsche Artefakte einer Bewegung, welcher Form auch immer.




    Musik sind organisierte geordnete Geräusche, sie sind vorhersehbar und nach einem Muster geordnet.
    Diesem Anspruch wird auch atonale Musik in der Regel gerecht.
    Man kann hochkomplexe Formen entwickeln und staunend davor stehen. Indes gibt es eine Einschränkung.



    Musik kann man auch losgelöst von der Physik, die ja die Musik erzeugt, betrachten, als von den Musen (woher das Wort ja kommt) gebracht, als "göttliche Botschaft sozusagen.



    Aber Musik kann auch als Genußmittel gesehen werden, etwas, das einfach lediglich "unterhalten" soll. Egal wie komplex die Werke der "Klassik" auch waren,-diesen Anspruch erfüllten sie meistens. Von den Ausnahmen hat das Publikum sich ja auch mehrheitlich abgewandt.



    Meine Definition wäre auch nicht, daß Musik das "Gefühl" anspricht, es ist IMO etwas anderes.
    Ein Gefühl wäre beispielsweise Liebe, oder Angst oder Zorn, eine Emotion. Natürlich gibt es auch hier eine gewisse Beeinflussung, aber eigentlich sehe ich Musik völlig anders.


    Wenn ich einen Gaumenkitzel durch eine Raffinierte Speise oder einen speziellen Wein, französischen Cognac, empfinde, so bedarf es keiner Emotion, es stellt sich eine angenehme Empfindung ein (nicht zu verwechseln mit Emotion, obwohl ich für beide das Wort "Gefühl " verwenden könnte eine Unschärfe der Sprache.


    So empfinden beispielsweise die meisten Menschen Terzen als angenehm, sie sind "harmonisch" es passt etwas zusammen.
    Dissonanzen, deren Verwendung in der Musik nur in Ausnahmefällen fand sind "disharmonisch" und werden mehrheitlich als "unangenehm" empfunden.


    Ich kann natürlich Musik auch "intellektuell" hören und die gewagten Konstruktionen bewundern, die da so unangenehm klingen, beispielsweise um einen vergangenen Krieg zu symbolisiern, von dem man froh sein sollte, daß er vorbei ist.


    Damit sind wir beim Thema, wozu die Musik eigentlich gut ist, welche Aufgabe sie eigentlich hat, oder welche man ihr zugesteht.
    Darüber hab ich seinerzeit einen Thread gestartet, der allerdings nicht gut angekommen ist.


    Ich glaube, daß wenn mancher Musik abgesprochen wird, Musik zu sein,
    das nicht physikalisch gemeint sein kein, natürlich ist es Musik, Unangenehme Musik eben, manche sagen Un-Musik.
    Die Betreffenden wollen lediglich ihre Verachtung dafür zum Ausdruck bringen.ähnlich wie die vornehmen Engänder das Wort Underdog gebrauchen.


    Kurz zu einer der wichtigsten Aufgaben der Musik, wie ich sie sehe:
    Sie soll erfreuen !
    Wie ein edles Parfüm. Würde irgensjemand ein Parfüm kaufen, wo der Verkäufer sagt:" DAs ist ein intellektuelles Parfüm, da müssen Sie sich erst dran gewöhnen, das muß man sich erarbeiten, nach der 4. Flasche werden sie anders drüber denken " ?


    Umgekehrt greife ich die "mioderne" Musik kaum mehr an, seit mit bewusst wurde daß sie auch ihre Anhänger hat (ein Gedanke, der mit mit 20 völlig fremd war)
    Einem (damals) befreundeten Pianisten, der Henze spielte, warf ich seinerzeit (im Spaß) vor , er würde lediglich Henze spielen, weil er Angst habe Mozart zu spielen.......


    Beste Grüße


    aus Wien


    Alfred

    Wenn ich schon als Vorbild nicht tauge - lasst mich wenigstens ein schlechtes Beispiel sein !



  • Salut,


    für mich ist Musik eine menschliche Ausdrucksform, die Gefühle, Gedanken, Sichtweisen und Vergleichbares repräsentieren kann, also eine Sprache, die im Prinzip jeder versteht, solange es um die belle musique geht (also vergleichbar der Belletristik in der Literatur).


    Demnach gehört eben auch die moderne Musik zu diesem Genre, allerdings kann resp. will sie nicht unbedingt jeder verstehen.


    Weiterhin denke ich, dass Musik in der Natur nicht zweifelsfrei vorkommt [abgesehen von ein paar zufälligen (?) Vogellauten, die z.B. Beethoven in seiner 6. Sinfonie verarbeitet hat]. Man kann aber die Natur durch die Musik in allen denkbaren Facetten darstellen und: man (hat) benutzt natürliche Werkstoffe (z.B. Holz, Pferdehaare, Därme und Metalle, nicht zu vergessen die menschliche Stimme), um damit Musik zu machen. Also ist es zumindest mittelbar doch Natur...


