Skrjabin, Alexander: Die Klaviersonaten

  • Hallo,


    ich besitze beide Gesamtaufnahmen und vergleiche gerade die Pianisten Hakon Austbö und Marc Andre Hamelin anhand der Skrjabin-Sonate Nr. 8. Dieser späten, sehr feinnervigen Sonate ist mit Effekthascherei gewiss nicht beizukommen, im Gegensatz etwa zu Nr. 5 oder Nr. 10, die ich auch mit Horowitz kenne. Andererseits ist sie weniger von dunkler Mystik und herber Klanglichkeit geprägt wie die beiden "Messen", Nr. 7 und Nr. 9. Sie erscheint mir heller und - soweit man das bei den atonalen Spätwerken sagen kann - eingängiger.


    Austbö und Hamelin sind sich gar nicht unähnlich; Hamelin spielt bei rund 12 Minuten um knapp dreißig Sekunden schneller. Aufnahmetechnisch erscheint Austbö etwas direkter, dynamisch geringfügig differenzierter. Der Kanadier ist dem Norweger an Durchsichtigkeit leicht überlegen, so gelingen ihm die Doppelgriff-Sequenzen im Sechzehntelmaß subtiler und eleganter.


    Weitere Vergleichsmöglichkeiten dieser Sonate fehlen mir. Beide sind sicher zu empfehlen. Das Klischee einer gewissen grellen Effekthascherei oder Übervirtuosität, das Hamelin wohl anhaftet, kann ich bei Skrjabin nicht bestätigen. Entfesselt wie Horowitz in der 10. Sonate, die ich auch besitze, spielt keiner der beiden.


    Ich könnte mir jetzt durchaus noch eine weitere Gesamtaufnahme vorstellen. Könntet Ihr eine andersgeartete Einspielung empfehlen, die auch erhältlich ist? Oder würdet ihr mir zu bestimmten Einzeleinspielungen raten?


    Besten Gruß, Wolfgang

    Lieber Fahrrad verpfänden denn als Landrat enden!

  • Zitat

    Könntet Ihr eine andersgeartete Einspielung empfehlen, die auch erhältlich ist?


    Lieber Wolfgang,
    gaaaanz vorsichtig würde ich dazu raten, im Falle einer Gesamtaufnahme durchaus einmal die alten Aufnahmen mit Michael Ponti in Betracht zu ziehen.

    Ich mag Ponti, das gebe ich unumwunden zu, kenne ihn flüchtig auch persönlich , und in seiner Skrjabin-Gesamtaufnahme befindet sich m.e. auch so manche erstklassige Perle.
    Mehr ist auch nicht möglich, denn Ponti hat für VOX in wenigen Jahren das gesammte Soloklavierwerk von Tschaikowsky, Rachmanninoff und eben Skrjabin eingespielt-Anfang der 70er Jahre.
    Und daneben eine ziemlich umfangreiche Anzahl an unbekannten Konzerten.
    Da kann natürlich nicht alles top sein :no::no:


    Ich bin außerdem deshalb sehr vorsichtig, da man Ponti normalerweise mag oder hasst, dazwischen gibt es kaum etwas.
    Er hatte mittlerweile einen Schlaganfall und spielt nur noch mit der linken Hand- sehr schade aber auch sehr tapfer von ihm.


    Einige dieser Aufnahmen sind m.e. auf allerhöchstem Niveau und wirklich "entfesselt" .
    Für mich ist er einer der großen Pianisten. :angel:
    Beim Preis von 5 Euro ist das Risiko eines Fehleinkaufs ja auch recht gering. :D


    Lieben Gruß,
    Michael

  • Zitat

    Original von Michael Schlechtriem
    ........
    Er hatte mittlerweile einen Schlaganfall und spielt nur noch mit der linken Hand- sehr schade aber auch sehr tapfer von ihm.


    Hallo Michael, ich lese gerade über Michael Ponti:
    „Seine internationale Karriere begann mit dem 1. Preis beim Busoni-Wettbewerb 1964“, der ja in Bozen stattfindet (auch wenn er inzwischen nicht mehr so bedeutend ist).
    Ich kann mich noch gut an die Euphorie erinnern, die er bei diesem Wettbewerb bewirkte (unter anderem mit der 1. Etüde von Chopin, die er atemberaubend gut spielte).
    1937 geboren, also müsste er nun an die 70 gehen, wenn ich nicht falsch gerechnet habe.


    Ich bin natürlich platt, dass er diese Lähmung durch einen Schlaganfall erlitten hat, zumal ich ihn als sehr vital in Erinnerung habe. Da ich nicht mehr viel von ihm gehört habe, freut es mich natürlich besonders, von ihm durch dich zu hören.


