Giuseppe Valentini (1681-1753), ein (fast) vergessener Meister oder die Suche einer Ahnungslosen

  • Vielleicht kennt Ihr das: Ihr hört Musik und denkt: "Fantastisch". Ihr fragt Euch: "Von wem ist das?" Ihr bekommt dann einen Namen genannt, von dem Ihr noch nie etwas gehört habt und denkt dann: "Bildungslücke! Giuseppe Valentini? Hätte ich doch in meiner Jugend mehr Klassische Musik gehört, dann wäre ich jetzt nicht so ahnungslos."

    Musik, von der ich erst dachte, sie stamme von Vivaldi oder Corelli, hatte mich verzaubert. Wunderbare Concerti grossi mit typischen italienischen barocken Violinenklängen nahmen mich gefangen. :jubel:
    Mir war klar, dass diese Musik, die ich gehört hatte ein "muss ich haben"- und "ich will mehr wissen" -Gegenstand war und begab mich frohen Mutes auf die Suche.


    Mein erster Weg führte zu unserem Kooperationspartner jpc. In der Erwartung aus dem Vollen schöpfen zu können, setzte sofort die Ernüchterung ein, als ich feststellte, dass dort nur 2 CDs aufgeführt waren und die Geburtsdaten von Valentini mit "ca." angegeben waren.
    Glücklicherweise enthielt die eine CD, die von mir gehörten, Concerti grossi.


    Mit einer "das kann doch nicht sein -Einstellung" begab ich mich zu Tamino auf die Suche, um dann dort festzustellen, dass dieser Name hier gerade einmal zweifach auftaucht und das auch nur innerhalb einer Gemengelage. Ich schaute in mein Meyers Taschenlexikon "Musik" und wurde gewiss, dass unter "Val..." nur Caterina Valente zu finden war. In Ermangelung eines "Großen Bockhauses" googlete ich dann und fand außer dem Eintrag bei "Wikipedia" auch nicht wirklich viel. Dort finden sich wenige Sätze zu seinem Leben und eine Auflistung einiger Werke.


    Da ich jetzt wusste, was ich schon ahnte, nämlich, dass Valentini Italiener war, wechselte ich schnell auf die Seiten des italienischen Wikis, nur um die anschließende Erkenntnis reicher, dass sein Name gerade einmal in Verbindung mit Locatelli fiel.


    Was bleibt ist also der deutsche Wikipedia-Eintrag:




    Giuseppe Valentini
    aus Wikipedia, der freien Enzyklopädie
    Wechseln zu: Navigation, Suche
    Giuseppe Valentini (* 14. Dezember 1681 bei Florenz; † November 1753 in Rom) war ein italienischer Komponist und Violinist.



    Leben [Bearbeiten]Valentini wirkte um 1700 in Rom, hier hatte er in vielen Kirchen wichtige musikalische Funktionen. Am Hof des musikliebenden Kardinals Ottoboni wurde durch Arcangelo Corelli beeinflusst. Die Kompositionen des zum Teil freischaffenden Musikers fanden schnell europaweite Verbreitung. Mehrere Werksammlungen wurden gedruckt, ebenso finden sich zahlreiche Manuskripte in den Bibliotheken von Manchester, Dresden und Rom. Ein negatives Urteil welches Charles Burney nach einer Aussage von Francesco Geminiani über Valentini veröffentlichte, ließ dessen Wirken schnell in Vergessenheit geraten. Seit den letzten Dekaden des 20. Jahrhunderts werden seine Werke wiederendeckt und aufgeführt. Sie zeichnen sich durch manche Innovationen aus, so versucht er durch Originalität und überraschende musikalische Gedanken seine Hörer zu faszinieren. Als Virtuose nimmt Valentini eine wichtige Stellung in der Geschichte des Violinspiels ein.


    Über seine musikalische Tätigkeit hinaus betätigte sich das Multitalent Valentini auch als Maler und Dichter.