    Die menschliche Stimme wird vermutlich ausschlaggebend für die "Entdeckung" der Musik gewesen sein, oder? Das festigt meine Überzeugung, dass es isch um eine Sprache handelt.


    Viele Grüße

    Die Kunst ist [...] vielleicht das Denken des Herzens.
    (Blaise Pascal, 1623-1662)

  • "Musik ist die Sprache,in der man sich mit dem Jenseits unterhalten kann"
    Robert Schumann


    Man kann viele passende Zitate zum Thema,was Musik sein soll,finden.
    Man kann auch versuchen,alles bis ins kleinste Detail zu analysieren,aber es ist so wie bei allen wirklich guten Dingen im Leben:je mehr man versucht ein Wunder auseinanderzunehmen und dann über seinen "Bausteine" zu erklären,desto mehr entfernt man sich vom eigentlichen Phänomen.Da es natürlich auch Spaß macht,über solche Dinge nachzudenken,ist das ja auch in Ordnung.
    Nur:man wird nie den Zauber der menschlichen Stimme erklären können;
    Oder den Klang einer Stradivari,indem man sie auseinanderbaut und versucht,das zu kopieren..
    man ist davon berührt(oder eben nicht..)und DAS ist bereits genug..
    Man sollte immer wieder mit Dankbarkeit die Vielfalt geniessen-sowas hatte übrigens Ulli auch mal in anderem Zusammenhang geschrieben-die Musik bietet;und geniessen geht für mich persönlich auch über den Intellekt,aber was Musik betrifft auch zu einem guten Teil über die emotionale Verfassung,


    VIVAT MUSICA

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  • Zitat

    Original von Ulli
    Salut,


    für mich ist Musik eine menschliche Ausdrucksform, die Gefühle, Gedanken, Sichtweisen und Vergleichbares repräsentieren kann, also eine Sprache, die im Prinzip jeder versteht, solange es um die belle musique geht (also vergleichbar der Belletristik in der Literatur).


    Demnach gehört eben auch die moderne Musik zu diesem Genre, allerdings kann resp. will sie nicht unbedingt jeder verstehen.


    Hallo Ulli,


    die umgekehrte Sicht hat Martha Argerich in einem Interview mal geäußert. Nach ihren Lieblingskomponisten befragt, erwähnte sie u.a.Schumann, und sie begründete es damit: "ich glaube, er mag mich!"


    Es ging mir mit Beethoven in meiner Jugendzeit ähnlich: beim Spielen der Beethoven-Sonaten hatte ich immer das Gefühl, Beethoven versteht mich. Wenn man sonst das Gefühl hat, niemand versteht einen, ist es eine unglaublich tolle Erfahrung: da gibt es jemanden, dem gings genau wie mir. Also nicht, daß ich dachte, ich sei eine Art Beethoven, sondern daß die Musik genau meine Gefühle ausgedrückt hat.


    Vielleicht ist es ja so, daß Leute, die eine bestimmte Musik nicht verstehen/nicht mögen, sich in dieser Musik einfach nicht wiedererkennen. Andere aber schon, und deshalb macht es ja keinen Sinn, jemanden seine Liebe und seine Begeisterung für eine Musik ausreden zu wollen.


    Gruß
    Heinz

  • Liebe Forianer,


    ein schwieriger thread, weil er so umfassend ist. In der Philosophie- und Musikgeschichte gibt es von Platon bis in die allerneueste Zeit eine intensive Debatte, was Musik ist, an der sich Komponisten, Philosophen, Literaten beteiligt haben (interessante Beiträge etwa von Wagner, Schopenhauer, Kierkegaard, Hegel, Hanslick, Adorno u.s.w. - u.s.f.). Einen interessanten und sehr anregenden Überblick (Nachlesen könnte man ohne Ende) und umfassende Literaturhinweise findet man im Historischen Wörterbuch der Philosophie Band 6, S. 242 ff. - 16 Spalten, Basel 1984. Der thread hat jedenfalls für mich dazu geführt, dass ich den Artikel noch einmal durchgesehen habe - und wieder angeregt wurde. Das reicht von der Musik als Teil der Ausbildung des Geistes (Platon), über die Sphärenmusik der Planeten (Kepler) zur "geheimen arithmetischen Übung des unbewußt zählenden Geistes" (Leibniz) und zur Kunstästhetik des 18. Jahrhunderts (die Instrumentalmusik als die "letzte Spitze der Freiheit, indem sie .... die abstrakte Innerlichkeit, das abstrakte "Sichselbstvernehmen" ausdrückt" aber in dieser Freiheit der Subjektivität auch immer bedroht ist, leer und inhaltslos zu werden; Hegel). Dann im 19. Jahrhundert vor allem die Auseinandersetzung um absolute Musik oder Programmusik und der Streit um außermusikalische Inhalte und Bezüge der Musik. Im 20. Jahrhundert Definitionsversuche von den "Tonempfindungen" und dann von den "Tonvorstellungen", die in der Phantasie des Künstlers und des Hörers den Sinnzusammenhang der Musik schaffen.


