GLUCK, Christoph Willibald: IPHIGÉNIE EN AULIDE

  • Christoph Willibald GLUCK
    IPHIGÉNIE EN AULIDE

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    Oper in 3 Akten


    Libretti von Marie François Louis Gand Bailli Du Roullet dit Le Blanc (nach Racine)


    Uraufführungen am 19.4.1774 Paris (1. Fassung ohne Diane)
    10.1.1775 Paris (2. Fassung mit Diane)
    22.2.1847 Dresden (deutsch) Bearbeitung von Richard Wagner


    Personen:
    Agamemnon (Bariton)
    Klytämnestra, Agamemnons Gemahlin (Sopran)
    Iphigenie, Agamemnons Tochter (Sopran)
    Achill (Tenor)
    Patroklus (Bass)
    Kalchas, Oberpriester (Bass)
    Arkas, Haupt der Leibwache des Agamemnon (Bass)
    Diana (Sopran)
    Drei Griechinnen (Sopran)
    Eine Sklavin aus Lesbos (Sopran)
    Griechische Krieger und Bürger, thessalische Krieger, Wachen, Gefolge der Prinzessinnen, Frauen aus Aulis, Sklavinnen aus Lesbos, Priesterinnen der Diana (Chor)


    Orchester:
    2 Flauti, 2 Oboi, 2 Clarinetti, 2 Fagotti;
    2 Corni, 2 Trome, 1 Trombone bassi (ad lib.);
    Timpani; Violini I e II, Viole, Violoncelli, Contrabbassi


    Ort der Handlung: Aulis
    Zeit der Handlung: unmittelbar vor dem Trojanischen Krieg


    Die Ouvertüre beherrschen vier Themen. Wagner kennzeichnet sie folgenderweise: 1. ein Motiv des Anrufes aus schmerzlichen, nagenden Herzensleiden, 2. ein Motiv der Gewalt, der gebieterischen, übermächtigen Forderung, 3. ein Motiv der Anmut, der jungfräulichen Zartheit, 4. ein Motiv des schmerzlichen qualvollen Mitleidens. Die Ouvertüre geht ohne Abschluss in die 1. Szene der Oper über.


    1. Akt: Vor dem Lager der Griechen


    1. Szene (Agamemnon) Agamemnon hat im heiligen Hain der Diana eine Hirschkuh gejagt. Die erzürnte Göttin hat nun die griechische Flotte mit einer Windstille in Aulis festgehalten. Sie verlangt zur Sühne ein Opfer - Agamemnons Tochter Iphigenie. Agamemnon klagt die Göttin an ("Diane impitoyable"). Er hat Arkas nach Mykene geschickt, um Iphigenie davon abzuhalten, nach Aulis zu kommen. Arkas soll ihr berichten, Achill, mit dem sie sich in Aulis vermählen soll, sei ihr untreu geworden.


    2. Szene (Kalchas, Agamemnon, Griechen) Kalchas kommt mit den Griechen. Die Griechen ("C'est trop faire de résistance") fordern Kalchas auf, den Namen des bestimmten Opfers zu nennen, damit das Opfer vollbracht werden und der Aufbruch nach Troja geschehen kann. Kalchas wird vor Ende des Tages das Opfer bringen.


    3. Szene (Agamemnon, Kalchas) Kalchas fordert Agamemnon auf, dem Willen der Göttin zu folgen ("Vous voyez leur fureur extrême"). Agamemnon erwidert, wenn die Tochter einträfe und freiwillig sich opfere, sei er auch bereit.


    4. Szene (Agamemnon, Kalchas, Griechen) Da ertönt ein Freudenchor der Griechen ("Clytemnestre et sa fille") - Klytemnestra und ihre Tochter Iphigenie sind eingetroffen, Agamemnon ist erschüttert, Kalchas triumpiert in einer hymnischen Arie ("Au faîte des grandeurs"): "Die ihr die Welt beherrscht auf Thronen voller Pracht, auch ihr seid nur ohnmächt'ge Menschen." In die Klagerufe des Vaters, Agamemnon, mischt sich der Jubelchor der Griechen, der Iphigenie feiert ("Que d'attraits, que majesté! Que de grâces, que de beauté!")


    5. Szene (Klytämnestra, Iphigenie, Gefolge, Volksmenge) Den Chören des Volkes und des Gefolges, die Iphigenie preisen, antwortet erst Klytemnestra ("Que j'aime à voir ces hommages flatteurs"), dann Iphigenie (("Les voeux dont ce peuple m'honore")


    6. Szene (Iphigenie, Klytämnestra, Volk) Klytemnestra hat nun von Arkas erfahren, dass Achill Iphigenie betrogen haben soll. Sie drängt sofort zum Aufbruch zurück nach Mykene. Iphigenie ist tief verletzt. Klytämnestra ermutigt sie ("Armez-vous d'un noble courage")


    7. Szene (Iphigenie) Alleingelassen beklagt Iphigenie die Treulosigkeit Achills, Trauer und verletzter Stolz bestimmen ihre Gefühle, die sie in einer Arie ("Hélas mon coeur") äußert.