    Werke [Bearbeiten]op. 1: 12 Sinfonie für 2 Violinen, Viola und Bass (Sinfonia a tre per il santissimo Natale Nr. 12) (1701)
    op. 2: 7 Bizzaria per camera für 2 Violinen, Viola und Bass (1703)
    op. 3: 12 Fantasie musicali für 2 Violinen und Bass (1706)
    op. 4: 7 Idee per camera für Violine und Bass (1706)
    op. 5: 12 Sonate a tre (1707)
    op. 7: Concerti grossi
    op. 8: 12 Sonate da camera (1714)
    Weitere Konzerte für mehrere Instrumente, Opern und Kantaten
    Opern


    La finta rapita (1714 Cisterna)
    La costanza in amore (1715 Cisterna)
    Personendaten
    NAME Valentini, Giuseppe
    KURZBESCHREIBUNG italienischer Komponist
    GEBURTSDATUM 14. Dezember 1681
    GEBURTSORT Florenz
    STERBEDATUM 1753
    STERBEORT Rom


    Von „http://de.wikipedia.org/wiki/Giuseppe_Valentini“
    Kategorien: Italienischer Komponist | Komponist (Barock) | Geboren 1681 | Gestorben 1753 | Mann




    Die Frage, die sich mir natürlich schnell stellte, ist die nach dem veröffentlichten negativen Urteil von Charles Burney über Valentini.
    Was sagte oder schrieb er, das diesen wunderbaren Komponisten in Vergessenheit geraten ließ?


    Gibt es einen Taministen, der etwas über diesen Disput weiss? Wer verfügt über ein Barockmusiklexikon, das sich ausführlich mit den italienischen Meistern beschäftigt und auch etwas zu Valentini schreibt?


    Die Suche geht weiter...


    Mignon :hello:

    Maybe the nation has found peace from its sins... I. A. a. W.E.B. Du Bois

  • von diesem Valentini hör ich auch zum ersten Mal.


    Was seine schnelle Vergessenheit betrifft, könnte ich mir vorstellen, dass er wie viele andere italienische Musiker, die den Markt mit ihren Concerti Grossi regelrecht überschwemmten einfach deswegen auch untergingen.
    Man denke nur an Locatelli, Mafredini, Guido, Platti, Torelli, Geminiani und selbst Vivaldi.


    Irgendwann war man dieser Kompositionen einfach überdrüssig, da ja selbst schon Amateure ihre Sammlungen auf den Markt warfen.
    Dann klinkten sich noch Komponisten in den Boom mit ein die eigentlich ein anderes Metier bedienten (Händel, Telemann, Roman etc...) und so ist das eigentlich kaum ein Wunder.
    Dann fingen auch noch die Franzosen an - es konnte gar nicht anders laufen.


    Mir geht es ja Heute auch schon so, dass ich mir diesen italienischen Kram schon gar nicht mehr anhöre weil es einfach immer das Gleiche ist.
    Sicher gibt es immer mal wieder Highlights, aber mir fehlt die Lust mich durch diese Massenware durchzukämpfen.


    Noch schlimmer ist es ja mit den Trio Sonaten, die für die Hausmusiker produziert wurden. Allein die Masse an Werken von Boismortier würden für 5 Komponisten ausreichen....




    Es gibt aber noch einen Valentini, der ebenfalls so gut wie vergessen ist:


    Giovanni Valentini (1583 - 1649)


    Er war Hofkapellmeister in Wien, also beim Kaiser Ferdinand III. und Schüler von Giovanni Gabrieli.
    Sein Werk umfasst anscheinend nur geistliche Musik und Instrumentalwerke.
    (die allerdings von erlesener Schönheit sind).


    Ich glaube allerdings nicht, dass er mit Guiseppe verwandt ist...


    :hello:

  • Guten Morgen


    von dieser



    CD kenne ich ein "Concerto op. 7 No. 12" für vier Violinen eines Giuseppe Valentini, die Lebensdaten werden im Booklet mit 1680 - 1759 angeben.
    Dieses Konzert hörte ich auch bei den Schwetzinger Festspielen 2006, ebenfalls von der musika antiqua köln dargeboten.