    Man kann die Frage aber auch rein subjektiv angehen, vielleicht ist dies für diesen thread der interessante Weg. Die bisherigen Äußerungen regen mich zu zwei Bemerkungen an, was Musik nicht ist bzw. nach meiner Meinung nicht sein sollte.
    Musik ist nicht Sprache. Sprache ist immer die Abstraktion sinnlicher Eindrücke, Gewißheiten und Wahrnehmungen in Begrifflichkeit. Die Musik bezieht ihre Kraft und ihre Wirkung gerade daraus, dass sie nicht abstrahiert, sondern direkt sinnlich anspricht. Deshalb ja auch unsere direkte sinnlich-emotionale Reaktion auf Musik (mitunter schwer beschreibbare Anziehung oder auch Ablehnung). Dabei werden natürlich allgemeine musikalische Formen verwandt, eine Annäherung an Sprache (Klangrede, Klangsprache) ist mir jedoch suspekt, weil etwas wesentliches der Musik abhanden kommt.
    Das zweite, was ich hier zunächst ansprechen möchte, ist die Benutzung, die Instrumentalisierung von Musik für persönliche oder allgemeine Zwecke. Die Musik ist wie die Kunst nach meiner Überzeugung in ihren Kunstwerken für sich da. Wir können diese Ergebnisse schöpferischer menschlicher Tätigkeit zur Kenntnis nehmen, uns mit ihnen auseinandersetzen. Wenn sie dazu nachhaltig anregt und wir an ihr auch nach Jahrzehnten oder gar nach Jahrhunderten nicht vorbei kommen, ist es große Kunst - Klassik oder, wenn der Abstand etwas kürzer ist, auch moderne Klassik. Nach meiner Überzeugung ist es nicht die erste Aufgabe von Musik oder Kunst uns zu gefallen. Schon diesen Zweck zu verfolgen, würde wohl dazu führen, dass keine wirklichen Kunstwerke entstehen. Van Gogh und Picasso hätte es wohl kaum gegeben. Das mit dem Nichtgefallen trifft naturgemäß die aktuelle Kunst. Nichtgegenständliche Malerei ist noch Anfang des 20. Jahrhunderts scharf abgelehnt worden, heute sind Klee, Matisse und Picasso Allgemeingut. Die Wahrnehmungs- und Rezeptionsfähigkeiten oder vielleicht auch nur -gewohnheiten ändern sich. Sonst würde es ja wohl auch keine Fortentwicklung geben, sondern irgendwann nur Erstarrung. Die Form drängt nach Herausbildung bestimmter Stufen immer über sich hinaus. Abwege und Werke, die letztlich nicht gültig bleiben, gibt es natürlich zu Hauf. Das stellt sich aber immer erst durch die Zeit heraus. Kunst darf keine Rücksicht nehmen (oder gezielt Zwecke verfolgen), dann ist es keine. Alles meine höchstpersönliche Meinung.


    An dieser Stelle breche ist erst einmal ab. Vielleicht regt schon das zu einem weiteren Austausch an.


    Mit freundlichen Grüßen


    Matthias

    Tobe Welt, und springe,
    Ich steh hier und singe.

  • Tag,


    gemeint ist mit der Frage die abendländische Kunstmusik, nicht wahr?


    Musik ist nicht nur "die offene Frage"(L. Bernstein, Musik - die offene Frage, zuerst Scherz-Verlag, mit 45 U/Min. Schallplatte, aus seiner Harvard-Vorlesungsreihe), Musik ist auch mehr als die abendländische Kunstmusik, das ist wohl die Wahrheit. Man kann sich allerdings auf die abendländische Kunstmusik als eine weltweit "siegreiche" (Max Weber, Die soziologischen und die rationalen Grundlagen der Musik) beschränken. Nur, in dieser Beschränkung lauert, siehe Th. W. Adorno, Bruno Walter, ..., eine Spielart des Provinzialismus (Provinzialismus = Glaube an die Uniformität); vom Jazz sprachen beide mit Verachtung.


    Also, was ist eigentlich Musik? - Wie ich es sehe: Musik ist eine vom Zentrum des Leibes abstammende, primär die Menschen über den Gehörsinn erregende Mannigfaltigkeit, ist Folklore, Tradition, Schrift, Ware, ist auch Kunst, d.h. symbolische Form.


    Die Steinträger Ägyptens stabilisierten ihre Arbeit durch dem schuftenden Körper einen Aussenhalt gebenden Gesang. - Die Phänomene Tradition, Schrift (Notenschrift!), Ware - sind klar. Alles das ist Musik.


    Musik - ist eine Mannigfaltigkeit.


    MfG
    Albus

  • Salut,


    natürlich ist Musik auch Kunst, wie Sprache dies auch sein kann. Sprache ist aber nicht immer Kunst, sondern überwiegend ein Gebrauchsmedium zur Verständigung. Und das ist Musik nun weniger. Wenn ich also ein Bier bestelle, so tue ich das in aller Regel durch mündliche Artikulation, nicht unter Zurhilfenahme eines Orchesters...


