beeindruckende Stellen mit Tonrepetitionen...

  • Gewissermaßen als Bruderthread zu dem hier: simple Tonleitern rauf und runter... will ich mich dem zweiten Phänomen scheinbarer musikalischer höchster Einfachheit zuwenden: Den Tonwiederholungen / Tonrepetitionen.


    Anders als für seinen Geschwisterthrad mit den Tonleitern, habe ich jetzt gerade kein Beispiel im Kopf, in dem Tonrepetitionen dafür verantwortlich sind, daß aus einer Stelle in einem Werk eine besonders beeindruckende, erschütternde Stelle wird.


    Na, wie steht ihr zu diesem Phänomen? Beeindruckende Beispiele parat?

  • Hallo,


    eine "erschütternde" Stelle?


    Vielleicht die dynamisch anwachsende, ansonsten kaum veränderte mehrfache Akkordwiederholung in Beethovens Klaviersonate As-Dur, op. 110, Takt 132 bis 134 des Finalsatzes vor der Schlussfuge.


    Jörg Demus / Paul Badura-Skoda assoziieren das verzweifelte Bedürfnis des tauben Meisters nach akustischer Wahrnehmung.


    Oder was ganz anderes:


    Khatchaturians "Säbeltanz".


    (Mir würde schon noch mehr einfallen :P)


    Besten Gruß, Wolfgang

    Lieber Fahrrad verpfänden denn als Landrat enden!

  • Nicht irgendwie besonders ergreifend, aber insofern packend, als dass aus sehr simplen Motiven mit vielen Repetitionen mitreißende Musik gemacht wird:


    Händel, Concerto op.6,7 B-Dur, 2. Satz.
    Haydn Sinf. Nr 90, 1. Satz (Einleitung und Hauptthema)
    Beethoven: Waldsteinsonate ;)


    :hello:


    JR

    Struck by the sounds before the sun,
    I knew the night had gone.
    The morning breeze like a bugle blew
    Against the drums of dawn.
    (Bob Dylan)

  • Tremolos?
    Geil im 4. Satz von Beethovens Eroica, im 1. Satz von Beethovens 5. KK (wenn das Hauptthema einsetzt), oder auch bei Dvoraks 9. Sinfonie.

    "Das Große an der Musik von Richard Strauss ist, daß sie ein Argument darstellt und untermauert, das über alle Dogmen der Kunst - alle Fragen von Stil und Geschmack und Idiom -, über alle nichtigen, unfruchtbaren Voreingenommenheiten des Chronisten hinausgeht.Sie bietet uns das Beispiel eines Menschen, der seine eigene Zeit bereichert, indem er keiner angehört." - Glenn Gould

  • Hallo,


    Für mich eine der besten Stellen:
    1.Satz der Eroica-Symphonie...herrlich! Als ob die Platte einen Schaden hat... :D. (Ich meine die fortissimo Akkord-Stöße des Orchester).


    Auch im Sacre du printemps gibt es ja beim ersten rhytmischen Tanz markente, in unregelmäßigen Rhytmen verlaufenden Akkordstöße.


    Als drittes beispiel fällt mir der fliegende Holländer ein. Es kommt einmal in der Ouvertüre und später nochmal in der Oper. Ich kenn mich nicht 100%ig erinnern, aber da kommen auch sehr markante und sehr monströse Trnrepetitionen...


    Viele Grüße,


    Raphael

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  • Hallo allerseits,


    ein Beispiel, wie ein ganzer Satz einer Sinfonie von einer Tonrepetition thematisch bestimmt und mit Spannung aufgeladen werden kann:


    Carl Philipp Emanuel Bach, Sinfonie D-dur Wq 183 Nr. 1, erster Satz


    Im Vergleich zu Händel gewinnt die Repetition noch erheblich an Eindringlichkeit, weil sie in Synkopen gespielt wird. Unbedingt hörenswert!


    :hello: Andreas

  • In diesen Thread gehört eindeutig das Klavierkonzert von Boris Tschaikowskij. Und zwar daraus der erste Satz.
    Dieser beinhaltet die Tonrepitition als Thema, das dann im Satz verarbeitet wird.