    Gruß aus der Kurpfalz


    Bernhard

  • Guten Morgen



    Diesen Valentini kenne ich nur von dieser



    CD :] :]


    Gruß :hello:


    aus der Kurpfalz


    Bernhard

  • ja stimmt, die Sonate ist einfach himmlisch.
    Ich meine es gäbe aber auch noch eine CD mit Sonaten nur von ihm ... aber keine Ahnung, muss ich nochmal nachsehen.


    :hello:

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  • Zitat

    Original von Bernhard
    Von dieser CD kenne ich ein "Concerto op. 7 No. 12" für vier Violinen eines Giuseppe Valentini, die Lebensdaten werden im Booklet mit 1680 - 1759 angeben.


    Ja, das kenne ich auch schon lange. Ich habe es mal sehr gern gehabt. Die Sätze sind in sich sehr homogen und ziemlich lange und überraschen gerne mit kühnen harmonischen Fortschreitungen. Die Sturheit der quasi endlosen Wiederholungen derselben Schemata hat mir immer imponiert, das üppige Spätbarock wird quasi eingefroren. Eine ganz merkwürdige Wirkung.
    :hello:

  • Zitat

    Original von der Lullist
    Mir geht es ja Heute auch schon so, dass ich mir diesen italienischen Kram schon gar nicht mehr anhöre weil es einfach immer das Gleiche ist.
    Sicher gibt es immer mal wieder Highlights, aber mir fehlt die Lust mich durch diese Massenware durchzukämpfen.


    :no:
    Dann wünsch ich Dir viel Spaß mit der französischen Massenware ...


    Alles kennenlernen zu wollen, was es gab, ist nicht nur unmöglich sondern kann einem auch alles verleiden, wenn man ausreichend tief herabgesunken ist zu den uninteressantesten Zeiterscheinungen.


    Das Concerto grosso ist nicht weniger wichtig wie die französische Cembalomusik und hat auch ebensoviel hochbedeutende und minder bedeutende aber sehr reizvolle Komponisten aufzuweisen. Von den Namhaften (und da zählt Valentini nicht dazu) hat mich noch keiner enttäuscht und manche weniger Namhafte (wie Valentini) haben auch einiges zu bieten.


    Ich nehme an, Du wärest nicht sehr erfreut, wenn jemand schreibt: "Mir geht es ja Heute auch schon so, dass ich mir diesen französischen Kram schon gar nicht mehr anhöre weil es einfach immer das Gleiche ist."
    :motz:


    Übrigens hat hier NIEMAND etwas gegen italienische Orchestermusik gesagt. Dass sie einmal außer Mode kam, sagt ja schon gar nichts, da jeder historische Stil einmal außer Mode gekommen ist.

  • Zitat

    Original von Mignon
    In der Erwartung aus dem Vollen schöpfen zu können, setzte sofort die Ernüchterung ein, als ich feststellte, dass dort nur 2 CDs aufgeführt waren und die Geburtsdaten von Valentini mit "ca." angegeben waren.


    Es ist normal, dass Lebensdaten nur "ca." bekannt sind bei so alten Komponisten. Außerdem sind 2 CDs für einen nicht so prominenten Spätbarocker wie Valentini sehr viel, darüber kannst Du Dich getrost freuen.


    Wenn es Dir so gut gefällt, empfehle ich Dir, Dich in der Concerto-Produktion der Zeit umzutun und nicht an Valentini "klebenzubleiben". Es gibt eine ganze Reihe sehr erfreulicher Gestalten:


    1642 – 1682 Alessandro Stradella
    hat in seinem Oratorium "San Giovanni Battista" zu einem sehr frühen Zeitpunkt Concerto-grosso-Elemente eingebaut, es gibt aber auch Concerti von ihm (ich weiß zwar nicht, ob "grossi", das ist aber auch nicht so wichtig.)


    1653 – 1713 Arcangelo Corelli
    der Wichtigste.