    Zumindest ist die Musik jedoch ähnlich einer Sprache, denn sie verwendet z.B. auch ein gewisses Maß an "Floskeln", also wiederkehrende musikalische Ideen, die in vielen Musikstücken vorkommen. Auch Bezeichnungen wie Satz, Interpunktion, Notenschrift, Artikulation, Dynamik werden parallel und gleichbedeutend in Musik und Sprache verwendet.


    Vielleicht ist Musik eine höhere, sinnlichere Form der Sprache, die lediglich bestimmte Gefühle oder Ereignisse ausdrücken will/kann!?


    Cordialement,
    Ulli

    Die Kunst ist [...] vielleicht das Denken des Herzens.
    (Blaise Pascal, 1623-1662)

  • Hallo,


    aus dem dtv-Atlas zur Musik:


    Die Musik enthält zwei Elemente: das akustische Material und die geistige Idee. Beide stehen nicht wie Form und Inhalt nebeneinander sondern verbinden sich in der Musik zu einer ganzheitlichen Gestalt.


    Gruß,
    Oliver


    PS: Den zweiten Satz halte ich für etwas gewagt.

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  • Zitat

    Die Musik enthält zwei Elemente: das akustische Material und die geistige Idee. Beide stehen nicht wie Form und Inhalt nebeneinander sondern verbinden sich in der Musik zu einer ganzheitlichen Gestalt.



    Salut,


    interessant, dass ein solches "Lexikon" [ich glaube, es hat zwei grüne Bände], ein so wichtiges Thema in zwei so unwichtigen Sätzen formuliert [ich schaue da jetzt nicht nach]. Nun gut, zum "schnell mal was nachschlagen" für eine grobe Information und Richtung reicht es. Wie man an diesem Beispiel deutlich sieht, dient der dtv-Atlas [falls wir nun vom selben reden] der groben Information, ein weiteres Nachlesen in anderen Lexika kann da nicht ausbleiben.


    Mal abgesehen davon, dass die schönste Form der Sprache nichts nutzt, wenn der Inhalt grober Unfug ist, so würde ich doch behaupten, dass gerade in der Sprache sich Form und Inhalt verbinden [in der Musik sowieso]. Wenn man beispielsweise Kafkas Tagebücher nimmt: Ausschliesslich in dieser Form des Tagebuches, also mit teils abrupten Vermerken, teils aber auch unaufhörlich langen, ausgedehnten Texten, kann Kafka hier Inhalt vermitteln. In Gedichtform wäre dies so nicht möglich gewesen.


    Enthält die Musik wirklich nur zwei Elemente? Die geistige Idee sehe ich nicht als Element, sondern als Grundvoraussetzung für die Entstehung. Und: wie Alfred es bereits formulierte, ist die Musik latent, d.h. im Kosmos [so sehe ich es zumindest] ist sie ohnehin vorhanden, egal ob sie jemand aufgeschrieben hat, oder nicht. Zu den Elementen zähle ich nichtmal das akustische Material [was soll das überhaupt sein?], welches im Prinzip - bei dieser meiner Denkweise - mit der gesitigen Idee identisch ist.


    Cordialement,
    Ulli

    Die Kunst ist [...] vielleicht das Denken des Herzens.
    (Blaise Pascal, 1623-1662)

  • ...interessant, dass ein solches "Lexikon" [ich glaube, es hat zwei grüne Bände], ein so wichtiges Thema in zwei so unwichtigen Sätzen formuliert...


    ...klugsprech...


    ...Mal abgesehen davon, dass die schönste Form der Sprache nichts nutzt, wenn der Inhalt grober Unfug ist, so würde ich doch behaupten, dass...


    Ich beneide Dich um Deine Ekstase....Und wünsche Dir viel Spaß bei Deinen weiteren Forschungen :)


    Gruß,
    Oliver

  • Salut,


    dass ich an etwas forsche, ist mir neu... ?(


    Grüße,
    Ulli

    Die Kunst ist [...] vielleicht das Denken des Herzens.
    (Blaise Pascal, 1623-1662)

  • Ulli: Wenn Du eine gute Definition von Musik in Bausch und Bogen verurteilst, dann musst Du schon eine größere Arbeit in der Hinterhand haben. Hoffentlich wird Deine Definition besser (trotzdem sie deutlich mehr Textmasse benötigen wird...) :)


    Gruß,
    Oliver

  • Salut, Oliver,


    MOOOOOO-ment - Schließlich hast Du selbst den Text aus dem dtv-Atlas zitiert und ihn selbst zumindest hälftig kritisiert. Meine Gegenargumente zu der von Dir vorgeschlagenen Interpretation hast Du bereits schriftlich. Ich habe mir das Heft dann doch mal kurz zur Hand genommen und alleine im Inhaltsverzeichnis mindestens fünf oder sechs Unterstichpunkte zum Stichwort Musik gefunden [will meinen: mit diesen beiden Sätzen ist es nicht getan].


