Titta Ruffo-"Voce di Leone"

  • Tullio Serafin, der bedeutende italienische Operndirigent, sagte am Ende seines langen Lebens, daß er nur drei Gesangswunder erlebt habe : Caruso, Ponselle und Ruffo.
    Titta Ruffo, geboren am 9.6.1877 in Pisa. In frühen Jahren arbeitete er in der Schmiede seines Vaters. Mit achzehn Jahren bemerkte er, daß er eine schöne Stimme hatte. Er fuhr nach Rom, sang dem berühmten Gesanglehrer Venceslao Persichini vor und wurde dessen Schüler an der "Santa Cecilia"in Rom. Ruffos Operndebüt war 1988 am "Teatro Constanzi"in Rom als Heerrufer im"Lohengrin".Es folgten zahlreiche Gastspiele an italienischen Bühnen, sowie in Südamerika, Russland, und nach 1900 öffneten sich ihm alle großen Opernbühnen der Welt. 1903 sang er eine Spieleit an Covent Garden in London. Im Lauf der Jahre erwarb er sich ein Repertoire von 55 Rollen. Die wichtigsten seien erwähnt. Figaro im"Barbier", Nabucco, Don Carlo in "Ernani", Rigoletto, Amonasro, Jago, Falstaff, Hamlet, Tonio im"Bajazzo", Scarpia.
    1935, nach 37 Bühnenjahren verabschiedete er sich von der Opernbühne. Seine letzten Lebensjahre in Italien wurden durch den Konflikt mit dem faschistischen Regime überschattet. Er starb am 5.Juli 1953 in Florenz.
    Titta Ruffo besaß eine der schönsten Baritonstimmen die auf Tonträger überliefert sind.Die riesige Tonfülle, sein dunkles, warmesTimbre und die Ausdruckskraft seiner Stimme kann man in den zahlreichen Tondokumenten bewundern.
    Eine ausführliche Biographie kann man auch bei Wikipedia nachlesen(englisch und italienisch).
    Aber ich glaube, besser als alle Worte sprechen seine Aufnahmen für ihn, für "Die Stimme des Löwen".


    :hello:Herbert.



    (Bei jpc und Preiswerter bei Amazon).

    Tutto nel mondo è burla.

  • Lieber Herbert,


    anscheinend muss ich da mal aktiv werden - ich kenne ihn bisher nur aus den Duettaufnahmen mit Gigli (ca. 1926) und aus einer Prima Voce CD von Nimbus. Erstere zeigen eine spröde und rauh gewordene Stimme, letztere einen harten, engen, unangenehm forcierten Klang.


    Ganz offensichtlich die falsche Auswahl...


    :hello:
    BBF

    "Dekonstruktion ist Gerechtigkeit." (Jacques Derrida)

  • Lieber Herbert,


    Titta Ruffo ist ein sehr interessanter Sänger. Laut Jens Malte Fischer soll Ruffo ja einen enormen Stimmumfang (bis hinauf zum hohen C) gehabt haben - bei einem Volumen, das nahezu unmenschlich gewesen sein soll. Ich finde es ein bißchen schade, daß man all dies auf den zum großen Teil akustischen Aufnahmen nicht so mitbekommt. Freilich: Um zu erkennen, daß die Stimme sehr groß war, braucht man kein besonders geschultes Ohr. Aber was die Stimmfarbe angeht, wünschte ich mir doch, daß es bessere Aufnahmen gäbe.


    Meine erste Titta-Ruffo-Platte war eine russische Melodya mit Ausschnitten aus Rigoletto und Hamlet. Der Rigoletto hat mich damals hellauf begeistert. Da ist eine warme, dunkle und männliche Stimme mit stählernem Kern zu hören, welche diese schwere Partie mühelos bewältigt und überzeugend gestaltet. Wenige schwere Baritone (und Ruffo war ein solcher) haben diese Partie so mühelos gesungen. Auf der Liste der großen Baritone des 20. Jahrhunderts gehört er für mich neben Apollo Granforte auf jeden Fall zu den besten Vertretern seines Fachs.