    1658 – 1709 Giuseppe Torelli
    1660 – 1725 Alessandro Scarlatti
    1671 – 1751 Tomaso Albinoni
    1675 – 1742 Evaristo Felice dall’Abaco
    1678 – 1741 Antonio Vivaldi
    1684 – 1762 Francesco Manfredini
    1684 – 1755 Francesco Durante
    1692 – 1770 Giuseppe Tartini
    1695 – 1764 Pietro Antonio Locatelli
    1695 – 1750 Giuseppe Sammartini
    u.a.
    :hello:

  • Zitat

    Original von der Lullist


    Mir geht es ja Heute auch schon so, dass ich mir diesen italienischen Kram schon gar nicht mehr anhöre weil es einfach immer das Gleiche ist.
    Sicher gibt es immer mal wieder Highlights, aber mir fehlt die Lust mich durch diese Massenware durchzukämpfen.



    Ich wollte schon was über Glashäuser und deren Bewohner schreiben, als ich gesehen habe, dass KSM das schon getan hat. :D

  • Hallo Kurzstueckmeister,


    danke für Deine Tipps. Corelli, Torelli, Scarlatti, Albinoni, Locatelli und Vivaldi höre ich auch hin und wieder. Vielleicht täuscht mein Eindruck, doch von diesen Komponisten gibt es unzählige CD-Produktionen, die weit entfernt von zwei verfügbaren Exemplaren sind. Natürlich sind sie bekannter als Valentini, gleichwohl wurden sie auch erst in den letzten Jahrzehnten wieder entdeckt und vermehrt gespielt.


    Einen sonnigen Tag wünscht


    Mignon :hello:

    Maybe the nation has found peace from its sins... I. A. a. W.E.B. Du Bois

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  • Guten Morgen



    Vielleicht könnte diese SWR-Radio-Sendung am 15.11.07 etwas Licht ins Dunkle bringen :hello:


    Gruß aus der Kurpfalz


    Bernhard

  • Hallo Bernhard,


    vielen Dank für den Tipp!


    Ich hoffe, dass ich zu dieser Uhrzeit schon zu Hause sein werde, um mir dann über das Internet diese Sendung im Südwestrundfunk anzuhören.


    Liebe Grüße


    Mignon :hello:

    Maybe the nation has found peace from its sins... I. A. a. W.E.B. Du Bois

  • Guten Tag allerseits
    Mich interessiert an dieser Stelle der ältere Valentini.
    Gibt es auch Einspielungen von seiner geistlichen Musik?
    Reine Instrumentalmusik mag ich zwar auch, aber (vor allem geistliche)Werke mit Gesang ziehe ich vor.
    Gibt es da etwas?



    Original von der Lullist

    Audio ergo sum

  • ich hab auf die Schnelle folgendes gefunden:




    Giovanni Valentini: Motetti e Madrigali
    Ilaria Geroldi, Marina Morelli
    Ensemble la Moderna Prattica, Stefano Molardi




    Scarramuza (Orgelwerke) von Kerll und Valentini
    Leon Berben



    zu diesen Aufnahmen kann ich aber nichts sagen.



    Das einzige was ich von Giovanni Valentini kenne ist die "Sonata pro Tabula" auf der von Bernard weiter oben gezeigten CD mit der Musica Antiqua Köln und eine weitere Sonate und eine Canzone.
    Diese sind auf einer Aufnahme der Musica Fiata unter Roland Wilson zu finden:


    Venetian Music at the Habsburg Court


    erschienen bei der DHM 1991 und anscheinend gestrichen (das Cover ist jedenfalls nirgends zu finden).


    Beide CD's sind sehr schön gespielt. Obwohl mir die Musica Antiqua Köln mit ihrer agressiven Spielweise auf die Dauer den Nerv tötet.
    Highlight der CD ist eh das Flanders Recorder Quartett.