    Ich denke, eine feste Definition von Musik gibt es garnicht, deswegen posten wir ja hier darüber, um das ein wenig herauszubekommen und eine feste Definition wirst Du auch von mir nicht erhalten, weil es mir unmöglich ist, dies objektiv darzustellen.


    Zudem habe ich hier nichts verurteilt, sondern lediglich meine Ansicht über diese Interpretation wiedergegeben, was mich noch lange nicht verpflichtet, ein Pendant zu konstruieren. Wenn Du z. B. eine CD-Aufnahme nicht gut findest, dann wirst Du auch nicht automatisch verpflichtet, eine bessere Interpretation selbst vorzulegen [ich vermag nicht zu beurteilen, ob Dir dies ggfs. möglich ist].


    Unter dem Aspekt, dass das Ganze Leben ein Lernen, Suchen und Forschen ist, gebe ich Dir bezüglich Deiner Äußerung natürlich Recht.


    Cordialement,
    Ulli

    Die Kunst ist [...] vielleicht das Denken des Herzens.
    (Blaise Pascal, 1623-1662)

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  • Brockhaus schreibt zu dem Thema, daß etliche Dfinitionsansätze gescheitert sind und man daher mehr oder weniger darauf verzichten sollte.. (sehr frei interpretiert)


    Beste Grüße aus Wien


    Alfred

    Wenn ich schon als Vorbild nicht tauge - lasst mich wenigstens ein schlechtes Beispiel sein !



  • Zitat

    Original von Oliver
    aus dem dtv-Atlas zur Musik:


    Die Musik enthält zwei Elemente: das akustische Material und die geistige Idee. Beide stehen nicht wie Form und Inhalt nebeneinander sondern verbinden sich in der Musik zu einer ganzheitlichen Gestalt.



    Ich will jetzt doch mal eine Lanze brechen, nicht für den dtv-Atlas, aber für die m.E. doch sehr intelligente allgemeine Definition von Musik.


    Besonders überzeugt mich die Feststellung, daß Form und Inhalt in der Musik nicht zwei verschiedene Sachen sind, sondern ein und dasselbe. Klar - im allgemeinen Sprachgebrauch meint man mit Form die weiträumigeren Zusammenhänge und mit Inhalt die Motive und Themen. Aber auch die Motive und Themen selbst haben ja eine "Form", und deshalb ist die Unterscheidung, so man eine treffen will, nur eine des Blickwinkels.


    Daß es in Bezug auf ein musikalisches Werk auch noch eine andere Dimension gibt, die nicht so unmittelbar aus den Noten herauszulesen ist, finde ich allerdings auch. Bei Programmmusik ist es ganz offensichtlich, aber auch in ganz "abstrakten" Werken wie z.B. der Kunst der Fuge gibt es eine metaphysische Ebene, die durch eine Formanalyse nicht erfaßt wird. Es gibt etwas nicht Greifbares in der Musik, und große Musiker zeichnen sich eben dadurch aus, daß sie dieses nicht Greifbare dem Zuhörer übermitteln können. Wie sie das tun, weiß man nicht. Ich vermute, sie wissen es selbst nicht.


    Ich hoffe, das war jetzt nicht zu mysteriös :beatnik:


    Heinz

  • Zitat

    Original von Heinz
    Besonders überzeugt mich die Feststellung, daß Form und Inhalt in der Musik nicht zwei verschiedene Sachen sind, sondern ein und dasselbe.


    Salut,


    nichts anderes habe ich da behauptet, oder Oliver?


    Zitat

    Original von mir
    [...] so würde ich doch behaupten, dass gerade in der Sprache sich Form und Inhalt verbinden [in der Musik sowieso].


    Letztlich hat doch wieder der gute, alte Alfred Recht!


    Cordialement,
    Ulli

    Die Kunst ist [...] vielleicht das Denken des Herzens.
    (Blaise Pascal, 1623-1662)

  • Zitat


    nichts anderes habe ich da behauptet, oder Oliver?


    Ist das nicht schön: jetzt sind wir uns alle einig, Oliver, Ulli, Alfred, Heinz und der dtv- Atlas. Was will man mehr?! :P

  • Nur eine Frage am Rande: Müssen wir Musik unbedingt definieren, im akademischen Sinn? Mir kommt da spontan Erich Fried in den Sinn: Ein Gedicht von ihm heißt: "Es ist was es ist" Gemeint ist hier zwar die Liebe, aber in gewisserweise trifft die Frieds Schlussfolgerung ebenso auf die Musik zu. Zu uferlos, zu weit ist dieses Feld.


    Christian

    Beherrsche die Sache, die Worte werden folgen! (Cato der Ältere)

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  • Christian schrieb:


    Zitat

    Nur eine Frage am Rande: Müssen wir Musik unbedingt definieren, im akademischen Sinn?


    :D :D :D


    Das hängt davon ab, was man von dieser Frage erwartet, bzw was man damit beabsichtigt.