    Ich würde gern mehr schreiben, muß aber dringend ins Bett. Da war irgendwo einmal ein Thread über die peinlichsten Klassikerlebnisse... ein solches werde ich morgen früh haben: Da muß ich Nessun dorma auf einer Trauerfeier singen...! :angry:


    :hello:
    M.

  • Hallo BBF,
    Du mußt natürlich bei den besten Aufnahmen von Ruffo bedenken, daß sie aus der selben Zeit sind, wie die Caruso-Aufnahmen (1907-1920).Die Sänger sangen in einen Tricher, aber das weißt Du ja selber. Viele Einspielungen aus jener Zeit sind "technisch verbessert"worden, was meist übertrieben wird (Hall, und Pseudostereo).Ansonsten ist die Stimme von Ruffo genau so unanfechtbar, wie die von Caruso.Ein berühmter Baritonkollege Ruffos, Giuseppe de Luca sagte über ihn:
    "Das ist keine Stimme, das ist ein Wunder".


    :hello:Herbert.

    Tutto nel mondo è burla.

  • Lieber Herbert,


    welche Ruffo-CD kannst Du mir dann empfehlen? Wie gesagt, ich bin mir sicher, dass ich einfach die falschen CDs erwischt habe (dass er 1926 seinen Zenit weit überschritten hatte ist übrigens nicht nur meine Meinung).


    Caruso, Giuseppe de Luca, Apollo Granforte, Pol Plancon - ich schätze diese Sänger sehr und bei ihnen stören mich auch die aufnahmetechnischen Beschränkungen nicht.


    Bei nächster Gelegenheit schreibe ich mal was zu Battistini.


    :hello:
    BBF

    "Dekonstruktion ist Gerechtigkeit." (Jacques Derrida)

  • Schon sonderbar, wie unterschiedlich Stimmen wahrgenommen werden. Soeben habe ich begleitend zur Leküre der rund zwanzig Seiten über Ruffo in Nigel Douglas Buch "More Legendary Voices" rund 2 1/2 Stunden lang diese CD gehört:



    Wir sehen, es handelt sich um die oben von Barockbassflo genannte Nimbus-CD. Barockbassflo hört auf dieser "einen harten, engen, unangenehm forcierten Klang". Ganz anders nehme ich die zu hörende Stimme wahr. Ich höre eine Stimme zum Niederknien. Eben deshalb dauerte die CD 2 1/2 Stunden. Diese Arie wollte ich noch einmal hören, dann wieder jene. Dann noch mal...


    Überwältigend wirkt auf mich zunächst die schiere Kraft der Stimme. Endlose Reserven hat dieser Sänger. Töne, die für andere Baritone schon die Höchstleistung darstellen, sind für Ruffo nur der Einstieg. Ein Brüller, also? Weit gefehlt. Dieser Sänger besaß ein vollendetes Legato. Seine mezza voce ist von großer Ausdruckskraft. Die Stimme ist warm, dunkel timbriert, gleichwohl aber sicher in der Höhe. Schwerfällig muss eine solche Stimme sein, denkt man. Eigentlich ja, trotzdem bewältigt Ruffo die Arie "Largo al factotum" hervorragend. Selbst die nötige Beweglichkeit ist also vorhanden. Die Arie lässt zudem erkennen, dass Ruffo - der trotz kaum vorhandener Schulbildung äußerst belesen war - mit seiner Stimme zu gestalten wusste.


    Sicher, Ruffo weiß um seine besondere Stärke - die pure Kraft - und setzt sie ein. Für den heutigen Geschmack tut er das wohl ein bisschen zu sehr. Laut Douglas ist ihm bereits von Zeitgenossen vorgeworfen worden, bestimmte Töne lauter und länger zu singen, als notiert. Mag sein, hier auf dieser CD kann ich davon nichts feststellen. Hier, in der Hinterlassenschaft aus seiner besten Zeit, singt er sich meiner Ansicht nach in den Olymp.


    Barockbassflo, du suchst eine CD, die Ruffo at it´s best zeigt? Diese hier möchte ich dir empfehlen. Gefällt dir diese nicht, gefällt dir keine von Ruffo.