    Die CD der Musica Fiata ist dagegen viel farbiger und beinhaltet großartiges Repertoire.
    Es werden Kompositionen von Bertali, Priuli, Buonamente, Neri und Valentini gespielt.
    Die Werke folgen alle dem Stil Gabrielis. Die Besetzung ist festlich:


    3 Violinen
    1 Viola
    2 Cornetti
    4 Posaunen
    1 Fagott
    2 Theorben (Chitarrone)
    2 Orgeln (Postiv)


    schade dass die CD gestrichen worden ist, das ist venezianische Musik vom feinsten.





    :hello:

  • Hallo Lullist,



    Zitat

    Venetian Music at the Habsburg Court


    Die würde mich auch interessieren!
    Zumal ich Wilsons Musica Fiata für ein ausgezeichnetes Ensemble halte.


    Daß soviele ausgezeichnete Aufnahmen aus dem Programm genommen werden, darüber könnte ich mich regelmäßig totärgern! :motz:
    Werd´trotzdem mal danach suchen...vielleicht beim ´Marktplatz´?


    Danke für die Info!
    Juli

    Audio ergo sum

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  • Guten Abend



    Hab sowohl ein Coverbild


    :hahahaha:


    als auch diese CD (mit anderen Cover) in meinem Plattenschrank gefunden; werde nach dem Martinszug hier mal wieder reinhören.


    Gruß :hello:


    aus der Kurpfalz


    Bernhard

  • Sehr gut!


    Sie wird beim `Marktplatz´angeboten für nicht ganz 9 Euronen!
    Nicht schlecht!
    Ansonsten: keinerlei Info, kein Cover, nicht einmal die Komponisten, nix!
    Typisch Amazonas; trotzdem kann man dort manchmal Schnäppchen machen, aber ohne Lullists Info hätte ich nicht gewußt, wonach ich suche.


    Juli

    Audio ergo sum

  • gern geschehen. :)



    Du wirst von der CD bestimmt angetan sein, gerade wenn Du das Ensemble magst, dann ist diese Cd ganz sicher etwas für Dich.
    Zumal hier teilweise Repertoire geboten wird, das sonst nicht zu haben ist.


    Soweit ich weiß, hab ich nur die Sonata à 6 von Buonamente auf einer anderen CD (His Majestys Sackbutts & Cornetts - Grand Tour) und die Sonate à 3, due Violine e fagotto (mit dem supergenialen Ostinato Thema) von Bertali ist ja sauch chon mal öfter zu finden.


    :hello:

  • Seit ich mich so richtig in die Alte Musik geworfen habe, stelle ich fest, daß das, welches ich für einen See gehalten habe, mindestens der Atlantik ist! ( wenn nicht gar die Nordsee)
    Dieses Forum trägt sein Übriges dazu bei: was ich hier schon alles entdeckt habe...
    ich werde den Rest meines Lebens damit verbringen können (aber es ist keine schlechte Beschäftigung)
    Jetzt fehlt nur noch der Goldesel, um all das zu bezahlen, was auf meiner Liste steht!


    by the way:
    Ich glaube, der arme Guiseppe ist etwas ins Hintertreffen geraten! :rolleyes:


    Juli

    Audio ergo sum

  • Guten Abend



    Dieser "frühe" G. Valentini scheint ein interessanter Komponist zu sein, von dem nicht mal ein Portrait überliefert ist. Über seine Herkunft, Jugend und Ausbildung ist nichts bekannt, erstmals mit zwanzig Jahren tritt er als Organist und Komponist am polnischen Hof in der Hofkapelle Zygmund III. in Erscheinung. Zygmund III. rekrutierte seine Hofmusiker bevorzugt in Rom, was darauf schliesen lässt, dass G. Valentini in Rom und nicht in Venedig ausgebildet wurde. Zehn Jahre (bis 1614) wirkte V. an der polinschen Hofkapelle, danach trat er in die Dienste Erzherzogs Ferdinand von der Steiermark, dem er auch Musikunterricht gab. Als sein Herr 1619 haburgischer Kaiser wurde, übersiedelte er nach Wien, und übernahm 1626 das Amt des Hofkapellmeisters, das er bis zu seinem Tode 1649 innehatte.
    V. war nicht nur als Musiker sondern auch als Dichter tätig, er gab u.a. mehrere gedruckte Sammlungen geistlicher Lyrik und vier Passionsdichtungen heraus.
    Merkwürdig ist auch, dass seine Kompositionstätigkeit mit seiner Bestallung zum Hofkapellmeister endet; zwischen 1616 und 1622 gab er z.B. vier gedruckte Sammlungen weltlicher Vokalmusik heraus, seine letzte Veröffentlichung geistlicher Musik war 1625.
    Warum V. nach 1626 nicht mehr komponiert, lässt Spekulationen offen, hatte er es als kaiserlicher Hofkapellmeister nicht mehr nötig, oder haben sich keine Kompositionen aus dieser Zeit mehr erhalten ?