    Vielen Dank und


    LG Micha :hello:

  • Lieber Wolfgang,


    eine Gesamtaufnahme wäre noch zu erwähnen- allerdings hat sie einen Schönheitsfehler: sie ist mit 49.- Euro relativ teuer:


    Igor Shukow:



    Herzliche Grüße,:hello: :hello:


    Christian

    Beherrsche die Sache, die Worte werden folgen! (Cato der Ältere)

  • Hallo, miteinander!


    Danke für Eure Tipps!


    Shukow wurde in anderem Zusammenhang bereits als Skrjabin-Spezialist genannt. Mal schauen, ob es die Aufnahme billiger auf dem Marktplatz gibt.


    Von Michael Ponti habe ich früher manches an romantischem Nebenrepertoire (Moscheles, Rimsky-Korssakow etc.) mitgeschnitten. Das war bzw. ist ja seine Stärke. Auch da werde ich mich mal orientieren.


    Von Horowitz scheint es zumindest keine Gesamtaufnahme zu geben.


    Besten Gruß, Wolfgang

    Lieber Fahrrad verpfänden denn als Landrat enden!

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  • Zitat

    Original von WolfgangZ


    Von Horowitz scheint es zumindest keine Gesamtaufnahme zu geben.


    Gibt es auch nicht. Horowitz hat immer wieder einige Stücke und Sonaten Skriabins aufgenommen- aber keine Gesamteinspielung gemacht. Der große Freund von Gesamteinspielungen scheint Horowitz eh nicht gewesen sein, wenn ich das richtig übersehe.


    Herzliche Grüße,:hello: :hello:


    Christian

    Beherrsche die Sache, die Worte werden folgen! (Cato der Ältere)

  • Hallo Wolfgang,


    Der von Dir oben angesprochenen Aufnamen der 8. Sonate Scriabins (Hamelin/Austbö) kann ich nur die Aufnahme von Ashkenazy hinzufügen. Im Vergleich zu den beiden Interpreten vestehe es Ashkenazy den Impus dieser Sonate zu treffen, eine Bogen über die ganze Sonate zu spannen! Am Ende steigert sich der tänzerische Rhytmus ins motorisch-fanatische!


    Auch als Gesamtaufnahme kann sich Ashkenazy neben Hamelin/Austbö/Shukov sehen lassen. Besonders seine Interpreatiton der 7. Sonate hat es mir mit seine exaltierten Ausbrüchen angetan.


    Lieben Gruß
    Niko

  • hallo, niko, sehr richtig.


    wunderbar ist die ältere - wenngleich wohl nicht (mehr) erhältliche - gesamtaufnahme shukovs. da kommt seine neuere leider gar nicht mehr mit. ich war damals sehr enttäuscht. ich denke, von den verfügbaren gebührt ashkenazy die krone.


    :hello:

    --- alles ein traum? ---


    klingsor

  • Hallo, miteinander!


    Mittlerweile ist mir aufgefallen, dass in den noch tonalen Sonaten, vor allem der wie in den Sinfonien ekstatisch hochgespannten Fünften in Fis Hamelin gegenüber Austbö etwas deutlicher die Nase vorn hat, da er ungestümer agiert. Bei der 10. Sonate wiederum war ich auch von Hamelin enttäuscht; hier wäre eine Entfesselung notwendig, die ich nur bei Horowitz bisher erlebt habe.


    @ scriabin007: Danke für Deine obige Antwort! Wie bewältigt Ashkenazy die "Insektennummer"?


    Besten Gruß, Wolfgang

    Lieber Fahrrad verpfänden denn als Landrat enden!

