Anton Bruckner: Symphonie Nr. 9 (tiefgreifende Bearbeitung Loewe)

  • Heute hat Pristine Classical eine Aufnahme der IX. Symphonie von Anton Bruckner in der Fassung von Ferdinand Loewe ins Programm genommen.



    Das Scherzo kann man hier in voller Länge hören.


    Die Aufnahme mit den Berliner Philharmonikern unter Hans Knappertsbusch entstand als Rundfunkmitschnitt im Januar 1950.


    Der Klang ist von Andrew Rose mit seiner neuen Technik bearbeitet worden, so dass alle Eigenheiten der Loewe'schen Umorchestration hörend nachvollziehbar sein dürften.


    :hello:
    BBF

    "Dekonstruktion ist Gerechtigkeit." (Jacques Derrida)

  • Man sollte hier nicht von einer "Fassung" sprechen, sondern voller Absicht von einer tiefgreifenden "Bearbeitung". Andernfalls würde man vielleicht suggerieren, Bruckner habe diese Bearbeitung selbst gewünscht ...

  • Klingt ja schrägst! Was war denn der Grund für diese :kotz: Berabeitung und was wollte er damit bezwecken???

    Früher rasierte man sich wenn man Beethoven hören wollte. Heute hört man Beethoven wenn man sich rasiert. (Peter Bamm)

  • Lieber Georgius,


    Deine Frage ist ein Minenfeld. Kaum jemand von den Dirigenten hat damals Bruckners Musik so akzeptieren wollen wie Bruckner sie geschrieben hat - das Empfinden war zu sehr durch Wagner geprägt. Loewe ging es da nicht anders - er wollte diese Symphonie aufführen, allerdings meinte er, dafür Eingriffe wie Uminstrumentierungen vornehmen zu müssen, um sie dem Zeitgeschmack anzupassen.


    In der sehr lesenswerten Publikation



    Bruckners Neunte im Fegefeuer der Rezeption hrsg. von Benjamin-Gunnar Cohrs kommt er auch als der Begründer der die Dreisätzigkeit verklärenden "traditionellen" Auffassung dieser Symphonie nicht gut weg.


    Ich persönlich halte es durchaus für möglich, dass Loewe und z.B. die Brüder Schalk wirklich das Beste für Bruckner wollten, dass sie überzeugt waren, ihm zu "helfen" mit ihren Eingriffen. Man sollte sich ein Urteil nicht zu leicht machen.


    Überdies sind diese Fassungen faszinierende Zeugnisse für die Entwicklung der musikalischen Ästhetik, da man an den Eingriffen ablesen kann, was als milderungsbedürftig und als effektvoller galt.


    Loewe war eben ein Kind seiner Zeit...


    So entspannt kann man das allerdings nur heute sehen, wo wir auf diese Fassungen nicht mehr angewiesen sind. Man kann nur dem Himmel danken, dass Bruckner trotz aller Kompromisse dafür Sorge getragen hat, dass seine unversehrten Manuskripte der Nachwelt erhalten bleiben. Bis eben auf dieses eine bewusste Manuskript, das er nicht mehr in Sicherheit bringen konnte.


    Ich halte mich mit meiner persönlichen Meinung zu dieser Frage zurück - ich bin von den gesperrten Bruckner-Threads noch mehr als genug bedient.


    :hello:
    BBF

    "Dekonstruktion ist Gerechtigkeit." (Jacques Derrida)

  • stimmt sicher, was die guten Absichten betrifft, aber für Bruckners Originale waren die Folgen verheerend ...
    Löwe hat das allerdings mit anderen Komponisten auch gemacht. Es gibt eine Anekdote, daß ein Komponist weitere Aufführungen durch Löwe verweigerte, weil er sein eigenes Werk bei der Uraufführung unter ihm nicht wiedererkannt hat ...

  • Etwas Merkwürdiges hätte ich hierzu beizutragen: Pristine datiert die veröffentlichte Aufnahme auf den 29. oder 30. 1. 1950. Die Pristine-Einspielung dauert 59 min. Ich selber habe die Melodram-Veröffentlichungen, sowohl als LP als auch als CD. Weder auf der Platte, noch auf der CD ist vermerkt, daß sich Kna der Löwe-Fassung bedient hätte. Die CD übrigens dauert 54 min. Allerdings lautet das Aufnahmedatum 4.2.1950. Wäre es denkbar, daß Kna innerhalb einer Woche mit ein und demselben Orchester Löwe- und Originalversion gespielt hätte? Vieleicht weiß Armin etwas hierzu.


    Liebe Grüße vom Thomas :hello:

    Früher ist gottseidank lange vorbei. (TP)
    Wenn ihr werden wollt wie eure Väter waren werdet ihr so wie eure Väter niemals waren.

  • Kurzer Nachtrag: Kna hat tatsächlich nur die Loewe-Fassung gespielt. Aus seiner Diskographie schließe ich, daß es wohl zwei verschiedene Mitschnitte der Aufführung aus Januar 1950 gibt, was die unterschiedliche Spieldauer der CD's erklären würde. Im direkten Hörvergleich des Scherzos (Melodram vs. Pristine) kann man allerdings nur sagen: Hut ab, die Restaurierung ist allererstklassig.


    Liebe Grüße vom Thomas :hello:

    Früher ist gottseidank lange vorbei. (TP)
    Wenn ihr werden wollt wie eure Väter waren werdet ihr so wie eure Väter niemals waren.

  • solche Fragen beantwortet die hervorragend dokumentierte, umfangreichste Bruckner-Discographie der Welt -- die von John Berky (abrucker.com)

  • Fein, da hätte ich tatsächlich gleich nachschauen können. Es sind tatsächlich drei Konzertabende mitgeschnitten worden. Bei Melodram wurde das Konzert vom 28.1.1950 veröffentlicht, Music & Arts hatte den 29.-30.01.1950. Dies ist der Mitschnitt, der jetzt bei pristine audio so trefflich restauriert worden ist.


    Liebe Grüße vom Thomas :hello:

    Früher ist gottseidank lange vorbei. (TP)
    Wenn ihr werden wollt wie eure Väter waren werdet ihr so wie eure Väter niemals waren.

  • Banner Trailer 2 Gelbe Rose
  • Liebe Forianer:


    Auch an dieser Stelle noch einmal der Hinweis, daß ich vom 20. bis 26. September 2007 in Wien bin.
    :pfeif:


    Für ein Taminoaner-Treffen stehe ich ebenso zur Verfügung wie zu Einzelverabredungen zum Kaffee. Wer möchte, kann diesbezüglich mit mir direkt Kontakt aufnehmen (bruckner9finale@web.de).
    :hello:


    Für ein TT bitte sich an Alfred zu wenden; er hat dazu im Forum NEBENTHEMEN - FEEDBACK - ANREGUNGEN - INTERNE THEMEN einen Thread eingestellt. der über Einzelheiten informiert. (Ort und Zeit werden noch bekannt gegeben.)
    :jubel: