Gestern abend in der angenehm temperierten und klimatisierten Kölner Philharmonie gab es das selten gespielte Apokalypse-Oratorium "Das Buch mit 7 Siegeln" des Wiener Spätromantikers Franz Schmidt (1874-1939) zu hören. Das Werk wurde 1938 in Wien uraufgeführt.
Es spielte das aus Musikern Kölner Gürzenich-Orchesters zusammengesetzte Kölner Sinfonieorchester, in einer Gemeinschaftsproduktion sangen der Chor des Bach-Vereins Köln und der Philharmonische Chor der Stadt Bonn unter der Leitung von Thomas Neuhoff.
Solisten waren Julia Borchert (S), Gerhild Romberger (A), Andreas Wagner (T) und Konrad Jarnot (B) - den überaus schwierigen und umfangreichen Tenor-Part des Johannes sang Luca Martin. An der großen Orgel der Philharmonie spielte Johannes Geffert.
Dieses knapp zweistündige, durch und durch dem üppigen spätromantischen Klang eines Richard Strauss, Anton Bruckner oder Gustav Mahler verpflichtete Oratorium war ein echtes Erlebnis - zurück blieb die Frage, warum man es nicht öfters zu hören bekommt? Laut Angaben der Veranstalter erlebten wir gestern die Kölner Erstaufführung...
Die gut 160 Sängerinnen und Sänger der beiden beteiligten Chöre meisterten die höchst anspruchsvollen Chornummern (vor allem die sehr kniffligen Fugen!) souverän - sehr beeindruckend neben all den lauten und wuchtigen Stellen auch die ganz leisen, oft unisono und bewundernswert präzise und textdeutlich deklamierten Stellen!!
Das Orchester und die Orgel hatten gut zu tun (inkl. dem reich besetzten Schlagwerk) und brachten den musikalisch geschilderten Weltuntergang plastisch zum Ausdruck. Einfach grandios!
Von den Solisten möchte ich vor allem den jungen Tenor Luca Martin herausheben, der den sehr anspruchsvollen Part des Johannes (in diesem Oratorium ist das quasi der "Evangelist" der Bach-Passionen) sehr dramatisch, einfühlsam und sehr gut verständlich vortrug.
Ein toller Konzertabend mit einem mir bislang nicht näher bekannten Werk, dazu ein überaus informatives und ausführliches Programmheft, das den Konzertbesuchern sowohl das unbekannte Werk wie auch den nicht minder unbekannten Komponisten Franz Schmidt vorstellte.
Die Kölner Philharmonie war gut besucht (und das bei einem derart unbekannten Programm) - trotz Super-Sommerwetter, evangelischem Kirchentag und Fronleichnams-Feiertag.
Verdienter, sehr enthusiastischer Applaus am Ende für alle Ausführenden!