    Ich gehe mal davon aus, daß Claus die Frage deshalb gestellt hat, um die "moderene" Musik zu rehabilitieren oder besser gesagt, deren Ansprüche auf "Gleichberechtigung" zu postulieren. Es ist nämlich bei dieser Fragestellung sehr schwer eine Formulierung zu finden, die einigermaßen zutrifft und gleichzeitig die (als Beispiel) atonale, serielle, minimale oder experimentelle Musik a priori ausgrenzt.


    Dieses Bestreben ist natürlich von konservativer Seite immer gegeben, lässt sich aber bei Beantwortung dieser Frage nicht definieren, zumndest nicht schlüssig und überzeugend, fast jede "akademische Definition" schließt auch "ungeliebte Musik" mit ein. - Und genau das wollte Claus beweisen - mit der eleganten Feinheit, daß den Beweis noch dazu wir selber führen sollten. :P:hello:


    Beste Grüße aus Wien


    Alfred

    Wenn ich schon als Vorbild nicht tauge - lasst mich wenigstens ein schlechtes Beispiel sein !



  • Salut,


    Danke, Alfred für den netten Tip: So kann ich nun die für mich geltende Definition wie folgt formulieren [was ich eigentlich nicht wollte]:


    Musik ist die Aufnahme tonaler Schwingungen durch alle Sinnesorgane mit anschließender oder zeitgleicher Umsetzung in persönliche Stimmungen und Gefühle oder das reine [Aus]denken solcher diese Schwingungen verursachender Anweisungen, welche die Aufnahme und deren Folgen mutmaßen.


    Wie gesagt, es gilt nur für mich und ist doch bei unwesentlicher Mehrmenge an Text wesentlich aufschlussreicher, realitätsnaher und verständlicher formuliert, als in gewissen Lexika.


    Für alle, denen das nun nicht passt: Ja, ich bin blöd, egoistisch, einfältig, herablassend und Mozartfan.


    Cordialement,
    Ulli

    Die Kunst ist [...] vielleicht das Denken des Herzens.
    (Blaise Pascal, 1623-1662)

  • Zitat


    Zitat Ulli


    Für alle, denen das nun nicht passt: Ja, ich bin blöd, egoistisch, einfältig, herablassend und Mozartfan


    Lieber Ulli,


    deine Stimmung scheint momentan nicht die allerbeste zu sein?
    Wer hat dich denn so bös angegriffen, daß du so sarkastisch wirst?


    Also mir gefällt deine Definition auch ganz gut, mit der Einschränkung, daß ich den Geruchssinn und den Geschmackssinn für nicht so wesentlich halte bei der Aufnahme von Musik. Aber du hast recht: Musik beschränkt sich nicht auf Gehirn/Verstand und Ohr/Gehör. Rhythmus ist z.B. etwas, was sich nur über die Körperbewegung vermittelt.


    Nette Grüße
    Heinz

  • Salut, Heinz


    mich hat niemand angegriffen, dies ist nur eine vorbeugende Massnahme wie auch die Nennung aller Sinnesorgange. Ich bin immer sarkastisch zu mir selbst :D


    Ich finde z.B. dass ein bestimmter Geruch während des erstmaligen Hörens eines Werkes schon auch Einfluß auf die Empfindung des Werkes nehmen kann, egal ob im positiven oder negativen Sinne. Die Haut, denke ich, nimmt ebenso Vibrationen wahr und reagiert mit Schweißausbrüchen oder Zittern, der Geschmackssinn mag vielleicht im "übertragenen" Sinne dienlich sein [Musik-Geschmack]. Durch das Sehen habe ich gestern eine großartige Erfahrung gemacht: Die mir bekannte Salieri-Oper Falstaff habe ich in EINS festival das erstemal gesehen und nun noch lieber, als vorher. Es war aber auch ein hervorragender Falstaff [ich muß noch heraussuchen, welches Ensemble spielte bzw. wer sang]. Leider habe ich dies zu spät bemerkt, sonst hätte ich gleich auf Festplatte aufgenommen. Danach kam netter Weise noch Mozarts B-Dur Rondo mit Prof. Ulf Hoelscher [bei dem meine Frau studiert hat]. Aber das hat jetzt nichts mehr mit dem Thema zu tun...


    Danke für Dein Lob!


    Viele Grüße
    Ulli

    Die Kunst ist [...] vielleicht das Denken des Herzens.
    (Blaise Pascal, 1623-1662)

  • Was ist Musik?
    Musik ist ein natürlicher Zustand, den wir Menschen versuchen mit unseren Mitteln nachzuahmen. Wir malen ihn nach mit Tönen. Musik ist zurückzuführen auf das ewige Ein und Aus des seins. Ein aus, Ein aus. Musik ist das Echo davon. Widerhallend an den Konturen dessen was für uns ist. Manchmal ist Musik dem Ein und aus unmittelbar nahe. Aber auch die in Töne getauchten Echos sind Teil dessen.


    Das ist eine hochphilosophische Frage. Für einige sicher auch die Frage der Fragen.