    Das Thema besteht aus einer Kette von 16 eintönigen Achteln.
    Als ich das die ersten Male hörte, dachte ich, das ist total primitiv und einfallslos. Es ist aber absolut mitreißende Musik. :jubel:



    Gruß, Peter.

  • Schubert, 9. Sinfonie, 4. Satz, zweites Thema
    besteht zum großen Teil aus 4fach wiederholten Halbenoten. Das muß man sich erst mal trauen.


    Das von Fugato genannte Beispiel (C.Ph.E.Bach) hätte ich auch genannt. Genial, wie dieses simple Thema durch gleichzeitige Akkordbrechungen ergänzt wird, und die harmonische Simplizität gelegentlich durch aberwitzige Tonartsprünge konterkariert wird. Viel zu wenig bekannt!!


    Gruß, Khampan

  • Zitat

    Original von ThomasBernhard
    Anders als für seinen Geschwisterthrad mit den Tonleitern, habe ich jetzt gerade kein Beispiel im Kopf, in dem Tonrepetitionen dafür verantwortlich sind, daß aus einer Stelle in einem Werk eine besonders beeindruckende, erschütternde Stelle wird.


    Nimm z.B. den Beginn von Mozarts "Dissonanzen"-Quartett - das dürfte den Nagel auf den Kopf treffen!? Einen ganz ähnlichen Beginn komponiert Haydn in einem Satz der "7 letzten Worte", fällt zumindest bei der StrQ-Fassung auf.


    Bei Bach fällt mir spontan das Adagio ma non tanto [Originale Satzbezeichung?] cis-moll aus BWV 1016, 3. Satz ein.


    In Gossecs Grand messe des morts [1760] gibt es eine ganz wunderbare Arie mit einem stets gleichbleibenden Bassmotiv [mir fällt gerade nicht ein, welche] - reines Hitchkockfeeling... :yes:


    Viele Grüße
    Ulli

    Die Kunst ist [...] vielleicht das Denken des Herzens.
    (Blaise Pascal, 1623-1662)

  • Hallo, Peter!


    Später werden die Achtel in Boris Tschaikowskys Klavierkonzert mehrmals durch Triolen abgelöst, was aufgrund der monotonen rhythmischen Strenge etwas Befremdliches hat. Man denkt auch beim soundsovielten Hören an eine wie auch immer bedingte Störung. :P


    Besten Gruß, Wolfgang

    Lieber Fahrrad verpfänden denn als Landrat enden!

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  • BRUCKNER, NEUNTE, 2. SATZ! Dadadammdamm-damm-damm-damm usw. Entschuldigt meine Wortwahl, aber etwas Geileres ist wohl kaum jemals geschrieben worden!

  • wenn wir schon bei Bruckner sind... doch, es gibt noch was g..leres:
    8. Sinfonie 1. Satz, kurz vor Schluß, das Hauptthema ist im Blechbläserfortissimo nur noch als rhythmisierte Tonwiederholung zu hören.
    Derartiges ist bei Bruckner zwar fast schon Standard, aber bei dieser Sinfonie packt es mich ganz besonders.


    Khampan

  • Zitat

    Original von Mengelberg
    BRUCKNER, NEUNTE, 2. SATZ! Dadadammdamm-damm-damm-damm usw. Entschuldigt meine Wortwahl, aber etwas Geileres ist wohl kaum jemals geschrieben worden!


    Die Mutter solcher Stellen/Sätze dürfte Beethovens op.59,1 ii sein, eins der faszinierendsten Stücke überhaupt. Das Hauptmotiv besteht hier nur aus dada-daa-daa-dada-daa-daa-dadadadada-daaa auf einem Ton.
    Und natürlich der Kopfsatz von Beethovens 7.!


    Tovey listet irgendwo ein oder zwei dutzend wichtiger Beethovensscher Themen auf, die man alle am Rhythmus sofort erkennen. Natürlich bleiben die meisten nicht melodisch auf einem Ton, aber es ist dennoch bezeichnend..


    viele Grüße


    JR

    Struck by the sounds before the sun,
    I knew the night had gone.
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    (Bob Dylan)

  • Tonwiederholung - aber auf die intelligente Art??