  • Lieber Michael,

    Zitat

    zumal ich ihn als sehr vital in Erinnerung habe


    Ich habe ihn auch als sehr vital ( zuletzt 1997, nachdem er das zweite Liszt-Konzert bei uns bravourös spielte und wir danach einen trinken gingen)in Erinnerung, und auch als sehr enttäuscht und verbittert.
    In den späten 70ern und frühen 80ern bin ich zu jedem seiner Konzerte in der Nähe gegangen. Er hatte T-Shirts dabei mit dem Aufdruck PONTIPOWER. :D
    Diese ganze VOX-Geschichte hatte ihn ausgebrannt und seiner Karriere nachhaltig Schaden zugefügt.
    Es war wohl so, daß von Seiten Vox, wo er soeben Anfang der 70er einen Exklusiv-Vertrag unterschrieben hatte, folgendes kam:
    Wir wollen den kompletten Skrjabin!
    Antwort: Oh Gott....
    Aber vorher noch den kompletten Tschaikowsky!
    Antwort, Äh, was?
    Und den kompletten Rachmanninoff!
    Antwort: :kotz:
    Aber als erstes wollen wir das Adolph Henselt -Konzert!
    Antwort: :faint:
    (Das Henselt- Konzert ist überaus gefürchtet, da brutalst schwer. Es gibt nur wenige Aufnahmen davon-mit Hamelin-selbstredend :D, Lewenthal und Ponti, es wäre ein Aspirant für einen neuen Fred mit dem Titel:"Die gefürchtesten Klavierkonzerte :D )
    Mit seinem schönen Exklusiv-Vertrag war er dann diesen fast nicht zu bewältigenden Forderungen ausgeliefert.


    Er hat übrigens in seinen Konzerten so gut wie immer darüberhinaus das Standardrepertoire gespielt.
    Über seinen Anschlag kann man trefflich streiten, aber das will ich nicht.
    Man mag ihn oder nicht, aber die vierte Skrjabin Sonate z.B. finde ich umwerfend toll gespielt!


    Natürlich ist Igor Schukow überaus phantastisch, ein legendärer Pianist, und sein Skrjabin gehört zum allerbesten, wenn es nicht sogar die besten Aufnahmen sind......
    Natürlich die früheren Aufnahmen, mittlerweile spielt er auch nicht mehr.
    Irgendwann ist alles einmal zu Ende :(
    So ist das leider.


    :hello:
    Michael

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  • Zitat

    Original von WolfgangZ


    scriabin007: Danke für Deine obige Antwort! Wie bewältigt Ashkenazy die "Insektennummer"?


    Besten Gruß, Wolfgang


    Hallo Wolfgan,


    Ich stimmer Dir bei, Hamelins herangehensweise an die 5. Sonate ist schlichtweg entwaffnend! Austbö kann da nicht mithalten! Auch finde ich Hamelins Interpetation der 10. Sonate irgendwie fad und farblos! Ashkenzy dagegen fäng die Sonate mit unendlicher Ruhe an. Doch man spührt gerade in diesen ruhenden Klängen die spätere Erregung der Triller. Ashkenzy spielt nicht annähnerd so durchsichtig und klar wie Hamelin oder Austbö (ist natürlich relative) , doch mit innerer Gespanntheit und Erregung! Interessanterweise spielt er nicht auf die großen Trillerketten hin sondern die sich anschließende nervös dahinzuckenden flackernden Melodiefetzen! Das letzte Zucken bevor man aus dem Fieber-alptraum aufwacht! Mir gefällt seine Art die 10. Sonate "organisch" zu gestallten.


    Eine andere durchaus interessante Lesart der 10. Sonate hat Pletnev auf seiner Scriabin CD hinterlassen!


    Igor Shukov habe ich live mit der 7, 9 und 10 (+ Etudes op. 65) Sonate gehört! Schon damals wählte er sehr langsame Tempie. Sein Spiel war farbenreich und von "mystischem Scriabindunst" geschwängert. In seiner letzten Gesameinspielung scheint er allerding Opfer seines eigenen Detailversessenheit geworden zu sein....Seine frühere Einspielung ist vorzuziehen!


    Grus
    Niko

  • Vor einigen Jahren gab es bei der deutschen Grammophon auch eine Aufnahme mit Roberto Szidon. Freilich spielt der nicht so virtuos wie Hamelin, und trotzdem hat mich diese Aufnahme immer ein bisschen mehr fasziniert. Gerade die frühen Sonaten spielt Szidon noch mehr mit "Rachmaninoff-Allüre" und besonders die Fantasie Op.28, welche ja gewöhnlich mit den Sonaten aufgenommen wird ist einfach eindrucksvoll. Dieses Stück war lange Zeit einer meiner "hot favourites", nicht zuletzt wegen Szidon.

  • Zitat

    Vor einigen Jahren gab es bei der deutschen Grammophon auch eine Aufnahme mit Roberto Szidon.


    Ja, die kenne ich auch, ich glaube, das war sein Plattendebut.
    Eine wirklich gute Aufnahme.
    Szidon unterrichtet übrigens in Düsseldorf.

  • Sehr schön sind auch die Skrjabin-Aufnahmen von Bernd Glemser. Ich glaube, auch er hat annähernd alle eingespielt, ich kenne von ihm die Zweite (sehr ätherisch im ersten, mit brodelnder Energie im zweiten Satz), die Fünfte (ein reines Feuerwerk), die Siebte und Neunte. Ist in jedem Fall einen Vergleich wert, sind bei Naxos erschienen.