    Forcierter Klang? Nein, davon höre ich nichts. Im Gegenteil höre ich eine Stimme, die soviel Kraft hat, dass ein Forcieren gar nicht nötig ist. Von Enge kann in meinen Ohren keine Rede sein. Der Ton fließt sauber dahin. Allein dieses "Di Provenza il mar, il suol". Wo soll die Stimme da eng sein, frage ich mich.


    Lieben Gruß
    Thomas

  • Lieber Thomas,


    in der Tat, genau das war die CD die ich vor Jahren beim Beck am Rathauseck gehört und dann wieder weggestellt hatte.


    Da fällt mir ein: ich habe ja von Mike Richter die "Historic Baritones". Die laufen jetzt wo ich dieses schreibe, das Largo al factotum ist gerade vorbei. Ich hatte es vor ein paar Minuten noch mit Mattia Battistini gehört - Titta Ruffo singt die Koloraturen am Schluss wesentlich sauberer als Battistini!


    Es lag also beim letzten Hören eher an mir oder an den Kopfhörern im CD-Geschäft...


    Ich nehme alles zurück und schließe mich den Lobeshymnen an.


    Was so ein ausführliches, detailliertes, wohltemperiertes Posting doch bewirken kann - danke Thomas!


    (Wobei ich Herberts freundliche Empfehlung auch nicht unter den Tisch fallen lassen will)


    :jubel: :jubel: :jubel:
    BBF

    "Dekonstruktion ist Gerechtigkeit." (Jacques Derrida)

  • Zitat

    Original von Barockbassflo


    Da fällt mir ein: ich habe ja von Mike Richter die "Historic Baritones". Die laufen jetzt wo ich dieses schreibe, das Largo al factotum ist gerade vorbei. Ich hatte es vor ein paar Minuten noch mit Mattia Battistini gehört - Titta Ruffo singt die Koloraturen am Schluss wesentlich sauberer als Battistini!


    Ich habe leider bisher von Ruffo nur sehr wenig gehört, jedoch zählt das oben genannte "Largo al factotum" dazu. Und ich muß gestehen, dass es mich schier umgehauen hat, wie sich eine solch gewaltige Stimme dennoch so agil und geschmeidig bewegen kann. Tiefere Hörerfahrungen stehen allerdings noch aus, es gibt einfach zu viele großartige Sänger, im Moment ist gerade Pinza bei mir dran. :pfeif:


    Jedoch ist es eine gängige Feststellung in der Literatur, dass die Stimme nach 1920 - zuerst in der Tiefe - stetig abgebaut hat, insofern die elektrischen Aufnahmen bezüglich der Stimme nur zweite Wahl seien. Ich kanns wie gesagt nicht beurteilen, da noch zu wenig gehört.


    Gruß
    Sascha


  • Amazon





    Ich habe diese Doppel-CD empfohlen, weil sie einige Szenen und Arien aus Rigoletto und mehrere italienische Lieder enthält.Auch alle anderen Aufnahmen stammen aus Ruffos bester Zeit. Außerdem sind sie weniger durch Nachbearbeitung verfremdet als die Nimbus-CD.


    :hello:Herbert.

    Tutto nel mondo è burla.

  • Hallo zusammen,


    einen hervorragennden Überblick über die gesamte Karriere Ruffos bietet die 3-CD-Kollektion "Titta Ruffo"aus der Reihe „Lebendige Vergangenheit“.


    Meine persönlichen Favoriten: aus Meyerbeers „L’africana“ All’erta marinar und Adamastor, re delle acque profonde sowie aus Thomas’ „Amleto“ O vin, discaccia la tristezza.


    Gruß
    Pylades

    Einmal editiert, zuletzt von Pylades ()

  • Banner Trailer 2 Gelbe Rose
  • Da ich als alter Ruffo-"Geschädigter" den Grossteil seiner Aufnahmen (auf LP) besitze - von der TrichterÄra abwärts - bin ich besonders glücklich, dass Herbert diesen Thread eröffnet hat. Ich finde, diese aussergewöhnlich schöne und interessante Stimme besticht schon allein durch ihre Machtfülle, die aber nie forciert oder aufgesetzt ist. Das haut einen einfach um!