    Auf jeden Fall ist Musik mehr als ein vom Künstler gefertigtes Werk. Musik ist eine Komposition, die Echos einzufangen und in Tonfarbe zu kleiden. Daher ist der Komponist in meinen Augen mehr als Künstler.


    Die Umstände von Bachs Leben z. B. sind für uns interessant, weil wir näher an dem Menschen sein wollen, der so etwas vollbracht hat. Aber wesentlich sind sie meiner Meinung nach nicht. Wichtig ist nur, was er komponiert hat.


    Das bildet ein Verhältnis ab, welches auch im Thread "Verehrt Ihr Eure Meister" besprochen wird.


    Meine Antwort dürfte anhand dessen klar sein.


    So jetzt les ich mir erstmal Eure Antworten durch

    29.08.1958 - 25.06.2009
    gone too soon

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  • Grundsätzlich zähle ich jedes von einem Lebewesen nicht aus einer Schreckreaktion produziertes Klanggeschehen gewissermassen als Musik, wenn ich mal davon ausgehen kann, dass man - losgelöst vom Begriff der Muse - alle zeitlich aufeinanderfolgenden reproduzierbaren Klangereignisse einzuordnen versucht .


    Das klingt vielleicht ein wenig provokativ, beispielsweise somit auch den Vogelgesang der Musik zuzuordnen. Aber vielleicht hilft da eine weitere Differenzierung in reine Funktionsmusik und "unterhaltende" Musik.


    Unter Funktionsmusik verstehe ich hierbei primär alle Formen von Tierlauten, die ja immer irgendwelchen Zwecken, beispielsweise Warnrufe, Paarungslaute etc dienen. Bis hierher muss man nicht mal davon ausgehen, dass diese Laute wirklich bewusst erzeugt werden, wobei ich aber beim Vogelgesang und natürlich ganz besonders beim Walgesang im weiteren Sinne schon davon ausgehe, dass sich diese Tiere sehr wohl bewusst sind, was sie da tun.


    Beim Menschen zähle ich - neben den auch hier noch vorhandenen archaischen tierlautähnlichen Äusserungen - beispielsweise alle einschlägigen Alarmtöne, aber auch solche Dinge, wie beispielsweise Erkennungsmelodien von irgendwelchen Sendungen etc dazu.


    Die von mir etwas dünn mit "unterhaltende" Musik umschriebene Art des Klanggeschens soll im Allgemeinen das umfassen, was man auch von Sinn und Zweck her landläufig unter Musik, also gewissermassen unter irgendwie aus künstlerischen, bisweilen vielleicht nur spielerischen Gründen von Menschen (inklusive möglicherweise vorhandenen anderen Wesen mit ähnlich ausgebildetem Bewusstsein?...) erstellten Werken versteht. Wobei hierbei natürlich gerade die "künstlerischen Gründe" oftmals zu hitzigen Diskussionen führen...


    "Unterhaltende" Musik als globale für jedermann emotional erfassbare Weltsprache - vielleicht grenzt diese Umschreibung diese "Kunstmusik" von den anderen Klanggeschehen ab.

    alle Menschen werden Brüder ...

  • Hallo !


    Was ist eigentlich Musik ?


    Zitat aus Wikepedia :


    "Musik (altgr. mousik‚musische [Kunst]‘ über lat. musica) ist die organisierte Form von Schallereignissen. Ihr akustisches Material – Töne und Geräusche innerhalb des für den Menschen hörbaren Bereichs – das einerseits physikalischen Eigengesetzlichkeiten wie z. B. der Obertonreihe oder Zahlenverhältnissen unterliegt, andererseits durch die Art seiner Erzeugung mit der menschlichen Stimme, Musikinstrumenten, elektrischen Tongeneratoren oder anderen Schallquellen gewisse Charakteristika aufweist, wird sinnvoll geordnet. Aus dem Vorrat eines Tonsystems werden Skalen gebildet; deren Töne können in unterschiedlicher Lautstärke und Klangfarbe erscheinen und Melodien bilden. Aus der zeitlichen Folge der Töne und Geräusche von verschieden langer Dauer entstehen Rhythmen. Aus dem Zusammenklang mehrerer Töne von jeweils anderer Tonhöhe erwächst Mehrstimmigkeit, aus den Beziehungen der Töne untereinander entsteht Harmonik. Die begriffliche Erfassung und systematische Darstellung der Zusammenhänge leistet die Musiktheorie, die ihrerseits in der Musikpädagogik gelehrt wird. " Zitat ende.


    Um diese wissenschaftliche Erklärung der Musik geht es mir allerdings nicht.
    Mich würde interresieren was IHR unter Musik versteht.


    Die Frage hat sich für mich gestellt, nach dem ich in zwei Threads wo es um den Komponisten Stockhausen geht, mitgeteilt habe :
    Dieser Herr macht keine Musik ( meine Meinung ! ).
    Für mich ist das alles nur eine Verbindung von einzelnen Tönen die mir nichts sagt.
    Was haben z.B. Hubschrauber in einem Streichquartett zu suchen ???