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  • Lieber Wendelin!
    Ja, Glemser hat wunderbare Skriabin Einspielungen (und dazu erschwingliche) vorgelegt. Absolut empfehlenswert, wie auch seine Prokoffiew Sonaten.


    Alles in allem gefallen mir die Skriabin Sonaten (bei weitem nicht vollständig) von Horowitz am besten. Dort kann er (und ich) seinem unglaublich manirierten Stil (:kotz: ) frönen... Sehr interessant (wie könnte ich auch anders) auch Goulds Interpretation der 5. S Sonate, bewußt als Gegenstück (und Provokation) zur Horowitz Aufnahme enstanden.


    Ein absoluter Geheimtipp ist Sofronitzky- Schwiegersohn von Skriabin, dessen Aufnahmen bei Melodyia zu erstehen sind...
    Insgesamt wundert mich aber, wieso 95% der arrivierten Pianisten überhaupt keinen Skriabin Schwerpunkt aufweisen, sondern lieber hundert mal Chopin Nocturnes oder zum tausendsten mal eine Mozart Fantasie runterklopfen.....:no:
    :hello:

  • Zitat

    Original von wendelin82
    Ich glaube, auch er hat annähernd alle eingespielt...


    ... wie du treffsicher geurteilt hast, sind Bernd Glemsers Skriabin-Aufnahmen wirklich sehr schön geworden.
    Aber er hat die Nr. 1 f-moll noch nicht aufgenommen, und das finde ich nit gut.

  • Ich möchte mich in Skriabins Klavierwerk einhören und habe mich für diese preisgünstige Box (beworben im jpc Courier) entschieden.



    Die Pianistin Maria Lettberg stammt aus Riga. Die Aufnahmen entstanden von März 2004 bis Juni 2007.
    Es wird sicher einige Wochen wenn nicht Monate dauern, bis ich diese 8 CDs durchgehört haben werde.
    Zur Verfügung steht mir derzeit die 3. Sonate auch mit Glenn Gould aus der "Klavier Kaiser" Box. Um einen ersten Höreindruck zu erhalten, habe ich den Beginn dieser Sonate hintereinander mit Maria Lettberg und Glenn Gould gehört. Glenn Goulds Interpretation hat sofort ungleich mehr "Geheimnis" und "Aura", Maria Lettbergs Aufnahme wirkt im Vergleich dazu "objektiver". Das ist aber nur ein allererster Eindruck.


    Mehr dazu ... vielleicht irgendwann.


    Herzlicher Gruß
    Alexander

    Freundlicher Gruß
    Alexander

  • Die neue Gesamteinspielung des Klavierwerkes Scriabins durch die Pianistin Marias Lettbergs gibt sowohl dem Scriabinliebhaber eine schöne Gelegenheit auch die weniger bekannten (oder sogar unbekannten) Klavierwerke kennen zu lernen, als auch dem Zuhörer, der Scriabins Musik kennen lernen will!
    Zu meinem Estaunen schafft es die Pianistin ein druchwegs hohes Niveau zu halten. Pianstisch stämmt sie die vollgriffige Fantasie op. 28 mit bravour und Karft ohne dabei sie hinter Glemser,Hamelin, Szidon verstecken zu müssen. Überrascht hat mich die fast-unspielbare Etude op. 65 Nr.1; sie verlangt von der Rechten Hand eine ungehuere Spannkraft, die nicht jeder Pianist pysische aufbringen kann. Ihr Spiel wirkt geheimnisvoll und flüssig. Sie hat ein Gespühr für den feinen Klangsinn dieser Musik ohne dabie völlig zu "verdunsten", wie ich das schon bei einigen anderen Scriabin Spezialisten erlebt habe. Erstaunlich zupackend spielt sie die frühen Werke, wie das allegro appassionato op. 4 oder die erste Sonate op.6! :yes:


    Mein erster Eindruck....ich habe bisher nur die Etuden, einen Teil der Sonaten, und einzelne Werke gehört....ist ein sehr positiver! Im einzelnen bin ich gespannt Frau Lettbergs Interpetation der Sonaten denen von Hamlin, Glemser, Askenazy,Austborn gegenüberzustellen. :hello:

  • Zitat

    Original von scriabin007
    Im einzelnen bin ich gespannt Frau Lettbergs Interpetation der Sonaten denen von Hamlin, Glemser, Askenazy,Austborn gegenüberzustellen. :hello:


    Ich hoffe sehr auf Berichterstattung!