    Auch wenn man von diesem Ausnahme-Sänger keine speziellen Aufnahmen empfehlen kann, da ja alle einzigartig sind, so will ich doch das Duett Otello-Jago mit Caruso hervorheben, sein O monumento! mit zuvor noch nie gehörtem Grandeur, seinen Rigoletto, ja eigentlich alle Verdi-Partien sowie seinen Hamlet - und nicht zu vergessen seine grossartig vorgetragenen Lieder. Sein Don Giovanni allerdings ist gewöhnungsbedürftig.


    Dass Ruffo sich in seinen Interpretationen manche gelegentlich musikalisch anfechtbare Freiheiten nimmt, kann die singuläre, ja überwältigende Stimmpracht dieses Baritons nicht schmälern.


    Interessant ist die Aufnahme des Duetts Nabucco-Zaccaria "Tremin gl'insanni", in dem er sowohl die Bariton-, als auch die Baßpartie verkörpert.

    Arrestati, sei bello! - (Verweile, Augenblick, du bist so schön!)

  • Ruffo und De Luca hatten denselben Lehrer, Venceslao Persichini - dabei könnten ihre Stimmen unterschiedlicher nicht sein. An die Met kam Ruffo erst nach Carusos Tod soweit ich weiss und da war er nicht mehr ganz im Vollbesitz seiner Prachtstimme. Caruso und Ruffo standen auch nur maximal 3 mal gemeinsam auf der Bühne. Von Ruff gibt es eine sehr interessante Autobiografie "La mia Parabola". Sein Schwager war Giacomo Matteotti, deshalb die "Schwierigkeiten" mit den faschistischen Obrigkeiten.
    und er sagte über sich:
    “I never knew how to sing, that is why my voice went by the time I was fifty. I have no right to capitalise on my former name and reputation and try to teach youngsters something I never knew how to do myself.”

  • Titta Ruffo (* 9. Juni 1877 in Pisa; † 5. Juli 1953 in Florenz), eigentlich Ruffo Titta Cafiero, war ein italienischer Opernsänger (Bariton). In seiner italienischen Heimat wird er zusammen mit Enrico Caruso und Rosa Ponselle zu den zehn größten „Gesangswundern“ aller Zeiten gerechnet.



    LG


    :hello:

    Harald


    Freundschaft schließt man nicht, einen Freund erkennt man.
    (Vinícius de Moraes)

  • Ich bin auch ein großer Verehrer der Stimme Tita Ruffos und freue mich, daß hier wieder an diesen großartigen Sänger erinnert wird. Für mich ein Grund, mal wieder eine CD von ihm zu hören. Diese ist von der Firma CEDAR und weist eine sehr gute und nicht verfälschte Tonqualität auf. Mir imponieren hier seine Arien des Renato aus "Ein Maskenball" und die zwei Arien des Carlo aus "Ernani". Leider kann ich die CD und das entsprechende Cuver nicht bei unseren Partnern finden. Die von Herbert angeführte Doppel-CD werde ich mir bei Gelegenheit auch bestellen.

    W.S.

  • Heute vor 60 Jahren gestorben:


    [timg]http://ecx.images-amazon.com/i…L500_AA240_.jpg;l;240;240[/timg]
    Titta Ruffo (* 9. Juni 1877 in Pisa; † 6. Juli 1953 in Florenz), eigentlich Ruffo Titta Cafiero, war ein italienischer Opernsänger (Bariton). Laut Goruma wird er zusammen mit Enrico Caruso und Rosa Ponselle) zu den zehn größten „Gesangswundern“ aller Zeiten gerechnet.


    LG

    Harald


    Freundschaft schließt man nicht, einen Freund erkennt man.
    (Vinícius de Moraes)

  • Titta Ruffo, ein großer italienischer Bariton vergangener Tage, wurde am 9. Juni 1877 geboren und starb am 5. Juli 1953. Zu seinem heutigen Geburtstag habe ich diese CD mitgebracht, auf der man hören kann, welche grandiose Stimme er hatte:



    Heute ist die 138. Wiederkehr von Titta Ruffos Geburtstag.



    Liebe Grüße


    Willi :)

    1. "Das Notwendigste, das Härteste und die Hauptsache in der Musik ist das Tempo". (Wolfgang Amadeus Mozart).
    2. "Es gibt nur ein Tempo, und das ist das richtige". (Wilhelm Furtwängler).