    8. Szene (Achill, Iphigenie) Betroffen erfährt Achill von den Vorwürfen ("Cruelle, non"). Es gelingt ihm, Iphigenie von seiner Liebe zu überzeugen ("Ne doutez jamais de ma flamme"). Am Ende des 1. Aktes steht ein bewegendes Liebesduett von Achill und Iphigenie ("Que votre amour por mon coeur a de charmes!")


    2. Akt: Vor dem Lager der Griechen


    1. Szene (Iphigenie, Frauen ihres Gefolges) Während der Chor die bevorstehende Hochzeit feiert, ist Iphigenie zwischen Furcht und Hoffnung zerrissen. Sie fürchetet die Auseinandersetzung Achills, ihres Gelieben, mit Agamemnon, ihrem Vater. Sie fleht Amor an, ihr zu helfen ("Par la crainte et par l'espérance").


    2. Szene (Iphigenie, Klytämnestra, Frauen ihres Gefolges) Klytämnestra kündigt die bevorstehende Hochzeit im Tempel an, die ihr Agamemnon zugesichert hat. Sie weiß nicht, dass im Tempel der Opferaltar auf Iphigenie wartet.


    3. Szene (Iphigenie, Klytämnestra, Achill, Patrokles, Frauen aus Iphigenies Gefolge, Thessalier und Thessalierinnen) In einer ausgedehnten Szene ruft Achill Iphigenie als die neue Königin aus, die vom thessalischen Volk gefeiert wird. Er überreicht Iphigenie als Geschenk die Freundschaft Patrokles, seines erprobten Gefährten. Tänze und Chöre feiern das Glück des Brautpaares.


    4. Szene (Arkas, Iphigenie, Klytämnestra, Achill, Patrokles, Frauen aus Iphigenies Gefolge, Thessalier und Thessalierinnen) Nun tritt Arkas dazu. Er warnt Achill: Im Tempel wartet nicht der Braut- sondern der Opferaltar auf Iphigenie. Die Thessalier scharen sich um ihre künftige Königin ("Nous ne souffrirons point ce sacrifice impie"). Klytämnestra fordert Achill auf, Iphigenie zu schützen ("Par un père cruel à sa mort condamnée"). Der zornentbrannte Achill lässt sich von Iphigenie mäßigen, um ihretwillen will er seinen Zorn besänftigen.


    5. Szene (Agamemnon, Achill, Arkas) Den Vorwürfen Achills entgegnet Agamemnon mit seinem Stolz als Führer der Griechen ("De votre audace témaire j'arrêterai le cours"). Achill setzt ihm entgegen, dass Agamemnon erst ihn töten muss, bevor er Iphigenie töten kann.


    6. Szene (Agamemnon, Arkas) Noch voller Wut über Achill ruft Agamemnon die Wachen, um Iphigenie zum Altar zu bringen - und hält bestürzt ein, zerrissen zwischen Liebe zur Tochter und Pflicht als Führer des griechischen Heeres. Nun will er von den Wachen Klytämnestra und Iphigenie heimlich vom Lager wegbringen lassen damit sie nach Mykene zurückkehren. Er fleht die Göttin an, sein Blut für das der Tochter zu nehmen.


    3. Akt: Vor dem Lager der Griechen


    1. Szene (Iphigenie, Frauen des Gefolges, Arkas, Wachen, Griechen) Wütend fordert der Chor der Griechen das Opfer ("Non, non, nous ne souffrirons pas"). Arkas will Iphigenie retten.


    2. Szene (Iphigenie und ihre Frauen) Iphigenie ist entschlossen, sich opfern zu lassen. Sie bittet ihr Gefolge, ihre Mutter vom Ort des Geschehens fernzuhalten.


    3. Szene (Iphigenie, Achill) Achill will Iphigenie den Weg freikämpfen. Iphigenie beteuert ihre Liebe, ist aber zum Tod entschlossen ("Il faut de mon destin"). Sie nimmt von Achill Abschied ("Adieu, conservez dans votre âme le souvenir de notre ardeur"). Achill ist entschlossen, das Opfer zu verhindern ("Calchas, d'un trait mortel percé sera ma première victime").


    4. Szene (Iphigenie, Frauen ihres Gefolges, Griechen hinter der Szene) Während Iphigenie ihre Opferbereitschaft bekräftigt, hört man den wilden Chor des wütenden Volkes.


    5. Szene (Iphigenie, Klytämnestra, Frauen, Griechen hinter der Szene) Auch Klytämnestra will sich schützend vor ihre Tochter werfen. Iphigenie nimmt Abschied von ihrer Mutter ("Adieu, vivez pour Oreste, mon frère.") und bestätigt, dass sie sterben will. Hinter der Szene hört man den Chor des opferheischenden griechischen Volkes.