    Gruß ab


    ---
    Und ich meine, man kann häufig mehr aus den unerwarteten Fragen eines Kindes lernen als aus Gesprächen mit Männern, die drauflosreden nach Begriffen, die sie geborgt haben, und nach den Vorurteilen ihrer Erziehung.
    J. Locke

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  • Scriabin Sonate Nr. 3 op. 23
    Ein erster Vergleich zwischen den Interpreten Lettberg, Austbo und Ashkenazy:



    Frau Lettberg nimmt den Kopfsatz deutlich langsamer als Austbo und Ashkenazy! Doch nach einige Takte wird klar worauf es Frau Lettberg ankommt: Sie bedient sich des "Tempo rubato", dadurch gewinnt der schreitende Puls an Kraft und Farbe. Sie hat einen warmen und leuchtenden Ton, der mir hier gut gefällt!


    Austbo dagegen nimmt das Thema schnell, ja fast flüchtig! Früher hat mir das sehr gefallen! Doch durch sein Tempo wird der schreitende Puls des Themas meiner Meinung nach unterbunden. Auch bleibt sein Klang irgendwie farblos und matt (das kann natürlich auch an der Aufnahmetechnik und am Flügel liegen).


    Ashkenzy bedient sich sowohl des "Tempo rubatos" als auch dem vorwärtsdrängenem Rhytmus. Er spielt nicht ganz so schnell wie Austbo, dennoch hat sein Spiel was nervöses flottes. Dadurch bekommt dieser Satz was fantastisches. Sein Spiel ist durch seinen kraftvollen Einsatz gekennzeichnet. Dafür läßt uns Frau Lettberg mehr die strukturellen Details erkennen. Sie spielt jeder Phrase genau aus!


    Die Tendenz wird in den nachfolgenden beide Sätzen konsequent weiter verfolgt!


    Im bravourösen dahinfließedem Schlussatz zeigt Frau Lettberg, dass sie nicht nur zarte Hände hat. Sie packt ordentlich zu, weiß die Steigerung ganau aufzubauen! Austbo bleibt zwar nicht im Tempo zurück, aber er spielt zu nüchtern, er riskiert keine Ausbrüche und Höhepunkte! Sein Spiel fließt einfach nur dahin! Ashkenazy lotet die Grenzen gekonnt aus! Einzig sein Klavierton (Aufnahmetechnick?) ist etwas matter und die tiefen Töne klingen etwas dumpf! Auch er weiß die Steigerung aufzubauen, dabei verliert er nicht den Vorwärtsdrang!


    (Hamelin und Glemser habe ich bei meinem Verlgeich der 3. Sonate jetzt nicht berücksichtig!)


    Ich bin auf Eure Meinung gespannt? :hello:

  • Scriabin Sonate Nr. 1 op. 6:
    Ein Vergleich zwischen Lettberg, Ashkenazy, Austbo und Hamelin:


    Scriabins erste Sonate op. 6 schwingt sich schon in den ersten wuchtigen Takten mit großer Power empor! Ähnlich wie schon seine Komponisten Kollegen wie z.B. Beethoven, Schumann, Prokofiev oder auch Medtner hat Scribain seine erste Sonate in f-moll geschrieben. Unverkennbar scheint die Tonart geeigent für einen aufbrausenden dramatischen Inhalt zu sein.


    Kein Wunder dass diese Sonate lange Zeit keinen Interpreten gefunden hat, der sich die Mühe macht den Wust an Noten zu entziffern! ICh frage mich, warum weder Gilels, Horowitz, Richter, Van Cliburn sich dieser Sonate gewidmet haben!?


    Frau Lettberg hat es nicht einfach, seit Hamlin mit seiner fullminaten Deutung diese Werk zu einem neuem "Standart" erhoben hat. Kaum ein Pianist mag die Wucht an Akkorden so sauber und kontrolliert zu setzten wie er (Zumindest habe ich unter der Vielzahl der Einspielungen noch keine bessere gehört). Und dennoch packt auch Frau Lettberg den Part mit der nötigen Energie an. Wuchtig stemmt sie die Akkorde in die Höhe, vergisst dabei nicht Luft zu holen und den dramtaischen Mittelteil langsam aber spannungsreich aufzubauen! Ja das macht Freude beim hören.


    Hamelin spielt das Werk sehr kompackt unerhört virtuos! Es scheint so dass er die dickflüssige Akkordsuppe durch ein zügiges Tempo verschlanken will! Besonders in der Repriese des Hauptsatzes geht sein Konzept auf, zu viele Oktaven und Akkorde lassen die Komposition leicht schwerfällig wirken. Dank Hamelins Supervirousität wird die Suppe nicht zu dick!