    Bitte: Pour les notes répétées aus den Etudes von Debussy.
    Gehört zu meinen vier liebsten des Zyklus :yes:



    :hello:
    Wulf

  • mir fällt da spontan ein : Gustav Holst, die Planeten, Mars, der Kriegsbringer : tatatata-taa-ta-ta-ta, ein fesselnder Marsch-Rhythmus im 5/4-Takt, alles auf einem Ton; der Rhythmus erinnert entfernt an die oben erwähnte Stelle aus dem Scherzo von Bruckner's Neunten, da geht's ja auch zur Sache.

    Es wird immer weitergehn, Musik als Träger von Ideen.

    Kraftwerk

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  • Hallo rolo,


    Stimmt...ich hatte das die ganze zeit im Ohr...also nicht diese ständigen Bewegungne sondern die sehr Eingringlichen fff Akkorde, die mit fermatierten Pasuen in den leeren Raum "geblasen" werden...
    Hatte ich im Kopf, da ich die Planeten letzte Zeit oft gehört habe und diese Stelle immer sehr monströs und wirkungsvoll finde...merkwürdigerweise ist mir der Werktitel bei diesem Thread nicht mehr eingefallen... :rolleyes:


    LG


    Raphael

  • "Now the Great Bear and Pleiades" aus "Peter Grimes". Eine durch die ständigen Tonwiederholungen (ich glaube, auf e') und die Begleitung seltsam entrückte und exaltierte Stelle in der zweiten Szene des ersten Aktes, der sonst von ganz anderem Charakter ist.

  • Zitat

    Original von ThomasBernhard..Tonwiederholungen / Tonrepetitionen


    Da fällt mir als erstes natürlich Minimal Musik ein, die ja genau solche Prinzipe in ihrer Musik zur Anwendung bringt.


    bspw. in Terry Rileys In C.


    Was vielleicht auch noch in weiterem Sinne dazu passt, sind Akkordwiederholungen über einen sehr langen Zeitraum.


    Hier ist zum Beispiel die Ouvertüre zu Wagners Lohengrin zu nennen.



    Liebe Grüße, der Thomas. :hello:

  • mein lieber absolut höriger debussyfreund,
    ich darf dich zitieren:

    Zitat

    Original von Khampan
    Schubert, 9. Sinfonie, 4. Satz, zweites Thema
    besteht zum großen Teil aus 4fach wiederholten Halbenoten. Das muß man sich erst mal trauen.


    sowie paraphrasieren:


    Zitat

    wenn wir schon bei schubert sind... doch, es gibt noch was g..leres:


    2. satz, ende der expo, t148 -157 (für nichtnotenbesitzer: z.b. in der rattle-aufnahme ab 5'57''). da spielt das horn 10 mal ein g.

    und im 4. satz, gegen ende der coda, sind diese 2 mal 16 sforzato-schläge von t1057 bis t1092 (rattle: 11'02" - 11'25") eigentlich auch tonrepetitionen.


    :hello: aus schubertbertbert-town

  • Ich habe mir zuletzt die ersten 4 Streichquartette von Bartók zu Gemüte geführt und dabei festgestellt, dass immer mindestens ein Satz dabei ist, der ganz deutlich von Tonrepititionen geprägt ist.
    Das hat dabei immer etwas Agressives, Vorwärtsdrängendes.


    Ob das in den letzten beiden Quartetten auch noch vorkommt? Mal schauen - oder besser hören.


    :hello:



    Gruß, Peter.

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  • Hallo zusammen,
    da fällt mir naklar die Fuge (2. Satz) des 1. Concerto grosso (f-moll) von Alessandro Scarlatti ein, deren bohrendes Thema mit der 8-maligen Repetition des Grundtons beginnt (eine punktierte viertel, dann sieben 8tel - wodurch sich ein seltsamer Akzent ergiebt, denn das 7. "f" ist auf dem ersten Schlag des 2. Taktes), dann fällt die Melodie um eine kleine Sekunde (es folgt ein 2-mal repitiertes e), um erst dann in eine »melodiösere« Linie überführt zu werden. Ein augenscheinlich einfaches aber IMO hochexpressives und sehr trauriges Thema...
    Herzlichts,
    Medard