    6. Szene (Klytämnestra, Frauen) Klytämnestra, alleingelassen, stellt sich die Opferszene vor ("Dieux puissants que j'atteste"). Hinter der Szene ist der hymnische Opfergesang der Griechen zu vernehmen, die für das Blut um eine günstige Fahrt nach Troja bitten.


    Szenenwechsel: Meeresstrand mit Altar


    7. Szene (Menge der Griechen) Iphigenie kniet auf den Stufen des Altar, der Opferpriester steht mit dem Messer bereit. Der Chor der letzten Szene wird fortgesetzt.


    8. Szene (Achill und die Vorigen) Achill stürmt zornentbrannt auf die Bühne. Achill droht jedem, der es wagt, sich Iphigenie zu nähern. Die Griechen bekräftigen, dass Diane Iphigenies Tod wolle, Iphigenie beteuert ihre Bereitschaft, sich zu opfern.


    9. Szene (Klytämnestra, Agamemnon und die Vorigen) Die Szene entwickelt sich zur Konfrontation, in der die Parteien kampfbereit gegenüber stehen, die Griechen den Thessaliern ("Ecrasons ces audacieux"). Da greift Kalchas ein, er kündigt (2. Fassung) das Kommen Dianas an. Diana erscheint und verkündet, dass sie durch den Mut Iphigeniens, die Tränen der Mutter und die Tugend Achills bezwungen und versöhnt ist. Sie stiftet die Hochzeit Iphigeniens mit Achill. Das Volk jubelt und feiert die Vermählung von Achill und Iphigenie und den künftigen Triumph über Troja ("Leur hymen est le présage de nos triomphes glorieux.") Es folgt ein Ballett.


    In der Fassung von 1774 hatte Kalchas die Entsühnung verkündet, ohne dass eine Dea ex machina auftrat. Wagner, der offenbar einen "Ring der Iphigenie" schmieden wollte, hatte das Ende nach Euripides verändert, so dass nun hier ein Opfertier geschlachtet, während Iphigenie (nach Tauris) entrückt wurde. Eben dieses Ende des Stückes hatte aber Racine mit Nachdruck in seinem Vorwort zur Iphigenie abgelehnt, aus Gründen der "vraisemblance" (Wahrscheinlichkeit) und "bienséance" (Schicklichkeit).


  • Iphigénie en Aulide
    (Iphigenie in Aulis),
    Tragédie- opéra in 3 Akten
    von Christoph Willibald Gluck.
    Text von Marie-François-Louis Gand-Leblanc Bailli du Roullet nach Jean Racines gleichnamiger Tragödie.
    Uraufführung der ersten Fassung: 19.4.1774 Paris, Opéra
    mit Sophie Arnould • Rosalie Duplant • Joseph Legros • Henri Larrivée • Durand • Beauvalet • Mlle Rosalie • Nicolas Gélin,
    Dirig. Gluck.

    Harald


    Freundschaft schließt man nicht, einen Freund erkennt man.
    (Vinícius de Moraes)

  • Hallo,
    ich besitze drei Iphigenie-Aufnahmen in deutscher Sprache, die recht unterschiedlich ausgefallen sind.
    Die schönste ist zweifellos die Aufnahme von den Salzburger Festspielen mit Inge Borkh, James King und dem Ehepaar Christa Ludwig/Walter Berry. In dieser Aufnahme bleiben kaum Wünsche offen.


    In einer alten cantusclassics-Aufnahme singt Martha Musial eine gute Iphigenie. Daneben Helmut Krebs als etwas zu blasser Achilles, Dietrich Fischer-Dieskau und Johanna Blatter als Eltern, auch eine gute und günstige Aufnahme.


    Die bekannteste Aufnahme ist wohl die Aufnahme von Kurt Eichhorn aus den 70er Jahren. Hier überzeugt dietrich Fischer Dieskau als Agamemnon. Trudeliese Schmidt singt die Klytämnestra gut, aber sie ist zu jung für diese Rolle. Was Anna Moffo und Ludovic Spiess in dieser Aufnahme leisten, ist bedauerlicherweise jenseits jeder sachlichen Diskussion. Beide waren gute Sänger, aber in dieser Aufnahme kämpfen sie nicht nur mit der deutschen Aussprache, sondern mit ihrer Stimme überhaupt. Das ist nur traurig.


    Schöne Grüße
    wega

  • Hallo miteinander,

    Die bekannteste Aufnahme ist wohl die Aufnahme von Kurt Eichhorn aus den 70er Jahren.

    Unabhängig davon, wie gut die Sängerbesetzung nun ist, handelt es sich bei dieser Aufnahme um die von Richard Wagner 1847 bearbeitete Fassung der aulidischen Iphigenie. Von dem her höchst interessant, aber durch die geänderte Instrumentierung sowohl in Umfang, als auch Art und Ausdruck kein echter Gluck mehr.




    John Doe