    Austbo kann dem nichts entgegensetzten. Brav und bieder scheint sein Spiel! Aber hört man genau hin, so erkennt mann auch bei ihm ein Konzept; keine Übertreibungen. Mein Anischt nach fehlt es ihm an Schwung und f-moll dramatik!


    Ashkenazy weiß es Hamlin gleich zu tun! Er stemmt und hebt, die Erde bricht auf unter seinen Händen! Feuer und Leidenschaft kennzeichnen sein Spiel! Auch wenn er in der Repriese die Kontrolle über die Akkorde verliert! Sein Spiel hat den gewissen fantastischen Kick, denn wir so gerne in Scriabins Musik hören!


    Hameling und Askenazy sind weiterhin meine Favoriten bei dieser Sonate!


    Eure Meinung zur f-moll Sonate ist gefragt!


    LG NIko

  • Hallo, Niko.


    Die f-moll-Sonate von Skriabin ist ein starkes Stück. Wahrscheinlich hat er nie vorher oder nachher einen so weiträumigen und dichten Klaviersatz geschrieben. Das Notenbild der zweiten Sonate sieht dann schon wesentlich übersichtlicher aus, und auch die späteren Sonaten, in denen er seinen typischen Stil entwickelt, sind letztlich in der satztechnischen Gestaltung übersichtlicher. Im Grunde nähert sich Skriabin in der ersten Sonate dem satztechnisch überladenen Stil von typischen Fin de siècle-Virtuosen-Komponisten wie Sergei Rachmaninoff, Samuel Feinberg, Leopold Godowsky und anderen an.


    Das Stück ist auch in der formalen Anlage momumental. Immerhin dauert es annähernd 25 Minuten. Der erste Satz ist der vielversprechende Beginn eines großen Werkes. Das in Riesenschritten aufwärts steigende Motiv im Bass mit dem grandiosen Arpeggio darüber signalisiert einen ungeheuren Ehrgeiz und den Mut zur Utopie. Das lyrische zweite Thema trägt diesen Schwung in beruhigter Form weiter, und die Schlussgruppe in As-Dur ist eine der glühenden Ansprachen, mit denen Skriabin den Aufbruch zu neuen Ufern ankündigt. Das Ganze ist satztechnisch glänzend. Die punktierte rhythmische Formel der Schlussgruppe ist kontrapunktisch bereits in der Vorstellung des zweiten Themas verarbeitet, das außerdem mit mehreren gleichberechtigten Gegenstimmen operiert. In der Durchführung wird das Material aus der Exposition verwandelt, kontrapunktisch überlagert und mit Hilfe von Lagenwechseln und weiträumigsten Passagen (vor allem für die linke Hand) gesteigert. Diese Steigerungen prägen auch das Bild der Reprise. Überraschend verwandelt sich das fliegende Motiv vom Beginn - beziehungsweise dessen drei erste Töne f, g, as - dann jedoch am Ende des Satzes in das Fragment eines Trauermarsches, im vierfachen pianissimo. Seine volle Gestalt enthüllt dieses Motiv dann im Funebre des vierten Satzes. Davor steht eine aberwitzige Oktaveneüde mit rhythmischen Verschiebungen, die das Trauermarsch-Motiv in ein jagendes 12/8-Presto verwandelt und die rhythmischen Errungenschaften des Finales von Schumanns f-moll-Sonate mit Schuberts Erlkönig und Liszts Explosionen aus der h-moll-Sonate zusammenbringt. Wiederum davor gibt es einen leisen, kontrapunktisch dichten und klanglich wunderbar ausbalancierten zweiten Satz, der mit einem Mimimum an thematischen Material auskommt. Das Trauermarsch-Motiv jedoch spielt auch hier eine wichtige Rolle.


    Es mag überraschen, dass Skriabin eine Sonate geschaffen hat, die im ersten und dritten Satz derart glänzend virtuos erscheint und die dann absolut pessimistisch endet. Dazu kommt, dass er dieses Meisterwerk bereits 1893, also mit nur einundzwanzig Jahren, vorlegte. Ich bin kein Skriabin-Kenner, und daher kann ich nicht erklären, wie es dazu kam. In Robert Rimms Buch
    "The composer-pianists - Hamelin and The Eight" steht dazu eine kurze Notiz:
    "At twenty, an ominous hand ailment, a most decisive event in my life. Fate puts an obstacle, incurable to the doctors, to the attainment of an ardently desired goal - brilliance, fame. The first serious failure in life. The first earnest attempt at philosophy; the beginning of self-analysis. Reluctance to admit that my ailment is incurable, and yet an obsession with somber moods. First reflections on the value of life, religion, God. Continued strong faith... Ardent, long prayers, constand church attendance... Reproaches addressed to fate and to God. Composition of the First Piano Sonata with a funeral march. " (Robert Rimm, "The composer-pianists - Hamelin and The Eight", Amadeus Press, Portland, Oregon, 2002, Seite 111. Zitiert nach Skriabins privatem Notizbuch, bei Nicolas Slominsky, Music since 1900, 3. Auflage New York 1949, Seite 115.).