    Gruß aus der Kurpfalz


    Bernhard


    Gruß aus der Kurpfalz

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  • Das einige Komponisten aufhörten selbst Musik zu schreiben, wenn sie denn Hofkapellmeister wurden, habe ich schön öfter mal mitbekommen.
    Ich könnte mir vorstellen, dass es einfach auch ein sehr stressig Job war.
    Denn immerhin gehörte ja damit auch die Organistation und Verwaltung der gesamten Hofmusik dazu - ob einem da noch genügend Zeit zum komponieren bleibt ....?


    Hofkapellmeister ist ja in erster Linie ein Organistationsjob, genau wie Operndirektor etc.
    Deshalb finde ich das nicht ganz so ungewöhnlich, gerade bei einer so gigantischen Hofkapelle wie die des Wiener Hofs.

  • Zitat

    Original von Bernhard
    Warum V. nach 1626 nicht mehr komponiert, lässt Spekulationen offen, hatte er es als kaiserlicher Hofkapellmeister nicht mehr nötig, oder haben sich keine Kompositionen aus dieser Zeit mehr erhalten ?


    Sicherlich spielt die mangelhafte Überlieferung eine sehr große Rolle. Selbst viele gedruckte Werke sind verloren gegangen, dabei waren Drucke die absolute Ausnahme. 99,9 % der Kompositionen wurden handschriftlich niedergelegt und die Stimmen meistens durch Kopisten vervielfältigt.


    Bedenkt man dazu, was auch heute noch unentdeckt und ungesichtet in Kellern und Archiven schlummert, wäre ich mit einer Aussage, dass XY nach einem bestimmten Jahr nichts mehr komponiert hätte, äußerst vorsichtig.

  • Eine weitere Theorie besagt, daß Valentini auf Geheiß Ferdinands nur noch exklusiv für den Kaiser schrieb und die kaiserliche Hofmusik somit vor Nachahmern durch die Öffentlichkeit geschützt werden sollte.
    Ob da was dran ist? Herrscher können bisweilen skurril sein!
    Er wurde jedenfalls offenkundig von der kaiserlichen Familie sehr geschätzt, denn er behielt seinen Posten auch nach dem Tod von Ferdinand II und wurde von dessen Sohn Ferdinand III, dessen Lehrer er auch war, im Amt bestätigt, mit immerhin 50 Jahren. Das war damals keine Selbstverständlichkeit. Häufig verloren wohlbestallte Musiker mit dem Tode ihres Herren und Auftraggebers automatisch ihr Amt; für manche ein tiefer Sturz!
    jedenfalls muß Valentini wohl gut gewesen sein, Ferdinand war ja sehr musikalisch und hat ja auch selbst komponiert.
    Vielleicht liegen ja auch noch irgendwo Kompositionen vergraben!
    Hoffentlich!


    LG
    Juli

    Audio ergo sum

  • Zitat

    Vielleicht liegen ja auch noch irgendwo Kompositionen vergraben!


    Hallo!


    Die Nationalbibliothek in Wien hat einige Werke Valentinis in ihrem Bestand:
    z.B.:
    Suonata a Violino Solo del Sig. GVa. Vl. u. Basso in Es
    3° Concerto in do per oboe, violino concertante, archi e cembalo di ripieno
    Concerti grossi op.7


    Ich werd sie mir, wenn ich mal Zeit habe, anschauen. Versprochen!