    Gleiches würde bei mir auch gelten bei Henze, Boulez etc.


    Daher : Wie seht ihr es ?
    Was ist für Euch Musik und wie definiert ihr sie ?
    Wie muss sie sein ?


    Bin auf Eure Meinung zu dem Thema gespannt !


    Mit musikalischen Grüssen
    Holger

    "Es ist nicht schwer zu komponieren.
    Aber es ist fabelhaft schwer, die überflüssigen Noten unter den Tisch fallen zu lassen"
    Johannes Brahms

  • Zitat

    Original von HolgerB
    Für mich ist das alles nur eine Verbindung von einzelnen Tönen, die mir nichts sagt.


    Ist doch schon ganz gut, wie wäre es mit:


    Musik ist eine Verbindung von Tönen, dabei reicht es aus, wenn sie irgendjemandem etwas sagt.


    Zitat


    Was haben z.B. Hubschrauber in einem Streichquartett zu suchen ???


    Deswegen heißt es ja auch Helikopterquartett! Wie beim Forellenquintett! ;)


    Zitat


    Gleiches würde bei mir auch gelten bei Henze, Boulez etc.


    Hast Du von denen überhaupt schon mal etwas komplett angehört?
    Nirgendwo kommen da Hubschrauber vor und Henze und Boulez klingen beide recht stark voneinander oder von Stockhausen verschieden. (Vielleicht alles scheußlich, aber nicht alles gleich!)
    Wie oft hast Du Dir "Gruppen" angehört, bevor Du zu dem Urteil, daß es keine Musik sei, gekommen bist?


    :hello:


    JR

    Struck by the sounds before the sun,
    I knew the night had gone.
    The morning breeze like a bugle blew
    Against the drums of dawn.
    (Bob Dylan)

  • Johannes schrieb :


    Zitat

    Hast Du von denen überhaupt schon mal etwas komplett angehört?


    Hab ich nicht geschafft...


    Zitat

    Nirgendwo kommen da Hubschrauber vor und Henze und Boulez klingen beide recht stark voneinander oder von Stockhausen verschieden. (Vielleicht alles scheußlich, aber nicht alles gleich!)


    Zitat Wikipedia : Für eine Aufführung wird - neben dem Streichquartett - folgendes benötigt: vier Hubschrauber mit Piloten und Tontechnikern, vier Fernsehübertragungsgeräte, vier mal drei Tonübertragungsgeräte, ein Hörsaal mit vier Fernsehgeräten und Lautsprecheranlagen, ein Tontechniker mit Mischpult und ein Moderator. Das Stück basiert auf der einfachen Idee eines Streichquartetts, wobei die Rotorblätter als ein zweites Instrument fungieren und Mikrophone so platziert werden, dass die Rotorengeräusche sich in den Klang der Instrumente einfügen, während die Instrumente aber immer lauter als die Rotorblätter sind. Das Stück wird folgendermaßen gespielt: Ein Moderator, z.B. ein Tontechniker, stellt das Stück vor und erklärt die technischen Aspekte des Stücks. Die Streicher müssen dann zu den Hubschraubern gehen oder gefahren werden, während sie für das Publikum die ganze Zeit auf den Bildschirmen zu sehen sind. Das Einsteigen wird auch gezeigt. Jeder Hubschrauber ist mit drei Mikrophonen, einer Kamera und den Bild-/Tonübertragungsgeräten ausgestattet. Die Streicher und deren Instrumente bleiben immer im Bild der Kamera, ohne, dass sich der Ausschnitt ändert. Hinter jedem Streicher kann man den Boden und die Scheibe sehen. Das Stück fängt nun an. Die ursprüngliche Version dauerte ungefähr 18 1/2 Minuten, aber die Überarbeitung von 1994 wurde auf 21 1/2 Minuten ausgedehnt. Die Hubschrauber kreisen in einem Radius von etwa 6 km um den Hörsaal, wobei sie ständig die Flughöhe wechseln, um einen "hüpfenden" Effekt zu erzeugen. Alle zwölf ankommenden Signale werden durch den Tontechniker kontrolliert. Der Abstieg dauert 5 Minuten, wobei das leiser werdende Geräusch der Rotorblätter als Hintergrund für die Rückkehr des Streichquartetts in den Hörsaal dient. Der Moderator stellt sich dann den Fragen des Publikums und beginnt den Applaus. ( Zitat ende )


    WAS BITTE HAT DAS MIT MUSIK ZU TUN ????



    Zitat

    Wie oft hast Du Dir "Gruppen" angehört, bevor Du zu dem Urteil, daß es keine Musik sei, gekommen bist?


    Bis etwa zur hälfte habe ich es geschafft ....


    Gruss
    Holger
    :faint: :hello:

    "Es ist nicht schwer zu komponieren.
    Aber es ist fabelhaft schwer, die überflüssigen Noten unter den Tisch fallen zu lassen"
    Johannes Brahms

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