    Dass die Sonate selten gespielt wird, liegt in meiner Sichtweise nicht daran, dass sie schwer ist. Das sind andere Sonaten von Skriabin auch. Allerdings ist sie in ihrer musikalischen Sprache noch sehr ähnlich mit den Sonaten von Chopin (Nr. 2) und Liszt, und die Besonderheiten des skriabinschen Stil gibt es eben erst in den Sonaten Nr. 4 - 10. Andererseits ist die zweite Sonate, die ebenfalls Merkmale Chopins weiterentwickelt, nicht nur kürzer, sondern in sich geschlossener (auch weil die Gegensätze innerhalb des Stückes nicht so groß sind), und die Melodik und der musikalische Satz sind einfach noch schöner und ansprechender, insgesamt ja auch durchaus bereits mit den Qualitäten ausgezeichnet, die wir bei Debussy (Images) und Ravel (Ondine aus "Gaspard de la nuit", und "Une Barque sur l'océan" aus "Miroris" ) finden. Daher wird sie öfter gespielt, auch von Musikern, die keineswegs alle Sonaten aufführen (Ivo Pogorelich, Elisabeth Leonskaja u.a.)


    Bei der ersten Sonate entscheidet natürlich auch die Qualität der Aufführung. Ich bedaure, dass Bernd Glemser dieses Stück nicht aufgenommen hat (und auch die vierte und achte Sonate nicht.) Das, war du über Marc-Andre Hamelins Aufnahme geschrieben hast, klingt vielversprechend, aber ich werde auch die Gesamteinspielung von Maria Lettberg nicht verschmähen.


    Übrigens gibt es auch noch eine sehr gute Aufnahme von Sergio Fiorentino, zusammen mit der vierten Sonate und mit der ersten von Rachmaninoff, siehe hier.


    Fiorentiono hat dann auch noch eine andere Aufnahme mit der zweiten Sonate von Skriabin vorgelegt, zusammen mit Rachmaninoffs zweiter sowie
    Prokofieffs Nr. 8.

  • Zitat

    Original von Kulturvermittler


    Bei der ersten Sonate entscheidet natürlich auch die Qualität der Aufführung. Ich bedaure, dass Bernd Glemser dieses Stück nicht aufgenommen hat (und auch die vierte und achte Sonate nicht.) Das, war du über Marc-Andre Hamelins Aufnahme geschrieben hast, klingt vielversprechend, aber ich werde auch die Gesamteinspielung von Maria Lettberg nicht verschmähen.


    Hallo Ralf, danke für Deine Ausführungen! Die von Dir erwähnte Einspielung von Fiorentino liebe ich ebenso wie die Hamelins oder Ashkenazy! Nur habe ich sie bei meinem Verlgeich aller Gesamteinspielungen der Sonaten (die ich kenne; Ashkenazy, Hamelin, Ogdo, Austbo, Lettberg, Szidon, Ponti) deswegen nicht berücksichtigt. Selbstverständlich gehört Fiorentinos Interpretation unter den "Besten" die diese Sonate erfahren hat. :jubel: :jubel:


    Ja, Glemser müsste wirklich seine Scriabin "Sonaten-zyklus "noch mit den Sonaten Nr. 1,4 und 8 krönen. Ich hoffe ja immer noch, dass er diese 3 Sonaten einspielt.


    Ich bin sehr neugierig was Du, und ich hoffe noch andere Interessierte über Frau Lettbergs Scriabin-Spiel schreiben werden. Bis jetzt bin ich von ihrem diffizielen und zugleich zupackenden Spiel begeistert. Besonders in den Preludes, Mazurkas, Poems und Etuden versteht sie das perfekte Spiel mit Licht und Schatten! Und auch die Sonaten gelingen ihr als ein geschlossenes Gesamtwerk! Diese (subjektive) Empfinden hatte ich zuvor nur bei Hamelin und Ashkenazy!


    LG
    Niko

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  • Zitat

    Original von scriabin007
    Ja, Glemser müsste wirklich seine Scriabin "Sonaten-zyklus "noch mit den Sonaten Nr. 1,4 und 8 krönen. Ich hoffe ja immer noch, dass er diese 3 Sonaten einspielt.