    LG joschi

  • Zitat

    Original von Juli
    Eine weitere Theorie besagt, daß Valentini auf Geheiß Ferdinands nur noch exklusiv für den Kaiser schrieb und die kaiserliche Hofmusik somit vor Nachahmern durch die Öffentlichkeit geschützt werden sollte.
    Ob da was dran ist? Herrscher können bisweilen skurril sein!


    Das ist sicher nicht nur eine Theorie, sondern trifft vermutlich auch auf die meisten anderen Komponisten der Zeit zu. Exklusivität und Urheberrecht waren unbekannt. Deshalb schützten sich höchstwahrscheinlich die meisten Musiker durch Nichtveröffentlichung bzw. Weitergabe nur in handschriftlicher Form an Schüler und Freunde. Mit ziemlicher Sicherheit erklärt das auch am besten, warum z. B. von Sweelinck oder Buxtehude nichts in eigener Handschrift erhalten ist. Nur wenige erhielten das Privileg, abschreiben zu dürfen.


    Einen anderen Weg ging Händel bei seinen Cembalosuiten von 1720. Nachdem ein umfangreicher "Raubdruck" erschienen war, überarbeitete er die Stücke noch einmal und gab sie dann in dieser verbesserten Form selbst als Druck heraus.


    Hofkapellmeister und Inhaber anderer so hoher Posten mussten nichts mehr veröffentlichen. Sie hatten ja auch ihr höchstes Ziel eben durch ihre (gedruckten) Werke bereits erreicht. Nur bis dahin galt publish or vanish. Danach hatte der Dienstherr das Recht auf die Musik.

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  • Guten Morgen


    Zitat

    Original von Hildebrandt


    Bedenkt man dazu, was auch heute noch unentdeckt und ungesichtet in Kellern und Archiven schlummert, wäre ich mit einer Aussage, dass XY nach einem bestimmten Jahr nichts mehr komponiert hätte, äußerst vorsichtig.


    Sofern die Keller und Archive nicht durch Feuer oder infolge kriegerische Auseinandersetzungen zerstört wurden. Erinnere nur mal an den "Mantuanischen Erbfolgekrieg", in dessen Wirren Mantua 1629 von den Truppen Kaiser Ferdinands II besetzt und zerstört wurde und dem ein Großtell der Kompositionen Cl. Monteverdis aus seiner Zeit als Hofkapellmeister zum Opfer fielen.


    Gruß aus der Kurpfalz


    Bernhard

  • Zitat

    Original von Bernhard


    Sofern die Keller und Archive nicht durch Feuer oder infolge kriegerische Auseinandersetzungen zerstört wurden.


    Oder die Noten zum Einwickeln von Grünen Heringen nutzbringend verwendet wurden – soll alles schon vorgekommen sein. :wacky:


    Natürlich lassen sich die enormen Verluste nicht beziffern, noch nicht einmal grob schätzen.

  • Das ist jetzt ein wenig off-topic:


    Lässt sich eigentlich schon beziffern, was alles bei dem verhehrenden Brand in der Anna-Amalia-Bibliothek an musikalischen Werken vernichtet wurde?
    haben die eigentlich Kopien von den Originalpartituren gemacht zur Sicherheit?
    oder ist das jetzt weg?

    Audio ergo sum

  • Zitat

    Original von Juli
    Das ist jetzt ein wenig off-topic:


    Allerdings. :D
    Lass Dich nicht von einem Moderator erwischen. :untertauch:


    Falls aber jemand dazu Näheres weiß, wäre ein neuer Thread nicht falsch.

  • Schon gut, schon gut!
    Es passte gerade zum Thema, fand ich. :yes:
    Ihr Taminos seid echt streng. ;(
    Im Übrigen sind wir ganz schamlos von Giuseppe zu Giovanni gewandert.
    Anscheinend gibt´s zum Sepp nicht soviel zu sagen? :wacky:

    Audio ergo sum

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