    Meines Wissens hat Bernd Glemser Naxos verlassen und ist nun bei Oehms Classics unter Vertrag. Sofern also die noch fehlenden Sonaten nicht irgendwo bereits aufgenommen in dem Naxos-Archiv schlummern und/oder Herr Glemser sein OK zur Veröffentlichung gibt, scheint ein Abschluss einer Gesamtaufnahme bei Naxos in weite Ferne gerückt...


    Gruß
    Karsten

  • Zitat

    Original von Karsten


    Meines Wissens hat Bernd Glemser Naxos verlassen und ist nun bei Oehms Classics unter Vertrag. Sofern also die noch fehlenden Sonaten nicht irgendwo bereits aufgenommen in dem Naxos-Archiv schlummern und/oder Herr Glemser sein OK zur Veröffentlichung gibt, scheint ein Abschluss einer Gesamtaufnahme bei Naxos in weite Ferne gerückt...


    Gruß
    Karsten


    Hallo Karsten,
    Dann bleibt nur zu Hoffen, dass die 3 fehlenden Sonaten bereits aufgenommen worden sind und irgendwann veröffentlich werden! Es wäre wirklich schaden, wenn der Glemser-Scriabin-Zyklus unvollend bliebe!


    LG
    NIko

  • Scriabin Sonate Nr. 2 gis-moll op. 19
    Ein Interpretationsvergleich zwischen Lettberg, Ashkenazy, Hamelin, Austbo:


    Diese Sonate erfreut sich unter den Scriabin Sonaten mittlerweile schon einer gewissen Beliebtheit! Sie stellt einen weiteren Schritt in Scriabins Sonaten-Aufstieg dar.


    Frau Lettberg hat eine schönen weichen Anschlag, sie nimmt den Kopfsatzt fast zu zierlich! Fein spinnt sie die Stimmen zu einem Gefüge! Sie läßt sich Zeit! Der anschließende Presto-Satz huscht flott unter ihren Händen dahin! Sie überchlägt sich nicht in Extase, sondern bleibt im Fluss der Bewegung! Sehr schön!


    Herr Austbo macht es meiner Meinung nach nicht minder schlecht! Auch er weiß den Kopfsatzt feingliedrig zu gestalten! Im anschließenden Presto huscht er allerdings etwas zu "huschelig" dahin. Ab bissal a Dramatick wäre nicht schlecht!


    Herr Hamelin geht die Sonate ähnlich zart an. Er entwicket aber in der Durchführung mehr Power! Meiner Ansicht nach sind sich Frau Lettbergs und Hamelins Interpetation verblüffend identisch! Doch im 2 Satz entwickelt Hamelin ein rasantes Spiel. Er weiß den bravurösen Klaviersatz ganau zu bedienen ohne dabei zu übertreiben. Er steigert sein Spiel bis zu den wuchtigen Akkorden am Ende! Bis jetzt finde ich dieses Finale immer noch am reizvollsten!


    Ja, dann bleibt da noch Ashkenazy übrig! Er spielt etwas "rubuster", er verzärtelt nichts, bleibt direkt am Text! Auch er weiß das Finale grandios zu steigern! Insgesammt ist sein Spiel etwas spröder, aber iegendwie gerade dadurch reizvoll! Gefällt mir immer wieder gut!


    Nun, es gibt noch zahlreiche andere Einspielungen dieser Sonaten, die hervorragend sind; Richter, Demidenko, Fiorentino, Glemser,etc


    Eure Meinung ist gefragt?


    Lg
    NIko

  • Lieber Niko,


    ich hoffe Du kommst Dir hier in diesem Thread nicht zu einsam und verlassen vor und beschliesst mitten in der Vorstellung der Sonaten auszusteigen. Im Augenblick lese ich "nur" interessiert mit, da ich zwar die Einspielung Hamelins im Schrank diese aber seit Ewigkeiten nicht gehört habe. Da ich mich mit Skriabins Werk für Klavier ohnehin nicht so gut auskenne, ist es für mich um so spannender Deine prägnanten Kommentare zu lesen. Also bitte weitermachen.


    Herzliche Grüße,:hello: :hello:


    Christian

    Beherrsche die Sache, die Worte werden folgen! (Cato der Ältere)

  • Ja, Niko, bitte weitermachen! Ich lese auch mit, aber die Zeit für alles Genauere, die Zeit ... ! :(


    Besten Gruß, Wolfgang

    Lieber Fahrrad verpfänden denn als Landrat enden!

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